Das gegenwärtig vorhandene, aufwendige und vielfach als ungerecht empfundene Gebührensystem ist veraltet und hat mit technischen Entwicklungen nicht Schritt gehalten. Dies ist die Zeit, das System zu überwinden
und zu einer Abgabeform für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kommen, die beispielsweise an die Volljährigkeit und an ein eigenes Einkommen anknüpft. Auf dem Wege der Finanzverwaltung, Frau Helmhold, könnte diese mit geringem Verwaltungsaufwand eingezogen werden.
Meine Damen und Herren, das jährlich generierte Gebührenaufkommen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beträgt deutschlandweit über 7 Milliarden Euro. In diesen Tagen betrachten wir den Haushalt des Landes Niedersachsen und sehen in diesem Vergleich, dass man von diesem Betrag ein kleines Bundesland finanzieren könnte. Zur Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehört daher stets die Fragestellung, ob dort mit ähnlichen Maßstäben der Wirtschaftlichkeit gearbeitet wird, wie wir sie dem Lande Niedersachsen auferlegen müssen, seit wir die Ausweglosigkeit einer ungehemmten Schuldenpolitik erkannt haben. Wenn man mit freien Mitarbeitern des NDR redet, dann klagen diese zwar durchaus über schwierige Arbeitsbedingungen, befristete Verträge und knappe Vergütungen.
Gleichwohl betreibt der öffentlich-rechtliche Rundfunk manchen Aufwand, und das nicht nur beim Einkauf von Sportgroßereignissen, bei dem noch Wirtschaftlichkeitsreserven erkennbar sind. Die Gebührenzahler auch einer künftig neu gestalteten Gebühr werden der Politik dafür dankbar sein, wenn sie auf diese Wirtschaftlichkeitsreserven hinweist und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seiner Qualität erhält - das betone ich ganz deutlich -, ihn jedoch womöglich auf die Tugend der Mäßigkeit verpflichtet.
(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Es geht jetzt nicht um Staatsfernsehen, sondern um öffentlich-rechtlichen Rundfunk!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass Herr Riese hier eben gesagt hat, es gehe um Systemüberwindung, ist ja interessant; das hätte ich von einem FDP-Kollegen nicht erwartet. Aber das spricht für Ihren Humor.
Der Antrag der Regierungsfraktionen lautet: Fortentwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland mitgestalten. - Ich meine, die Wortwahl ist ja schon vielsagend. Fortentwickeln - wohin denn eigentlich? Ganz weit weg, oder worum geht es hierbei?
(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Aktuel- le Kamera! - Zuruf von der CDU: Ist Ihnen das nicht klar geworden?)
Die wichtige Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht darin, dass er in einer demokratischen und pluralen Gesellschaft, zu der wir stehen, dafür sorgt, dass unterschiedliche Meinungen geäußert werden und die Menschen Zugang zu ausgewogenen Informationen erhalten. Damit ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein wichtiges Gegengewicht zu privaten Medien. Wir brauchen nun wirklich nicht überall Bertelsmann, Berlusconi und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft.
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, es ist erfreulich, dass Sie sich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk bekennen. Nicht ganz so erfreulich ist aber, dass das einmal wieder ein typisches CDU/FDP-Lippenbekenntnis ist.
Ich nehme einmal die Bremer Erklärung zur Hand. Sie lag bei der Tagung am 29. April vor, in der die Mitglieder in den norddeutschen Medienausschüssen u. a. die Vertreter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag angehört haben. Es war ein relativ harmloser Antrag, den alle Anwesenden hätten unterschreiben können. Zum Thema Internet, das hier im Raum steht, stand z. B. drin:
„Öffentlich-rechtliche Inhalte müssen der Öffentlichkeit so breit wie möglich zur Verfügung gestellt werden. Dem Internet kommt hierbei eine herausragende Bedeutung zu. Hierüber wird im Rahmen des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrags eine umfassende Debatte zu führen sein.“
Das war nun wirklich ein Minimalkonsens. Da stand ja noch nicht einmal etwas furchtbar Verpflichtendes drin. Das hätten Sie nun wirklich unterschreiben können; denn das war nicht von uns.
Aber nicht einmal dazu konnten Sie sich durchringen. Ich wiederhole: Wie so oft sind Ihre Bekenntnisse heiße Luft und leere Worte. Wenn es ernst wird und darauf ankommt, dann kneifen Sie, dann passiert gar nichts. Wenn es ums Handeln geht - das kennen wir inzwischen von Ihnen -, dann passiert nichts mehr.
Im Gegenteil, Sie versuchen durch diesen Antrag und durch Ihr Verhalten zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, die Möglichkeiten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet möglichst einzuschränken. Sie wollen erreichen, dass die Sender ihre Beiträge - das ist gerade schon gesagt worden - nur sieben Tage online bereitstellen dürfen. Sie wissen wie ich, dass das wenig sinnvoll ist. Ich jedenfalls möchte nicht nur wissen, was Sie heute z. B. zur Asse II sagen, sondern auch, was Sie vor drei Wochen dazu gesagt haben. Das kann ja schon einmal ein Unterschied sein.
