Die langfristigen Kreditrisiken bündelten die Banken in sogenannten strukturierten Finanzprodukten, die sie auf dem internationalen Kapitalmarkt weiterverkauften. Dem liegt die Praxis der Verbriefung von Krediten und der Platzierung entspre
Normalerweise könnte es einem ja egal sein, ob ein Institut ungesicherte Kredite herausgibt. Wenn es nur das Institut und den Kreditnehmer betrifft, ist es deren eigenes Risiko. Aber wenn diese Kredite zu Finanzpaketen zusammengeschnürt und diese verkauft werden, dann wird es kritisch.
Zur Finanzierung dieser Transaktionen emittierten die Banken kurzfristige Anleihen - asset backed commercial paper (ABCP) -, welche weltweit gehandelt wurden. Mit der Krise am Subprime-Markt im Sommer 2007 gerieten diese Anleihen in den Strudel fallender Kurse.
Darüber hinaus kam es am Interbankengeldmarkt zu einer Vertrauenskrise, weil niemand wusste, inwieweit der andere Risikopapiere in seinen Büchern hatte, sodass viele Banken in Liquiditätsprobleme gerieten.
Jetzt kann man sich fragen, wie uns solch ein amerikanisches Problem und Phänomen in Deutschland betreffen kann. Natürlich haben sich auch deutsche Banken von den hohen Renditen auf die von den amerikanischen Banken geschnürten Kreditpakete locken lassen und damit spekuliert. Sie haben entweder selbst mit Immobilienkrediten gesicherte Wertpapiere gekauft oder Zweckgesellschaften gegründet, die in diesem Handel engagiert waren.
Wie hoch die Belastungen aus diesen Geschäften endgültig sein werden, kann ich Ihnen heute noch nicht sagen, weil es darüber keine Zahlen gibt. Die Risiken, die in den zugrunde liegenden strukturierten Finanztiteln schlummern, sind teilweise immer noch verschleiert. Hier wird man erst mit der Zeit schlauer werden.
An dieser Stelle ergibt sich das zweite mit der Finanzmarktkrise verbundene Problem: Neben den möglichen Verlusten an Vermögen haben die Banken untereinander jedes Vertrauen verloren. Niemand weiß, welche Finanzleichen der andere noch im Keller hat und ob dadurch seine Existenz künftig noch sicher ist.
Wer sich ein bisschen mit dem Bankwesen beschäftigt hat, weiß: Es wurde immer unterschieden zwischen KI - Kreditinstituten - und Nichtbanken; das sind wir alle. Wenn ein Kreditinstitut einen Kredit nachfragte, wurden ihm enorme Linien eingeräumt. Praktisch auf Knopfdruck kam das Geld herüber oder ging das Geld hinüber. Wenn Nicht
banken, also wir alle, einen Kredit haben wollten, war das, wie wir alle wissen, jedoch völlig anders.
Dieses System ist zurückgefahren worden, weil die Banken nicht mehr in dem Maße das Vertrauen untereinander haben wie bisher. Das führt dazu, dass man sich nicht mehr praktisch auf Knopfdruck Liquidität besorgen kann. Wenn das Geld langsamer fließt, kann es in dem einen oder anderen Fall zu Engpässen kommen.
Würde der US-amerikanische Staat das eigene Finanzsystem kollabieren lassen, hätte dies mit unübersehbaren Folgen auch Auswirkungen auf die europäischen Finanzinstitute. Ich unterstütze Frau Bundeskanzlerin Merkel dennoch in ihrer Ansicht, dass die USA hier an erster Stelle gefragt sind.
Mit den Subprime-Krediten haben die amerikanischen Investmentbanken quasi „Gammelfleisch“ auf den Markt gebracht, ohne dass die dortigen Aufsichtsbehörden reagiert haben. Manche nennen diese Finanzpakete tatsächlich „Gammelfleisch“. Ich weiß nicht, ob man so weit gehen sollte, aber andererseits hat sich herausgestellt, dass hinterher doch einiges faul war. Vielleicht ist daher der Begriff doch ganz zutreffend. Daher gebrauche ich ihn auch.
Die „Gammelfleischproduktion“ gehörte zur Philosophie amerikanischer Investmentbanken und hat dort zu enormen, allerdings synthetischen Gewinnen geführt, die mit Kusshand abgeschöpft wurden. Jetzt ist es auch Angelegenheit der Amerikaner, die dadurch entstandenen Schäden - wenigstens im eigenen Land - zu mildern. Zum Teil geschieht dies schon.
Natürlich machen sich alle Verantwortlichen Gedanken darüber, wie künftig solche Finanzmarktkrisen verhindert werden können. Ein Ansatzpunkt ist die Frage, ob die Bankenaufsicht in ihrer bisherigen Ausgestaltung dazu ausreicht. Immer dann, wenn solche Probleme auftauchen, wird man natürlich sagen, dass sie das nicht tut. So ist es aber nun einmal im Leben: Wird man kontrolliert, empfindet man die Kontrolle als zu scharf; passiert etwas, sagt man, dass eigentlich noch stärker hätte kontrolliert werden müssen.
Ein Problem ist, dass wir keine einheitliche Bankenaufsicht in der Europäischen Union haben. Die Bankenaufsichten in der EU und in der Bundesrepublik müssen angepasst werden. Erste Maßnahmen wurden schon ergriffen.
In Deutschland hat das dreisäulige Universalbankensystem in der aktuellen Krise eine besonders wichtige Stabilisierungsfunktion übernommen. Je fragiler die Situation auf den internationalen Finanzmärkten wird, desto dankbarer sollten wir dafür sein, dass wir im dreigliedrigen deutschen Bankensystem öffentlich-rechtliche Sparkassen, aber auch Genossenschaftsbanken haben, die in ihrem Geschäftsgebiet verwurzelt sind und Verantwortung übernehmen. Die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken wirken als Stabilitätsanker angesichts der extremen Nervosität auf den Märkten.
- Das ist doch klar. Wir haben in der Bundesrepublik ungefähr 446 Sparkassen, die selbstständig sind. Keine dieser Sparkassen kann für sich solche Risiken anhäufen, wie es eine Großbank vermag.
Wir haben 1 200 Genossenschaftsbanken - früher hießen sie Volks- und Raiffeisenbanken -, die ihren Genossen, die jetzt nur noch Mitglieder heißen - - -
- Ich habe bei den Volksbanken gesprochen und gesagt: endlich einmal sympathische Genossen. Daraufhin wurde mir entgegnet: Nein, wir heißen jetzt auch Mitglieder.
Wenn Sie einmal an einer Mitgliederversammlung einer Volksbank teilgenommen haben, dann wissen Sie, dass dort die Eigentümer versammelt sind, die Anteile gezeichnet haben und sehen wollen, dass mit ihrem Eigentum verantwortungsbewusst umgegangen wird.
- Das Eigentum eines Unternehmens haftet natürlich auch, Herr Rickert. Das heißt, die Eigentümer erwarten, dass mit ihrem Eigentum so umgegangen wird, dass sie es nicht verlieren. Der Hinweis ist richtig, Herr Rickert.
Ich möchte Ihnen an einem Beispiel zeigen, wie nervös inzwischen reagiert wird. Gestern, am 8. Oktober, stand in der Financial Times Deutsch
land ein klitzekleiner Artikel, dem man normalerweise gar keine Beachtung schenken würde. Er war überschrieben mit: „NORD/LB schießt Tochter Eigenkapital zu“. Hintergrund ist, dass die NORD/LB vor einiger Zeit die Deutsche Hypothekenbank hier in Hannover gekauft hat. Das ist eine kleine, feine Bank, die den großen Vorteil hat, direkt in Sichtweite der NORD/LB zu sein. Sie heißt auch noch Deutsche Hypothekenbank und ist blendend aufgestellt. Diese Übernahme ist in der Zeit, als alle Fachleute überlegten, welche Banken sich wohl zusammenschließen könnten, als besonderer Coup bewertet worden. Sinn dieses Kaufs war, sämtliche Immobilienfinanzierungen der NORD/LB auf die Deutsche Hypothekenbank zu übertragen, weil diese, wie der Name „Hypothekenbank“ schon sagt, mit Immobilienfinanzierungen befasst ist und in dem Bereich große Erfahrung hat.
Sie wissen, dass im Bankbereich jedes Geschäft mit Eigenkapital unterlegt sein muss. Wenn man also die Immobilienfinanzierung auf die neue Tochter überträgt, dann muss man auch in entsprechendem Umfang Eigenkapital auf die Tochter übertragen. Diesen Vorgang haben wir am Montag im Kreditausschuss in einer ganz normalen, regulären Sitzung beschlossen. Am Dienstag ist der Vorgang der Börsenaufsicht im Rahmen einer Adhoc-Meldung mitgeteilt worden, und das Ganze ist wie üblich veröffentlicht worden.
Reuters hat das, wie Agenturen so sind, aufgegriffen, und die FTD hat dazu eine kurze Meldung veröffentlicht. Das war völlig unspektakulär. Trotzdem fingen die Ersten an zu spekulieren: Oh Gott, wenn die ihrer Tochter Kapital nachschießen müssen, dann hat die Tochter wohl Probleme und dann wird die Mutter auch bald Probleme bekommen. - Dabei ist das einer der normalsten Vorgänge, die es gibt. Innerhalb des Konzerns hat sich überhaupt nichts verändert. Es ist klar, dass bei der Anstalt öffentlichen Rechts, also dem Rechtsgebäude, das wir gemeinhin NORD/LB nennen, ein bisschen Geld weg ist. Dieses Geld aber ist jetzt bei der Tochter, die zu 99 % in den Händen der NORD/LB ist, wieder angelegt. Also: linke Tasche, rechte Tasche. - Diese Irritation konnte beseitigt werden. Ich wollte damit auch nur zeigen, wie groß die Nervosität ist.
Deshalb müssen alle Verantwortlichen hier sehr sensibel reagieren. Natürlich muss etwas geschehen. Trotzdem ist zu bedenken, dass unser Kapitalmarkt ausgesprochen sensibel ist und alle künftigen Regulierungen und Änderungen bezüglich
der Aufsicht wohlüberlegt sein und vor allem international abgestimmt werden müssen, um ihre Wirkung insbesondere auf dem amerikanischen Markt nicht zu verfehlen. Dann wird die Situation auch stabiler.
In der heutigen Situation wäre es sicherlich richtig, wenn die EZB einen sogenannten Sechsmonatstender, also langfristige Kredite, auslegen würde, um den derzeit langsamen Fluss des Geldes wieder etwas zu beschleunigen, damit wieder Vertrauen entsteht. Nach sechs Monaten könnte man die Kredite ja wieder einziehen. Sie haben gesehen, dass einige Tender im Umfang von mehreren Milliarden ausgelegt worden sind, die aber kurzfristig wieder eingezogen worden sind. Es wäre sicherlich richtig, langfristig, etwa für sechs Monate, Geld in den Markt zu geben, damit unter den Banken wieder mehr Vertrauen herrscht.
Zu Frage 1: Bisher hat die internationale Finanzmarktkrise keinen konkreten negativen Auswirkungen auf Niedersachsen gehabt. Bisher wurde der Landeshaushalt nicht durch Hilfen für Kreditinstitute belastet; dies ist auch nicht zu erwarten. In welchem Maße der Landeshaushalt allgemein betroffen ist, liegt an der weiteren Entwicklung, zunächst an der wirtschaftlichen Entwicklung und der Konjunktur, d. h. daran, inwieweit eine Rezession in den USA und auf dem Weltmarkt auf den europäischen Markt und die besonders exportorientierte deutsche Wirtschaft ausstrahlt. Damit im Zusammenhang stehen die Entwicklung der Steuereinnahmen und der Lage auf dem Arbeitsmarkt, die zurzeit immer noch positiv ist.
Sie wissen: ein Prozentpunkt Wachstum bringt dem Land Niedersachsen rund 200 Millionen Euro Mehr an Steuereinnahmen. Geht das Wachstum nach oben, haben wir mehr Steuern. Dann hat der Finanzminister allenfalls das Problem, dass er diese Mehreinnahmen vor den Ressorts verstecken muss. Haben wir weniger Steuern, haben die Ressorts ein Problem, weil dann weniger verteilt werden kann. Das ist die ganz normale Logik.
Sollte es in den USA zu einer Rezession kommen, ist es entscheidend, ob es der deutschen Wirtschaft gelingt, unabhängig von den äußeren Einflüssen dort und auf dem Weltmarkt in Schwung zu bleiben. Die neue Steuerschätzung kommt Anfang November; dazu kann ich noch nichts sagen. Dann wird sich zeigen, wohin die Reise geht. Die Rettungsaktion für die Hypo Real Estate und die Ga
rantiezusage der Bundesregierung haben für die deutschen Sparer positive Auswirkungen. Fest steht, dass staatlicher Einfluss und staatliche Aufsicht überall dort gestärkt werden müssen, wo der Staat Bürgschaften, Sicherheiten oder aber reale Geldzuschüsse leistet; denn auch hier muss gelten: Wer bezahlt, darf entscheiden. Dies müssten sich dann auch die verantwortlichen Bankmanager entgegenhalten lassen.
Auch über verschärfte Haftungsregelungen bzw. eine konsequentere Anwendung des bestehenden Regelwerks wird man nachdenken müssen.
Wir haben innerhalb der NORD/LB, als wir die Stützungsmaßnahmen für die Hypo Real Estate diskutiert haben, natürlich darüber gesprochen, dass es nicht sein kann, dass das Management und der Aufsichtsrat weiter im Amt bleiben und in dieser Bank alle Eigentümer weiter bestimmen können, wie sie wollen, während wir, d. h. die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute, die Landesbanken, die Sparkassen, sowie die Genossenschaftsbanken, also die Volksbanken, die Privatbanken und insbesondere der Staat mit einer Garantie, sprich mit einer Bürgschaft, antreten.
Da muss dann auch Einfluss dargestellt werden. Das ist bei jeder Sparkasse schließlich auch so. Wenn ein Mittelständler in Schwierigkeiten kommt und zusätzliches Geld braucht, wird geprüft, wie man das Management durch die Sparkasse begleiten kann, damit der Unternehmer nicht so weitermacht wie bisher. Das muss natürlich auch hier gelten, und zwar desto mehr, je größer die Bürgschaften und Kredite werden.
Ich bin im Übrigen der Meinung, dass unsere Schadenersatzregelungen auch für Bankvorstände gelten. Wer die Bank erfolgreich geführt, gute Einnahmen erzielt und dafür auch entsprechende Tantiemen bekommen hat, muss umgekehrt im Verschuldensfall natürlich auch haften.
Denn er hat das private Vermögen ja in der Regel dadurch erwerben können, dass er diese Aufgabe hatte. - Was das strafrechtlich heißt, muss man sehen. Das ist aber nicht Aufgabe der Verwaltung.
wie die Bremer Landesbank oder die Deutsche Hypothekenbank, weil man hier einen klaren Blick für die Risiken behalten hat und sich nicht vom falschen Zauber der Gewinnerwartung hat blenden lassen. Dennoch sind auch der NORD/LB-Konzern wie alle Kreditbanken und auch die Sparkassen von den Entwicklungen an den Finanzmärkten betroffen, und zwar primär von den am Kapitalmarkt zurzeit herrschenden schwierigen Rahmenbedingungen.
Das bezieht sich auch auf den Abschreibungsbedarf bei bestimmten Wertpapieren. Hier müsste überlegt werden, ob die Vorschriften nicht etwas gelockert werden sollten, so wie man es vor einigen Jahren schon bei Versicherungen gemacht hat. Wer nach den neuen Bewertungsrichtlinien vorgestern die VW-Aktie hätte bewerten sollen, die bei knapp 300 Euro im Börsenhandel gestartet ist, dann bei 452 Euro lag und schließlich auf 287 Euro gesunken ist, der hätte sich bei 452 Euro reich gerechnet und bei 287 Euro eine Abschreibung auf den Wertpapierbestand vornehmen müssen. Dass das nicht mehr den wahren Sachverhalt trifft, liegt auf der Hand. Deshalb sollte man die Wertpapierbewertung einmal deutlich überdenken. Der Abschreibungsbedarf ist größtenteils nur temporär, weil davon auszugehen ist, dass am Laufzeitende mit einer vollständigen Tilgung zu rechnen ist. Das gilt z. B. für festverzinsliche Papiere.