Protocol of the Session on September 18, 2008

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir eben schon gehört haben, hat die Fraktion der Grünen einen Änderungsantrag eingebracht - er ist von der SPD-Fraktion begrüßt worden -, um die Breitbandversorgung in Niedersachsen als Teil der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sicherzustellen. Leider war im Ausschuss keine Bereitschaft vorhanden, eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung zu erarbeiten. CDU und FDP pochten darauf, die Maßnahmen der Landesregierung würden schon ausreichen. - Das tun sie aber leider nicht, wie auch der Artikel in der HAZ vom 25. August mit der Überschrift „Land bleibt auf DSL-Fördergeld sitzen“ zeigt.

Immer noch ist jede fünfte Kommune in Niedersachsen ohne DSL-Anschluss. So werden ganze Regionen benachteiligt und abgehängt. Die Förderbedingungen des Landes sind derart unattraktiv, dass sie nur ganz wenige Kommunen nutzen können, wie es eben beschrieben worden ist. Die Gründe hierfür liegen auch in den hohen Eigenanteilen, die viele Kommunen nicht von alleine stemmen können. Der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP springt daher deutlich zu kurz und bietet keine Gewähr, bei dem Problem der weißen Flecken wesentlich voranzukommen.

Für uns Grüne gehört das Internet als Medium für persönliche Kommunikation, wirtschaftliche Betätigung und politische Meinungsäußerung zur Daseinsvorsorge, zu der jeder Mensch - egal, wo er lebt - Zugang haben sollte wie zu Wasser, Strom, Telefon und Post. Das geht nicht ohne Eingreifen des Staates. Post, Telefon und DSL sind in einem

kleinen Dorf nun einmal unwirtschaftlicher als in Metropolen.

Die Position der Landesregierung, der Markt würde das - abgesehen von ein paar Fördermitteln - quasi von alleine regeln, ist wirklichkeitsfern, ebenso, dass die kleinen Kommunen ihr DSL-Netz kaufen, also selber Mittel in die Hand nehmen sollen, während andere Regionen es von den Anbietern kostenlos bekommen. Das ist ungerecht und schwächt den ländlichen Raum. Es muss einen Lastenausgleich für Universaldienstleistungen geben, wie es ihn auch in anderen Bereichen gibt. Das Porto für einen Brief nach Helgoland oder auf die Hallig Hooge sowie die Telefongebühren für ein Gespräch dorthin sind genauso hoch wie für Briefe oder Gespräche, die an andere Orte in Deutschland gehen, obwohl die damit zusammenhängenden Dienstleistungen ganz unterschiedlich teuer sind. Wie geht das? - Private Telefonanbieter zahlen eine Umlage, um Telefonanschlüsse auch in unrentablen Bereichen mitzufinanzieren.

(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Dieses Prinzip ist auch bei der Breitbandversorgung möglich. Wir wollen daher die Breitbandanbieter für eine flächendeckende Versorgung mit schnellen Internetverbindungen heranziehen. Die EU-Universaldienstleistungsrichtlinie bietet eine gute Grundlage, um Daseinsvorsorge für alle zu ermöglichen. Dafür muss sich die Landesregierung einsetzen.

Zusätzlich muss das Land endlich einen Breitbandbedarfsatlas analog zu Brandenburg entwickeln, damit die Voraussetzungen und die Kosten in den einzelnen Kommunen ermittelt werden können. Das können die Kommunen nicht alleine. Die Übersicht des Kompetenzzentrums zeigt, dass es nur zwei Landkreise in ganz Niedersachsen gibt, die das bisher ermittelt haben. Fünf weitere sind gerade dabei. Aber wenn die Kommunen und Landkreise das alleine machen müssten, würde das nicht funktionieren.

Ebenso muss das Land die Fördermöglichkeiten besser koordinieren, abstimmen und transparenter machen. Denn leider sind wir heute nicht viel weiter als nach dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen in diesem Hause vor zwei Jahren. Die damaligen Versprechungen der Landesregierung, freiwillige Anstrengungen zu unternehmen, haben sich - wie so oft - als haltlos erwiesen.

(Zustimmung von Stefan Wenzel [GRÜNE])

Viele Kommunen, Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger warten weiterhin auf schnelle Internetverbindungen und fühlen sich vom Land im Stich gelassen. Wir wollen über eine gesetzliche Verpflichtung eine schnelle Internetverbindung - technologieneutral - als Teil der Daseinsvorsorge so schnell wie möglich flächendeckend sicherstellen. Das bestehende Kommunikationsgefälle zwischen Ballungsräumen und ländlichen Gebieten ist nicht länger hinnehmbar. Internetnutzung ist heute so selbstverständlich wie Nutzung von Telefon, Wasser und Strom. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag zum SPD-Antrag eingebracht, weil dieser noch am ehesten in die richtige Richtung geht und ein eigenes Förderprogramm vorsieht.

Wir meinen, dass die Breitbandunternehmen zusätzlich zur Finanzierung herangezogen werden müssen und wir die Sache nicht allein den strukturschwachen Kommunen mit ein bisschen Landesförderung überlassen dürfen. Sonst werden wir hier noch viele Jahre Resolutionen und Anträge schreiben müssen, ohne dass die Regierung von ihrer langen Leitung bei DSL herunterkommt.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile dem Abgeordneten Oetjen von der FDPFraktion das Wort.

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Breitbandversorgung im ländlichen Raum ist für Niedersachsen eine große Herausforderung. Das wird sicherlich von allen Fraktionen anerkannt. Wir erfahren derzeit, dass viele ländliche Räume noch keine Chance auf einen Breitbandzugang ins Internet haben, obwohl diese Technologie sowohl für die Unternehmen als auch für die Menschen ein wichtiger Standortfaktor ist.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was hat denn Ihr Wirtschaftsminister in den letzten Jahren gemacht, Herr Oetjen?)

Die digitale Kluft zwischen den Ballungszentren und dem ländlichen Raum entwickelt sich mit der Verbesserung der Technologie, also mit den noch schnelleren Internetzugängen, immer weiter auseinander. Das belegen auch die Zahlen, die die

Europäische Kommission erhoben hat und die uns anlässlich des Besuches des Agrarausschusses in Brüssel in der vergangenen Woche vorgestellt wurden.

Meine Damen und Herren, der Kollege Hausmann hat gerade gesagt, die Landesregierung habe zwei Jahre lang auf diesem Gebiet nichts getan. Das ist natürlich mitnichten so. Ein Kompetenzzentrum, wie es jetzt in Osterholz-Scharmbeck eröffnet wurde, fällt schließlich nicht vom Himmel, sondern bedarf einer langen Vorbereitungszeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es wird allgemein anerkannt, dass es ein gutes Projekt ist. Ein Vertreter der Europäischen Kommission hat während der großen Veranstaltung anlässlich der Eröffnung des Breitbandkompetenzzentrums klar gesagt hat: Das ist ein Weg bei der Aufarbeitung des Themas Breitbandversorgung im ländlichen Raum.

Man muss ganz offen sagen: Wir werden vonseiten der öffentlichen Hand nicht genügend Geld haben, um überall Kabel zu legen, sondern wir müssen Modelle zur Problemlösung entwickeln und einen Meinungsaustausch zwischen den Menschen und den verschiedenen Regionen ermöglichen, etwa durch die Einrichtung einer entsprechenden Börse. Das ist der Weg, den wir gehen müssen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Wir erleben zurzeit, dass Landkreise Befragungen auf den Weg bringen. Ich weiß nicht genau, wie viele Landkreise schon entsprechende Haushaltsbefragungen durchgeführt haben, aber ich weiß, dass es bereits einige sind. Ich möchte hier insbesondere den Landkreis Osterholz - Herr Kollege Miesner, Ihr Landkreis - hervorheben, der Vorreiter beim Thema Breitbandversorgung im ländlichen Raum ist und der mit wirklich guten Modellprojekten und dem nötigen Know-how zeigt, wie man die Breitbandlücke schließen kann. Das sind tolle Projekte, die die Landkreise und die kommunalen Gebietskörperschaften unterstützen. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.

Es werden aber auch Einzelprojekte gefördert. Es ist klar, dass sich die Kommunen erst vorbereiten müssen. Der Kollege Hausmann hat bereits gesagt, dass nicht alle Mittel so schnell abgerufen werden, wie wir uns das wünschen. Die Mittel sind aber nicht verloren, sondern können auf Folgejahre übertragen werden. Das ist auch gut so.

Ich möchte noch ein tolles Projekt in der Gemeinde Oerel im Landkreis Rotenburg erwähnen, wo eine kommunale GmbH gegründet wurde, die in Kooperation mit der Wirtschaft dafür sorgt, dass die Menschen in einer sehr strukturschwachen ländlichen Gegend Breitbandanschlüsse bekommen. Solche Modelle funktionieren ganz hervorragend.

Ich habe schon erwähnt, dass sich der Vertreter der EU-Kommission zum Aufbau des Kompetenzzentrums in Osterholz-Scharmbeck positiv geäußert hat. Wir in Niedersachsen sollten uns vielleicht auch einmal freuen, wenn die EU-Kommission das, was wir machen, gut findet. Ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass wir in dieser Frage auf einem sehr guten Weg sind, und bitte Sie um Zustimmung für den Antrag von CDU und FDP.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile der Abgeordneten Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich hatte mich zu einer Kurzintervention gemel- det!)

- Pardon. Eine Korrektur. Es liegt der Wunsch des Abgeordneten Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, eine Kurzintervention einzubringen. Sie haben eine Redezeit von anderthalb Minuten, Herr Kollege Wenzel.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Oetjen, wenn ich Ihren Antrag lese und wenn ich Ihre Rede höre, dann habe ich das Gefühl, dass Sie ebenso wie Ihr Minister die Dimension dieses Problems noch immer nicht begriffen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Mit der letzten Entschließung, die wir hier im Landtag sehr einmütig verabschiedet haben, haben wir Ihren Wirtschaftsminister beauftragt, endlich Nägel mit Köpfen zu machen. In Ihrem Antrag wird nun vom Minister gefordert, er möge das weiterhin unterstützen, er möge regelmäßigen Austausch pflegen, er möge eine aussagekräftige Datenbasis schaffen - das ist seit Jahren in der Debatte -, und er möge sich bitte an Best-Practice-Beispielen orientieren. Das alles sind Selbstverständlichkei

ten. In der Substanz haben Sie aber immer noch nicht begriffen, dass mittlerweile Betriebe abwandern und dass Private in bestimmten Orten nicht mehr wohnen wollen, weil sie für die Ausübung ihres Berufes auf einen DSL-Anschluss und auf Breitband angewiesen sind. Sie verschweigen, in wie vielen Gemeinden und für wie viele Bürger in diesem Land diese Infrastrukturleistungen nicht zur Verfügung stehen, während Herr Hirche gleichzeitig Autobahnen baut und damit unsinnigerweise Geld verbrät. Hier braucht es endlich neue Prioritäten und auch eine neue Wahrnehmung dieses Problems. Bisher erlebe ich überhaupt nicht, dass sich diese Koalition dieser Sache annimmt, sondern Sie verarbeiten nur belanglose Entschließungen. Wenn aber Konsequenzen gezogen werden müssen, um auch die Telefondienstanbieter tatsächlich zum Handeln zu bringen, damit sie für eine flächendeckende Versorgung sorgen, kneifen Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Herr Kollege Oetjen, möchten Sie dazu Stellung nehmen? - Ich erteile Ihnen das Wort.

Sehr verehrter Herr Kollege Wenzel, Sie können sich sicher sein: Die Abgeordneten von CDU und FDP im Niedersächsischen Landtag kennen sich im ländlichen Raum in Niedersachsen bestens aus. Ich gehe davon aus, besser als die Kollegen von der Fraktion der Grünen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

- Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass sogar die Kollegin Geuter dazu applaudiert.

Meine Damen und Herren, Sie haben gerade wiederholt, wir hätten zwei Jahre lang nichts getan. Ich sage ganz deutlich: Ein Breitbandkompetenzzentrum, wie wir es in Osterholz-Scharmbeck haben, fällt nicht vom Himmel, sondern bedarf einer langen Vorbereitungszeit, die für Abstimmungen zwischen Wirtschaftsministerium, Landwirtschaftsministerium und kommunalen Spitzenverbänden genutzt worden ist. Wir arbeiten hier Hand in Hand. Ich glaube, das ist der richtige Weg; denn wir brauchen auch die Kommunen und die kommunalen Spitzenverbände, wenn wir dieses Problem für Niedersachsen lösen wollen.

Inzwischen sind Förderrichtlinien aufgelegt worden. Eine dieser Förderrichtlinien wurde im Ministerium von Herrn Ehlen entwickelt und wurde am 2. Juli an den Ausschuss für den ländlichen Raum - so heißt er ja nicht mehr, aber sie wissen, welchen Ausschuss ich meine - überwiesen. Ich sage Ihnen: Die Landesregierung arbeitet an diesem Problem, und wir werden Lösungen für dieses Problem finden. Das werden die Menschen auch erkennen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt hat Frau Kollegin Flauger von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag von CDU und FDP ist ein typisches Beispiel. In dem Antrag steht, dass Sie jenes mal unterstützen wollen, dass Sie sich für dieses einsetzen wollen, dass Sie das Dritte begrüßen wollen, dass Sie irgendetwas anerkennen wollen und dass Sie sich überhaupt generell einmal ordentlich selbst auf die Schulter klopfen. Dass Sie konkret etwas tun wollen, ist in Ihrem Antrag nur in engen Grenzen ausgeführt. Sie und ich wissen, welche Logik sich bei privaten Telekommunikationsanbietern breitmacht. Es ist nachvollziehbar, dass in den Städten zuerst einmal die Gewinne kassiert werden. Es bleibt dann aber die Frage, ob auf dem Land überhaupt noch etwas passiert. Der Markt regelt es nämlich nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist der gleiche Effekt, wie wir ihn auch bei der Atomenergie und bei der Einlagerung von Atommüll beobachten. Dort kassieren die Energiekonzerne die Gewinne ein, und die Verluste werden auf die Gesellschaft übertragen, die sie durch Steuern bezahlt. Genauso ist das hier.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist ein ab- surder Vergleich!)

- Das ist kein absurder Vergleich, weil das eine Systemfrage ist, und diese Frage stellen wir.