Protocol of the Session on January 15, 2009

Die Entscheidung über eine erneute Elbvertiefung ist nicht allein eine Frage des Geldes. Letztlich geht es um die Frage der Beherrschbarkeit von schnellerer Fließgeschwindigkeit der Elbe, höher auflaufenden Fluten und Sturmfluten und künftig steigendem Meeresspiegel. Letztlich geht es um die Frage, ob die Deiche auch in außergewöhnlichen Situationen Sicherheit für die Menschen hinter dem Deich gewährleisten. Bereits einmal haben sich die Wasserbauingenieure der Wasser- und Schifffahrtsdirektion des Bundes geirrt.

Von daher fragen wir die Landesregierung:

1. Hält die Landesregierung vor dem Hintergrund des bekannt gewordenen Vertragsentwurfs über

die Unterhaltung des Vorlandbereiches an der Elbe ihre Aussage aufrecht, dass kein Zusammenhang zwischen diesem Vertrag und der Erklärung des Einvernehmens im laufenden Planfeststellungsverfahren zur erneuten Vertiefung der Elbe besteht?

2. In welcher Weise will die Landesregierung sicherstellen, dass mit der im Vertragsentwurf vorgesehenen Zuständigkeit alle von den Deichverbänden und vom Land für den Hochwasserschutz für notwendig erachteten Maßnahmen an der Elbe vom Bund tatsächlich zeitnah durchgeführt bzw. finanziert werden?

3. Welche direkten finanziellen Vorteile würde der Abschluss dieses Vertrages und eines noch gar nicht verhandelten Vertrages über die Zuständigkeit an der Oste für das Land und für die betroffenen Deichverbände bringen, die so hoch zu bewerten sind, dass der gravierende Nachteil einer Zersplitterung der Zuständigkeit für den Hochwasserschutz an der Elbe dafür in Kauf genommen werden soll? Diese finanziellen Vorteile sollen anhand einer Berechnung vor dem Hintergrund der bislang üblichen Kostenaufteilung zwischen Land, Bund und Deichverbänden abzüglich der Kosten für den Unterhaltung der Oste dargestellt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung nimmt Herr Minister Sander Stellung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Vorgaben des Bundeswasserstraßengesetzes bedarf die Fahrrinnenanpassung des Einvernehmens des Landes Niedersachsen. Dieses Einvernehmen wird die Landesregierung nur erteilen, wenn zweifelsfrei geklärt ist, dass sich für die im Schutz der Deiche lebende Bevölkerung durch die Elbvertiefung keine Risiken ergeben. Außerdem darf es bei den in Rede stehenden Vertragsentwürfen zu keinerlei finanziellen Nachteilen für die Deichverbände kommen.

Im Zusammenhang mit der geplanten Fahrrinnenanpassung von Unter- und Außenelbe hat der Bund seine Bereitschaft erklärt, die Uferunterhaltung an der niedersächsischen Tideelbe zwischen der Hamburger Landesgrenze und Cuxhaven zu

übernehmen. Zum Teil sollen auch die oberhalb Hamburgs gelegenen Uferstrecken mit einbezogen werden. Der Bund erwartet, dass das Land seinerseits die Zuständigkeit für die Erhaltung aller Uferbefestigungen an der Oste einschließlich des Gewässerbetts übernimmt. Derzeit bestehen an der Elbe je nach Abschnitt unterschiedliche Regelungen über die Kostentragung der Unterhaltung.

Meine Damen und Herren, der bestehende Zustand ist unübersichtlich und führt regelmäßig zu unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Notwendigkeit der Veranlassung und Kostentragung der Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Deichverbände, Land und Bund haben daher ein gemeinsames Interesse daran, zu klaren vertraglichen Regelungen hinsichtlich der Uferunterhaltung der Elbe zu kommen. Aus Sicht des Ministeriums wird ein solcher Vertrag grundsätzlich befürwortet. Auch die Deichverbände stehen einem Vertragsabschluss grundsätzlich positiv gegenüber. Das Land und die Deichverbände haben in den bisherigen Verhandlungen erreicht, dass die vom Bund zunächst geforderte ausdrückliche Rücknahme der Einwendungen und ein Verzicht auf Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss zu einer erneuten Fahrrinnenanpassung gestrichen wurden. Allerdings fordert der Bund - das ist logisch -, dass das Land und die Verbände ihre Bedenken hinsichtlich der Uferunterhaltung für erledigt erklären und es dazu keiner Entscheidung im Planfeststellungsbeschluss mehr bedarf.

