Protocol of the Session on July 20, 2012

Die Einrichtung eines Seniorenforums soll gerade nicht zu Parallelstrukturen neben den demokratisch gewählten Gremien führen.

(Jens Nacke [CDU]: Die 68er machen jetzt Seniorenpolitik! Ich schmeiß mich weg!)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, besonders: sehr geehrte junge Kolleginnen und Kollegen - damit meine ich alle plus/minus 50 -, bereiten Sie sich darauf vor: Alt zu werden ist nichts für Feiglinge. Das hat auch Herr Minister Möllring erfahren müssen;

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD - Roland Riese [FDP]: Herr Möllring ist aber bestimmt kein Feigling! - Zurufe von der CDU: Unerhört! - Unglaub- lich!)

denn er hat sich erst einmal heftig erschrocken, als ihm ein Mitgliedsantrag für die Senioren-Union der CDU überreicht wurde. Nach einer Schrecksekunde hat Minister Möllring allerdings eine Mitarbeit nicht ausgeschlossen.

Sehen Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU, da hätten Sie schon einen CDUKandidaten für ein Seniorenforum!

(Heiterkeit bei der SPD)

Wenn ich mich weiter in Ihren Reihen umschaue, sehe ich bei Ihnen noch viele andere Kandidatinnen und Kandidaten für ein Forum Seniorinnen- und Seniorenpolitik.

(Zustimmung von Patrick-Marc Hum- ke [LINKE])

Auch ich könnte mir z. B. vorstellen, mit dem einen oder der anderen von Ihnen innovativ zusammenzuarbeiten.

Damit auch hier kein Missverständnis entsteht: Das Forum soll kein Weiterbeschäftigungsgremium für alte Exparlamentarier werden. Aber der eine oder die andere könnte auch hier nützlich sein.

Nutzen Sie diese Chance, und stehen Sie den Beratungen im Ausschuss positiv gegenüber, um dann unserem Antrag aus Überzeugung zuzustimmen! Ich hoffe, ich habe Sie bereits jetzt überzeugt und die Beratungen im Ausschuss zielen konstruktiv auf eine Zustimmung zum SPD-Antrag. Politik kennt keinen Schaukelstuhl, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Das Wort hat jetzt der Kollege Humke von der Fraktion DIE LINKE.

(Beifall bei der LINKEN - Uwe Schwarz [SPD]: Der Chefsenior!)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nicht zu Unrecht wird in der Politik der demografische Wandel immer häufiger thematisiert. Dies geschieht zumeist in der Benennung einer Kette von gesellschaftlichen Problemen. Wir sprechen über die Zunahme der Pflegebedürftigkeit, die fehlenden Renteneinzahlungen, zu wenig Wohnraum für mobilitätseingeschränkte Menschen, die Überalterung der Landbevölkerung, die Vereinsamung älterer Menschen oder das Wegbrechen traditioneller Familienverbünde, den Pflegekräftemangel usw. usf.

Daher ist es wichtig, einen anderen Teil dieses demografischen Wandels in den Fokus zu nehmen; denn - meine Vorrednerin hat zu Recht mit vielen Anekdoten darauf hingewiesen - es gibt immer mehr Menschen, die älter werden und dabei aktiv und voller Tatendrang sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gesellschaftliche Ehrenamt in Niedersachsen wäre ohne die Ü-60-Gruppe nur ein Schatten seiner selbst.

Nach dem Wegfall der Erwerbsarbeit steigern viele ihr soziales Engagement oder entdecken dieses überhaupt erst für sich. Dabei wollen die älteren Menschen nicht einfach nur als Dienstleistende agieren, sondern sich auch politisch weiterhin einmischen und mitgestalten.

Gerade vor dem Hintergrund der aufgezählten Probleme ist es ausgesprochen wichtig, dieses Engagement der älteren Menschen auch politisch zu integrieren. Wir können ihre beratende Stimme sehr gut gebrauchen - auch wir alle hier in der politischen Szene. Bereits jetzt kann ich sagen, dass mir die schriftlichen wie mündlichen Stellungnahmen des Landesseniorenrates Niedersachsen eine wertvolle Unterstützung im Prozess der Beratung der verschiedensten Themen im Sozialausschuss waren - sei es in der Beratung zum Niedersächsischen Heimgesetz, sei es in der Beratung zur geriatrischen Versorgung.

Wir Linke wollen mit unserem Antrag dieses politische Potenzial ausbauen und institutionalisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist gut, dass auch die SPD diesen gesellschaftlichen Komplex sieht und sich für eine bessere Mitwirkung der älteren Generation einsetzt. Unser Antrag geht dabei allerdings deutlich über die Forderungen der SPD-Fraktion hinaus. Ich spreche den einen oder anderen Punkt hier auch gerne an.

