Protocol of the Session on November 13, 2008

Das gilt im Übrigen in der Landwirtschaft auch für verpachtete Unternehmen und für die dort vorhandenen Flächen. Sie zerstören damit nicht nur Familienbesitz, sondern auch produktiv tätiges Vermögen.

(Ingrid Klopp [CDU]: Ganz genau!)

Das wollen wir nicht.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Sie schützen die Falschen!)

- Es wäre hilfreich, wenn Sie einfach einmal zuhören würden. - Da Sie in Zukunft die Unternehmenswerte ansetzen und Aktien- und Kapitalvermögen genauso bewerten müssen wie Unternehmensvermögen, Grundstücke und andere Sachwerte,

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Das war die Auflage des Gerichts!)

müssen Sie bei der Verschonungsregelung die Dinge ausklammern, die bisher bei der Ermittlung des Ansatzwertes ausgeklammert wurden. Wenn Sie das nicht tun, bekommen Sie genau das Problem, dass alle Unternehmen zukünftig sehr stark besteuert werden. Glauben Sie es mir. Das bestreitet auch niemand.

(Zustimmung bei der CDU)

Sie diskutieren hier über das Thema, als ginge es um Klassenkampf zwischen den verschiedenen Schichten in der Bevölkerung.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ist eine Frage von Gerechtigkeit!)

Das ist falsch. Auch wir sind dafür, dass dort, wo hohe Werte vererbt werden, Erbschaftsteuer gezahlt wird.

(Beifall bei der CDU)

Nächster Redner ist Herr Rickert von der FDPFraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die Erbschaftsteuer ist nicht nur an dieser Stelle, sondern auch bei anderen Gelegenheiten ausführlich diskutiert worden. Die Argumente sind im Wesentlichen ausgetauscht worden, und ich mache kein Hehl daraus, dass ich im Vergleich zu den Ausführungen meiner Vorredner die Dinge etwas skeptischer sehe, um es vornehm auszudrücken.

Wir diskutieren über die Erbschaftsteuer immer unter zwei Gesichtspunkten. Die erste Frage lautet: Wenn jeder Lohn- und Einkommensbezieher mit Steuerabzug an der Finanzierung des Gemeinwohls beteiligt wird, ist es dann nicht gerecht, dass auch der Erbe durch entsprechende Steuer zur Finanzierung des Gemeinwohls herangezogen wird? - Das ist Ihre Position.

Bei der zweiten Position lautet die Frage: Ist es gerecht, ererbtes Vermögen, das unter Umständen bereits mehrfach besteuert wurde, erneut zu belasten, oder reicht es nicht aus, das laufende Einkommen aus diesem ererbten Vermögen zu besteuern?

Bei der Diskussion um die Erbschaftsteuer müssen wir auf jeden Fall beachten, dass es nicht zu einer Neiddebatte mit überzogenen Forderungen kommt, die zu Kapitalflucht führen könnten.

(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU])

Ich will auf die Vorstellungen der FDP, nämlich die Erbschaftsteuer zu einer Ländersteuer zu machen, jetzt nicht weiter eingehen.

Meine Damen und Herren, mich treibt nicht irgendwelches abstraktes Vermögen um. Was mich umtreibt, sind die Gespräche mit mittelständischen Familienunternehmen. Ich hatte Gelegenheit, in Oldenburg mit drei nicht ganz unbekannten Familienunternehmen, eines sogar mit einigen Tausend Beschäftigten, zu sprechen. Diese Unternehmen werden erfolgreich in dritter, wenn nicht vierter Generation geführt. Diese Unternehmer haben mir in unserem Gespräch einhellig gesagt, sie seien in großer Sorge vor dieser Erbschaftsteuer, weil sie befürchteten, dass die Erbschaftsteuer die Liquiditätslage ihrer Unternehmen in einer Weise belasten könnte - dabei sind Haltefristen von zehn Jahren bei drei Generationen nicht besonders viel -, dass sie sich nicht mehr in der Lage sähen, die für den Bestand und die Zukunftssicherung des Unternehmens notwendigen Investitionen zu leisten. Die Unternehmer, mit denen ich gesprochen

habe, sind schon in zweiter oder dritter Generation als Geschäftsführer in diesen Unternehmen, haben diese Unternehmen selbst erfolgreich am Markt gehalten und ausgebaut, sind nur eben noch nicht Inhaber des Unternehmens. Sie fürchten dieses Damoklesschwert der Sieben- bzw. Zehnjahresfrist, weil sie glauben, dass sie und ihre Kinder und Kindeskinder durch diese Belastungen in ihrem unternehmerischen Handeln beeinträchtigt und dadurch auch die Arbeitsplätze des Unternehmens gefährdet werden. Das hat mich umgetrieben. Ich habe mich gefragt: Was machen wir da eigentlich? Ist es richtig, wenn wir solche Belastungen tatsächlich beschließen?

Ich habe ein weiteres Gespräch mit einem Familienunternehmen geführt - davon gibt es nicht allzu viele -, das über einen umfangreichen Immobilienbesitz verfügt. Dies findet in der Erbschaftsteuerreform so gut wie überhaupt keinen Niederschlag. Sie haben mir gesagt: Wenn das, was geplant ist, kommt, dann werden wir unsere vermieteten Immobilien aufgeben müssen. Wir werden - dies war vielleicht etwas extrem - das Land sogar verlassen müssen.

