Protocol of the Session on June 20, 2012

(Ulf Thiele [CDU]: Oje!)

in der damaligen Kneipe von Hells-Angels-Chef Hanebuth Bier trinken, und es dauerte in meinen Augen zu lange, bis Innenminister Schünemann die Notbremse zog und Herrn Grahl über die Statistiker bis ins Landwirtschaftsministerium hochlobte - vom politischen Beamten zum unkündbaren Beamten. Das ist kein Weg, der zu akzeptieren ist!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, seit Jahren sind die Hells Angels und auch andere Rockerbanden Stück für Stück mächtiger geworden. Mitglieder der Hells Angels und konkurrierender Rockerbanden wie der Bandidos gehören nach Angaben der Ermittlungsbehörden zur organisierten Kriminalität.

Nach Angaben des Bundeskriminalamts richtete sich in 2010 fast jedes zehnte polizeiliche Ermittlungsverfahren bei der organisierten Kriminalität gegen Rockerklubs oder gegen mit ihnen zumindest lose verbundene Gruppen. Auch in Niedersachsen haben die Hells Angels in Hannover - Aussage BKA - eine mindestens mittlere Delinquenz. Sie sprechen von 250 Körperverletzungen in 2010 vor allem im Geschäftszweig Security der Hells Angels in Hannover. Diese Zahlen sprechen für sich! Es geht um Waffen-, Menschen- und Drogenhandel, um schwerste Körperverletzungen bis hin zu Mordversuchen usw. Daneben - es wurde schon gesagt - haben diese Rockerbanden Anziehungskraft auf das rechtsradikale Spektrum. Das ist nicht zu unterschätzen. Hier gilt es, ganz offensiv eine Null-Toleranz-Strategie zu fahren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir sind dankbar, dass wir heute diesen gemeinsamen Antrag haben und in dieser Form als Landtag in Niedersachsen ein Zeichen setzen können, und erwarten ein konsequenteres Vorgehen des Innenministeriums.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt Frau Zimmermann. Bitte schön!

Danke schön. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut, dass das Thema Hells Angels wieder auf der Tagesordnung steht und dass es um eine konkrete Prüfung eines Verbotsverfahrens geht. Seit Beginn dieser Legislaturperiode ist das ja auch ein Thema von uns.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Das ist aber neu!)

Meine Damen und Herren, allen, die hier vertreten sind, ist inzwischen klar, dass es sich bei den Hells Angels keineswegs, wie diese häufig selbst von sich behaupten, um einen Freizeitverein von le

benslustigen Herren handelt, sondern um eine kriminelle Vereinigung, deren Kerngeschäft im Drogen- und Waffenhandel, in Prostitution und Erpressung liegt. Ferner schrecken Mitglieder dieser rechtsorientierten Gruppierung offensichtlich auch nicht vor Körperverletzung, Nötigung, Sachbeschädigung und Mord zurück. Ich verweise an dieser Stelle auf die Aussagen eines Kronzeugen in einem laufenden Hells-Angels-Prozess vor dem Landgericht in Kiel; wir haben bereits darüber gehört. Dieser bezichtigt den hannoverschen und wohl auch bundesweiten Hells-Angels-Chef, Frank Hanebuth, persönlich Auftraggeber für Mordtaten zu sein.

Meine Damen und Herren, noch bis vor Kurzem hatte ein gewisser Polizeipräsident keinerlei Skrupel, bei eben diesen Leuten am hannoverschen Steintor ausgelassene Partys zu feiern. Ohne diesen Vorgang an dieser Stelle noch einmal zu vertiefen - uns allen sind die Debatten noch vor Augen -, zeigt doch dies ein weiteres Problem; denn die Hells Angels schaffen es zunehmend, sich als vermeintlich normaler Teil der Gesellschaft zu etablieren. In Hannover kam es gar so weit, dass sich Stadt und Polizei regelrecht beruhigt zurücklehnten, wussten sie doch, dass das Rotlichtmilieu bei den Rockern in scheinbar guten Händen ist. Meine Damen und Herren, so geht das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, einem Verbotsverfahren sind hohe rechtsstaatliche Hürden vorgelagert; dies ist auch gut so. Im Falle der Hells Angels jedoch ist es mehr als offensichtlich, dass es notwendig ist, ein solches Verbot zu prüfen und ein entsprechendes Verbotsverfahren auf den Weg zu bringen. Viele einzelne der sogenannten Chapter, also der lokalen Clubs, wurden in der Vergangenheit bereits verboten. Wir dürfen es nicht zulassen, dass diese Gruppierung noch weiter Fuß fasst,

(Beifall bei der LINKEN)

weiter expandiert und rechtsfreie Räume schafft. Einer organisierten Kriminalität, die nach einem Staat im Staate strebt, muss mit allen denkbaren sicherheitspolitischen und staatsrechtlichen Mitteln begegnet werden.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich komme zum letzten Satz: Der Antrag der SPD ist wichtig und richtig und bringt uns auf einen guten Weg. Wir haben ihn mit einem Änderungsantrag noch ein wenig ergänzt. Wir hoffen, dass wir diesen Schritten, die

die SPD jetzt vorgeschlagen hat, im Sinne unseres Antrages weitere Taten folgen lassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat sich der Kollege Oetjen für die FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte sehr!

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Hells Angels ist immer sehr schnell schlagzeilenträchtig. Das ist vielleicht auch eines der Ansinnen der SPD-Fraktion gewesen;

(Johanne Modder [SPD]: Das ist un- verschämt!)

denn eines muss man an dieser Stelle deutlich sagen: Gegen die Hells Angels wird in Niedersachsen klar vorgegangen und hart durchgegriffen, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Johanne Modder [SPD]: Ja, ja!)

Darüber braucht man auch gar nicht viel zu reden. Das ist einfach so, und das kann man einfach feststellen.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: End- lich mal! - Fritz Güntzler [CDU]: Schon immer! Dafür brauchen wir die SPD nicht!)

Erinnern wir uns an die erste Debatte, Herr Kollege Bachmann. Sie werden anhand des Protokolls feststellen können, dass sich die Fraktionen von CDU, FDP und Grünen hier sehr kritisch zu Ihrem Antrag eingelassen haben, und zwar deswegen, weil Sie es sich hier relativ leicht gemacht haben, indem Sie in den Raum gestellt haben: Das ist eine kriminelle Vereinigung, die muss man verbieten.

Man muss dazu sagen, dass das in einem Rechtsstaat nicht so einfach ist; denn wir brauchen nach dem Vereinsrecht für jedes einzelne Chapter den Nachweis, dass die Kriminalität aus der Organisation heraus entsteht und dass es sich nicht um die Kriminalität einzelner Mitglieder der Vereinigung handelt.

Insofern ist es nicht damit getan, dass man hier im Landtag einen Antrag stellt und dann das Verbotsverfahren gerichtsfest auf dem Weg ist. Deswegen ist es richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass wir weiter Informationen sammeln und die Erfahrungen aus den anderen Bundeslän

dern auch hier in Niedersachsen nutzen und dann, wenn die Informationen ausreichen, ein Verbotsverfahren auf den Weg bringen. Das gilt nicht nur für die Hells Angels, sondern ganz genauso für die anderen Rockergruppen.

Meine Damen und Herren, wenn wir uns vor Augen führen, dass es, schon bevor Anträge der SPD das Licht der Welt erblickt haben, Hausdurchsuchungen beispielsweise in Walsrode bei hochrangigen Mitgliedern solcher Rockerclubs gegeben hat, und wenn wir uns vor Augen halten, dass natürlich auch schon Vernetzungen mit anderen Bundesländern stattgefunden haben, um die Organisation der Hells Angels insgesamt zu untersuchen, dann kann man sehr deutlich feststellen: Niedersachsen greift in der Frage der Rockerkriminalität hart durch! Der Innenminister hat dabei die volle Unterstützung der Fraktionen von CDU und FDP.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Gut, dass wir wissen, dass du eigentlich gar nicht so bist! - Zuruf: Eigentlich ist er ein ordentlicher Kerl!)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Minister Schünemann. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bachmann, Sie haben mich zitiert, dass ich bei der letzten Einbringung gesagt habe, dass der Antrag populistisch sei. Ich kann nur sagen: Ihre Rede war leider wieder populistisch;

(Widerspruch bei der SPD - Fritz Güntzler [CDU]: Er kann doch nicht anders!)

denn Sie haben die Fakten, wie sie sich in Niedersachsen darstellen, schlichtweg ausgeblendet.

Sie haben Herrn Küch, den Landesvorsitzenden des BDK, zitiert. Ich habe sein Interview bei „Hallo Niedersachsen“ zufällig auch gesehen. Er hat sinngemäß gesagt, in Niedersachsen sei zu spät konsequent gegen die Rockerkriminalität vorgegangen worden. Daraufhin habe ich ihn sofort angerufen und gesagt: Bitte sagen Sie mir einmal, wo sollen wir denn zu spät reagiert haben? - Daraufhin hat Herr Küch gesagt: Da haben Sie mich falsch verstanden. Nein. Ende der 1990er-Jahre,

unter Herrn Bartling, ist akzeptiert worden, dass im Steintorviertel die Rocker die Oberhoheit bekommen haben. Dagegen hätte man konsequent vorgehen sollen.

(Aha! bei der CDU)

Das ist das, was Herr Küch gesagt hat.

(Unruhe bei der SPD)

Er hat gesagt: Seit Sie im Amt sind, gehen Sie konsequent dagegen vor, weil Sie bereits im Jahr 2005 eine Sonderermittlungsgruppe im Landeskriminalamt eingerichtet haben. - Das haben wir übrigens früher als alle anderen Bundesländer und früher als das Bundeskriminalamt getan.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Warum haben sie das mir in den Gesprächen, die ich geführt habe, nicht gesagt?)

- Sie können ihn ja jetzt fragen. Ich habe diesen Hinweis extra zu Protokoll gegeben, damit man das nachlesen kann und ihn mit der Frage konfrontieren kann, ob er das gesagt hat oder nicht.

Meine Damen und Herren, die Fakten liegen doch auf der Hand. Seit wir die Verantwortung haben, gehen wir gegen Rockerkriminalität mit aller Schärfe vor. Das ist doch überhaupt keine Frage.