Meine letzte Bemerkung. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Ihre Ziele mit den Zielen Ihrer eigenen Jugendorganisation in Einklang stehen. Bei der einen oder anderen Podiumsdiskussion wurde nämlich immer wieder der Hinweis gemacht: Das Wahlalter ab 14 Jahren ist nur ein Zwischenschritt. Eigentlich möchten wir ein Wahlalter ab 0 Jahren. - Meine Damen und Herren, wie diese Forderung mit der Aussage, man nehme das Wahlrecht ernst, in Einklang zu bringen ist, erschließt sich mir nicht.
Die Analyse ist richtig. Auch wir halten mehr Mitsprache für erforderlich. Der mit dem Gesetzentwurf dokumentierte Veränderungswille ist zu begrüßen. Die vorgeschlagene Lösung jedoch ist weder schlüssig noch zielführend. Der sehr ernst zu nehmende Wunsch Jugendlicher nach mehr Mitsprache erfordert etwas weniger Symbolismus und etwas mehr inhaltliche Befassung. Wenn Sie den Weg weg vom Wahlalter und hin zu mehr Mitsprache gemeinsam mit uns gehen wollen, sind wir dazu gerne bereit. Ihren heutigen Gesetzentwurf lehnen wir aber ab.
Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gemeldet. Bitte!
ein paar Punkte klarstellen, die offenbar nicht verständlich genug geworden sind. Ich möchte Ihnen gerne erklären, wie wir auf das Wahlalter von 14 Jahren gekommen sind; denn Sie haben gesagt, das sei Ihnen noch nicht ganz klar geworden.
Es ist so - das halte ich für sehr wichtig -, dass auch die Religionsmündigkeit ab 14 Jahren gilt. Kinder und Jugendliche können dann selber entscheiden, ob sie einer Religion angehören wollen und, wenn ja, welcher Religion sie angehören wollen. Man traut es Kindern und Jugendlichen also zu, dass sie dies mit 14 Jahren beurteilen können. Dann ist es, wie ich finde, durchaus logisch, ihnen gleichzeitig auch zuzutrauen, dass sie beurteilen können, wer hier im Landtag für sie sitzen soll.
Ein weiterer Aspekt ist die Strafmündigkeit. Es kommt zum Glück nur sehr selten vor; aber rein rechtlich kann man 14-Jährige ins Gefängnis sperren. Ich finde es etwas absurd, zu sagen: Wir dürfen 14-Jährige zwar ins Gefängnis sperren, sie dürfen aber nicht mitentscheiden, wie diese Gefängnisse z. B. ausgestattet sind.
Ein weiterer Punkt. Sie haben gesagt, dass die Frage, ob dieser Entwicklungsschub in diesem Alter stattfindet, im Wesentlichen eine Glaubensfrage sei. Ich habe verschiedene Stellungnahmen gelesen, z. B. die von Herrn Hurrelmann und die von Professor Palentien, einem Kinder- und Jugendforscher aus Bremen, in denen unisono bestätigt wurde: Ja, dieser Entwicklungsschub setzt zwischen 12 und 14 Jahren ein, und ab dem Alter von 14 Jahren ist ein großer Teil der Jugendlichen in der Lage, eine Wahlentscheidung zu treffen.
Noch eine letzte Bemerkung zu unserer Jugendorganisation. Herr Tonne, Sie sollten vielleicht ein bisschen mehr ins Detail gehen. Wenn Sie sich die Mehrheitsbeschlüsse unserer Landesmitgliederversammlungen ansehen, stellen Sie fest: Sie sind ganz eindeutig. Wir sind für das Wahlalter ab 14. Insofern besteht zwischen unserer Jugendorganisation und unserer Fraktion Einigkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Idee, Kinder und Jugendliche für edle politische Zwecke zu mobilisieren, ist nicht neu. So gab es im Mittelalter Kinderkreuzzüge,
Ihr Gesetzentwurf steht und fällt mit drei Fragen: Wie informiert sind 14- bis 17-Jährige über Landes- und Kommunalpolitik, wie interessiert sind sie, und wie verantwortlich und gereift würden sie mit dieser politischen Verantwortung umgehen? Darüber kann man wunderbar abstrakt streiten. Seien wir aber konkret.
