Protocol of the Session on January 15, 2009

Trotzdem gelingt der Feuerwehr ihre Aufgabe im Großen und Ganzen.

Die zentrale Aufgabe ist natürlich, sich für neue Milieus zu öffnen. Das kommt in der Großen Anfrage auch sehr deutlich zur Sprache. Was der Feuerwehr bis jetzt noch nicht wirklich gelungen ist, obwohl sie sich mit diesem Thema beschäftigt, ist die weitere Öffnung für Migranten, für Zugewanderte. Diese Zahlen sind noch relativ niedrig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch das Phänomen, dass immer noch viel zu wenig Frauen in den Feuerwehren sind, stellt ein weiteres großes Problem dar.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Auch in dieser Hinsicht brauchen wir auf jeden Fall eine strukturelle Öffnung. Das ist eine wichtige Aufgabe. Beispielsweise die Polizei, die mit der Feuerwehr natürlich nicht ganz vergleichbar ist, aber doch in gewissen Bereichen artverwandt ist, hat von dem überaus starken Zuwachs von Frauen in der Polizei seit den 1990er-Jahren erheblich profitiert. Dieser kulturelle Wandel muss auch in der Feuerwehr gelingen, mehr Frauen und auch mehr Migranten für die Feuerwehr zu gewinnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das wäre ein unglaublich starker Zugewinn nicht nur fachlicher Art, weil dann neue Gedankenwelten in eine Institution kommen. Es ist gleichzeitig auch ein faszinierendes Integrationsprogramm, wenn es gelingt, sich für neue Schichten zu öffnen. Diese große Aufgabe wird also auf die Feuerwehr zukommen.

Ein zweiter wichtiger Aspekt ist der demografische Wandel, den wir hier mehrfach angesprochen haben. Ich habe Zweifel, ob es uns gelingen kann, jede Ortsfeuerwehr in jedem kleinen Landkreis oder in jeder demografisch abschmelzenden Region aufrechtzuerhalten. Das wird eine sehr schwierige Aufgabe sein. Natürlich ist es verständlich, dass jede kleine Gemeinde ihre eigene Feuerwehr behalten will. Das ist ganz klar und nachvollziehbar. Trotzdem werden wir darüber reden müssen, ob wir dies im Niedersächsischen Brandschutzgesetz verpflichtend aufrechterhalten wollen oder ob wir einen Weg in Richtung von mehr Kooperation, mehr Gemeinsamkeit, mehr Verbünden und mehr Vereinheitlichung auf diesem Gebiet beschreiten wollen. Wir werden in dieser Legislaturperiode übrigens auch eine große Debatte über die Gebietsreform wieder führen. Die Landesregierung bewegt sich in diesem Bereich momentan ja sehr ängstlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie können wir der Feuerwehr das Leben durch kleine gesetzliche Maßnahmen, die noch nicht einmal viel Geld kosten, viel einfacher machen? - Wir haben in der letzten Legislaturperiode und in dieser Legislaturperiode über kleine und sehr feine, für die Feuerwehr sehr wichtige Maßnahmen gesprochen. Ich nenne zum einen den verpflichtenden Brandmelder. Mir ist völlig unverständlich, warum diese Forderung nicht umgesetzt wird. Das ist eine alte Forderung aus dem Bereich der Feuerwehr selber.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Wenn diese Forderung erfüllt würde, würde die Zahl der Brandereignisse reduziert und würden Leben gerettet werden können. Diese Maßnahme würde wirklich nicht besonders viel kosten. Es sind in erster Linie liberale und konservative Lobbyverbände, die das ohne gute Gründe verhindern. Dies ist mir völlig unverständlich.

Eine zweite gesetzliche Maßnahme, die wir treffen könnten, kostet ebenfalls kein Geld und würde der Feuerwehr das Leben ebenfalls erleichtern. Frau Zimmermann hat diesen Punkt bereits angesprochen. Es ist eine psychisch unglaublich belastende Aufgabe, z. B. an Autobahnen Katastrophendienst und Erste Hilfe zu leisten. Wenn wir ein Tempolimit einführen würden, hätten wir auch auf Autobahnen weniger schwere Unfallereignisse. Warum machen wir das eigentlich nicht? Die Feuerwehr würde dies sehr dankbar annehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Die dritte Maßnahme, über die wir auch reden sollten, ist die Absenkung der Promillegrenze im Verkehr. Auch das wäre eine wichtige Aufgabe.

Meine Redezeit ist jetzt leider schon zu Ende. Das ist sehr schade, denn wir sprechen hier über ein sehr wichtiges und auch sehr interessantes Thema. Auf die Flexibilisierung von Altersgrenzen oder Finanzprobleme kann ich jetzt nicht weiter eingehen. Wir werden aber im Ausschuss Debatten darüber führen, wie wir die Feuerwehr zukunftsfähig machen können.

Herr Präsident, mir seien noch einige abschließende Worte gestattet.

Aber ganz schnell!