Erstens. Auch in unserem Entwurf steht das Altenparlament an zentraler Stelle. Die SPD nennt es hier Forum Seniorinnen- und Seniorenpolitik. Es dürfte sich aber auch an den Vorbildern aus Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern orientieren. Allerdings wollen wir die Mitwirkung der Seniorinnen und Senioren dabei gesetzlich verankert wissen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kolleginnen und Kollegen der SPD auch hierfür zugänglich sind. Nach Berlin im Jahr 2006 und MecklenburgVorpommern im Jahr 2010 hat nun auch Hamburg die Beteiligung der Seniorinnen und Senioren in Gesetzesform gegossen. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Ländergesetzen und den konkreten Vorstellungen aus unserem Antrag müssen wir in der Ausschussberatung dann noch genauer beleuchten.

Zweitens. Nach Vorstellung der SPD sollen die Delegierten des Altenparlaments vom Landtag berufen werden. Wir gehen hier einen Schritt weiter und sagen - ich zitiere -:

„Über die genaue Zusammensetzung des Altenparlaments verständigen sich die niedersächsischen Landeskirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, der Niedersächsische Integrationsrat sowie der Landesseniorenrat e. V., …“

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diese Variante ist mutiger; denn die Verständigung dieser gesellschaftlich relevanten Kräfte kann der Beginn eines demokratischen Prozesses sein, in dem es darum geht, einen Blick aus den unterschiedlichen Teilen der Gesellschaft auf die politischen Fragen zu richten.

Das Altenparlament sollte nach unserer Auffassung möglichst kein Gremium werden, dessen Mandate je nach aktuellem Parteienproporz ausgekungelt oder an sichere Getreue vergeben werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Im Antrag der SPD heißt es unter Nr. 2:

„Das Forum berät und unterstützt die im Landtag vertretenen Fraktionen und die Landesregierung in allen seniorenpolitischen Fragen.“

Für uns bleibt da aber noch zu klären: Wer definiert, was seniorenpolitische Fragen sind?

In Bezug auf die Seniorenbeteiligung haben wir in unserem Antrag klar formuliert - ich zitiere -:

„eine Anhörungspflicht bei allen Gesetzen und Verordnungen, die für Seniorinnen und Senioren von Belang sind.“

Mit dieser Formulierung wollen wir zum Ausdruck bringen - und da muss man sehr genau zuhören und auf die Nuancen achten; das ist mein voller Ernst -, dass das Altenparlament selbst definieren kann, was die Themen und Problemfelder der älteren Menschen in der Landespolitik sind.

Ich sage hier ganz deutlich: Die Kompetenzen und Rechte des gewählten Parlaments als Legislative werden an keiner Stelle eingeschränkt. Darum geht es weder der SPD noch uns. Das nur als Information mit der Bitte um Kenntnisnahme der nicht zuhörenden CDU-Fraktion!

(Beifall bei der LINKEN - Norbert Böhlke [CDU]: Das ist gar nicht wahr!)

- Noch nicht einmal mit dieser Bemerkung sind Sie wach geworden. Das ist bezeichnend. Wir unterhalten uns über Mitwirkungsrechte von Seniorinnen und Senioren. Sie lesen Zeitung und hören überhaupt nicht zu, was hier vorne gesagt wird.

(Beifall bei der LINKEN - Widerspruch bei der CDU)

Das ist unglaublich. So etwas ist eine Frechheit. Ich hoffe, dass man dem Landesseniorenrat einmal klar spiegelt, in welcher Art und Weise Sie hier mit den Interessen und Mitwirkungsrechten von älteren Menschen umgehen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Liegt das viel- leicht am langweiligen Vortrag? - Jens Nacke [CDU]: Reißen Sie sich mal zusammen, Herr Kollege!)

- Herr Macke, Sie müssen sich mal ganz besonders zusammenreißen.

(Jens Nacke [CDU]: Wenn Sie meinen Namen irgendwann mal lernen wür- den, wäre ich Ihnen sehr dankbar!)

Es geht hier - das möchte ich betonen - um ein Antragsrecht der engagierten Seniorinnen und Senioren und um eine Anhörungspflicht, der die Ausschüsse des Parlaments nachkommen müssten.

(Jens Nacke [CDU]: Sie müssten sich mal sehen! Sie müssten sich mal sel- ber zuhören! Ein unverschämtes Auf- treten!)

Unter Umständen bedeutet das für uns Parlamentarierinnen und Parlamentarier etwas verlängerte Sitzungszeiten, sodass auch Sie, Herr Macke, nicht so früh nach Hause kommen, wie Sie das vielleicht manchmal gerne möchten.