Protocol of the Session on September 26, 2012

Ihnen ging es nie ernsthaft um eine Änderung der Verfassung mit dem Ziel einer nachhaltigen Haushaltspolitik. Auch die Handlungsfähigkeit des Landes ab 2013 war Ihnen von Anfang an völlig egal. Ihre Verhandlungsbereitschaft war nur Show. Sie war nur darauf angelegt, die SPD in diesem Verfahren zu diffamieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Editha Lorberg [CDU]: Quatsch!)

Sie haben Ihr Märchen vom Abbaupfad bis 2017 täglich in Presseerklärungen hinausposaunt und zugleich das genaue Gegenteil von Verantwortung für das Land demonstriert, meine Damen und Herren.

Sie haben in den vergangenen Jahren Bundesgesetze mit ganz großen Einnahmeverlusten für Niedersachsen zugestimmt.

(Johanne Modder [SPD]: Ja, genau!)

Sie halten noch bis heute an der Verschwendung durch das Betreuungsgeld fest. Sie haben einen Schuldenrekord aufgestellt: In fast 60 Jahren sind bis zum Jahr 2002 40 Milliarden Euro Schulden aufgelaufen. - Zugegeben: Das ist zu viel. Aber dann kommen Sie, und Sie schaffen es innerhalb von zehn Jahren, das um 20 Milliarden Euro zu steigern. Meine Damen und Herren, das ist eine Steigerung um 50 %

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und damit ein ganz trauriger Rekord in Niedersachsen.

(Jens Nacke [CDU]: Dann stimmen Sie doch zu!)

Sie haben auch den Ausgabenrekord gebrochen. 2011 haben Sie die Ausgaben noch einmal um 2,7 % gesteigert, im Jahr 2012 um 3,7 %.

(Johanne Modder [SPD]: Hört, hört!)

Ist Ihnen eigentlich klar, dass Ihr Pfad zur Schuldenbremse maximal 1,4 % zulassen würde? - Das ist doch ein eindeutiger Beleg dafür, dass Sie es gar nicht können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Dann stimmen Sie doch zu, Herr Kollege! Das passt doch nicht zusammen, was Sie hier vortragen! - Björn Thümler [CDU]: Sie haben sich doch verlaufen! Kommen Sie doch aus Ihrer Ecke wieder heraus! Aus Ihrem Gebüsch!)

Was besonders der interessierten Öffentlichkeit auffällt: Sie klimpern kräftig mit der Wahlkampfkasse. Bei einer ersten Prüfung, die wir jetzt vorgenommen haben, haben wir 60 Projekte in den letzten acht Wochen gefunden, mit denen Sie Ihre Ministerinnen und Minister im Lande herumgeschickt haben. Sie sind ausgeschwärmt, um jetzt Wohltaten zu verkünden. Sie wollen damit den unvermeidlichen Schiffbruch der schwarz-gelben Regierung abwenden.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr McAllister hatte so schön gesagt: Wir machen keinen Wahlkampf, wir arbeiten.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich sehe das ganz deutlich. Sie haben in den letzten Wochen schnell noch einmal rund 1,2 Milliarden Euro im Land verteilt. Sie haben damit Hoffnungen geweckt, die Sie gar nicht mehr einlösen können. Eine sparsame Haushaltsführung sieht komplett anders aus. Was wir hier erleben, ist ein Politikstil von vorgestern.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wer Ihnen noch glaubt, dass das eine seriöse Haushaltspolitik sei, meine Damen und Herren, der glaubt auch, dass Reiner Calmund ein berühmter Diätkoch ist.

(Zustimmung bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Peinlich! - Jens Nacke [CDU]: Jetzt setzt bei mir wieder das Fremdschämen ein!)

Herr McAllister, auch Ihre Ankündigungen von Dialogen haben eine minimale Halbwertszeit. In Ihrer Regierungserklärung im Jahre 2010 haben Sie noch zur Zusammenarbeit aufgerufen, z. B. in der Schulpolitik oder bei der Schuldenbremse.

(Björn Thümler [CDU]: Da habt ihr euch verweigert!)

Sie haben hier kein einziges Mal ein Versprechen eingehalten.

(Björn Thümler [CDU]: Na sicher! Ihr verweigert euch! Ihr blockiert doch!)

Sie haben jedes Mal versucht, die Opposition hier im Landtag vorzuführen. Meine Damen und Herren, das ist keine Regierungskultur.