Genau, ganz schnell. - Die Feuerwehr hat dies wirklich verdient. Die Feuerwehr ist einfach eine super Institution. Wir können wirklich froh sein, dass wir sie haben. Die Politik könnte mit ein paar gesetzlichen Maßnahmen der Feuerwehr das Leben deutlich erleichtern.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Beifall bei der LINKEN)

Herr Adler hat sich zu dem Beitrag von Herrn Briese zu einer Kurzintervention gemeldet. Er hat für anderthalb Minuten das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Briese, ich habe mich über einen Punkt in Ihren Ausführungen sehr gewundert. Sie haben sich ziemlich deutlich dafür ausgesprochen, kleinere Einheiten aufzulösen und im Rahmen der Verwaltungsreform zu größeren Einheiten überzugehen. Ist Ihnen eigentlich klar, was das für die Feuerwehr bedeutet? - Das bedeutet, dass die Entfernung zwischen Brandstelle und dem jeweiligen Sitz der Feuerwehr immer größer wird, dass der Weg immer länger wird und damit auch Zeit verlorengeht, die man braucht, um einen Brand möglichst frühzeitig zu löschen. Ich bin der Meinung, es spricht alles dafür, gerade den Bereich der Feuerwehr so dezentral wie möglich, d. h. so nah wie möglich an potenziellen Brandstellen, zu organisieren und nicht größere Einheiten zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Herr Kollege Adler, das habe ich dem Kollegen schon einmal zehn Minuten lang im Innen- ausschuss erklärt!)

Herr Briese möchte antworten. Herr Briese, Sie haben anderthalb Minuten Redezeit.

Herr Adler, dieses Problem ist mir natürlich bekannt. Wenn Sie genau zugehört hätten, wüssten Sie, dass ich nicht gesagt habe, dass ich unbedingt eine Veränderung will. Ich habe gesagt, dass wir das Problem der demografischen Veränderungen in ländlichen Räumen schlicht und ergreifend

nicht leugnen dürfen. Natürlich ist das, was Sie gesagt haben, wünschenswert, nämlich dass wir viele dezentrale Einheiten möglichst ortsnah haben. Die große Frage ist aber, ob dies zukünftig weiter realistisch sein wird. Sie müssen sich das demografische Szenario in Niedersachsen einmal genau anschauen. Die große zentrale Frage ist ja, wie wir eine kommunale Daseinsvorsorge auch in demografisch schrumpfenden Gebieten aufrechterhalten wollen. Je mehr wir dezentral aufrechterhalten können, umso besser ist es. Das ist gar keine Frage. Trotzdem muss man sich realistisch damit auseinandersetzen, wie man das verwaltungstechnisch, politisch, finanzpolitisch etc. leisten kann. Darauf müssten auch Sie eine Antwort geben können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Kollege Oetjen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Feuerwehren in Niedersachsen treten für die Menschen in Niedersachsen ein und stellen den Brandschutz in unserem Land sicher. Für diesen Dienst möchte ich an dieser Stelle als Allererstes im Namen der FDP-Fraktion allen Feuerwehrmännern und allen Feuerwehrfrauen ganz herzlich danken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Antwort auf die Große Anfrage hat gezeigt, dass die Anzahl der aktiven Mitglieder in den Feuerwehren in Niedersachsen mit derzeit knapp 137 000 Mitgliedern relativ konstant bleibt. Es ist ein leichter Rückgang von 0,2 % zu verzeichnen. Die regionale Entwicklung ist aber etwas unterschiedlich. Der Kollege Briese hat die demografische Entwicklung gerade schon angesprochen. Es gibt Landkreise, in denen die Zahl der Feuerwehrleute deutlich steigt. Ich nenne hier beispielsweise die Landkreise Aurich und Verden. Es gibt aber auch andere Landkreise, in denen die Zahl der Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen deutlich sinkt. Hier sind als Beispiele Goslar und Holzminden zu nennen. Dies ergibt sich aus den Zahlen in der Antwort auf die Große Anfrage.

(Zustimmung von Klaus-Peter Bach- mann [SPD])

Es gibt natürlich auch Regionen, in denen sich der demografische Wandel, lieber Herr Kollege Briese, nicht sofort in einer schrumpfenden Bevölkerung, sondern als Erstes in einer älter werdenden Bevölkerung zeigt. Dies stellt die Feuerwehren natürlich vor ganz große Herausforderungen.

Ich bin sehr froh, dass das Innenministerium eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Landesbranddirektors eingerichtet hat. Ich bin davon überzeugt, dass wir Landkreise haben, die sich positiv entwickeln, dass es gute Beispiele dafür gibt, wie man neue aktive Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen gewinnen kann. Solche Best-practice-Beispiele müssen in dieser Arbeitsgruppe herausgefiltert werden, damit wir sie auf das ganze Land übertragen können. Es ist eine gute Innovation, die das Innenministerium hier auf den Weg gebracht hat.

