Protocol of the Session on January 15, 2009

Hogrefe von der CDU-Fraktion ebenfalls zusätzliche Redezeit geben. Sie haben drei Minuten. Bitte schön! - Ich bitte aber um ein bisschen Ruhe.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Flauger, als Sie eben noch einmal zum Redepult gegangen sind, haben wir alle gemerkt, wie sehr das gesessen hat, was der Ministerpräsident Ihnen ins Stammbuch geschrieben hat.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ihr Ausruf, man werde ja sehen, ob die Dame noch einmal aufgestellt werde, die offenbar nicht Ihre Meinung vertritt, zeigt doch ganz klar, dass Sie eine doktrinäre Kaderpartei sind.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der LINKEN)

Sie haben sich hier eben schlicht entlarvt, und das ist gut so.

Lassen Sie mich zu Ihren Anträgen noch Folgendes sagen: Das, was Sie hier fordern, ist längst in der Umsetzung. Ich hatte erst heute Morgen den Bürgermeister von Achim hier.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Na toll! - La- chen bei der SPD und bei den GRÜ- NEN)

Dabei haben wir mit Frau Raddatz besprochen, wie wir in Achim das Bürgerforum durchführen. Das machen übrigens die meisten Kolleginnen und Kollegen von uns genauso. Wir bereiten die Schulbesuche am 9. März vor. Wir werden sehen, wie viele von Ihnen dort überhaupt auftreten. Ich meine allerdings, dass man die Schulen davor bewahren sollte, dass Sie dort auftreten. Aber das müssen sie selbst mit sich abmachen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, diese Landesregierung und auch die Fraktionen - davon nehme ich die Fraktion DIE LINKE aus - sind auf diese Europawahl hervorragend vorbereitet. Darum müssen wir uns gar keine Sorgen machen. Wir müssen jetzt die Ärmel hochkrempeln, mit den Bürgern sprechen, dafür werben und für Europa Begeisterung wecken und dürfen keine Ressentiments schüren. Das ist meine Bitte.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Ja, also rauf aufs Pferd!)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Bevor wir zur Ausschussüberweisung der beiden soeben behandelten Anträge kommen, möchte ich den von Frau Flauger gestellten Antrag aufgreifen, den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/701 betr. „Für ein soziales Europa - verbindliche Regelungen für soziale Grundrechte“, den wir in der 26. Sitzung am 12. Dezember 2008 an den Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit überwiesen haben, jetzt ebenfalls an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien zu überweisen. Dann können alle drei Anträge - einschließlich der soeben zum Thema Europa diskutierten - gemeinsam im Ausschuss behandelt werden. - Ich sehe Nicken. Das heißt, es gibt keine Gegenstimmen.

Insofern kann ich darüber abstimmen lassen, alle drei Anträge - sowohl den einen eben von mir genannten als auch die unter den Tagesordnungspunkten 20 und 21 behandelten Anträge - an den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien zu überweisen. Wer will so beschließen? - Gegenstimmen? - Sehe ich nicht. Enthaltungen? - Sehe ich auch nicht. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Erste Beratung: Altlastenfonds für Niedersachsen - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/804

Zur Einbringung erteile ich Frau Schröder-Ehlers von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen den Antrag der SPD-Fraktion zur Altlastensanierung kurz vorstellen. Niedersachsen als zweitgrößtes Bundesland hat viel Fläche, viel Böden und damit leider auch viele Probleme mit den Umweltsünden der Vergangenheit, die die Böden belastet haben. Aber leider, meine Damen und Herren, fehlt es dem Umweltminister an der ausreichenden Bereitschaft, dieses Problem ernst zu nehmen und ernsthaft tragfähige Konzepte zu erarbeiten.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Er ist ja noch nicht einmal da!)

- Doch, ich habe ihn gerade gesehen. Oder hat er den Saal wieder verlassen?

(David McAllister [CDU]: Er ist doch da! - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Da steht er doch! - Zuruf von Minister Hans-Heinrich Sander)

- Das mache ich doch gerne, Herr Minister. - Ich wiederhole das aber gerne noch einmal: Leider fehlt es Ihnen, Herr Sander, an der ausreichenden Bereitschaft, diese Probleme ernst zu nehmen und ernsthaft an tragfähigen Konzepten für eine Lösung zu arbeiten. Das muss sich dringend ändern, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Ich finde es erschreckend, immer wieder miterleben zu müssen, wie der Umweltminister gute Strukturen der Umweltverwaltung und der Umweltverbände systematisch zerstört, während er gleichzeitig große Umweltprobleme in diesem Land ignoriert, und wie er dann gerne mit dem Finger auf andere zeigt und den Moralisten gibt, nur um von der eigenen Schwäche abzulenken.

(Beifall bei der SPD)

Ich wünsche mir sehr, dass nach den vielen Reden nun endlich ernsthaftes Handeln folgt. Das, meine Damen und Herren, ist wirklich dringend geboten. Ein großes Feld, in dem das Handeln jetzt erforderlich ist, ist die Sanierung der Altlasten. Niedersachsen als das zweitgrößte Flächenland hinter Bayern - wir haben rund 48 000 km 2; das sind rund 14 % der Fläche Deutschlands - hat diese großen Probleme. Nach der offiziellen Statistik des Umweltbundesamtes, die allerdings schon ein paar Jahre alt ist, weist Niedersachsen 39 876 altlastenverdächtige Flächen aus. Nimmt man die Erfassungsberichte und Ergebnisse der letzten Jahre hinzu, so steigt diese Zahl auf 60 000 Flächen. Damit hat Niedersachsen bundesweit den höchsten Sanierungsbedarf.

Nun noch einmal zur Erläuterung: Bei diesen Flächen unterscheidet man nach Altablagerungen - das sind die alten Deponien, von denen es in Niedersachsen 8 976 gibt - und nach Altstandorten; das sind die Grundstücke, die in der Vergangenheit mit umweltgefährdenden Stoffen belastet worden sind. Davon gibt es nach den Daten des Umweltministeriums 50 000. Hinzu kommen noch 479 Verdachtsflächen für Rüstungsaltlasten mit einem großen Gefährdungspotenzial.

Niedersachsen hat also den größten Sanierungsbedarf, liegt aber, was die Sanierungsquote anbelangt, abgeschlagen weit hinten. Das ist nun wahrlich kein Ruhmesblatt. Böden haben eine sehr wichtige Rolle im Ökosystem. Böden müssen wie Wasser und Luft geschützt werden. Böden sind nicht vermehrbar und kaum erneuerbar, und sie haben ein langes Gedächtnis. Sie müssen daher geschützt und schonend genutzt und dringend saniert werden.

Das 1999 in Kraft getretene Bundes-Bodenschutzgesetz und das ebenfalls 1999 geschaffene Niedersächsische Bodenschutzgesetz waren ganz wichtige Meilensteine. Sie stellen aber nur erste Schritte in die richtige Richtung dar. Heute wissen wir, dass wir mehr tun müssen, um die Böden auch in Zukunft auf vielfältige Weise nutzen zu können. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben dabei gezeigt, dass die in Niedersachsen angewandten Instrumente zur Sanierung bei Weitem nicht ausreichen. Da reicht es auch nicht, eine mit EUMitteln geförderte Brachflächenrichtlinie zu erstellen. Sie deckt natürlich einen wichtigen Baustein ab, indem sie die Sanierung der Gewerbeflächen abdeckt. Aber alle anderen Bereiche - Grundstücke, die nicht gewerblich nachgenutzt werden sollen - werden von dieser Richtlinie nicht erfasst.

Immer wieder zeigen Beispiele im ganzen Land, dass Private und Kommunen völlig überfordert sind, wenn es um die Sanierung von Deponieflächen oder um die Sanierung der Altstandorte geht. Das jüngste Beispiel haben wir in Hannover gesehen. Die radioaktiv belasteten Böden rund um den Lister De-Haёn-Platz werden zurzeit in einem sehr aufwendigen Verfahren ausgetauscht. Dies ist aber wirklich nur ein kleines Beispiel von sehr vielen Problemfällen, die wir in Niedersachsen haben.

Die kommunalen Spitzenverbände, insbesondere der Landkreistag und der Städtetag, fordern seit Langem ein solidarisches Verfahren - ein Konzept, das auch die Wirtschaft entsprechend ihrer Verantwortung mit einbezieht. Es gibt in Deutschland dazu sehr viele Beispiele. Fast alle Bundesländer haben entsprechende Verfahren eingeleitet. Da reicht es nun wirklich nicht, gegenüber der Presse die Notwendigkeit zu bestätigen, eine kleine Gesprächsrunde kurz vor Weihnachten in das Ministerium einzuladen, mal in die Runde zu fragen und dann festzustellen, dass die Wirtschaft nicht bereit ist, sich finanziell zu beteiligen, und dann die Bücher wieder zuzumachen. Herr Sander, das reicht nicht. Das ist unverantwortlich.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass sich das Ministerium der Probleme annimmt, und wir bitten um Unterstützung für unseren Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Schröder-Ehlers. - Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Brandes. Jetzt haben Sie das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schröder-Ehlers, im Kern möchten Sie, meine Damen und Herren von der SPD-Fraktion, einen Altlastenfonds für Niedersachsen auflegen. Die Idee ist ja nicht ganz neu. Sie weisen auf eine Vielzahl von Sanierungsfällen hin.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Dem ist nichts hinzuzufügen!)

Richtig ist: Wir haben in Niedersachsen tatsächlich zahlreiche Altablagerungen und Altstandorte. Sie haben gut erklärt, worin der Unterschied liegt. Deswegen will ich das jetzt nicht wiederholen; die Zeit ist ja schon fortgeschritten.

Frau Schröder-Ehlers, über die Zahlen sollten wir uns allerdings noch einmal unterhalten. Sie selbst haben schon eingeräumt, dass die UBA-Statistik veraltet ist und dass die Zahlen nicht zutreffend sind. Dies sollten wir uns im Ausschuss einmal darstellen lassen. Ich glaube, ganz so dramatisch ist die Situation doch nicht. Wir sind in Teilen auf einem ganz guten Weg.

Zum Thema Altlastenfonds hilft ein Blick in die Historie weiter. Sie haben gesagt, Böden hätten ein langes Gedächtnis. Auch wir haben ein langes Gedächtnis. Deswegen möchte ich Ihnen kurz schildern, wie das Anfang der 80er-Jahre ausgesehen hat. Anfang der 80er-Jahre wurde dieses Thema nämlich schon einmal recht intensiv verfolgt, und zwar in Baden-Württemberg, aber auch in Niedersachsen.

Die Albrecht-Regierung wollte Ende der 80er-Jahre einen Altlastenfonds auflegen und war auf einem ganz guten Weg. Sie war in Gesprächen mit der Wirtschaft. Die Wirtschaft hat damals ihre Bereitschaft erklärt, sich einzubringen. Nach dem Regierungswechsel 1990, zu Zeiten Ihrer „legendären“ Umweltministerin Frau Griefahn, ist das aber leider

nicht weiterverfolgt worden. Sie haben sich entschlossen, eine Zwangsabgabe einzuführen, sind damit aber vor dem Bundesverfassungsgericht rechtlich gescheitert.

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Wirtschaft erst zu etwas zwingen wollen und hinterher mit Freiwilligkeit kommen, dann ist das immer ein bisschen schwierig. Es kann nicht angehen, dass man erst sagt „Du musst!“, und dass man dann, wenn es nicht klappt, sagt „Dann mach’ es freiwillig!“. Dieser Schachzug war nicht so glücklich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Übrigen hatten wir Anfang der 90er-Jahre, was die Finanzen des Landes angeht, bekanntlich eine etwas entspanntere Situation. Wir hatten damals noch unter 20 Milliarden Euro Schulden. Heute haben wir über 50 Milliarden Euro Schulden. Was die Landesfinanzen angeht, sind die Spielräume heute also bei Weitem nicht mehr so groß wie damals. Wer das in der Zeit von 1990 bis 2003 zu verantworten hat, das wissen Sie.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Ich schließe das einmal mit der Frage ab, Frau Schröder-Ehlers - Sie hatten ja 13 Jahre lang Zeit, nämlich von 1990 bis 2003 -: Warum haben Sie damals eigentlich keinen Altlastenfonds aufgelegt?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das wäre doch nahe liegend gewesen. Immer dann, wenn Sie Regierungsverantwortung hatten, wenn Sie es hätten machen können, haben Sie nichts getan. Aber wenn Sie in der Opposition sind, dann sagen Sie, jetzt müssten wir es unbedingt machen. Das aber nur als Feststellung.