Meine Damen und Herren, keinesfalls würde ein Vertrag Entscheidungen über einen künftigen Planfeststellungsbeschluss ersetzen. Vielmehr bliebe die Erteilung des Einvernehmens durch einen Vertragsabschluss unberührt. Allerdings wird bei der Erteilung des Einvernehmens zu berücksichtigen sein, inwieweit es aus Sicht des Landes gelungen ist, den berührten und für die Erteilung des Einvernehmens relevanten Belangen der Landeskultur und der Wasserwirtschaft bereits durch die vertraglichen Regelungen Rechnung zu tragen.

Frau Kollegin Twesten, damit habe ich Ihre erste Frage beantwortet.

Nun zu Ihrer zweiten Frage: In dem Vertrag soll festgeschrieben werden, dass Maßnahmen zur Unterhaltung der Sicherungs- und Schutzwerke bzw. der unbefestigten Vorlandbereiche der Deiche unverzüglich zu veranlassen sind, wenn es notwendig ist. Über die Notwendigkeit der Maßnahmen soll eine Schaukommission entscheiden, in der der Bund, das Land und der jeweilige Deich

verband vertreten sind, die Interessen der betroffenen Bevölkerung und des Landes also im Verhältnis 2 : 1.

Außerdem soll dort, wo sofortiger Handlungsbedarf besteht - z. B. Altenbrucher Bogen -, entsprechend dem jeweiligen Gefährdungspotenzial vertraglich geregelt werden, bis wann die Maßnahme vom Bund zu ergreifen ist. Teilweise ist auch vorgesehen, dass die Deichverbände die besonders dringlichen Maßnahmen selbst in Auftrag geben und der Bund diese dann bezahlt.

Sie sehen: Die Landesregierung vertritt auch in der Frage der Elbvertiefung weiterhin die Interessen der Menschen in Niedersachsen, und zwar offensiv.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich komme jetzt zu Ihrer dritten Frage. Die Landesregierung teilt nicht die Auffassung, dass es zu einer Zersplitterung der Zuständigkeiten kommt, sondern sie verfolgt gerade das Ziel einer eindeutigen Zuständigkeitsregelung.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist doch ein Witz!)

Es ist vorgesehen, dass der Vertrag über die Uferunterhaltung an der Elbe erst dann in Kraft tritt, wenn auch ein Vertrag über die Unterhaltung der Oste geschlossen wurde. Derzeit sind die Verhandlungen über die Unterhaltung der Oste noch nicht abgeschlossen. Insbesondere bestehen zwischen dem Bund und dem Land noch unterschiedliche Auffassungen über einen erforderlichen finanziellen Ausgleich bei Tausch der Unterhaltungszuständigkeiten an Elbe und Oste. Durch einen Tausch der Zuständigkeit für die Uferunterhaltung der Elbe gegen die der Oste wären die potenziellen Risiken der geplanten Fahrrinnenanpassung für die Schutz- und Sicherungswerke sowie die sonstigen Uferstrecken nicht mehr von den Deichverbänden und dem Land zu tragen.

Meine Damen und Herren, ich denke, die Beantwortung macht deutlich, dass die Interessen Niedersachsens durch diese Landesregierung gut vertreten werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die erste Zusatzfrage stellt der Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass meine schlimmsten Befürchtungen mit Ihren Ausführungen bestätigt werden

(Björn Thümler [CDU]: Mein Gott!)

und sich das Land an einer entscheidenden Stelle seine Zustimmungsrechte offenbar abkaufen lassen will, frage ich Sie: Soll der § 6 Abs. 2 im Vertragsentwurf

