Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich, bevor ich zu dem vorliegenden Gesetzentwurf komme, kurz etwas zu den Vermutungen, die hier über Schleswig-Holstein geäußert worden sind, sagen. Die Landesregierung mischt sich selbstverständlich nicht in die anstehenden Koalitionsverhandlungen in SchleswigHolstein ein und auch nicht in die Frage, wie man dort nach den Koalitionsverhandlungen, wer auch immer dort am Ende koaliert, beispielsweise in die Frage einer Glücksspielgesetzgebung einsteigen will. Aber eines ist aus heutiger Sicht nach Einschätzung der Landesregierung eindeutig,
nämlich dass Schleswig-Holstein nicht, wie hier einige Vorredner vermutet haben, in den Staatsvertrag einsteigen wird, weil es aus fiskalischen Gründen für Schleswig-Holstein nicht möglich sein wird.
Es gab in den Verhandlungen zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag mehrere Phasen, in denen mit Schleswig-Holstein gesprochen und gesagt worden ist: Überlegt euch, ob ihr einsteigen wollt. - Dann kam die Forderung von Schleswig-Holstein: Sorgt dafür, dass es EU-rechtskonform ist, dann können wir darüber nachdenken. - Dann waren die Antworten in der EU der schleswig-holsteinischen Seite nicht ausreichend. Jetzt ist es so, dass aufgrund der Wirkung des schleswig-holsteinischen Glücksspielgesetzes Glücksspiel- bzw. Sportwettkonzessionen an Veranstalter mit einer langen Laufzeit erteilt worden sind - wie es im Gesetz vorgesehen ist - und dass auch gewerbliche Spielevermittler durch ein einfaches Anzeigeverfahren Rechtspositionen in Schleswig-Holstein erwirkt haben, die bei einem Beitritt zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag nur mit hohen Entschädigungszahlungen wieder entzogen werden könnten.
Ich persönlich kann mir aufgrund der Finanzsituation des Landes Schleswig-Holstein und der Tatsache, dass man ja auch beim Stabilitätsabkommen Empfängerland ist, eigentlich nicht vorstellen, dass es eine praktische Lösung in diesem Bereich für Schleswig-Holstein wird geben können. Das heißt, Schleswig-Holstein hat durch die Wirkung des eigenen Glücksspielgesetzes eine Situation, die das, was vermutet wird, aller Wahrscheinlichkeit nach, nach menschlichem Ermessen, jedenfalls nach Ermessen der Landesregierung, nicht mehr möglich macht. Da sind die Zeiten für Schleswig
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat auch im Ausschuss immer wieder gesagt, dass wir den Wert eines möglichst einheitlichen Glücksspielrechts - das hatte ich auch hier im Plenum schon gesagt - als sehr hoch einschätzen.
Da habe ich Ihnen, weil Sie diese Frage gestellt haben, gesagt, dass wir es sehr hoch einschätzen und Bedenken, die es gegen den Glücksspielstaatsvertrag aus rechtlicher, europarechtlicher oder auch verfassungsrechtlicher Sicht gibt, zunächst einmal zurückstellen und in das Ratifizierungsverfahren mit der Verbandsanhörung einsteigen. Wir haben damit sozusagen den Startschuss gegeben, weil der Wert eines einheitlichen Glücksspielrechts bzw. eines möglichst einheitlichen Glücksspielrechts in Deutschland sehr hoch ist und weil - aus meiner persönlichen Sicht - der Glücksspieländerungsstaatsvertrag sehr viele vernünftige Regelungen aufgenommen hat, die im alten Glücksspielstaatsvertrag falsch geregelt waren und zu den Problemen geführt haben, also eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Status quo darstellen.
Aber - Herr Jüttner, das haben Sie gut gesagt - wenn 15 oder 16 Länder einen Kompromiss machen, dann ist immer jemand bei einer Detailregelung nicht hundertprozentig glücklich und zufrieden. Das ist bei Staatsverträgen, die so ein komplexes Feld betreffen, meistens so.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist die grundsätzliche Aussage zum Glücksspieländerungsstaatsvertrag durch die Landesregierung.
