Protocol of the Session on September 16, 2008

Herr Wulff, unsere 100-Tage-Bilanz war bitter.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sie war falsch!)

Jetzt ist die Liste noch länger geworden: Die Verantwortung für die Asse mussten Sie abgeben. Das NTH-Gesetz ist ein Torso. Die Dioxinbelastung an der Ems haben Sie uns lange verschwiegen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Das stimmt nicht!)

Der Sozialfonds für Schulbusfahrten und Mittagessen in der Schule wurde einkassiert. Er war offenbar nur für den Wahlkampf gedacht.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Für fusionswillige Kommunen findet sich nur ein zaghafter Beratungsetat. - Offene Baustellen, wohin man blickt, Herr McAllister. Den Herausforderungen, vor denen dieses Land steht, wird Ihr Haushalt nicht gerecht.

Das Fatalste ist: Die voranschreitende Gefährdung und Zerstörung unserer natürlichen Lebensgrundlagen wird nicht erkannt, wird nicht mit der notwendigen energischen Herangehensweise bekämpft und wird nicht mit Mut angegangen. Sie wirtschaften weiterhin so, als hätten wir eine zweite Erde. Aber das haben wir nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es wurde mehrfach die Frage gestellt, warum bei unserem Landtagskollegen Limburg ein Teddybär auf dem Tisch steht. Er ist Vater einer Tochter geworden. Dazu gratulieren wir herzlich!

(Beifall)

Der nächste Redner ist Herr Rickert von der FDPFraktion. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über meinem Manuskript steht: Haushaltsplanentwurf 2009 für das Land Niedersachsen. - Ich werde mich an mein Manuskript halten.

Die Regierungsfraktionen und die Landesregierung legen Ihnen heute die Gesetzentwürfe für den Haushalt 2009 vor und verfolgen damit den bereits in den vergangenen Jahren erfolgreich eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung so, wie wir es in der Koalitionsvereinbarung im Februar 2008 verabredet haben. CDU und FDP gehen unbeirrt den Weg, die Nettoneuverschuldung vollständig abzubauen und einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Lemmin- ge!)

Bereits im Jahr 2010 werden wir mit dem Schuldenabbau beginnen - Schulden, die aus Ihrer Regierungszeit, verehrte Kollegen von SPD und Grünen, also aus den Jahren vor 2003, herrühren. Auf diesem sehr schwierigen Weg konnten wir im Jahr 2006 zum ersten Mal für den Haushalt 2007 einen Haushaltsplan vorlegen, der die Niedersächsische Verfassung befolgt hat. Das heißt, nur Investitionen dürfen mit Krediten finanziert werden, nicht laufende Ausgaben, so die Verfassungsnorm. Wenn jetzt die Linken mehr Ausgaben fordern, bedeutet das eine höhere Verschuldung, eine zusätzliche Kreditaufnahme über die Verfassungsnorm. So viel zur Verfassungstreue der Linken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Jörg Bode [FDP]: Genau!)

Schritt für Schritt konnten wir das Land aus dem wirtschaftlichen Tal herausführen.

Herr Kollege Rickert, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Sohn?

Nein, danke.

Das Land Niedersachsen befindet sich jetzt in Hinblick auf Wirtschaftswachstum und Arbeitslosenstatistik auf Erfolgskurs und hat bereits einen Platz im Mittelfeld der Bundesländer erreicht. Das ist ein Beweis dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass auch schwarz-gelb geführte Regierungen durchaus ein Erfolgsmodell sein können. Ich rate im September 2009 zur Nachahmung.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Wir haben gespart, wo es nötig war. Das geschah teilweise unter Protest; denn die Einsparungen waren schmerzlich. Aber hätten wir die unsolide Finanzpolitik der vorherigen Landesregierung weitergeführt, wäre Niedersachsen über kurz oder lang pleite gewesen. Das wäre nicht im Sinne der Bürger, aber auch nicht in Ihrem Sinne gewesen. Obwohl die Konjunkturprognosen und damit die Einnahmeerwartungen deutlich zurückhaltender werden, halten wir das Ziel, die Nettokreditaufnahme auf 250 Millionen Euro abzusenken, aufrecht. Das heißt, wir nehmen nur noch 250 Millionen Euro zusätzliche Schulden auf, blicken aber auf einen Schuldenstand von 50 Milliarden Euro, für den wir immerhin fast 2,5 Milliarden Euro an Zinsen zahlen müssen. Das ist kein Pappenstiel. Insofern sollte man die Schulden nicht verniedlichen.

In der Zeit der positiven Steuereinnahmen sind wir nicht der Versuchung erlegen, alles Geld auszugeben, sondern haben vorsorglich etwas in die Rücklagen gepackt. Die Grundlage für eine langfristige Haushaltssanierung wird gerade in Zeiten steigender Einnahmen gelegt. So viel zur Solidität unseres Haushaltsansatzes, und so viel vielleicht auch zum Nachtraghaushalt 2008, über den wir noch im Oktober reden müssen.

(Heinrich Aller [SPD]: Was sind denn das für Rücklagen?)

Auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt ist die Nettoneuverschuldung natürlich nicht die einzige relevante Größe. Ähnlich wichtig ist das strukturelle Defizit. Zur Erinnerung: Das strukturelle Defizit ist die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben, die durch Schulden und Vermögensveräußerungen geschlossen werden muss. Diese Lücke ist von 3,3 Milliarden Euro, die uns die SPDgeführte Landesregierung hinterlassen hat, auf 1,1 Milliarden Euro im Haushalt 2008 geschrumpft. Das ist nur möglich gewesen, weil wir in der Ausgabenpolitik relativ zurückhaltend agiert haben. Deutlich wird diese Erfolgsstory an der Entwicklung der Kreditfinanzierungsquote, also dem Anteil der Neuverschuldung an den bereinigten Ausgaben, die sich seit der Regierungsübernahme im Jahre 2003 stetig nach unten bewegte und bewegt, nämlich von ca. 16 % auf 2,3 % im laufenden Jahr, auf 1 % im Jahr 2009 und auf 0 % im Jahr 2010.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich komme zu den Einnahmen. Es genügt natürlich nicht, sich nur auf die Steuereinnahmen zu verlassen. Auch hohe Steuereinnahmen sollten uns nicht dazu verleiten, vom Konsolidierungskurs abzuweichen und die Ausgabendisziplin schleifen zu lassen, zumal die internationalen Rahmenbedingungen alles andere als sicher sind. Über die USBankenkrise ist hier schon gesprochen worden. Den Zusammenbruch von Lehman Brothers in Zusammenhang mit der Haushaltspolitik des Landes Niedersachsen zu bringen, ist allerdings absurd, naiv oder vielleicht schlichtweg nur dumm.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wir werden uns noch sprechen!)

Auch die nationale Konjunkturentwicklung bietet keinen Anlass für überschäumenden Optimismus.

Zur Einnahmeseite gehören auch die Verkaufserlöse aus der Privatisierung von Landesvermögen. Die FDP-Fraktion unterstützt Privatisierung unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten. Wir müssen uns stets fragen, was im Interesse des Landes ist, was zur echten Daseinsvorsorge des Staates gehört. Auf diesem Niveau müssen wir diskutieren. Selbstverständlich kommen dann die daraus resultierenden Verkaufserlöse der Haushaltskonsolidierung zugute. Aber das muss ja nicht immer so sein. Wir würden es sehr begrüßen, wenn diese Mittel in Zukunft zweckgebunden, z. B. für Bildung, Forschung, Arbeit und Innovation, zur Verfügung stehen könnten.

Aber unter diesen Gesichtspunkten haben wir in der Vergangenheit der Veräußerung der niedersächsischen Spielbanken zugestimmt, weil wir der Meinung sind, dass Glücksspiel nicht zur staatlichen Daseinsvorsorge gehört. Das gilt auch für die Osthannoversche Eisenbahn AG und die Landeskrankenhäuser;

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Gilt das auch für Fahrzeuge?)

denn wir glauben, es ist nicht Aufgabe des Staates, Eisenbahnen und psychiatrische Kliniken zu betreiben. Ich halte es aber in diesem Kontext für hochgradig verwerflich, unterschwellig immer wieder Ängste vor Privatisierung oder Privatunternehmen heraufzubeschwören. Darauf dürfen wir uns nicht einlassen, meine Damen und Herren. Ansonsten müssten Millionen deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unnötige Ängste ausstehen, sind es doch immerhin fast 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, die es durch ihre Arbeit und durch ihre Steuern erst er

möglichen, dass wir hier in dieser Form arbeiten können.

Ich will in diesem Kontext auch nicht jede einzelne Beteiligung diskutieren. Es tut den Unternehmen, die ja schließlich im Markt aktiv sind, nicht gut, wenn auf diese Weise immer wieder öffentlich über sie gesprochen wird. Aber so viel sei gesagt: Ein Ausbau der Landesbeteiligungen ist angesichts der Haushaltslage des Landes wohl kaum finanzierbar.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Sehr richtig!)

In diesem Zusammenhang werden wir uns auch mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, Landesimmobilien zu veräußern, wobei klar sein muss, dass Sale-andlease-back ein Finanzierungsinstrument zur Deckung von kurzfristigen Liquiditätslücken ist und bei langfristiger Betrachtung durchaus teurer sein kann als reine Kreditfinanzierung.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Sehr wahr!)

Alle Bereiche der Landespolitik mussten in den letzten Jahren eine Vielzahl von Kürzungen hinnehmen, sodass alle Ressorts einen erheblichen Beitrag zur Konsolidierung geleistet haben. Immerhin haben wir dabei einen Konsolidierungsbeitrag von fast 1,6 Milliarden Euro pro Jahr erreicht. Dazu zählten natürlich auch die Personalkosten, die bekanntlich 45 % der Gesamtausgaben ausmachen. Es wurden hier besonders harte Einschnitte vorgenommen, die nicht immer die Zustimmung, insbesondere nicht der Beamten, gefunden hat.

Was den kommunalen Finanzausgleich angeht, so will ich bei dieser Gelegenheit nicht verschweigen, dass wir die Steuerverbundquote im Haushaltsansatz 2009 unverändert gelassen haben. Das haben wir getan, weil wir davon überzeugt sind - das geben die Zahlen her -, dass die Verteilungssymmetrie zwischen Land und Kommunen mehr als gewahrt bleibt. Über die Höhe des kommunalen Finanzausgleichs ist an dieser Stelle ja schon berichtet worden.

Zur Ausgabensenkung gehört selbstverständlich auch die Fortsetzung der Aufgabenkritik in der öffentlichen Verwaltung oder aber auch die Durchführung eines PPP-Projekts im Justizvollzug. Wir haben eine ganze Reihe von Zukunftsprojekten aufgelegt. Ich will davon einige nennen. Dem strategischen Ziel für Wachstum und Zukunftsorientie

rung wird weiter Vorrang eingeräumt. Dazu gehören die Investitionen in unsere Häfen - Stichworte „JadeWeserPort“ und „CuxPort“; alle diese Stichworte sind schon genannt worden -, aber auch in die Verkehrsinfrastruktur. Wir haben die Mittel für die Planungskosten für die A 22 sowie für die Y-Trasse bereitgestellt. Außerdem stellen wir die Kofinanzierung sämtlicher EU-Mittel für den ländlichen Raum sicher und können so schlagkräftige Fördermöglichkeiten für den ländlichen Raum nutzen.

Schulen und Hochschulen stehen ganz oben auf der Agenda. So haben wir beispielsweise 1 Million Euro für den Einstieg in ein niedersächsisches Stipendienmodell in den Haushalt eingestellt.

Die Verbesserung der Kinderbetreuung zählt ebenso zur Zukunftssicherung. Wir arbeiten an einem Konzept, das effektiv und bezahlbar ist. Wir bereiten uns auch weiter auf mögliche Herausforderungen des Klimawandels vor, beispielsweise durch Maßnahmen für den Küstenschutz. Hierfür sind zurzeit fast 60 Millionen Euro veranschlagt. Ich möchte an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt die Beratung der Einzelpläne in den Fachausschüssen nicht vorwegnehmen. Ich hoffe auf konstruktive Beratungen und darauf, dass aus den Oppositionsfraktionen nicht nur populistische, nicht finanzierbare Vorschläge kommen, die dann allenfalls dazu geeignet wären, die Konzeptionslosigkeit der Opposition erneut unter Beweis zu stellen.

(Zurufe von der LINKEN: Blass!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir nehmen mit Zustimmung zur Kenntnis, dass die Landesregierung den erfolgreich beschrittenen Weg zur Konsolidierung der Landesfinanzen fortsetzt und dass das Land gleichzeitig durch zukunftsweisende Ausgabenpolitik vorangebracht wird. Dieser Weg ist unabdingbar. Von diesem Kurs lassen wir uns nicht abbringen - im Sinne des Landes und der zukünftigen Generationen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Herr Klein.