In der Begründung Ihres Gesetzentwurfes betonen Sie, die Schülerdemonstration im Mai in Lüneburg mit 2 500 Teilnehmern habe das Interesse an der Landespolitik zum Ausdruck gebracht. Das sollten wir „updaten“, wie man heutzutage so schön sagt. Insbesondere die Schülerdemonstration am 12. November 2008 vor dem Landtag in Hannover mit 5 000 Teilnehmern hat das Interesse an der Landespolitik zum Ausdruck gebracht. Es sind zwar innerhalb der Bannmeile Steine geflogen und Scheiben im Landtag zu Bruch gegangen, aber was soll’s? Wir hatten ja Glück! Was hätten wir bloß ohne die großen Deeskalatoren aus den Reihen von Linken und Grünen getan, die uns vor Schlimmerem bewahrt haben?
Davon abgesehen: Irgendwie passt diese Demo nicht mit Ihrem Gesetzentwurf zusammen. Wenn Sie 14-Jährige wählen lassen wollen, weil sie wahlmündig und politisch mündig sind, in dieser Hinsicht also genau wie Erwachsene, dann müssten die 14-jährigen politwachen Steinewerfer nach Ihrer Logik nach Erwachsenenstrafrecht abgeurteilt werden. - Oder sollten sie aufgrund mangelnder Reife vielleicht doch nach Jugendstrafrecht verurteilt werden?
Der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Professor Pfeiffer, stellt in seiner Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzentwurf fest,
„dass der Anteil der 14/15-Jährigen, bei denen man unterstellen kann, dass sie mit einem Wahlrecht etwas Vernünftiges anfangen können, bei maximal 20 bis 25 % dieser Altersgruppe liegt.
„was wir bereits von den 16/17Jährigen, die das Wahlrecht ausüben können, wissen. Auch bei der Mehrheit von ihnen habe man den Eindruck, dass ihnen von der Politik in wohlmeinender Absicht etwas übergestülpt worden ist, was die meisten gar nicht ernsthaft interessiert.“
Meine Damen und Herren, wir werden einen Weg, der mit dem Kinderwahlrecht beginnt und mit edelmütigen Kinderkreuzzügen, etwa gegen den Klimawandel oder den Hunger in der Welt, enden mag, nicht mitgehen.
Eine Kurzintervention auf den Beitrag von Herrn Professor Zielke hat Herr Briese angemeldet. Herr Briese, Sie haben anderthalb Minuten.
Herr Zielke, Sie haben in der Vergangenheit ab und an ziemlich gute und lustige Reden gehalten. Ich kann mich an das eine oder andere Beispiel, das ich ganz gelungen fand, erinnern. Was Sie heute abgeliefert haben, war aber ganz billiger professoraler Zynismus.
Kinderkreuzzüge, bei denen Kinder in den Tod geschickt wurden, mit einer Debatte über das Wahlrechtsalter zu vergleichen, ist wirklich unterstes Niveau. Ich kann Ihnen nur sagen: Was Sie von sich gegeben haben, ist ganz niedriges Niveau.
Anscheinend haben Sie keine einzige Stellungnahme gelesen. Professor Hurrelmann, der führende Jugendforscher in der Bundesrepublik Deutschland und die führende Kapazität auf diesem Gebiet, hat gesagt: Das ist ein vernünftiger Vorschlag. Darüber kann man zumindest einmal reden. - Frau Dr. Peschel-Gutzeit, die ehemalige Justizsenatorin von Berlin, hat gesagt: Das war eine vernünftige Idee. - Frau Andresen, Pädagogikprofessorin an der Uni Bielfeld, hat gesagt: Das ist eine vernünftige Debatte.
Ich habe mich in meiner Rede auf den Direktor des Kriminologischen Instituts, Professor Pfeiffer, bezogen. Ich habe es nicht nötig, meinen eigenen Professorenrang in dieser Sache einzubringen. Da gibt es Kompetentere als mich.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 171 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die eindeutige Mehrheit.
ein wirksamer Datenschutz ist Bürgerrecht - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/437 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/714