(Beifall bei der FDP)

Bei der Gewinnung von aktiven Feuerwehrleuten spielt die Jugendfeuerwehr sicherlich eine herausragende Rolle. Das ist hier verschiedentlich angesprochen worden. Dies ist ein sehr gutes Konzept. Wir sollten es auch weiterhin fördern. Insbesondere die Einbindung von weiblichen Jugendlichen, aber auch von Jugendlichen mit Migrationshintergrund stellt aus meiner Sicht ein sehr großes Potenzial für die Feuerwehren dar, das sehr wenig erschlossen ist. Hier sollten wir aktiv werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich finde es bedenklich, dass die Zahl der Mitglieder in Jugendfeuerwehren in der Zeit von 2003 bis 2007 von knapp 36 000 auf 33 300 zurückgegangen ist. Dem müssen wir entgegenwirken. Hierfür brauchen wir gute Konzepte. Ich hoffe, dass die positive Entwicklung bei den Kinderfeuerwehren dazu beitragen kann, den Schrumpfungsprozess in den Jugendfeuerwehren aufzufangen. Ich möchte einmal die Landkreise Gifhorn, Hildesheim und Schaumburg herausgreifen, in denen sich die Zahl der Kinderfeuerwehren von 2003 bis 2007 sehr stark erhöht hat. Das sind Vorbilder, denen andere Landkreise nacheifern sollten.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der SPD)

Nach der Betrachtung der Personalsituation möchte ich kurz auf das Einsatzgeschehen eingehen und zunächst ein Augenmerk auf die Einsatzzahlen richten. Die Feuerwehren in Niedersachsen haben jährlich gut 20 000 Brandeinsätze. Im Jahre

2003 gab es einen Ausreißer mit über 27 000 Einsätzen. Im Übrigen ist die Zahl der Brandeinsätze jedoch relativ konstant.

Die Zahl der technischen Hilfseinsätze hat sich allerdings deutlich stärker erhöht, nämlich von unter 50 000 im Jahre 2003 auf über 60 000 - genau 61 012 - in 2007. Auf diesem Gebiet entwickeln sich für die Feuerwehren zusätzliche Herausforderungen, und das Anforderungsprofil verschiebt sich. Ich bin froh, dass wir mit den Feuerwehrschulen in Celle und Loy sehr gute Ausbildungsstätten haben - das ist hier verschiedentlich betont worden -, die die Feuerwehrleute auf diese Aufgaben vorbereiten. Ich freue mich insbesondere - Sie wissen, ich komme aus dem nördlichen Bereich -, dass der Thematik des Hochwasserschutzes mit einer Pilotveranstaltung in Loy besonderes Augenmerk geschenkt wird. Hier werden wir die Feuerwehren in Zukunft noch wesentlich öfter brauchen.

(Beifall bei der FDP)

Seit Jahren sind die beiden Feuerwehrschulen an ihrer Kapazitätsgrenze. Die Auslastung liegt in den einzelnen Jahren immer über 90 %; zum Teil bei fast 100 %. Ich begrüße für die FDP-Fraktion ausdrücklich, dass die Landesregierung plant, hier Abhilfe zu schaffen und die Feuerwehrschulen neu zu organisieren und zu strukturieren. Meine Damen und Herren, wir sollten gemeinsam dafür arbeiten, dass diese Feuerwehrschulen als Fundament unserer Aus- und Weiterbildung im Feuerwehrwesen angemessen ausgebaut und ausgestattet werden. Ich halte die Pläne, die das Innenministerium hierzu vorgelegt hat, für einen sehr guten Weg in diese Richtung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich möchte noch auf den Bereich der Waldbrandprävention eingehen. Sie wissen ja, meine Damen und Herren, dass ich dem Landwirtschaftsausschuss angehöre. Dort haben wir uns in der Vergangenheit mehrfach über unsere veralteten Feuerwachtürme unterhalten, die in der Lüneburger Heide und in Ostniedersachsen aufgestellt sind. Ich freue mich, dass wir im Jahre 2009 nun ein modernes kameragestütztes Waldbrandüberwachungssystem bekommen. Das ist ein echter Fortschritt. Dieses neue System hat sich in den anderen Bundesländern bewährt. Das Überwachungssystem, das jetzt neu installiert wird, ist in Kombination mit den beiden Flugzeugen des Feuerwehrflugdienstes - auch diese sind in den letzten Jahren neu angeschafft worden - eine sehr gute Prä

vention in Bezug auf großflächige Waldbrände. Ich bin froh, dass der Niedersächsische Landtag auf Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP diese Investitionen getätigt hat.

(Beifall bei der FDP)

Ich möchte noch auf den Bereich der Alarmierung eingehen. Bisher werden die Alarmierungen in der Regel noch mit Sirenen durchgeführt; es wird noch mit Sirenen gearbeitet. Diese sind oft nur lokal auslösbar und in der Regel über 30 Jahre alt. Ich kenne das aus meiner Heimatgemeinde. Sie müssen erstens regelmäßig erneuert werden. Zweitens wollen die Hausbesitzer oft nicht mehr, dass die Sirenen auf ihren Häusern angebracht sind. Meistens lässt sich dann der Bürgermeister breitschlagen, dass die Sirene bei ihm eingerichtet wird, oder es geschieht an der Schule im Ort. Das ist ein Alarmierungssystem, das aus meiner Sicht kaum noch zeitgemäß ist. Hier müssen wir zu neuen Lösungen kommen, deren Entwicklung sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Aus meiner Sicht ist das jedoch eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen.