Protocol of the Session on June 21, 2012

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion hat nun Herr Kollege Dr. Deneke-Jöhrens das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Meyer, Ihnen schmiere ich jetzt ein Mettbrötchen.

(Heiterkeit)

Ihr Antrag „Daseinsvorsorge erhalten und Energienetze rekommunalisieren“ datiert vom 18. März, und Sie haben ihn im Mai eingebracht. Sie haben schon darauf hingewiesen, dass Sie die Positionen des Verbandes kommunaler Unternehmen eins zu eins übernommen haben. Ihre eigene geistige Leistung hat also allein darin bestanden, den Kopf des Antrages mit dem Kürzel „SPD“ zu versehen. Weil der Text des Antrags von unseren niedersächsischen kommunalen Unternehmen kommt, haben wir darin auch viele gute Ansätze gefunden. Daher haben wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt und angekündigt, eine Änderungsantrag zu formulieren.

Inzwischen ist mehr als ein Jahr vergangen - genau 15 Monate und drei Tage -, und die Welt ist nicht stehengeblieben. Nach der Katastrophe von Fukushima gab es die Energiewende, und auch zahlreiche Gesetze wie z. B. das Energiewirtschaftsgesetz wurden geändert. Diese Gesetzesänderungen haben Sie aber offensichtlich nicht wahrgenommen. Darin sind über die Anhörung natürlich auch viele Anregungen aus dem Lager der kommunalen Unternehmen mit eingeflossen. Das heißt, die meisten der 21 Spiegelstriche Ihres Antrags sind inzwischen erledigt. Nach unserer Analyse blieben bis vor zehn Tagen noch genau acht Spiegelstriche übrig.

(Rolf Meyer [SPD]: Das ist doch noch eine ganze Menge, oder nicht?)

- Ja, jetzt sind es nur noch sieben. Das führe ich gleich noch aus.

Sie haben uns im Ausschuss Lieblosigkeit vorgeworfen und beanstandet, dass wir uns mit dem Ursprungsantrag nicht auseinandergesetzt und ihn jetzt völlig verfremdet hätten. - Herr Meyer, meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, das Gegenteil ist der Fall. CDU und FDP haben - das können Sie zugegebenermaßen nicht wissen - mehrere interne Entwürfe formuliert - im Oktober 2011, im Dezember 2011, im Januar 2012 und im Februar 2012 -, und jedes Mal haben wir uns den

sich bis dahin schon wieder geänderten Gegebenheiten angepasst.

Sie hingegen, Herr Meyer, haben gar nichts gemacht. Sie haben weder den Antrag geschrieben, noch haben Sie einen aktualisierten Änderungsantrag vorgelegt. Und schon gar nicht haben Sie sich auf eine inhaltliche Auseinandersetzung im Fachausschuss eingelassen. Sie haben blockiert und gesagt: Was ihr vorlegt, ist alles Käse, das brauchen wir hier nicht, darüber reden wir gar nicht. - Das waren Ihre Einlassungen.

(Beifall bei der CDU - Clemens Große Macke [CDU]: So war es!)

Das reicht nicht. Deshalb lasse ich Ihnen die Vorwürfe, die Sie vorhin erhoben haben, so auch nicht durchgehen. Sie haben das Gespräch verweigert!

(Clemens Große Macke [CDU]: Richtig!)

Wir sind nach wie vor der Meinung, dass die bestehende dezentrale Stadtwerksstruktur wie geschaffen ist für die Aufgabe der dezentralen Energieversorgung und -verteilung. Unserer Meinung nach kann es nur richtig sein, diese in Deutschland glücklicherweise bereits vorhandene Struktur weiter zu stärken. Wir tun das mit unserem Änderungsantrag „Daseinsvorsorge sichern - Konzessionen für Energienetze fair und diskriminierungsfrei vergeben“.