(Björn Thümler [CDU]: Große Kultur!)

Die letzten zehn Jahre der Regierungsmacht haben massiv an Ihrem Benehmen genagt. Die FDP kommt mit ihren Pressemitteilungen immer besonders dickbackig herüber.

(Christian Dürr [FDP]: Dickbackig? - Hans-Werner Schwarz [FDP]: Ja, wir haben doch auch etwas zu sagen!)

Wir sind wirklich froh, wenn wir das alles von dieser 3-%-Partei nicht mehr lesen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Ihr besonders feines Verständnis von Dialogen war auch bei der Schutzklausel für die Kommunen im Rahmen der Schuldenbremse zu beobachten. Da haben Sie versucht, sogar die Spitzenverbände der Kommunen für Ihr unlauteres Spiel auszunutzen. Zwei Jahre lang haben Sie getönt, die Kommunen bräuchten keinen gesonderten Schutz in der Verfassung, mit dieser Landesregierung könne nichts passieren. Ich war auf Versammlungen aller drei kommunalen Spitzenverbände. Sie alle haben große Hoffnungen auf Sie gesetzt, aber geglaubt hat Ihnen keiner. Alle wussten: Herr McAllister und Herr Schünemann lehnen diese Schutzklausel ab.

(Björn Thümler [CDU]: Das stimmt doch gar nicht!)

Nachdem wir sie in unseren Entwurf zur Änderung der Verfassung aufgenommen hatten, haben Sie ganz hektisch reagiert.

(Björn Thümler [CDU]: Das stimmt doch überhaupt nicht! - Jens Nacke [CDU]: Sie hätten einmal mitverhandeln sollen, nicht nur Frau Geuter schicken! Vielleicht hätte das geholfen!)

Sie führten ein vertrauliches Gespräch mit den Spitzenverbänden, ohne jede Öffentlichkeit. Dann ging Herr Thümler heraus und verkündete dem staunenden Publikum, durch Sie würden die Kommunen jetzt eine Schutzklausel in der Verfassung erhalten,

(Björn Thümler [CDU]: So ist das!)

und auch die Kommunen seien jetzt für Ihren Abbaupfad bis 2017. Das Dementi folgte auf dem Fuße.

(Jens Nacke [CDU]: Stimmt nicht!)

Ich finde das unglaublich. Herr Thümler, Sie haben versucht, die Kommunen für Ihr Spiel zu missbrauchen.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Das ist falsch! Sie waren gar nicht dabei!)

Heute stellen wir Sie auf die Probe. Lehnen Sie unseren Verfassungsvorschlag zum Schutz der Kommunen ab, wissen alle kommunalen Spitzen und alle Räte, was sie von Ihnen zu erwarten haben, sobald das Hemd einmal etwas enger wird.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist ja wohl der Gipfel! Unglaubliche Heuchelei!)

Meine Damen und Herren, die Spitzenverbände haben heute noch einmal gefordert, hier im Parlament über Artikel 58 gesondert abzustimmen. Hören Sie da einmal genau hin!

(Beifall bei der SPD)

Einem Vorziehen der Umsetzung der Schuldenbremse auf 2017 werden wir nicht zustimmen. Wir werden auch Ihrem Gesetzentwurf zur Änderung der Landeshaushaltsordnung nicht zustimmen. Damit fallen Sie selbst hinter das Grundgesetz zurück. Er sieht keinerlei Ausnahmeregelungen mit Ausnahme des Artikels 71 vor. Der gilt aber auch ohne Ihren Gesetzentwurf bis zum Jahr 2020. Wozu bietet denn das Grundgesetz den Ländern weitere Schutzregelungen im Umgang mit Schulden an?

Ihr Vorgehen ist durchschaubar. Sie wollen der Öffentlichkeit auf Biegen und Brechen Sparwillen vorgaukeln, während Sie bis jetzt das Geld mit vollen Händen ausgegeben haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dabei stützen Sie sich auf eine Glücksspiel-Mipla, deren Vorhersagen so wasserdicht sind wie ein Sieb.

Mit Ihrer Politik würden dem Land bis zum Jahr 2017 schwere Jahre bevorstehen. Die Folge wären wahlweise weitere Jahre des Stillstands wegen des Verzichts auf die Sanierung von Straßen, Brücken und Hochschulen oder der Verzicht auf jedwede Investition im Bereich der Wirtschaft oder ein

radikaler Sparkurs bei den Sozialausgaben oder in der Bildungspolitik.