Suchen Sie einmal in Deutschland einen Justizminister, der sich zu Raumgrößen festlegt. 8,5 m2 plus belüftete Toilette, das ist Ziel, das wir erreichen wollen. - Dies ist zum Teil erreicht, zum Teil noch nicht erreicht. 12 m2, z. B. bei einer Zweipersonenunterbringung, plus Toilette, das Ganze belüftet. - Das alles, meine Damen und Herren, ist noch kein „Komfortknast“. Aber das sind Zielsetzungen, die entsprechende Maßnahmen erforderlich machen.
Was ich übrigens vermisst habe - gerade von der Opposition -, ist das Sich-Auseinandersetzen mit unserem Konzept. Wir wollen nämlich hin zum Prinzip der Generalität, das wir bislang nicht haben. Wir sagen: In Zukunft soll eine Anstaltsleitung sozusagen im Fächer aller Möglichkeiten, auch im Sinne der Resozialisierung des Gefangenen, die Möglichkeit der Steuerung in Sachen U-Haft, geschlossener und offener Vollzug sowie Sozialtherapie haben. Das ist ein ganz wichtiges Feld, das wir in den nächsten Jahren noch mehr auf- und ausbauen müssen.
Zwischenbemerkung: Derzeit befinden sich in Niedersachsen schon 15,2 % der Gefangenen im offenen Vollzug. Hier liegen wir im Bundesvergleich auf Platz 3 oder 4. In diesem Zusammenhang kann uns niemand sagen, wir würden künstlich irgendetwas auslassen, weil wir es nicht wollten. Im Gegenteil: Wir sind da ganz gut unterwegs.
Das Prinzip der Generalität ist ein anspruchsvolles Ziel, das aber bedingt, in der Landschaft der vorhandenen Standorte entsprechend zu organisieren, zu fusionieren oder Abteilungen zu bilden bzw. zusammenzulegen, damit die Steuerung für die Anstaltsleitungen immer möglich ist.
Der vierte Punkt, den ich noch anführen möchte, hat nicht unbedingt etwas mit der jetzigen Konzeption zu tun, wohl aber mit dem, was die nächsten Jahre ein Ziel sein muss. Ich glaube, wir können im Bereich des Übergangsmanagements noch besser werden. Wie bereiten wir die Leute mit den mögli
chen Lockerungen, die denkbar sind, ab dem ersten Tag der Inhaftierung darauf vor, dass irgendwann der Tag der Entlassung kommt, der Weg zurück in die Gesellschaft, in die Nachbarschaft, in den Beruf führt? - Da ist noch ein Handlungsfeld vorhanden. Da Sie nicken, Herr Kollege, können wir sicherlich einiges miteinander entwickeln.
Meine Damen und Herren, Herr Haase, alles hat ja seine Geschichte. Ich bin dankbar dafür, dass Kollege Aller noch zugegen ist, sozusagen als Zeitzeuge der Konzeption. Schon 1980 gab es eine Große Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion zur Situation - - -
- So ist es. Aber die Justiz ist bei manchen Dingen ja noch langsamer, als der Transrapid sich realisieren lässt. Wie auch immer. - In der Beantwortung der Großen Anfrage vom 27. Mai 1980 weise ich auf eine Nummer hin, die der seinerzeitige Abteilungsleiter im Justizministerium zusammengestellt hat:
„Die JVA Stade zählt baulich zu den schlechtesten Justizvollzugsanstalten des Landes. Sie kann die Forderungen des Strafvollzugsgesetzes nicht erfüllen.“
Es gab bauliche Probleme und alles, was dazugehört. Schon damals war also der Bedarf vorhanden, dort über eine neue JVA nachzudenken. Dies alles hat seine Weiterentwicklung.
Dann fand ich Folgendes hochinteressant. Mein geschätzter Amtsvorgänger, Justizminister Pfeiffer - von Ihnen gestellt -, hat sich im August 2002 mit verschiedenen Dingen an den Finanzminister Aller - auch von Ihnen gestellt - gewandt. Er sagte an einem Punkt, wo es um uns geht - ich zitiere ihn -:
„liegt nach meiner Kenntnis dir und auch Sigmar Gabriel sehr am Herzen: die Erprobung eines niedersächsischen Public-Private-Partnership-Projekts. Nach Anregung von Herrn Dr.... hat meine Vollzugsabteilung geprüft, ob der Bau und der private Teilbetrieb einer neuen JVA im Rahmen eines sogenannten PPP-Projekts möglich, sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar wäre. Als Alternative zu einer gemeinsamen Haftanstalt in Bremen, die, wie du weißt, derzeit verhandelt wird, und verbunden mit der Schließung mehrerer kleiner sanierungsbedürftiger Vollzugseinrichtungen können wir uns einen Neubau mit 300 Haftplätzen im Elbe-Weser-Dreieck sehr wohl vorstellen. Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen haben ergeben, dass der laufende Betrieb einer teilprivatisierten Anstalt ohne zusätzliche Kosten möglich wäre. Die Angelegenheit bedarf allerdings baldiger Klärung.“
An anderer Stelle führt er die Vorteile des ganzen Themas aus. Ich könnte noch weiter aus dem Brief verlesen. Es ist wie eine Werberede für unser heutiges Projekt. Er beschreibt darin, warum das Projekt wichtig und für die Wirtschaft, für die Region und ordnungspolitisch gut ist.