Sie wollen die Inhalte des Internetangebots der Öffentlich-Rechtlichen möglichst einschränken. Laut aktuellem Entwurf soll es da z. B. keine Routenplaner, keine Veranstaltungskalender, keine Spiele und nur in sehr eingeschränkter Form Foren geben. Ich frage Sie: Warum eigentlich? Das wäre eine Möglichkeit, den Internetauftritt der ÖffentlichRechtlichen attraktiver zu gestalten. Herr Schünemann, Sie haben im Rahmen der Debatte zur Jugendkriminalität - er ist gerade nicht da; aber das macht ja nichts - die sinkende Hemmschwelle bei Jugendlichen, was Gewaltverbrechen angeht, beklagt. Angesichts dessen sollte die Regierung einmal überlegen, ob ein attraktives Internetangebot öffentlich-rechtlicher Sender nicht dazu beitragen könnte, dass sich Jugendliche mehr diesen Sen
dern zuwenden als den Schundsendern, die ihre Gewaltbereitschaft durch entsprechende Sendebeiträge fördern.
Sie malen hier ein Szenario, dass Zeitungen verdrängt werden würden, wenn es ein interessantes Internetangebot Öffentlich-Rechtlicher gibt. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie sich da vorstellen. Ich kann mir wenig vorstellen, dass die Leute keine Zeitung mehr lesen, weil es im Internet entsprechende Berichte gibt. Das entspricht doch nicht der Realität; das wissen Sie doch auch. Sie sitzen auch alle hier und lesen Zeitung. Sie lesen auch zu Hause Zeitung. Sie werden auf die gedruckte Form auch dann nicht verzichten, wenn Sie das Gleiche im Internet lesen können.
Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, ich fordere Sie auf, sich in die Debatte um den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag endlich so einzubringen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinem Auftrag auch künftig gerecht werden kann, und zwar auch und gerade mit einem attraktiven Angebot im Internet. Die Linke wird Ihrem Antrag jedenfalls so nicht zustimmen.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die sogenannte Bremer Erklärung lag bei einer Tagung der Medienausschüsse der norddeutschen Bundesländer als Tischvorlage vor. Sie enthielt eine weitgehende Öffnung der Internetnutzung mit einer unklaren Einschätzung der Folgekosten. Wir haben uns an dem Tag mit der KEF unterhalten, die uns darauf hingewiesen hat, dass eine Internetnutzung mit Kosten für Server, Rechte usw. verbunden ist, was später Auswirkungen auf die Gebühr hat. Die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages, die dort anwesend waren, hatten kein Mandat des Landtages, einer solchen Erklärung zuzustimmen, und haben sich deswegen bei der Abstimmung der Stimme enthalten.
Frau Kollegin Flauger, wollen Sie dazu Stellung nehmen? - Das scheint der Fall zu sein. Ich erteile Ihnen das Wort für maximal anderthalb Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dazu möchte ich gerne Stellung nehmen. Sie werden mir sicherlich recht geben, Herr Riese, dass jeder Abgeordnete des Landtages das Recht hat, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern. Dazu zählt auch, dass Sie natürlich eine Erklärung unterschreiben können, in der bestimmte Positionen festgestellt werden. Hier stand nun wirklich nichts drin, was man nicht hätte unterschreiben können. Dieses Papier enthielt einen Minimalkonsens. Ich weiß, dass die Kollegin der SPD, die da war, das genauso gesehen hat. Da haben wir gesagt: Okay, das können Sie wirklich locker unterschreiben. - Ich sage noch einmal: Sie hätten es unterschreiben können. Es ist nicht von uns verfasst worden.
(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU: Es gibt ja auch falsche Sa- chen, die nicht von der Linken kom- men!)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schön, dass wir heute endlich über das wichtige Thema Medienpolitik diskutieren. Die SPD hatte bereits im Mai dazu den Antrag „Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch in der digitalen Welt sichern“ eingebracht. Wir haben auch durch eine Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung herauszufinden versucht, was die Landesregierung denn zum laufenden Verfahren um die Entwicklung eines Entwurfs des 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrages denkt. Das war nicht immer einfach. Deswegen freuen wir uns, dass es jetzt auch ein Zeichen von CDU und FDP gibt und wir das Thema endlich im zuständigen Fachausschuss beraten können.
Es wird sich zeigen, inwieweit Ministerpräsident Wulff sein Versprechen hält, das er uns gemacht hat, als wir uns vor zwei Monaten darüber kurz unterhalten haben. Da sagte er nämlich, er werde
versuchen, das, was dieser Landtag mit einbringen möchte, in die Beratungen mit den Ministerpräsidenten einzubringen.