Meine Damen und Herren, nach den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes ist es Aufgabe der Bundesländer, diejenigen Strom- und Gasnetze zu regulieren, die komplett in ihrem Gebiet liegen und die weniger als 100 000 angeschlossene Kunden haben. Niedersachsen hat in der Vergangenheit die Bundesnetzagentur mit dieser Aufgabe betraut. Diese hat u. a. die Angemessenheit der Netzentgelte kontrolliert und die Missbrauchsaufsicht wahrgenommen.

Betreiber solch kleiner Netze hatten sich wiederholt einen direkten Ansprechpartner in der Nähe gewünscht. Das Landeskabinett hat am vergangenen Dienstag beschlossen, diese sogenannte Organleihe zu beenden und in einem ersten Schritt das entsprechende Verwaltungsabkommen mit der Bundesnetzagentur zu kündigen. Wir werden eine eigene Landesnetzagentur aufbauen.

Das, meine Damen und Herren von der Opposition, ist konstruktives Regierungshandeln. Die Wünsche von CDU und FDP, die in diesem Fall auch Ihren eigenen Forderungen entsprechen, sind von der Landesregierung umgesetzt worden. Die ers

ten Stadtwerke haben sich dafür mittlerweile auch bei uns bedankt.

Auf unserer Wunschliste an die Landesregierung sind damit nur noch wenige Punkte offen. Wir bitten die Landesregierung, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass bei Konzessionswechseln vereinfachte Verfahren zum Betreiberwechsel geschaffen werden. Wir benötigen sowohl Regelungen zur Festsetzung des Netzkaufpreises als auch eine Schlichtungsstelle, die den Netzübergang im Falle von Streitigkeiten regelt. Außerdem müssen die Verfahren beim Konzessionswechsel beschleunigt werden. Schließlich möchten wir insbesondere beim Einsatz von neuen Technologien wie den Smart Grids besondere Anreize setzen.

CDU und FDP wollen u. a. durch die soeben beschriebenen Maßnahmen den Ausbau der erneuerbaren Energien durch die Akteure vor Ort beschleunigen. Wir setzen auf Chancengleichheit. Die Konzessionen müssen fair und diskriminierungsfrei im Wettbewerb gehandelt werden können. Ein Mauern und ein Verhindern des freien Marktes müssen unterbunden werden. Auch die kleinen Unternehmen müssen eine Chance haben. Das heißt aber nicht, dass wir bestimmte Unternehmen bevorteilen können. Wir müssen bei dieser Sache fair bleiben.

(Beifall bei der CDU - Clemens Große Macke [CDU]: Sehr schön!)

Durch größtmögliche Transparenz im Bereich des Netzzugangs sollen sich wettbewerbsfähige und damit für den Gas- und Stromkunden vorteilhafte Netzbetreiber durchsetzen. Das können sowohl private als auch kommunale Betreiber wie auch Kooperationen beider Gruppen sein.

Meine Damen und Herren, springen Sie über Ihren Schatten, und stimmen Sie unserem besseren Antrag zu!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Deneke-Jöhrens. Es liegen Wünsche nach Kurzinterventionen auf Ihren Beitrag vor. Zunächst hat Herr Herzog von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Er hat anderthalb Minuten.

Frau Präsidentin! Herr Deneke-Jöhrens, selbstverständlich ist eine Landesregulierungsbehörde richtig. Wenn sie denn die richtige Philosophie hat und die Energiewende auch wirklich will!

In meiner Samtgemeinde Elbtalaue rekommunalisieren wir; darauf gehe ich nachher noch ein. Unser Geschäftsführer der Energieversorgung Elbtalaue sagt: Das Komplizierteste ist zunächst einmal, Politik und Verwaltung davon zu überzeugen, dass Rekommunalisierung - diesen Begriff haben Sie hier gar nicht verwendet - kein Teufelswerk ist, welches die Kommunen dem hohen Risiko aussetzt, sich zu ruinieren, sondern dass Rekommunalisierung Selbstbestimmung bedeutet und die Chance bietet, Einnahmen für die klammen Haushalte zu generieren. Er sagt auch: Es ist nicht das Problem, die nötigen Informationen und Daten über die Netze und deren Zustand zu erhalten; das regelt § 46 EnWG, und die Landeskartellbehörde hilft da durchaus. Aber es gibt eben auch Beispiele, bei denen E.ON die Vorgaben der Landeskartellbehörde einfach nicht akzeptiert. Darum geht es. Das ist nicht mehr fair.

Er sagt, das eigentliche Problem sei, dass der ausscheidende Versorger, z. B. E.ON, bei der konkreten Umsetzung mauert, bei der Netztrennung und der Netzeinbindung. Dort will er nämlich die Finger im Netz behalten, wo es nur geht.

(Glocke der Präsidentin)

Mit der Aussage „Wir haben unsere Unternehmensrichtlinien“ behält er dann z. B. bei einem Umspannwerk zwei von zehn Schaltstellen in der eigenen Hand. Das macht die Übertragung kompliziert, weil man über den Preis eines Netzes erst reden kann, wenn die Komponenten feststehen.

Herzlichen Dank. - Jetzt kommt zu einer weiteren Kurzintervention von 90 Sekunden Herr Kollege Meyer von der SPD-Fraktion.

Ich mache das eigentlich ungern, weil ich deutlich gemacht zu haben glaubte, dass wir wirklich ein ernsthaftes Interesse an einem gemeinsamen Antrag hatten. Insofern ärgert mich die Unterstellung des Kollegen, wir hätten alles blockiert, was von CDU und FDP gekommen sei. Das war in der Tat nicht so. Zum Beleg kann man in den Protokollen der Ausschusssitzungen nachlesen.

Ich will aber einen anderen Punkt ansprechen. Herr Kollege, es ist immer von einer Landesnetzagentur die Rede. Ich bin gespannt, wann Sie die wirklich schaffen. Das hätte längst erledigt sein können. Seinerzeit hat Minister Sander noch gesagt, eine solche Agentur bräuchten wir nicht; es laufe bereits ganz gut. Jetzt ist es anders. Ich bin gespannt, ob Sie die Agentur noch schaffen werden oder ob wir das im nächsten Jahr selbst machen müssen.

Im Übrigen haben wir - darauf sind Sie gar nicht eingegangen; wahrscheinlich haben Sie unseren Antrag nicht so genau gelesen - nicht nur von einer Landesnetzagentur gesprochen, sondern von einer Landesenergieagentur. Für viele an diesem Bereich Beteiligte ist es ein Problem ist, das ganze System überhaupt zu durchschauen. Viele Kommunen und andere Institutionen brauchen Hilfestellung. Das könnte eine Landesenergieagentur leisten. Da verweise ich - das habe ich an anderer Stelle schon einmal gemacht - auf das Beispiel Nordrhein-Westfalen. Dort gibt es so etwas, und es läuft hervorragend.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Deneke-Jöhrens möchte antworten. Bitte schön, auch Sie haben 90 Sekunden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Herzog, ich möchte zunächst auf Sie eingehen. Auch ich bin Mitglied eines Stadtwerke-Aufsichtsrates. Auch wir tragen uns mit dem Gedanken, die Stromnetze zu übernehmen, die wir bisher nicht haben. Das habe ich in meiner Rede im Mai schon einmal ausgeführt.

Ich stimme Ihnen in vielen Dingen zu, die Sie hier gesagt haben. Ich habe in meiner Rede ausgeführt, dass wir sowohl Regelungen zur Festsetzung der Kaufpreise als auch eine Schlichtungsstelle benötigen, die den Netzübergang im Falle von Streitigkeiten regelt. Auch wir sind dafür, dass die Wertschöpfung, wenn es möglich ist, vor Ort bleibt. Da decken sich unsere Ansichten.

Deshalb war ich umso erstaunter darüber, dass Herr Meyer überhaupt nichts gefunden hat. Denn die acht Punkte, die wir aufführen, sind diejenigen, die übrig geblieben sind. Der Rest ist im Prinzip erledigt.

Herr Meyer, bei der Landesenergieagentur, die Sie angesprochen haben, soll es sich, soweit ich verstanden habe, um eine zusätzliche Einrichtung handeln, die Beratungsleistungen für die Kommunen erbringt. Diese Beratungsleistungen - z. B. Unterstützung bei der Einwerbung von Fördermitteln - sind aber auch an zahlreichen anderen Stellen erhältlich. Deshalb halten wir eine zusätzliche Beratungseinrichtung in der Tat für entbehrlich.

Da unterscheiden wir uns. Aber darüber haben wir im Ausschuss überhaupt nicht geredet.

Jetzt liegt eine weitere Wortmeldung von der Fraktion DIE LINKE vor. Herr Herzog hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Deneke-Jöhrens, das wesentliche Ziel der Regierungsfraktionen verriet leider schon die Überschrift ihres Änderungsvorschlags. Aus ihr wurde nämlich das Wichtigste, das Wort „rekommunalisieren“, gestrichen.

Genau um Rekommunalisierung muss es aber aus unserer Sicht gehen. Angesichts vieler auslaufender Konzessionsverträge muss die Chance ergriffen werden, mit der Daseinsvorsorge bei der Energieversorgung wirklich Ernst zu machen, Verbraucherinteressen und nicht Gewinnoptimierung zur Maxime zu machen und eine Entwicklungsphilosophie zugrunde zu legen, die sozial und ökologisch ausgerichtet ist. Das ist ein Stück mehr kommunale Selbstverwaltung, wie wir Linke sie verstehen.

Nach Jahrzehnten von Outsourcing, Privatisierung, PPP-Projekten und Verschleuderung öffentlichen Eigentums muss es nun wieder andersherum gehen. Ich appelliere eindringlich an die vielen Kolleginnen und Kollegen hier, die auch in kommunalen Gremien sitzen, nicht wieder nur Schaufensteranträge zu verabschieden, sondern vor Ort in die praktische Umsetzung zu gehen.

Wie gesagt, gehen wir in meiner Samtgemeinde Elbtalaue diesen Weg. Wir entscheiden uns ganz bewusst für den Netzkauf und wählen nicht die Light-Variante, lediglich kommunaler Stromhändler zu sein. Damit wird es uns als gewählten Kommunalabgeordneten möglich, die Netze zu planen sowie Einspeisung und Verteilung gemäß der Philosophie zu lenken, die wir seit Jahren verfolgen: die Region zur Modellregion für regenerative Energien zu machen.

Die Kommune wird dabei selbst Erzeuger erneuerbarer Energien und bindet zudem die Erzeuger vor Ort ein: die Landwirte, die Erzeugergemeinschaften und die Einzelbetreiber. Da die Kommune gleichzeitig für die Bauleitplanung zuständig ist, gibt es hier vernünftige Zukunftsplanung in einer Hand. Zum Beispiel kann die Wärmeversorgung ganzer Ortsteile über Gemeinschaftsanlagen zum Standard werden. Darüber hinaus können wir über Naturschutz- und Flächennutzungsplanung die Landschaftsentwicklung beeinflussen und beispielsweise der Vermaisung entgegenwirken.

Verzahnung, Vernetzung, ganzheitliche Betrachtungsweise - da kann kommunale Selbstverwaltung so gelebt werden, wie ich als Praktiker und Kommunalpolitiker mir das vorstelle.

Ein weiterer Vorteil ist der Service. Der ist bei unserem bisherigen Versorger, der E.ON, oftmals ein Riesenmanko. Kriegen Sie da einmal jemanden an die Strippe! Das ist in der Regel ein kafkaeskes Unterfangen. Anders wird es in Zukunft bei uns sein: kurze Leitungen, noch kürzere Wege, ein Anruf genügt, alles verbunden mit kluger Beratung der Kunden.

Meine Damen und Herren, wir sprechen ständig von einer notwendigen Stärkung insbesondere der strukturschwachen, ländlichen Räume. Die Rekommunalisierung ist genau das richtige Instrument dafür.