„Die Vertragsparteien stimmen überein, dass den Einwendungen bzw. Stellungnahmen des Landes und des Deichverbandes bezüglich der Sicherungs- und Schutzwerke bzw. unbefestigten Vorlandbereiche der Deiche mit dieser Vereinbarung außerhalb des Planfeststellungsverfahrens nach Absatz 1 entsprochen wird und dass sich daher eine Behandlung im Planfeststellungsverfahren und Entscheidungen hierüber in dem entsprechenden Planfeststellungsbeschluss erübrigt.“

ebenso wie der § 8 Abs. 2

„Die Durchführung des Ausbauvorhabens Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe für 14,50 m tief gehende Containerschiffe gilt als wesentliches Merkmal dieses Vertrages. Wird das Vorhaben nicht durchgeführt, kann der Bund verlangen, über die Vertragsinhalte neu zu verhandeln.“

Bestandteil dieses Vertrages bleiben?

Herr Minister Sander, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Wenzel, ich habe Ihre erste Frage zufriedenstellend beantwortet. Das müssen Sie einfach zur Kenntnis nehmen; Frau Twesten hat es durch Nicken ja auch getan.

(Elke Twesten [GRÜNE]: Nein, habe ich nicht!)

Sie müssen einfach sehen, dass es zwischen Uferunterhaltung und Deichunterhaltung erhebli

che Unterschiede in der Bewertung gibt. Die Menschen an der Elbe haben zwei große Ziele: Erstens wollen sie Deichsicherheit, und zweitens wollen sie aufgrund der unterschiedlichen Zuständigkeiten, die in der Vergangenheit bestanden haben und auch heute noch bestehen, eine Gewähr dafür haben, dass klar geregelt wird, wer für die Uferabbrüche zuständig ist, und dass die Uferabbrüche auch so schnell wie möglich beseitigt werden.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Meine Fra- ge kann man mit Ja oder Nein beant- worten, Herr Minister! Bleibt das drin oder nicht? - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ja oder nein?)

- Der § 6 - - - Vielleicht würden Sie den Herrn hinter Herrn Wenzel einmal zur Ordnung rufen, damit er aufhört, Grimassen zu machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich muss hier auch einmal erklären, dass der § 6 vom Bund gefordert worden ist, wir aber gesagt haben, dass er so nicht im Vertragsentwurf bleibt. Erst wenn der Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses vorliegt, wird zu entscheiden sein, ob wir aus landeskultureller und wasserrechtlicher Sicht unser Einvernehmen erteilen können oder nicht. Die Uferunterhaltung hätten im Grunde genommen Sie im Jahr 1999 vertraglich regeln müssen. Weil es seinerzeit nicht geregelt worden ist, haben wir heute die Probleme an der Elbe.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Menschen glauben Ihnen doch nicht. Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst und sorgen dafür, dass vorher all diese alten Schäden beseitigt werden. Erst wenn das geschehen ist, wird es auch ein Einvernehmen geben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine weitere Zusatzfrage stellt der Kollege Meyer von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der Tatsache, dass der Umweltminister in der heutigen Ausgabe der HAZ sehr wohl eingeräumt hat, dass der Vertrag bei der Frage des Einvernehmens zu berücksichtigen sei, dass damit eine Präjudizierung vorliege und dass es damit zu einem Kuhhandel um die Elbvertiefung zwischen Bund und Land kommen solle, frage ich die Landesregierung: Welche Punkte sollen in den Ver

tragsverhandlungen aus der Sicht der Landesregierung bei der Erteilung des Einvernehmens berücksichtigt werden, wenn dieser Vertrag Einfluss auf die Erteilung des Einvernehmens haben soll?

Herr Minister, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in meiner Antwort schon klar zum Ausdruck gebracht: Wir müssen die Fragen der Uferunterhaltung jetzt klären, weil diese Unterhaltungsmaßnahmen unabhängig von einer eventuellen Elbvertiefung vorgenommen werden müssen. Das ist eine klare Regelung. Natürlich müssen alle Verträge vorher abgeschlossen werden, und zwar zur Zufriedenheit der Menschen in den betroffenen Regionen, insbesondere aber zur Zufriedenheit der Deichverbände, die ja die betroffene Region vertreten. Insofern muss das natürlich berücksichtigt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Zusatzfrage stellt der Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE.