Viertens. Der damalige Bundesaußenminister Steinmeier hat 2008 ein Besuchsvisum für Frau Önder abgelehnt.
Fazit, meine Damen und Herren: Wenn Sie sich alle Fakten genau anschauen, dann gibt es - obwohl vieles nicht dafür spricht - aufgrund einer Initiative dieser Landesregierung trotzdem eine Möglichkeit, zur Familienzusammenführung. Für die Kinder gibt es schon jetzt eine Möglichkeit, ihre Mutter und ihre Geschwister zu besuchen. Bis zum heutigen Tage sind all diese Angebote leider ausgeschlagen worden. Ich nehme nicht hin, dass dafür die Ausländerbehörde im Landkreis Hildesheim verantwortlich gemacht wird. Außerdem nehme ich in Anspruch, dass dafür weder das Innenministerium noch die Landesregierung in Verantwortung genommen werden.
Deshalb bitte ich Sie, in der Öffentlichkeit nicht immer wieder den Eindruck zu erwecken, als wenn es hier Verstöße oder Inhumanität vonseiten der Behörden gibt. Mehr als das, was wir an Angeboten unterbreitet haben, ist rechtlich nicht machbar. Es liegt jetzt an Herrn Siala, die Chance zu ergreifen. Dazu können wir ihn nur auffordern. Wenn das bei der Beratung dieses Entschließungsantrags rauskommt, dass er sich also integriert und nicht straffällig wird, dann gibt es den Weg, den ich aufgezeigt habe.
Danke schön. - Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat Frau Kollegin Polat von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um zusätzliche Redezeit gebeten. Zwei Minuten, Frau Kollegin!
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In diesem Fall ist es sehr schwierig, auf jedes Detail einzugehen. Das sollten wir im Ausschuss machen, weil dieser Fall sehr komplex ist. Ich möchte aber dennoch versuchen, ein paar Dinge richtigzustellen.
In diesem Fall - das habe ich dargestellt - haben wir unterschiedliche Auffassungen darüber, wie die Verwurzelung von Herrn Siala zu bewerten ist. Sie haben gesagt, dass die Familie Önder/Siala nicht integriert sei. Wir bewerten dies anders. Aber alle sind sich darin einig, dass im Zentrum der Entscheidung das Kindeswohl steht. Das habe ich
Nichtsdestotrotz möchte ich in der Kürze der Zeit noch auf einige Punkte eingehen. Sie haben gesagt, die Dauer des Aufenthalts sei nicht entscheidend. Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang noch einmal auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hinweisen. Dort können Sie das unter Nr. 22 auf Seite 14 nachlesen: Von erheblichem Gewicht ist vorwiegend die Dauer des Aufenthalts. - Das wird dann im Detail weiter ausgeführt. Am Ende wird dies aber wieder ein wenig eingeschränkt, und es wird gesagt: Aufgrund der Täuschung der Eltern kommt der gesamten Dauer ein geringeres Gewicht zu. „Damit kommt der Aufenthaltsdauer“ - ich zitiere aus dem Gerichtsurteil - „insgesamt nicht das Gewicht zu, wie wenn der Aufenthalt formell und materiell in jeder Hinsicht unbedenklich wäre.“
Ein anderer Punkt, auf den Herr Krumfuß eingegangen ist: Wir haben mehrere Schreiben zur Integrationsbeurteilung, die auch Teil des Verfahrens in der Härtefallkommission waren. In einem Schreiben des Landkreises Wolfenbüttel zu dem Schlachtbetrieb, in dem Herr Siala seinerzeit Geschäftsführer war, heißt es u. a. - ich zitiere -:
„… hiermit bestätige ich Ihnen gerne, dass der Abteilung für Verbraucherschutz und Veterinärangelegenheiten des Landkreises Wolfenbüttel während der Zeit Ihrer Tätigkeit von 2006 bis 2008 in dem Schlachtbetrieb … keine Beschwerden amtlich zur Kenntnis gelangt sind.“
Ich unterbreche Sie nur ungern, Frau Kollegin Polat. Ich weiß nicht, wie lange Sie noch zitieren wollen. Sie haben Ihre Redezeit bereits überschritten. Deshalb möchte ich Sie bitten, sich jetzt kurzzufassen und zum Schluss zu kommen. Ich bin - das gilt für alle Redner - schon großzügig gewesen.
Es gibt also Dokumente dafür, dass diese Widersprüchlichkeit, die heute der Innenminister aufgezeigt hat, nicht so klar gegeben ist. Es ist wirklich Teil der Ausschussberatungen, sich davon noch einmal ein detailliertes Bild zu machen. Darum bitte ich Sie.
Danke schön, Frau Kollegin Polat. - Ebenfalls zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erhält für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Rübke: vier Minuten.
Es gibt immer zwei Seiten. Alles, was Sie aufgezählt haben, ist auch uns bekannt. Es kommt aber, wie ich bereits gesagt habe, immer auch auf die andere Sichtweise an. Dass Herr Siala nicht immer alles so erfüllt hat, wie wir es uns vorstellen, gebe ich zu.
Aber es geht hier in erster Linie um vier Kinder, nämlich um zwei Kinder, die ihren Vater gar nicht mehr kennen, und um zwei Kinder, die Sehnsucht nach ihrer Mutter haben - und das ist das Entscheidende.
Was die Presseerklärung des Landkreises Hildesheim, die hier verlesen worden ist, angeht, hatte sich sogar, glaube ich, das Innenministerium geweigert, weil der Herr Landrat gern eine gemeinsame Presseerklärung abgeben wollte.
Wir können uns im Ausschuss noch ganz viel austauschen. Insoweit hoffe ich auf eine konstruktive Diskussion im Innenausschuss. Ich habe es zum Abschluss meiner Rede vorhin schon gesagt: Frau Özkan, ich erwarte, dass Sie auch einmal Stellung nehmen.
Ich erwarte das deshalb, weil Ihr Ministerium, als Sie nach Niedersachsen gekommen sind, für den Bereich Integration zuständig geworden ist. Den Bereich der Abschiebungen - das Unangenehme - hat das Innenministerium behalten. Deshalb wäre es sehr schön, wenn auch Sie hier einmal eine Erklärung für die Familie und für die Kinder abgeben würden.
(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Für die Menschlichkeit!)
Auch die Fraktion DIE LINKE hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Frau Zimmermann, Sie erhalten zwei Minuten. Bitte schön!
Danke schön. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, Sie sind auf aus meiner Sicht ganz wesentliche Dinge nicht eingegangen.
Zum einen sind Sie nicht auf die Aussagen von Herrn Krappmann eingegangen. Er hat gesagt, dass er diesen Fall vor den UN-Ausschuss für Kinderrechte bringen will. Was sagen Sie denn dazu? Das macht doch jemand nicht einfach so, weil er das so schick findet. Herr Krappmann macht das, weil er meint, dass mit einer Familie auf eine nicht mehr tragbare Art und Weise umgegangen wird. Er hat vor allen Dingen auch gesagt, dass das Kindeswohl ein besonders gewichtiger Gesichtspunkt ist. Da können Sie doch nicht immer nur das anführen, was Sie immer anführen.
Sie müssen auch einmal akzeptieren, dass die Eltern bereits verheiratet sind. Es gibt auch Formen der Ehe, die nicht auf dem christlichen Glauben basieren. Ich denke schon, dass man einmal darauf schauen muss.
Außerdem, Herr Schünemann, sind Sie nicht auf die Aussagen von Herrn Heiko Kauffmann eingegangen, Mitbegründer der Hilfsorganisation Pro Asyl. Er hat gesagt, dass er in den 40 Jahren seiner Tätigkeit so einen Fall überhaupt noch nie erlebt hat. Das muss Ihnen doch zu denken geben!
Ich spreche hier ganz besonders noch einmal Frau Özkan und Herrn McAllister an: Sie müssen sich um diese Sache kümmern und sich ihr annehmen! Da kann auch ein Schaden für Niedersachsen entstehen. Niedersachsen hat gerade durch die
sen Fall, der in Unmenschlichkeit gipfelt, einen ganz schlechten Ruf. Darüber sollten Sie sich Gedanken machen.
Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung spricht noch einmal Herr Minister Schünemann. Bitte schön, Sie haben das Wort!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung ist das Kindeswohl ganz entscheidend. Aus welchem Grunde haben wir denn sonst die Initiative zu § 25 a Aufenthaltsgesetz ergriffen? - Weil wir gesagt haben, dass es möglich sein soll, dass den Kinder unabhängig von den Eltern ein Aufenthaltsrecht gewährt wird. Egal, ob die Eltern Pässe weggeschmissen haben, bei der Identität getäuscht haben oder sogar straffällig geworden sind - wir haben gesagt: Wenn die Kinder selbst integriert sind und gezeigt haben, dass sie in Deutschland eine Perspektive haben, müssen sie eine Möglichkeit haben, ein Aufenthaltsrecht zu erhalten.
Auf genau dieser Basis haben wir jetzt eine entsprechende Möglichkeit. Sie müssen aber schlichtweg zur Kenntnis nehmen, dass Herr Siala die Initiative ergreifen muss. Dass noch nicht einmal der Antrag auf Anerkennung nach § 25 a gestellt wird - und das können die Kinder nicht alleine machen, weil sie minderjährig sind -, ist schon ein Zeichen dafür, dass man diesen Weg gar nicht gehen will.
Über diese Möglichkeit hinaus gibt es schon jetzt zumindest für eine Tochter - in naher Zukunft auch für die zweite Tochter - die Möglichkeit, ihre Mutter und auch ihre Geschwister zu besuchen. Es gibt auch Möglichkeiten, diese Besuche zu begleiten. Auch das ist mit Unterstützern schon besprochen worden.
Noch einmal zu den rechtlichen Fragen, die Sie angeführt haben, insbesondere Frau Polat. Sie haben das Bundesverwaltungsgericht angesprochen. Dazu kann man nur sagen, dass das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen die Ablehnung des Antrages auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis bestätigt hat. Das Bundesverwaltungsgericht hat insbesondere darauf hingewiesen, dass es sich bei Herrn Siala bis heute um einen
türkischen Staatsangehörigen handelt. Es hat auch bestätigt, dass die Voraussetzungen der Bleiberechtsregelungen 1990, 1992, 1996 wie auch der gesetzlichen Altfallregelung des § 104 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz nicht bestehen. Auch dieser Punkt ist völlig unstrittig.
Jetzt zur UN-Kinderrechtskonvention. Ich kann Ihnen alle Kommentare vorlegen. Das Aufenthaltsrecht in Deutschland entspricht exakt der UNKinderrechtskonvention. Wenn jemand meint, dass das nicht der Fall ist, hat er natürlich die Möglichkeit, das überprüfen zu lassen. Das habe ich jetzt nicht zu kommentieren, sondern erst dann, wenn ein Ergebnis vorliegt.
Meine Damen und Herren, deshalb kann ich nur sagen: Wir haben diesen Fall in allen Punkten sehr ausführlich diskutiert, auch und gerade mit dem Landkreis Hildesheim. Wenn man sich die Fakten anschaut, dann stellt man fest: Auf Grundlage der jetzigen Rechtsordnung gibt es einen Weg, auf dem insbesondere den Kindern geholfen werden kann. Das geht aber nicht ohne die Mitwirkung des Vaters, Herrn Siala. Ansonsten gibt es keine Möglichkeit, diesen Weg zu beschreiten. Und wenn Sie vor Ort Unterstützung leisten wollen, dann kann ich Sie nur auffordern, in diesem Sinne auf Herrn Siala und den Rechtsbeistand einzuwirken. Das wäre für das Kindeswohl, glaube ich, genau das Richtige.
Herzlichen Dank, Herr Minister. - Frau Kollegin Rübke erhält nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung eine zusätzliche Redezeit zwei Minuten.
In Artikel 3 der UN-Kinderrechtskonvention heißt es, dass das Kindeswohl vorrangig zu berücksichtigen ist. - Das sehe ich in diesem Fall nicht.