- Ich muss eine Frage stellen, Herr Minister, und ich glaube, Zwischenrufe von der Regierungsbank sind nicht erlaubt. Aber machen Sie ruhig weiter! Das zeigt, dass Sie nicht ganz sicher sind.
Wie schätzt die Landesregierung den Erhaltungs- und Sanierungsbedarf - jeweils auch regional zugeordnet - bei den niedersächsischen Studentenwohnheimplätzen ein, und wie bewertet die Landesregierung das?
Die Studentenwerke sind rechtsfähige juristische Personen des öffentlichen Rechts und haben das Recht der Selbstverwaltung. Sie unterstehen, soweit ihnen nicht staatliche Angelegenheiten übertragen werden, der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht des Wissenschaftsministeriums. Ihre Wirtschaftsführung, ihr Rechnungswesen richten sich also letztendlich nach kaufmännischen Grundsätzen. Das heißt, Bauunterhaltung und Sanierung der in ihrem Eigentum stehenden Wohnheimplätze sind Bestandteil des Betriebs von Wohnheimen, also originäre Aufgabe der Studentenwerke, die diese im Rahmen ihrer Wirtschaftsführung eigenverantwortlich wahrzunehmen haben.
Die Bewirtschaftung der Wohnheime soll von den Studentenwerken kostendeckend betrieben werden. Zur Durchführung von Bauunterhaltungs- und Renovierungsmaßnahmen müssen letztlich aus den Mieteinnahmen Rückstellungen gebildet werden. Dies ist nicht zuletzt auch eine Konsequenz der Übertragung des Eigentums an den mit Studentenwohnheimen bebauten Landesgrundstücken an die Studentenwerke. Die 300 000 Euro, die ich vorhin nannte, sind u. a. dafür vorgesehen. Neben den Rückstellungen stehen den Studentenwerken die bekannten Finanzhilfeleistungen des Landes, Mieteinnahmen und natürlich Studentenwerksbeiträge sowie gegebenenfalls aufzunehmende Kredite zur Verfügung.
Ich will versuchen, noch einmal auf die Frage einzugehen, ob man in diesem Bereich subventionieren müsste.
Sie haben in Ihrem Beitrag sicherlich die allgemein bekannten Wohnheime aus den 1970er-Jahren gemeint, von denen gesagt wird, dass sie dringend saniert werden müssten. Ich sage es noch einmal: Die Studentenwerke sind juristisch selbstständige Einheiten, die Geld für Sanierungsmaßnahmen bekommen. Ich glaube unbeschadet der angespannten Situation, dass angesichts der extrem günstigen Kreditkonditionen keine Veranlassung besteht, zusätzlich Geld speziell für energetische Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Ich nenne Ihnen einmal den aktuellen Zinssatz - Stand 6. Juni 2012 - der NBank für das von der KfW-Bank angebotene Energieeffizienzdarlehen für Baumaßnahmen, die dem Klimaschutz dienen: Bei einer Laufzeit von 10 oder 20 Jahren beträgt dieser Zinssatz lediglich 0,4 %. Dieses Angebot steht auch den Studentenwerken im Rahmen ihrer Eigenständigkeit zur Verfügung.
Ich will noch einmal betonen: Darüber hinaus hat die Landesregierung den Studentenwerken bereits 2009 insgesamt 4,2 Millionen Euro für Sanierungsmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Dieses Geld kam aus dem Konjunkturpaket II. Davon haben die Studentenwerke nach unserer Recherche bereits 3,55 Millionen Euro für die energetische Sanierung von vier Wohnheimen der Studentenwerke Hannover, Göttingen und Ostniedersachsen genutzt.
Herr Präsident! In der Antwort auf die Frage, wo und in welcher Größenordnung der Sanierungsbedarf besteht, ist das aber nicht genannt worden.
Vor dem Hintergrund, dass Herr Minister Althusmann in seiner Antwort ausgeführt hat, dass die Wartezeiten am Studentenwerkstandort Hannover am längsten sind und, ich glaube, noch 1 600 Studierende auf der Warteliste stehen, frage ich die Landesregierung, wie sie sich vor dem Hintergrund der auch von ihr anerkannten angespannten Wohnungsmarktlage in den Ballungsräumen zu der Forderung des Studentenwerks Hannover positioniert, kurzfristig die Schaffung von zusätzlich 300 neuen Wohnheimplätzen zu fördern.
Herr Abgeordneter Hagenah, zunächst betone ich in Bezug auf die angeblich nicht beantwortete Anfrage ausdrücklich: Die Studentenwerke bleiben eigenständig. Sie sind als rechtsfähige Anstalten finanziell ausgestattet, um Sanierungsmaßnahmen, die im Laufe der Jahre anfallen, vorzunehmen. Dafür sind sie selbst verantwortlich. Und durch die 14,5 Millionen Euro haben sie auch Planungssicherheit.
