(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist ja das Schlimme! Man kann doch nicht et- was zitieren und sagen, man hat nichts damit zu tun!)
weil es mir nur darum geht: Sie werden in der Öffentlichkeit vom Flüchtlingsrat, von dem Duisburger Institut und von Frau Süssmuth kritisiert, dass Sie hier Fehler und Versäumnisse nicht eingestehen. Ich habe mich nicht zu diesen anderen Fragen geäußert.
Meine Damen und Herren, es hat sich jetzt Herr Innenminister Schünemann zu Wort gemeldet. Gleichzeitig hat sich Herr Nacke noch einmal zur Geschäftsordnung gemeldet. Ich gehe davon aus, Herr Nacke, dass Sie damit einverstanden sind, dass der Minister zuerst redet. - Herr Minister, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Fraktionsvorsitzende der SPD hat hier ein Zitat vorgelesen, wonach meine Politik und damit auch die Politik der Landesregierung institutioneller Rassismus wäre. Er hat sich davon nicht distanziert und hat dies hier dargelegt und es insofern zu seiner Meinung gemacht.
Da Sie hier auch den Fall angeführt haben, bin ich sehr dankbar, dass ich die Gelegenheit habe, diesen Fall hier jetzt einmal in aller Breite darzustellen, wie er sich wirklich zuträgt.
Ich habe als Landesregierung und als Innenminister die Möglichkeit, diesen Fall hier darzulegen, und ich werde es auch tun. Im Fall Önder/Siala hat
das Rechtsstaatsprinzip in jedem Stadium des Verfahrens Beachtung gefunden. Wer den Vollzug der geltenden Rechtslage per se als inhuman oder gar menschenrechtswidrig verunglimpft, tut unserem demokratischen Rechtsstaat Unrecht. Wer einen Landrat oder einen Minister auffordert, sich über das Recht hinwegzusetzen, fordert ihn letztlich dazu auf, das Recht zu beugen, was eine Straftat gemäß § 339 StGB wäre.
Was den konkreten Fall Önder/Siala betrifft, ist anzumerken, dass Herr Siala die ihm eingeräumten Chancen auf einen dauerhaften Verbleib im Bundesgebiet nicht genutzt hat. Herr Siala, vertreten durch die von ihm bevollmächtigte Rechtsanwaltskanzlei, und das Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport schlossen im Jahr 2010 unter Beteiligung des Landkreises Hildesheim nach jahrelangem Rechtsstreit einen Vergleich.
Nachdem die von Herrn Siala angestrengten Klagen weitgehend erfolglos geblieben waren, wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, sein Anliegen in einem Härtefallverfahren geltend zu machen. Der Vergleich sah insbesondere vor, dass einem Härtefallersuchen der niedersächsischen Härtefallkommission gefolgt werde, wenn der Lebensunterhalt gesichert werden könne. Diese Voraussetzung sei erfüllt, wenn Herr Siala den Lebensunterhalt für sich und die beiden Töchter mindestens sechs Monate durch eine eigene sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit sicherstellte.
Darüber hinaus wurde vereinbart, dass es ein Ausschlussgrund wäre, wenn Herr Siala eine weitere vorsätzliche Straftat begehen würde.
Herrn Siala wurde die Nachregistrierung der im Bundesgebiet geborenen Kinder aufgegeben. Er wurde aufgefordert, einen entsprechenden Registerauszug vorzulegen.
Damit lag es in der Hand von Herrn Siala, ein Aufenthaltsrecht und letztlich die Zusammenführung mit Frau Önder und den in der Türkei lebenden gemeinsamen Kindern in Deutschland zu erreichen.
Herr Siala hat diese Möglichkeit nicht genutzt. Er war leider nicht in der Lage, die Mindestvoraussetzungen zu erbringen. Er ist erneut straffällig ge
worden. Auch war er nicht imstande, seinen Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern. Gleichwohl hat die niedersächsische Härtefallkommission über die Eingabe beraten. Die Kommission kam jedoch zu dem Ergebnis, kein Härtefallersuchen an das Ministerium zu richten. Weder Herr Siala noch Frau Önder konnten sich im Übrigen während ihrer langjährigen Aufenthalte wirtschaftlich, sozial oder kulturell in die hiesigen Lebensverhältnisse integrieren.
Dennoch stellt sich auch mir die Frage, wie es in diesem Fall weitergehen könnte. Ein gangbarer Weg auf dem Boden der geltenden Rechtsordnung könnte der folgende sein: Die in Deutschland lebenden Kinder können die neue gesetzliche Regelung des § 25 a Aufenthaltsgesetz in Anspruch nehmen. Da die älteste Tochter bereits das 15. Lebensjahr vollendet hat, könnte sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 a Abs. 1 erhalten, dessen Tatbestandsvoraussetzungen sie offensichtlich erfüllt.
Entgegen steht derzeit die seinerzeit für Frau Önder und ihre Tochter ergangene Ausweisung, sodass die Ausländerbehörde, also der Landkreis Hildesheim, zunächst zu entscheiden hätte, ob die Ausweisung bzw. die damit verbundene Sperrwirkung aufgehoben werden kann.
In den Gesprächen, die ich geführt habe, ist dieses signalisiert worden. Da die Tochter minderjährig ist, erhielten Herr Siala eine Duldung nach § 60 a Abs. 2 a Aufenthaltsgesetz. Er könnte auch eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 a Abs. 2 erhalten, wenn er die weiteren gesetzlichen Tatbestände erfüllt und kein Ausschlussgrund nach § 25 a Abs. 3 vorliegen würde.
Derzeit ist die Lebensunterhaltssicherung noch nicht nachhaltig nachgewiesen. Außerdem liegt noch ein weiterer gewichtiger Ausschlussgrund vor: Aufgrund der neuerlichen Straftat, die im Jahr 2011 zu einer Verurteilung führte, wurde die Verurteilung aus dem Jahr 2004 noch nicht im Bundeszentralregister gelöscht. Das heißt, es müsste zunächst abgewartet werden, dass diese Straftat tatsächlich gelöscht wird.
Wenn Herr Siala dann im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 a Abs. 2 wäre und eine Heirat tatsächlich stattfinden würde - denn die beiden sind nicht verheiratet -, könnte Frau Önder im Zuge des Familiennachzuges nachreisen und könnte die Familie zusammengeführt werden. Die Heirat wäre natürlich auch eine Voraussetzung dafür, dass das geheilt werden kann.
Meine Damen und Herren, ich habe mit dem Landkreis Hildesheim und der Unterstützergruppe sehr intensiv diskutiert, um zu prüfen, wie wir in diesem Fall rechtsstaatlich vorankommen können und welche Möglichkeit überhaupt besteht. Herr Wenzel legte vorhin in der Diskussion dar, hier müsse die Härtefallkommission eine Möglichkeit bekommen, darüber zu befinden. Wenn jemand im Ausland ist, können Ausländerbehörden über jemanden, der im Ausland ist, überhaupt nicht befinden. Das ist überhaupt nicht machbar. Also müssen hier die Voraussetzungen geschaffen werden.
Wir sind seit langer Zeit dabei, vernünftige Lösungen zu schaffen. Der Schlüssel dafür aber ist Herr Siala. Wenn Herr Siala die aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen auch dann, wenn ein Vergleich geschlossen ist, immer wieder nicht erfüllt, straffällig wird und andere Voraussetzungen nicht schafft, dann kann ein Familiennachzug natürlich nicht stattfinden. Ich meine, dass das in einem Rechtsstaat auch richtig ist.
Wenn man mir aufgrund dieser Diskussion hier vorwirft, dass meine Politik, die - wie ich vorhin schon einmal gesagt habe - auf der Grundlage des Zuwanderungsgesetzes, das Rot-Grün im Jahre 2004 beschlossen hat, rassistisch ist, dann ist das nicht nur beleidigend, sondern dann sollten Sie, Herr Schostok, sich wirklich schämen, dass Sie es nicht unterlassen können, den Eindruck zu erwecken, dass solch ein Wissenschaftler in irgendeiner Weise Recht haben kann. Ich meine, dieser Fall ist überhaupt nicht geeignet dafür, hier Polemik zu betreiben.
Meine Damen und Herren, mir liegt jetzt noch die Wortmeldung des Kollegen Nacke zur Geschäftsordnung vor. Er hat jetzt das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Schostok, ich bedanke mich zunächst dafür, dass Sie meiner Forderung in meinem ers
ten Wortbeitrag entsprochen und nun die Quellen angegeben haben. Somit haben wir wenigstens Gelegenheit, nachzuvollziehen, wer diesen ungeheuerlichen Vorwurf gegenüber der Landesregierung tatsächlich erhoben haben soll. Das ist in Ordnung.
Gleichwohl bedaure ich sehr, dass Sie meiner zweiten Forderung noch nicht entsprochen haben, nämlich hier einmal sehr deutlich zu sagen, wie Sie sich dazu verhalten.
(Johanne Modder [SPD]: Das ist nicht zur Geschäftsordnung! Das ist ein Wortbeitrag! - Weitere Zurufe)
Finden Sie, dass es ein akzeptabler Umgang in der politischen Auseinandersetzung ist, sich gegenseitig Rassismus vorzuwerfen? Ist das der Stil, auf den wir uns hier einstellen müssen? - Das war bislang nicht Ihr Stil. Ich kann nachvollziehen, dass Sie jetzt versuchen, etwas härter zu fahren. Wenn das die Art und Weise ist, in der wir zukünftig miteinander umgehen wollen, und wenn Sie künftig Rassismus und Vergleichbares hier im Hause verbreiten wollen, dann finde ich das nicht in Ordnung.
Distanzieren Sie sich jetzt hier davon! Ansonsten wird das ein Thema im Ältestenrat werden. Das kann ich Ihnen jetzt schon versichern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie alle wissen, wie schwierig es ist, an dieser Stelle mit der Geschäftsordnung so umzugehen, dass man auf der einen Seite dem vermeintlichen oder tatsächlichen Recht derjenigen nachkommt, die etwas in der Sache sagen möchten, und dass man auf der anderen Seite denjenigen Recht gibt, die das nicht so gerne möchten und sagen, dass das nach der Geschäftsordnung nicht zulässig ist.
Ich schlage Ihnen jetzt Folgendes vor: Frau Modder wird sich noch einmal dazu äußern. Dann muss überlegt werden, ob das Thema in der Tat im Ältestenrat weiter besprochen wird. Nach der Rede von Frau Modder werde ich den nächsten Redner aufrufen. Wenn Sie damit einverstanden sind,
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir hätten hier im Hohen Hause viel gewonnen, wenn wir uns gegenseitig zuhören würden.
(Clemens Große Macke [CDU]: Dann fang mal damit an! - Heinz Rolfes [CDU]: Aber zwischen den Ohren muss auch noch etwas stattfinden!)