„Die Niedersächsische Landesregierung hat am 27. August 2002 im Rahmen ihrer Beratung zur Mittelfristigen Planung 2002 - 2006 beschlossen, PPP stärker zu betonen, den politischen Diskurs offen zu konkreten Ergebnissen zu führen und Pilotprojekte zu realisieren.“
Die Planungen gehen weiter. Es kommen Mitteilungen: „Wir machen Bremervörde.“ Und schließlich, am 13. Januar 2003 - noch wenige Wochen vor der damaligen Landtagswahl -, kommt dann der Projektauftrag. Auch die SPD-Landesregierung
will PPP und Bremervörde. - Ich vollziehe Ihre Politik und verstehe die ganzen Debattenbeiträge hier gar nicht. Ich weiß gar nicht, was das soll!
Herr Kollege, ich stelle erst einmal fest, dass Herr Gabriel, Herr Pfeiffer und ich offensichtlich einen sehr freundschaftlichen Umgang miteinander hatten, weil wir uns geduzt haben.
Ich stelle die Frage: Warum haben Sie eigentlich so lange gebraucht, nämlich von 2001 bis heute, bis Sie mit der Prüfung - ob richtig oder falsch - fertig geworden sind?
Wenn ich das als dezenten Hinweis aufnehmen soll, dass wir die Sache schneller machen sollen, dann will ich dem gerne nachkommen.
Zwischenzeitlich war natürlich einiges zu erledigen. Sie fordern ja neuerdings - wenn Erfolg da ist, versteht man das auch - sogar die Urheberschaften ein, was neue JVAs wie Sehnde und Rosdorf anbelangt. Wir haben in fünf Jahren schon zwei teure Anstalten realisiert. Jetzt kommt der dritte große Schritt, der uns alle nach vorne bringt, vor allem qualitativ und inhaltlich.
Sie hätten ja auch sagen können: Das, was damals geschrieben und gedacht wurde, gilt nicht mehr. - Aber ich meine, Sie denken heute noch genauso wie damals. Und deswegen sind wir so
Ich würde in Bezug auf Bremervörde, meine Damen und Herren, um etwas mehr Gelassenheit bitten und keine so pirouettendrehenden Reden halten. Was soll das denn? - Es macht Sinn, 300 neue Haftplätze zu schaffen. Das bringt uns qualitativ nach vorne. Außerdem ist es sinnvoll, dass wir in diesem Kontext kleine Häuser schließen - zur Bezahlung des Ganzen, aber auch was die qualitativen Dinge angeht. Die Standorte sind hier genannt worden. Das gehört zu der Gesamtbetrachtung dazu und ist auch vertretbar.
Sie haben das alles als Chaos beschrieben. Ich weiß nicht, aus welchem Nirwana Sie das wahrnehmen. Manches ist kritisch, manches wird überlegt. Bis 2012 ist ja noch Zeit. Aber die Lage, wie Sie sie beschreiben, Herr Kollege, kann ich so nicht nachvollziehen. Ich meine, im Großen und Ganzen wird das Konzept im Bereich des Strafvollzugs getragen. Das hat überhaupt nichts damit zu tun, dass unsere Bediensteten in den JVAs keine gute Arbeit machen würden. Aber manche strukturpolitische Entscheidungen müssen wir halt treffen, weil wir die Dinge entsprechend weiterzuentwickeln haben.
Zu dem Vergleich, ob sich ÖPP rechnet: Wir sind beim Rechnungshof angetreten und stehen dort in Gesprächen. Wenn Sie Ihre Abgeordnetenunterlagen demnächst einmal sorgfältig durchgucken, dann werden Sie bei den Vorlagen zu Bremervörde auch die Stellungnahmen des Rechnungshofs zu der Frage der Wirtschaftlichkeit finden.
Herr Minister, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Sie haben Ihre Redezeit jetzt verdoppelt.
Der letzte Punkt betrifft die Frage, ob die Gefahr besteht, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. Wir haben im Land Niedersachsen fast 4 000 Bedienstete im Bereich des Strafvollzugs. Wenn Bremervörde mit ÖPP von etwa 150 Bediensteten gemacht wird - dabei geht es um 40 % gleich 56 Stellen, die sozusagen von guter privater Seite
gestellt werden sollen -, dann verursacht das keine Einbrüche im Personalbestand. Deswegen wird niemand entlassen. Die Maßnahmen, die wir beim Jugendarrest zusätzlich vorhaben, schaffen dort wieder zusätzliche Plätze, sodass man das mit der notwendigen Gelassenheit betrachten sollte.
Langer Rede kurzer Sinn: Wir sind im Strafvollzug ganz ordentlich aufgestellt. Wir müssen aber gucken, dass wir unsere Standortlandschaft inhaltlich gut aufstellen. Das, was wir konzeptionell vorgestellt haben, ist tragfähig. Das werden wir die nächsten Jahre bis 2012 mithilfe vieler durchsetzen.