Protocol of the Session on July 17, 2012

Herr Adler, aber genau da liegt doch das Problem! Wenn man ein Einvernehmen herstellen muss - im Unterschied zur Herstellung des Benehmens, wie es im Moment der Fall ist -, so bedeutet das, dass sich Kommunen gegenseitig lahmlegen können.

Ich habe das nicht falsch, sondern völlig richtig verstanden. Ihre Regelung würde bedeuten, dass von oben eingegriffen werden müsste. Nach unserem Gesetzentwurf ist das nicht vorgesehen.

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat sich Herr Hausmann für die SPDFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Hausmann!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Nach der sehr emotionalen Debatte des letzten Tagesordnungspunkts haben wir es jetzt mit einem ziemlich trockenen Thema zu tun, nämlich mit einer Gesetzesberatung zum Raumordnungsrecht.

Hierzu liegen uns zwei Gesetzentwürfe vor, erstens ein Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE und zweitens ein Gesetzentwurf der Landesregierung. Herr Adler, Ihre Fraktion hat einen Juristen nach vorne geschickt; meine Fraktion hat einen Praktiker nach vorne geschickt.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das schließt sich nicht immer aus!)

Wir wissen ja: Wenn zwei Juristen zusammensitzen, gibt es drei Meinungen.

Herr Adler, Sie möchten kommunale Zweckverbände. Genau das möchten wir nicht.

Nun aber zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung: Wir haben ihn intensiv beraten und dabei den GBD dabei gehabt. Der GBD hat nicht die Befürchtungen gehabt, die Sie von den Linken gehabt haben, im Gegenteil: Der GBD hat gesagt, der Entwurf der Landesregierung sei in Ordnung. Von daher - das kann ich gleich vorwegschicken - werden wir ihm auch zustimmen.

(Zustimmung bei der CDU)

Das wird ab dem nächsten Februar im Übrigen öfter passieren, dass wir den Gesetzentwürfen der Landesregierung zustimmen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Das ist der richtige Weg! - Silke Weyberg [CDU]: Das finden wir gut!)

Zu diesem Beschluss, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen, sind wir nach umfangreichen Beratungen und einer Anhörung gekommen. Wir teilen hierbei auch die Stellungnahmen der kommunalen Spitzenverbände, zumindest die des Städtetages und des Landkreistages. Insbesondere die Abweichungsregelung zur Aufstellung eines Regionalen Raumordnungsprogramms sichert die bisher bewährte Aufgabenverteilung. Wir haben 40 Planungsbereiche, die es ermöglichen, dass die regionalen Schwerpunkte in unserem Land Berücksichtigung finden.

Eine abweichende Stellungnahme kam - natürlich - vom Städte- und Gemeindebund. Seine Forderung, Ziele der Raumordnung nur noch im Einvernehmen mit den betroffenen Städten und Gemeinden festzulegen, würde unserer Meinung nach jedoch einer überörtlichen Planung widersprechen. Die Einbindung der Städte und Gemeinden ist unserer Meinung nach durch die Pflicht, Flächennutzungspläne und städtebauliche Planungen aufzustellen, aber auch über die Abgabe von Stellungnahmen durchaus gewährleistet, sodass der Forderung des Städte- und Gemeindebundes, die Pläne im Einvernehmen aufzustellen, nicht unbedingt nachgekommen werden muss.

Im Übrigen lassen die Ziele der Raumordnung der kommunalen Planung hinreichenden Spielraum für ihre eigene Planungshoheit. Auch das ist unserer Meinung nach in Ordnung.

Auch dass kreisfreie Städte keine Regionalen Raumordnungsprogramme aufstellen müssen, ist in Ordnung. Sie können das tun, aber ihnen stehen auch die Instrumente der Flächennutzungs- und Bebauungspläne zur Verfügung, sodass es auch dort keine unbeplanten Räume geben wird.

Ich habe schon gesagt, der GBD hat gegen den Gesetzentwurf der Landesregierung keine Einwände erhoben, und nachdem die erste Fassung des Gesetzentwurfs noch etwas verändert wurde - die Einsprüche, die wir hatten, wurden aufgenommen -, kann die SPD-Fraktion jetzt zustimmen.

In diesem Tagungsabschnitt werden wir unter Tagesordnungspunkt 34 den Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm beraten. Dort werden wir es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, natürlich nicht so einfach machen. Denn dem werden wir mit Sicherheit nicht zustimmen; das kann ich schon im Voraus sagen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Meyer das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden dem Gesetzentwurf der Landesregierung nicht zustimmen; denn wir wollen die Kommunen und nicht die Interessenverbände stärken.

Frau Weyberg, Sie sagten, Sie hätten ein so hohes Vertrauen in die kommunale Ebene. Daher verstehe ich nicht, warum Sie die kommunale Ebene dann schlechter stellen als die Interessenverbände und die Kammern. Das Vetorecht für die Interessenverbände heißt doch nach Ihrer Logik, dass Sie der kommunalen Ebene nicht vertrauen.

Also, Sie wollen den Interessenverbänden wie der IHK oder der Landwirtschaftskammer bei Zielabweichungsverfahren ein faktisches Vetorecht zugestehen. Wir hingegen wollen die Regelung in § 8 umkehren: Wir wollen kein faktisches Vetorecht für die Interessenverbände, sondern wir wollen eine Besserstellung der Kommunen erreichen; denn dort sitzen die demokratisch gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung. Genau das ist von einigen Kommunen auch gefordert worden.

Eine solche Umkehrung haben auch die Linken vorgeschlagen. Sie wäre auch aus unserer Sicht kommunal- und bürgerfreundlich. Aber gemäß den Vorstellungen von CDU und FDP sollen auch weiterhin über die Köpfe der betroffenen Kommunen hinweg Großprojekte, etwa riesige Einkaufszentren oder Factory-Outlet-Center, durchgezogen werden können. Die Kommunen werden zwar gefragt, aber ihre Stellungnahme wird abgeheftet, und das war’s dann. Wir wollen bei diesen Ausnahmen ein echtes Mitspracherecht der Kommunen.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Zweitens lehnen wir das Gesetz ab, weil in den Grundsätzen nach § 2 der Naturschutz völlig fehlt. Wir fordern hier eine Verankerung der internationalen Verpflichtungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt, mindestens der entsprechenden EU-Regelungen.

Bei der Fischerei haben wir in den Grundsätzen der Raumordnung alles Mögliche aufgezählt, nachhaltige Fischerei etwa, was wir auch begrüßen. Nur im Binnenland tauchen der Naturschutz und die biologische Vielfalt überhaupt nicht auf. Das zu ändern, haben einige Umweltverbände in der Anhörung gefordert.

Wir meinen, dass auch in den Grundsätzen der Raumordnung die Ziele verankert werden müssen, die wertvollen Naturräume zu erhalten, sie nicht, etwa durch Straßenbauprojekte, immer weiter zu zerschneiden und wertvolle Lebensräume auch über Kreisgrenzen hinweg zu vernetzen. Wie gesagt, diese Forderung ist auch von den Umweltverbänden erhoben worden.

Drittens wollen wir die Energiewende vorantreiben. Wir halten es durchaus für problematisch, die kreisfreien Städte von der Verpflichtung zur Aufstellung eines Regionalen Raumordnungsprogramms freizustellen. Denn dann gibt es Löcher; dann gibt es eben keine raumübergreifende Planung. Das steht möglicherweise im Widerspruch zu dem Ziel des am Donnerstag zu verabschiedenden Landes-Raumordnungsprogramms, die Windenergie über Raumordnungsprogramme zu fördern. Wenn kreisfreie Städte gar kein Raumordnungsprogramm haben, kann das gerade für die Windenergie problematisch sein.

Ich fasse zusammen: Ihr Gesetz ist kommunalfeindlich, es berücksichtigt die Anforderungen des Naturschutzes nicht, und es wird den Erfordernis

sen der Energiewende nicht gerecht. Deshalb lehnen wir es ab.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wider- spruch bei der CDU)

Für die FDP-Fraktion hat jetzt der Kollege Sander das Wort. Herr Sander, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Bundesgesetz hat uns veranlasst, das Landesgesetz anzugleichen. Um es gleich vorweg zu sagen: Das ist uns in vollem Umfange gelungen. Wir haben ein modernes Raumordnungsrecht. Das wird von keiner Seite bezweifelt. Die umfangreichen Beratungen und Anhörungen im Agrarausschuss haben gezeigt, dass gerade die Kommunen, obwohl sie in einigen Bereichen Bedenken hatten, dieses Gesetz voll unterstützen.

Wir haben es geschafft, dass wir den kreisfreien Städten zwar die Möglichkeit geben, ihnen aber nicht zwingend vorschreiben, ein Regionales Raumordnungsprogramm aufzustellen. Es ist aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten in Niedersachsen richtig, gerade für ihren Raum die richtigen Planungen im eigenen Wirkungskreis vorzunehmen. Ich finde es gut, dass Herr Hausmann das für die SPD-Fraktion unterstützt hat. Es ist nicht gesagt, dass die Kreise das alleine machen müssen. Sie können sich natürlich - das trifft insbesondere auf Südniedersachsen und im Hinblick auf die Energiewende zu; da ist es sogar notwendig - mit anderen Kommunen und Kreisen abzusprechen, was man für die einzelnen Bereiche vorschreibt.

Den Menschen etwas zuzutrauen, das ist auch in der Raumordnung und -planung sehr wichtig. Wir haben es geschafft, die unterschiedlichsten Belange - die der Rohstoffsicherung, die des Naturschutzes, auch die Moorproblematik - zu erörtern und vernünftig zu regeln.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das kommt doch erst Donnerstag dran! Heute geht es nur um das Gesetz!)

An der einen oder anderen Stelle wird es wahrscheinlich sehr viel schneller notwendig sein, noch Regulierungen oder Veränderungen vorzunehmen. Denn in der Endberatung des Gesetzes gab es wie immer noch besondere Wünsche, sowohl von der einen Seite als auch von der anderen Seite. Mit

der sachlichen Notwendigkeit, unseren Beitrag zur Rohstoffsicherung zu leisten, hat das nichts zu tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Nun hat Minister Lindemann das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Meyer von den Grünen, Sie machen das, was Sie eigentlich immer machen: Sie argumentieren hart an der Realität vorbei,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

indem Sie behaupten, wir würden jetzt die kreisfreien Städte von der Erstellung Regionaler Raumordnungsprogramme befreien. - Das tun wir nicht jetzt. Das ist die geltende Rechtslage in Niedersachsen. Ich finde es einigermaßen überraschend, dass Sie offenbar nicht einmal die in Niedersachsen geltende Rechtslage hinreichend kennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Silke Weyberg [CDU]: Das ist über- haupt nicht überraschend! Das ist klar!)

Herr Meyer, Sie sprechen von einem Vetorecht für die Interessenverbände. Das sind die Träger öffentlicher Belange.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das sind Umweltverbände auch!)