Warum ist der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag so wichtig? Die Kollegen haben es richtig beschrieben. Wir gehen von einem völlig geänderten Nutzungsverhalten aus, und auch die Kommunikationsmöglichkeiten haben sich geändert. Kinder und Jugendliche verhalten sich heute anders zu Medien. Frau Flauger, ich kann Ihren Optimismus nicht teilen. Leider lesen Jugendliche und Kinder sowie die Älteren nicht mehr so viel, wie das vielleicht noch vor 10 oder 20 Jahren der Fall gewesen ist. Auch deswegen ist das Thema öffentlichrechtlicher Rundfunk im Hörfunk und im Fernsehen so wichtig. Wir können uns nicht nur auf Tageszeitungen verlassen.
Wenn wir uns über die neuen Online-Angebote unterhalten, dann müssen wir schauen, welchen Funktionsauftrag der öffentlich-rechtliche Rundfunk hier in Zukunft hat. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung ist es wichtig, dass wir das, was ARD und ZDF jetzt schon als Status quo bieten, nicht auf den analogen Bereich begrenzen. Wir brauchen vielmehr eine ganz klare Beauftragung von ARD und ZDF in den neuen Technologien. Wir dürfen keine Verbreitungsform ausschließen. Das trifft natürlich auch auf das Internet zu.
Dagegen spricht auch die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit der Mediennutzer auch in Zukunft in den meisten Fällen die redaktionelle Auswahl einer aufwendigen eigenen Recherche vorziehen würde. Wenn dem so ist, dann kann es nicht in unserem Interesse sein, dass wir dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die bedeutsame öffentliche Meinungsvielfalt und den Meinungsbildungsprozess, den auch Journalisten für uns mit vornehmen, nicht mehr gestatten. Das aber würden wir tun, wenn wir den öffentlich-rechtlichen Auftrag nicht auch auf die neuen Medien und damit auf das Internet ausweiten.
In den Juniwochen der Abstimmung über den Entwurf des Rundfunkstaatsvertrags hatte man das Gefühl, dass die niedersächsische CDU diesen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht mehr im Blick hatte. Schlagzeilen wie „CDU will Rechte der Sender begrenzen“ oder „McAllister: ARD und ZDF müssen gebremst werden“ haben schon zu einigen Irritationen bei uns, aber auch bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten geführt.
Heute muss man wohl sagen, dass man damit vor allen Dingen den Verlegern ein Zeichen geben wollte. Denn wenn wir uns den Antrag von CDU und FDP zu Gemüte führen, dann sehen wir, dass die harten Worte in der öffentlichen Debatte, die über die Zeitungen kommuniziert wurden, nicht so gemeint waren. In dem Antrag hat man eine deutlich moderatere Sprache gewählt.
Ich komme nun zu den einzelnen Forderungen, die CDU und FDP in ihrem Antrag erheben. Die Forderung nach dem Erhalt der Vollprogramme bei ARD und ZDF unterstützen wir ausdrücklich. Ich freue mich auch darüber, dass wir die Unterhaltung einbeziehen. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Mir fehlt aber noch ein weiterer wichtiger Punkt, nämlich das Thema Beratung. Sie nimmt im Angebot von ARD und ZDF insbesondere hinsichtlich des Verbraucherschutzes einen wichtigen Stellenwert ein. Diesen dürfen wir nicht schmälern. Die kritischen und unabhängigen Ratgeber- und Magazinsendungen, die stärker in den öffentlich-rechtlichen Programmen als in den werbefinanzierten Programmen zur Ausstrahlung kommen, sind für unsere Verbraucher und Verbraucherinnen eine wichtige Informationsquelle, die wir nicht beschneiden dürfen. Deswegen gehört das Thema Beratung aus der Negativliste zum Onlineangebot von ARD und ZDF gestrichen. Ich bitte Sie dringend, das zu prüfen.
Der Dreistufentest wird die Anstalten vor besondere Herausforderungen stellen; die Kollegen haben es angesprochen. Die SPD plädiert für eine Stärkung der Gremien, d. h. des Rundfunkrates als dem üblichen Aufsichtsgremium. Die personelle Ausstattung dieser Apparate ist aber mehr als ausbaufähig. Wenn wir diesen Dreistufentest ernst nehmen wollen - und das wollen wir -, dann müssen wir die Gremien auch in die Lage versetzen, ihn durchzuführen. Ich plädiere dafür, dass wir auch unsere Landesmedienanstalt in diesen Prozess mit einbeziehen; denn dort gibt es viel Kompetenz, die wir dazu nutzen können.
Wir dürfen den Dreistufentest aber insgesamt nicht zu bürokratisch organisieren. Er muss überschaubar bleiben, sonst wird er nicht funktionieren. Alles, was neu und ergänzend hinzukommt, muss diesen Test bestehen. Aber für das, was jetzt schon im Internet angeboten wird, brauchen wir diesen Test nicht; das wäre unsinnig.