Protocol of the Session on May 10, 2012

Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hatte darauf hingewiesen, dass die

Begriffe „Nettokreditaufnahme“ und „strukturelles Defizit“ unterschiedlich sind, weil beim strukturellen Defizit eben auch Rücklagenentnahmen herausgerechnet werden oder Vermögensaktivierungen herausgerechnet werden. Da wir in unserer Mipla aber beides nicht mehr drin haben - weder Rücklagenentnahmen noch Vermögensaktivierungen -, deckt sich das. Weil wir es nicht darin haben, müssen wir es auch gar nicht herausrechnen.

Der Begriff „strukturelles Defizit“ umfasst etwas anderes als die Nettokreditaufnahme. Da wir aber diese beiden Bereiche, die das strukturelle Defizit gegenüber der Nettokreditaufnahme noch einmal im Volumen vergrößern würden, in der mittelfristigen Finanzplanung nicht drin haben, deckt sich das, wenn wir beides auf null fahren, weil eben die beiden, die das erhöhen würden, nicht drin sind.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Ver- mögensveräußerungen würden Sie nicht herausrechnen?)

- Die sind in der Mipla gar nicht drin. Die sind im aktuellen Haushaltsplan. In der Mipla stehen Vermögensveräußerungen nicht drin.

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Wir re- den nicht über die Mipla, wir reden über die Verschuldungsbremse!)

- Bei der Verschuldungsbremse - das habe ich ja vorhin gesagt - würde ich zunächst einmal dahin gehen, dass wir die Nettokreditaufnahme auf null fahren. Ich verstehe nicht, warum Vermögensveräußerungen nicht auch dazu genutzt werden sollen, neues Vermögen anzuschaffen.

(Zustimmung von Hans-Heinrich San- der [FDP])

Wir haben zwar im Landeshaushalt - anders als in den Kommunalhaushalten - keinen getrennten Haushalt in Verwaltungs- und Vermögenshaushalt, sondern wir haben das eben nach den einzelnen - - -

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Es geht doch nur ums Verfrühstücken!)

- Nein, es geht doch nicht ums Verfrühstücken, Herr Klein. Ich habe es doch vorhin gesagt: Vom Vermögen, das man nicht mehr braucht, würde sich jeder vernünftige Mensch, wenn er es nicht zur Refinanzierung braucht, weil er damit nichts verdienen will oder wenn er es aus strukturellen Gründen, aus strategischen Gründen braucht, trennen, weil Vermögen, das nicht notwendig ist,

Geld frisst. Das ist nicht erforderlich. Deshalb sind wir dabei, uns von - - -

(Hans-Jürgen Klein [GRÜNE]: Davon kann man auch Schulden zurückzah- len! - Johanne Modder [SPD]: Nennen Sie mal Beispiele für Vermögensver- äußerungen!)

- Herr Klein, Sie sagen „Schulden zurückzahlen“. In dem Moment, wo Sie noch eine Nettokreditaufnahme haben, können Sie keine Schulden zurückzahlen. Dann zahlen Sie Schulden immer nur mit anderen Schulden zurück. Wir nennen das Umschuldung bzw. Refinanzierung, was noch weniger bekannt ist. Wir machen neue Schulden, damit wir alte Schulden begleichen können, und wir sind noch nicht dabei, dass wir mit unseren Einnahmen - einschließlich Vermögensveräußerungen - unsere Ausgaben decken. Deshalb machen wir noch Kredite. Deshalb ist das eine rein hypothetische Geschichte.

Ich wäre ja der Erste, der sich freuen würde, wenn es uns gelingen würde, nicht nur die Neuverschuldung auf null zu führen, sondern tatsächlich auch einmal wieder Schulden zurückzuführen. Das wäre die beste Zukunftspolitik, die es gibt. Dann müsste die Opposition aber auch einmal anfangen und damit aufhören, immer wieder konsumtive Ausgaben zu fordern - sei es im personellen oder im sonstigen Bereich -, sondern müsste sagen: Jawohl, das ist ein gemeinsames Ziel, das schreiben wir jetzt in unsere Verfassung hinein, und dann machen wir einmal ein Moratorium bei Oppositionsforderungen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Johanne Modder [SPD]: Wir haben doch gar keinen Antrag gestellt!)

Meine Damen und Herren, die nächste Frage wird von Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestellt.

Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung, mit welchem Konzept - was Zusammensetzung, Verbindlichkeit angeht - sie die gemeinsame Finanzkommission mit den Kommunen umsetzen will. Welches Konzept schwebt Ihnen vor in Sachen gemeinsamer Finanzkommission? - Sie gucken gerade so fragend, Herr Möllring.

(Zuruf von den GRÜNEN: Orientie- rungslos! - Johanne Modder [SPD]: Das weiß er noch nicht!)

Die zweite Frage, die ich gleich dranhänge, ist: In der Schuldenregelung des Fiskalpaktes sind ja auch die Kommunen mit einbezogen. Wie hoch sind, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, die Kredite der niedersächsischen Kommunen in 2011? Ich frage das, damit wir einmal einen Überblick bekommen, wie dort der Kreditstand ist.

Herr Minister Möllring!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin, zur ersten Frage bin ich schlicht überfragt. Also kann ich auch nicht antworten.

(Meta Janssen-Kucz [GRÜNE]: Sie sind noch nicht so weit?)

- Ja, genau.

Das Bruttoinlandsprodukt von 2011 liegt auch noch nicht vor, und der Schuldenstand der Kommunen ist uns ebenfalls nicht bekannt, sodass ich Ihnen leider keine Auskunft geben kann.

Die nächste Frage wird vom Kollegen Dürr von der FDP-Fraktion gestellt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich würde die Landesregierung auch noch einmal gerne zum Vorschlag der SPDLandtagsfraktion befragen. Davon abgesehen, dass im Vorschlag der SPD nicht das Jahr 2017 für das Ende der Nettoneuverschuldung angestrebt wird, sondern das Jahr 2020, um den Wahlkampf von Bürgermeister Weil an dieser Stelle zu finanzieren - - -

(Widerspruch bei der SPD - Zuruf von der SPD: Jetzt reicht es aber! - Jo- hanne Modder [SPD]: Das ist so was von unseriös!)

- Die Sache, dass es an der Stelle nur um Wahlkampfgeschenke geht, ist doch offensichtlich, meine sehr verehrten Damen und Herren. Das ist doch gar keine Frage. Das ist offensichtlich.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Aber davon abgesehen, dass es der SPD da nur um Wahlkampf geht,

(Widerspruch bei der SPD - Hans- Henning Adler [LINKE]: Unglaublich!)

möchte ich die Landesregierung noch einmal fragen, wie sie die Tatsache bewertet, dass im Vorschlag der SPD-Landtagsfraktion von einem Sinkflug überhaupt nicht die Rede ist, geschweige denn - ich sage das, weil die SPD ja an dieser Stelle einmal Zahlen haben möchte - eine einzige Zahl darin steht, wie man eine Nettoneuverschuldung von null auch bis zum Jahr 2020 erreichen will.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Mal zuhö- ren!)

Es antwortet Herr Minister Möllring.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel, bereits 2017 die Neuverschuldung auf null gesenkt zu haben, ist ja sehr ambitioniert. Darüber hätte man sicherlich im Rahmen des Grundgesetzes diskutieren können, ob 2018 auch eine Möglichkeit gewesen wäre. Aber wenn man gar keinen Sinkflug haben will,

(Zuruf von der SPD: Das hat niemand gesagt!)

dann kann man natürlich auch nicht über den Zeitpunkt diskutieren. In dem Vorschlag, der mir schriftlich vorliegt - - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie haben die Antwort darauf verweigert, wie die Abbaupfade beim Fiskalpakt ausse- hen! Was soll diese Scheindebatte hier ewig?)

- Da die SPD überhaupt keinen Abbaupfad vorgelegt hat, kann man ihn auch nicht bewerten. Dann muss davon ausgehen, dass - - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Nebelkerze!)

- Nein, das ist keine Nebelkerze, sondern das haben sowohl der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages als auch meine Mitarbeiter festgestellt. Außerdem steht im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, dass Artikel 71 unberührt bleibt. Wenn der Artikel 71 unberührt bleibt, also weiter Anwendung findet, dann ist die Kreditaufnahme

möglichkeit nicht in einem Abbaupfad beschrieben, sondern dann sind es weiterhin die eigenfinanzierten Investitionen. Das habe ich Ihnen hier gesagt: Das sind 900 Millionen Euro.

Herr Klein hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass das die rechtliche Möglichkeit ist, dass man das nicht machen darf. Wenn eine Ampel auf Grün steht, muss ich nicht über die Straße gehen, aber ich darf. Das ist eben der Unterschied. Deshalb halte ich das für nicht zielführend.

Im Rahmen des Fiskalpaktes habe ich ja darauf hingewiesen, dass wir im Moment darüber diskutieren, Herr Wenzel, dass wir die 0,5 % des Bruttoinlandsproduktes entweder so verteilen, wie es im Grundgesetz steht - 0,35 verbraucht bereits der Bund -, oder - wie es der Bund jetzt angeboten hat, um den Ländern entgegenzukommen - der Bund nur die Hälfte davon verbraucht, also 0,25. Dann müssten wir die anderen 0,25 auf die anderen Länder verteilen.

Dann kann man trefflich darüber streiten, wie man das verteilt, ob man das z. B. nach dem Königsteiner Schlüssel verteilt. Das wäre aber nicht sehr hilfreich, weil wir jetzt schon Länder haben, die eine Nullverschuldung haben, wohl wissend, dass sie Schwierigkeiten bekommen werden, wenn z. B. das Programm „Aufbau Ost“ zu Ende ist; denn das ist ja auch ein Sinkflug.

Es ist natürlich relativ leicht, mit Transferleistungen, die man bekommt, die man zu Recht bekommt - ich kritisiere die hier gar nicht -, einen Haushalt auf null zu fahren. Die anderen, die noch in den „Aufbau Ost“ einzahlen bzw. nichts daraus erhalten, haben eben größere Schwierigkeiten. Aber den Sinkflug könnte ich Ihnen dann berechnen, wenn wir mit der Fiskalpaktdiskussion „Wie verteilen wir die Defizitmöglichkeit in den nächsten Jahren bis 2020?“ weitere Schritte voran sind. Dann muss das neu berechnet werden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die nächste Frage stellt der Kollege Aller von der SPD-Fraktion.