Das sind Themen, die mich beschäftigen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wenn ich dann höre - wie ich hier feststelle -, dass die Erbschaftsteuer aus besteuertem Vermögen generiert wird, dann halte ich das für ungerecht.

(Zustimmung von Jörg Bode [FDP] und Ingrid Klopp [CDU])

Ich lasse jetzt Themen wie „bürokratisches Monster“ oder auch die Frage, inwieweit die Reform der Erbschaftsteuer familienfreundlich oder familienfeindlich ist, einmal außen vor. Auf jeden Fall sind hier Geschwister, Neffen, Nichten und nicht eheliche Lebensgemeinschaften die Leidtragen. Es ist ja bekannt, dass die Lebensformen heute nicht mehr so sind, wie sie früher einmal waren. Es gibt Kinderlose und Vermögende, die ihr Vermögen an Geschwister und Neffen weitergeben. Auch hier könnte unter Umständen Bestand, d. h. Zukunft, gefährdet sein.

(Beifall bei der FDP)

Alle diese Themen sind Ihnen bekannt, meine Damen und Herren. In der Kritik heißt es ja allenthalben: Die Reform der Erbschaftsteuer, wie sie jetzt auf dem Tisch liegt, ist ein Konjunkturprogramm für Steuerberater, Gutachter und Rechtsanwälte. Ich bin ganz sicher: Auch dieses Gesetz dürfte in absehbarer Zeit wieder vor dem Bundes

verfassungsgericht landen. Die unterschiedliche Behandlung der Vermögensarten widerspricht nämlich dem Gleichheitsgrundsatz.

So viel, meine Damen und Herren, zu meiner Auffassung zur Erbschaftsteuer.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Klein von der Fraktion der Grünen gemeldet.

Herr Kollege Rickert, ich finde es gut, dass Sie Ihren Vorschlag der Regionalisierung der Erbschaftsteuer hier nicht mehr ausgebreitet haben. Inzwischen hat sich ja herumgesprochen, dass das nichts anderes ist als die erfolgreichste Strategie, die Erbschaftsteuer ganz abzuschaffen. Ich finde gut, dass Sie das nicht mehr wollen.

(Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP]: Er hat es nur nicht erwähnt!)

- Sie haben es nur nicht erwähnt. Dann haben Sie noch eine Chance, sich zu bessern.

Ich möchte Ihr Argument der Doppelbesteuerung, das immer wieder angeführt wird, noch einmal ansprechen. Dies ist letzten Endes nicht nachvollziehbar; ich könnte es noch schärfer ausdrücken. Ebenso gut könnte ich von einer Doppelbesteuerung sprechen, wenn ich mir von meinem versteuerten Einkommen ein Auto kaufe, für das ich zusätzlich Mehrwertsteuer zahle. Das ist doch überhaupt nicht nachvollziehbar!

Wir haben hier ein Ersteinkommen beim Erben; denn steuerpflichtig ist ja der Erbe und nicht der Erblasser. Der Erbe hat auf dieses Einkommen, das er leistungslos bezogen hat, noch nie im Leben Steuern bezahlt. Warum soll er das also nicht tun?

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE])

Ich hatte Ihnen den Vorschlag gemacht: Nehmen wir die Erbschaftsteuer als eine Steuerart im Einkommensteuerrecht. Dann werden Sie sehen, dass das, was heute passiert, keine Doppelbesteuerung, sondern weniger als eine Halbbesteuerung ist. Sie würden nämlich bei der Einkommensteuer gut doppelt so viel an Steuern zahlen, wie Sie heute zahlen. Das fände ich gerecht!

(Beifall bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr richtig!)

Herr Rickert möchte erwidern. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klein, ich bleibe dabei: Bei dem vererbten Vermögen handelt es sich um Vermögen, das bereits besteuert ist. Sie dürfen nicht die Personen, sondern müssen mehr die Sache in den Fokus nehmen.

Ich möchte für alle zur Klarstellung - wir haben uns ja schon eine ganze Weile ausgetauscht und zugehört - nur noch einmal erwähnen, dass ich das Modell der Ländersteuer natürlich nicht fallen gelassen habe. Ich gehe davon aus, dass die Beteiligten hier im Raum es kennen. Ich führe die Diskussion, meine Damen und Herren - dies möchte ich erwähnen -, mit vollem Ernst und auch im Bewusstsein des Haushaltspolitikers, der weiß, dass 300 bis 400 Millionen Euro für den Landeshaushalt kein Pappenstil sind.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist Herr Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird diesem Antrag zustimmen.

(Unruhe)

Herr Dr. Sohn, warten Sie bitte einen Moment! - Sie haben das Wort!

Sie sollten jetzt auch deshalb zuhören, weil es mir bei diesem Tagesordnungspunkt trotz aller Bemühungen nicht gelingen wird, Herrn Klein links zu überholen.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Wir ori- entieren uns immer an der Sache! - Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Das ist bei diesem Punkt zu meinem großen Bedauern, Frau Helmhold, völlig unmöglich.

Herr Klein hatte vorhin das Beispiel Großbritannien mit der Differenz von 90 Milliarden Euro genannt. Ich habe auf meinem Zettel das Beispiel Frankreich stehen. Wenn wir die gleichen Regeln wie in Frankreich hätten, dann wären es 12 Milliarden Euro. Sie sehen, wie gravierend weit links von uns die Grünen an diesem Punkt stehen.