Protocol of the Session on December 10, 2008

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die SPD ist die Bildungspartei in Deutschland.

(Beifall bei der SPD - Zuruf von der CDU)

In Niedersachsen gilt das allemal. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass auch in diesem Jahr der Schwerpunkt unseres Haushaltsantrages den Bereich der Bildung für unser Land umfasst. Denn die derzeitige Landesregierung und die sie unterstützenden Fraktionen von CDU und FDP zeigen seit 2003 leider nur allzu deutlich, wohin es mit der Bildung in diesem Land geht.

(Zuruf von der CDU: Aufwärts! - Astrid Vockert [CDU]: Bergauf!)

Sehr zum Leidwesen der Kinder und der Eltern geht es leider nach unten.

(Beifall bei der SPD - Astrid Vockert [CDU]: Falsch!)

Nicht nur die Ergebnisse der letzten Studien zeigen deutlich, dass andere Länder im Vergleich schneller aufholen als Niedersachsen. In vielen Bereichen der Bildung sind andere Bundesländer weiter und schneller vorn als Niedersachsen. So geben z. B. die meisten Bundesländer mehr Geld für die frühkindliche Bildung aus als Niedersachsen. Auch sind die Schlüssel für die Erzieher-KindRelationen in einigen Bundesländern im frühkindlichen Bereich wesentlich besser als bei uns.

Ebenso verhält es sich mit der Ausstattung von Ganztagsschulen - wir haben noch heute Morgen im Rahmen der Dringlichen Anfrage darüber diskutiert - oder mit den Klassenfrequenzen an den Gymnasien. Das muss sich im Interesse von Niedersachsens Schülerinnen und Schülern deutlich ändern und verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, sogar in der Frage des Schulsystems haben sich die meisten Bundesländer inzwischen bewegt. Auch in SchleswigHolstein und in Hamburg hat die CDU erkannt, dass es Sinn macht, die Kinder möglichst lange gemeinsam zu unterrichten.

(Astrid Vockert [CDU]: Ich glaube, das war eher Pragmatismus!)

In den neuen Bundesländern gibt es ohnehin weitestgehend nur noch das Zweisäulenmodell, und sogar in Baden-Württemberg wird die Hauptschule abgeschafft und die Werkrealschule eingeführt. Fast überall in Deutschland und in Europa hat man erkannt, dass eine möglichst lange gemeinsame

Beschulung aller Kinder sinnvoll ist und zu guten Ergebnissen führt.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, ist das Vorhalten von gemeinsamer Schule oder auch von Gesamtschulen die einzige mögliche Form, ein weitestgehend flächendeckendes, wohnortnahes und vollständiges Schulangebot vorzuhalten.

(Beifall bei der SPD)

Hier, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, verweigern Sie sich leider aus ideologischen Gründen völlig. Es scheint, dass Niedersachsen das letzte Bollwerk in Sachen gegliedertes Schulsystem bleiben will.

Leider kann Frau Ministerin Heister-Neumann heute krankheitsbedingt nicht hier sein.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Die anderen sind alle am Krankenbett!)

Ich wünsche auch im Namen der SPD-Fraktion der Ministerin gute Besserung.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Jütt- ner [SPD]: Wo sind die anderen?)

Wäre sie Anfang Dezember beim Verbandstag des VBE - - -

Frau Kollegin, entschuldigen Sie! Gestatten Sie eine Frage des Kollegen Bartling?

Frau Kollegin, ich frage Sie, ob Sie es für angemessen halten, dass bei dem wichtigsten Thema, das die Landespolitik bewegt, nur ein Minister als Vertreter der Landesregierung anwesend ist.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Hans-Christian Biallas [CDU]: Das ist ja der zuständige Mi- nister!)

Lieber Herr Kollege Bartling, ich meine, das zeigt deutlich, welchen Stellenwert diese Landesregierung der Bildung beimisst.

(Starker Beifall bei der SPD und Zu- stimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, wäre die Kultusministerin beim Verbandstag des VBE gewesen, als Herr Dr. Rösner vom Institut für Schulentwicklungsforschung an der Universität Dortmund referiert hat, dann hätte sie vielleicht selbst erkannt, dass ihre Blockadepolitik gegen neue Gesamtschulen und damit gegen den Elternwillen völlig verfehlt ist. Diese Politik geht sowohl an den pädagogischen Notwendigkeiten unserer heutigen Wissensgesellschaft, aber vor allen Dingen auch an den aus demografischer Sicht und aus ökonomischer Sicht bestehenden Notwendigkeiten vorbei.

Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, schon nicht so gerne über Gesamtschulen reden, dann können wir z. B. auch gern zum Philologenverband gehen. Auf dessen Verbandstag in Goslar wurde Ihnen deutlich gesagt, wo die Probleme bei den Rahmenbedingungen der Gymnasien sind. Leider hat auch dort die Ministerin keine Antworten auf die wirklich wichtigen Fragen gegeben.

Die Lehrerinnen und Lehrer an den Gymnasien haben Ihnen deutlich ins Stammbuch geschrieben, wo es an den Gymnasien brennt. Die viel zu hohen Klassenfrequenzen sind in dieser Schulform das größte Problem. Wo sind Ihre Antworten darauf in diesem Haushalt? - Fehlanzeige!

(Beifall bei der SPD)

Es scheint, dass die jetzige Kultusministerin ebenso wie ihr Vorgänger, Herr Busemann, in einer völlig anderen Welt lebt und die Realitäten an den Schulen überhaupt nicht wahrnimmt. Wie anders ist es zu erklären, dass diese Kultusministerin - nun schon seit fast einem Jahr im Amt - nicht einen einzigen Erfolg vorzuweisen hat, aber dafür jede Menge Baustellen im Bildungsbereich?

(Beifall bei der SPD)

Ich nenne nur ein paar. Ich nenne erstens die Veränderungen im Bereich der beruflichen Bildung, zweitens die nach wie vor unverändert schlechte Bilanz in der frühkindlichen Bildung,

(Astrid Vockert [CDU]: Falsch!)

drittens das ohne vernünftige Konzept eingeführte Abitur nach acht Jahren, viertens beispielsweise die Situation an der Landeschulbehörde. - Lassen Sie mich dies exemplarisch kurz ausführen. Da ist ein Minister Busemann aus der letzten Legislaturperiode, der es nicht eine Woche versäumt hat, irgendeine Reform durch das Land zu treiben, und für völlige Verwirrung an den Schulen und in der

Behörde sorgt, nach einiger Zeit der Unsicherheit in der Landesschulbehörde diese Behörde zentralisiert und so dafür sorgt, dass die Fläche nahezu ausgedünnt wird. Die neue Ministerin, ohne eigene Akzente, versucht nun mühsam, die Baustellen des Herrn Busemann abzuarbeiten. In Sachen Landesschulbehörde wird die Kultusministerin aber von ihren männlichen Kollegen im Kabinett leider völlig allein gelassen. Hierfür bekommt sie vom Finanzminister nicht eine einzige Stelle genehmigt. Und auch der Ministerpräsident hat Bildung nur sonntags in seinen Reden im Kopf, aber dienstags am Kabinettstisch nicht mehr.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, am Beispiel der Landesschulbehörde wird deutlich, was diese Landesregierung kennzeichnet: Es wird seit 2004 kontinuierlich ohne Konzept Personal abgebaut.

Meine Damen und Herren, ich weiß wohl, dass es für eine Behörde kaum eine Lobby gibt. Nur eines ist auch ganz klar: Wer die gute Schule will, der braucht auch eine ausreichend gut ausgestattete Landesschulbehörde und staatliche Schulaufsicht.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

Die Beschäftigten dieser Behörde haben weiß Gott genug damit zu tun, dass Sie mit weniger Personal die bestehenden Aufgaben meistern müssen. Aber sie haben sogar noch zusätzliche Aufgaben dazubekommen. Ich erwähne nur die Zielvereinbarung nach der Schulinspektion oder das von Ihnen verursachte Chaos bei der Berechnung der Arbeitszeitkonten.

(Ingrid Klopp [CDU]: Wer hat uns die denn beschert?)

Meine Damen und Herren, diese Beschreibung zeigt leider nur allzu deutlich, dass diese Landesregierung in Sachen Bildungspolitik ausgedient hat.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Nehmen Sie eigentlich die zahlreichen Demonstrationen zur Bildungspolitik überhaupt nicht wahr? Wo sind Ihre Antworten für eine moderne, regional angepasste, die demografischen Herausforderungen beachtende und vollständige Bildungspolitik? - Meine Damen und Herren, unser Haushaltsantrag ist eine Antwort auf diese Herausforderungen.

(Beifall bei der SPD)

So sieht unser Antrag über 240 Millionen Euro zusätzlich für den Bereich Bildung und Wissenschaft vor. Meine Damen und Herren, ich kann hier nicht alle Einzelheiten dieses Antrags aufzählen, daher nur ein paar exemplarisch: Es geht erstens um die bessere Teilhabe an Bildung. So wollen wir die Lernmittelfreiheit mit zusätzlichen 20 Millionen Euro wieder einführen.

(Astrid Vockert [CDU]: Sie hatten ja noch nie eine Lernmittelfreiheit! - Ing- rid Klopp [CDU]: Das war eine Mogel- packung! - Gegenruf von Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Damit kennen Sie sich ja aus!)