Meiner Kenntnis nach werden im Bereich Hannover zum nächsten Wintersemester 300 zusätzliche Wohnraumplätze durch einen privaten Investor zur Verfügung gestellt. Insofern wird sich in den nächsten Jahren die Situation auf der sogenannten Warteliste entspannen - die Zahl von rund 1 600 Studierenden auf der Warteliste haben Sie richtig im Gedächtnis behalten.
Ich möchte betonen: Wenn 1 600 Studierende auf der Warteliste stehen, heißt das nicht, dass diese 1 600 Studierenden keinen Wohnraum oder keine Unterkunft hätten. Im Gegenteil: Auf diesen Wartelisten gibt es Doppelungen. Die Studentenwerke, auch das Studentenwerk Hannover, haben sich inzwischen angewöhnt, zu prüfen, ob die Studierenden inzwischen eine Unterkunft oder eine Wohnung erhalten haben.
Ich sage es noch einmal: Die Unterbringung in einem Wohnheim der Studentenwerke ist nicht die oberste Priorität der Studierenden. Sie wollen heute in der Regel Apartments oder kleinere Wohnungen beziehen. Natürlich sind die Mieten dafür etwas höher.
Zur Ergänzung: Derzeit liegen die Mieten für Wohnheimplätze der Studentenwerke in Niedersachsen etwa zwischen 215 Euro und 350 Euro Warmmiete. Entsprechende Wohnungen sind voraussichtlich in bestimmten Ballungszentren in der Regel für leicht höhere Beträge zu bekommen - nur nicht immer in direkter Nähe zur Universität. Das ist das Problem.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die rosige Situationsschilderung, die uns hier präsentiert wurde, nicht mit der Realität der Studierenden in Einklang zu bringen ist, die - Versorgungsquote in Niedersachsen hin oder her; wie immer sie im Bundesspiegel sein wird - im Moment ohne Wohnraum sind, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Deutsche Studentenwerk einen bundesweiten Bedarf von 25 000 zusätzlichen Wohnheimplätzen ermittelt hat - wenn man den Königsteiner Schlüssel anwenden würde, wären das 2 500 zusätzliche Plätze für Niedersachsen -, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich die Wohnraumsituation in Städten, wo sich Hochschulen gemeinhin befinden, zuspitzt, weil der Wohnraum knapper wird und die Wohnungen teurer werden, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass sich die soziale Struktur der Studierenden dahin gehend ändert, dass es zukünftig immer mehr jüngere Studierende geben wird, von denen erwartet wird, dass sie eher als andere Studierende Interesse an einem Wohnheimplatz haben werden, frage ich die Landesregierung - Minister Althusmann hat hier ja angeführt, dass er keinen Bedarf für den Bau neuer Studentenwohnheime sieht -: Wie wird überhaupt der Bedarf für Niedersachsen ermittelt? Welche Kriterien werden zugrunde gelegt?
Frau Abgeordnete, diese Frage haben in erster Linie die Studentenwerke zu beantworten. Sie stellen die tatsächlichen Bedarfe fest.
Ich habe vorhin erwähnt, dass die Nachfrage nach studentischem Wohnraum über die Studentenwerke bei etwa 9 % liegt. In Niedersachsen stehen 18 485 Wohnheimplätze zur Verfügung. Damit steht das Land Niedersachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern, insbesondere im Vergleich zu Berlin, ausgesprochen gut da.
- Ja, aber wir haben es in den letzten Jahren - auch im Jahr des doppelten Abiturjahrgangs - in allen Flächenländern, in denen es über 150 000 Studierende gibt - in Niedersachsen gibt es rund
155 000 Studierende, zurzeit etwas mehr -, erlebt, dass sich die Situation im Laufe des Semesters deutlich entspannt hat. Die Unterbringungsquote in Niedersachsen - ich wiederhole es - liegt mit 11,51 % deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt.
(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Von wann sind die Zahlen? Nicht von 2012! Das sind alte Zahlen! Entschei- dend ist, wie die Quote jetzt ist!)
- Okay, 1. Januar 2012. Andere Daten kann ich Ihnen jetzt nicht liefern. Das sind unsere statistischen Daten.
Ich will noch einmal betonen: Die bundesweite Quote liegt bei 10,3 %. Zieht man nur die alten Bundesländer als Vergleichsmaßstab heran - einschließlich Berlin, wo die Quote bei 10,27 % liegt -, schneidet Niedersachsen also gut ab.
Ich will aber noch einmal versuchen, auf Sie einzugehen, indem ich nochmals darauf hinweise, dass Hannover mit einer Unterbringungsquote von gerade einmal 7,45 % ein deutlich geringeres Wohnheimangebot hat als viele andere Regionen in Niedersachsen, die zu den Studentenwerken gehören. Allerdings wird man dann mit dem Studentenwerk Hannover darüber verhandeln müssen, inwieweit es mit seiner Planungssicherheit, die es durch die 14,5 Millionen Euro Finanzhilfe des Landes hat, in den nächsten Jahren die Erweiterung von Wohnheimplätzen vernimmt. Ich sagte vorhin: privater Investor, 300 Plätze für Hannover. Dieser Anteil sollte natürlich angehoben werden.
Im Vergleich der Städte - auch das haben wir uns mit Blick auf die Beantwortung der heutigen Anfrage noch einmal angeguckt - mit mehr als 10 000 Studierenden beträgt die Unterbringungsquote in Hannover 7,45, in Braunschweig 13,56, in Göttingen 18,8, in Lüneburg 12,7, in Oldenburg 15,53 und in Osnabrück 10,57. Es wird jetzt aber nicht Aufgabe der Landesregierung sein, mit dem Studentenwerk Hannover darüber zu verhandeln, wie in den nächsten Monaten 300 oder 400 weitere Wohnheimplätze geschaffen werden können, sondern hier gilt die klare Aufgabentrennung. Die Studentenwerke sind eigenständig. Sie erhalten ausreichend finanzielle Mittel. Sie haben im Rahmen eines Sonderprogramms 6 Millionen Euro bekom
men. Sie haben 2009 das Konjunkturpaket mit 4,2 Millionen Euro bekommen. Sie müssen mit ihren Mitgliedsbeiträgen und mit der Finanzhilfe des Landes Niedersachsen wie ein guter Kaufmann die Bedarfe der nächsten Jahre auffangen.
Rund 50 % der Hochschulzugangsberechtigten in Deutschland beginnen heute ein Studium. Das heißt, die Studienanfängerzahlen werden in den nächsten Jahren noch auf einem relativ hohen Niveau verharren, aber dann vielleicht aufgrund des demografischen Wandels in den nächsten Jahren zurückgehen. Von daher bin ich sehr optimistisch, dass wir mit der niedersächsischen Quote von rund 11,5 %, die sich im bundesweiten Vergleich gut messen lassen kann, gut liegen. Aber in erster Linie statten wir unsere Studentenwerke finanziell so aus, dass sie, gemessen an ihren Finanzplanungen, den Bedarf für die nächsten Jahre decken. Auch die Studentenwerke wissen, dass die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, und sie wissen, wie die Hochschulzugangsberechtigtenquoten - auch in Niedersachsen - angestiegen sind. Sie müssen also letztendlich selber die Initiative ergreifen, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, sofern denn ein Bedarf besteht.
Ich betone noch einmal: Die Nachfrage nach studentischem Wohnraum über die Studentenwerke beträgt 9 %. Ansonsten holen sich die Studenten die Wohnungen überwiegend auf dem freien Wohnungsmarkt oder gegebenenfalls bei den Eltern. Insofern glaube ich, dass die Studentenwerke diese Leistung in den nächsten Jahren erbringen können und dass sich die Situation in den nächsten Jahren ohnehin entspannen wird. Wir haben - so sagen die Fachleute des Wissenschaftsministeriums - zu Beginn eines Semesters immer wieder die Situation, dass dann große Klagen darüber geführt werden, dass nicht genügend Wohnheimplätze vorhanden sind.
Ich will Ihnen aber vielleicht noch die Stellungnahme des Studentenwerks Ostniedersachsen zu der derzeitigen Situation, also aktuell, in der Celleschen Zeitung von dieser Woche vortragen. Dort hat das Studentenwerk Folgendes gesagt: „Sicherlich ist die Lage zu Semesterbeginn nicht einfach. Wir sind aber optimistisch, dass absehbar alle Studierenden in Braunschweig oder der näheren Umgebung eine Unterkunft finden werden.“
Das Studentenwerk Oldenburg wird in der Oldenburger Nordwest-Zeitung mit den Worten zitiert: „Mit ausreichend Kompromissbereitschaft sollte es deshalb kein echtes Problem sein, eine Unterkunft zu finden.“
Ich denke, daraus wird deutlich, dass es gelingen kann, den Bedarf am privaten Wohnungsmarkt zu decken, wenn die Studierenden bereit sind, eine Wohnung in Betracht zu ziehen, die nicht nahe der Hochschule liegt, und wenn sie vielleicht auch Abstriche gegenüber dem gewünschten Zuschnitt machen.
Bevor ich Herrn Hillmer die Möglichkeit gebe, die nächste Zusatzfrage zu stellen, noch eine Vorbemerkung von mir. Ich habe in der Vergangenheit schon häufiger darauf hingewiesen, dass die Einleitung mit den Worten „vor dem Hintergrund“ natürlich möglich ist. Aber ich bitte ausdrücklich darum, das nicht in Serie einzusetzen. Das schleicht sich hier jetzt ein. Ich weiß, dass der Rekord bei acht liegt.
Das liegt zwar schon etwas länger zurück, aber die folgenden Fragesteller bitte ich ausdrücklich darum, dass das nicht missbraucht wird. Die einmalige Einleitung mit „vor dem Hintergrund“ ist akzeptabel.