Was ist erforderlich gewesen? - Das haben wir eben schon gehört: Der EuroJackpot, der, wenn man es genau betrachtet, so etwas ist wie illegales Glücksspiel, das heute betrieben wird, allerdings nicht von Toto-Lotto Niedersachsen - die haben eine Genehmigung -, sondern eigentlich von der Glücksspielaufsicht, muss dringend auf eine ver
nünftige rechtliche Basis gestellt werden. Dies war erforderlich. Im Ausschuss Herr Jüttner, haben wir dies in der Sitzung am 13. April intensiv diskutiert. Daran möchte ich erinnern.
Wie ist es dann weitergegangen, bzw. was ist passiert? - Wolfgang Jüttner hat im Ausschuss einen meines Erachtens beeindruckenden Wortbeitrag
zu den vielen Fragestellungen geleistet, die beim Glücksspieländerungsstaatsvertrag aus EU-rechtlicher Sicht - ob notifiziert worden ist -, aus verfassungsrechtlicher Sicht, aus Sicht der Praxis gegeben sind, und hat die Frage aufgeworfen: Kann dieser Glücksspieländerungsstaatsvertrag mit einer hohen Wahrscheinlichkeit eigentlich nicht in Kraft treten oder nachträglich außer Kraft gesetzt werden, und was bedeutet das für den Landessportbund, für die Wohlfahrtsverbände, für den Kulturbereich, die Destinatäre der Glücksspielabgabe? - Herr Jüttner, da - ich sage es ganz ehrlich - haben Sie uns überzeugt.
Nachdem Sie die Risiken so dargelegt haben, sind wir gemeinsam, Regierung und Regierungsfraktionen, in medias res gegangen und haben überlegt, wie wir das, was Sie kritisiert haben, das es nämlich kein Auffangnetz gibt, tatsächlich realisieren können. Deshalb folgende Überlegung: Wir brauchen für den Fall, dass die Ratifizierung des Staatsvertrages nicht erfolgreich ist oder dass hinterher vom EuGH erklärt wird, dass die Rechtssituation so ist, als hätte es ihn gar nicht gegeben, weil es keine Notifizierung gab - das wäre die Folge -, eine Lösung, die in Niedersachsen Einnahmesicherheit für Sport- und Wohlfahrtsverbände gewährleistet. Diesen Weg haben wir mit dem Vorschaltgesetz beschritten.
Ist dieses Vorgehen so außergewöhnlich? Sind wir die Einzigen, die die Sorge haben, die Herr Jüttner formuliert hat, dass etwas schiefgehen kann? - Auch wenn wir alle das nicht wirklich erwarten, so besteht rein theoretisch diese Möglichkeit. Wir haben auf Fachebene bei den anderen Bundesländern nachgefragt. Ich kann Ihnen sagen, dass sich Bayern für diesen Fall wappnet und Vorkehrungen trifft. Auch das rot-grüne Bundesland Bre
Aber was ist bei uns anders - man muss Herrn Jüttner ja dankbar sein, dass er diesen Hinweis rechtzeitig gegeben hat - als in den anderen beiden Ländern? - Für den Fall, dass Sie mit Ihrem Hinweis recht haben, dass es ein Problem mit Blick auf die Notifizierung gibt - ich teile dabei nicht alle Ihre Einwände; ich glaube, die Tatsache, dass der Briefbogen der Staatskanzlei Sachsen-Anhalt bei der Notifizierung falsch war, wird beim EuGH rechtlich nicht das entscheidende Kriterium sein -, können wir Vorsorge treffen, indem wir heute dieses Gesetz beschließen, ohne weitere Notifizierungsverpflichtungen auszulösen und Zeit zu verlieren. Wir generieren also einen zeitlichen Vorteil, weil wir heute noch auf den alten Glücksspielstaatsvertrag zurückgreifen können und die Änderungen über eine Korrektur des damaligen Notifizierungsverfahrens umsetzen können. Das wird in den anderen Ländern nicht möglich sein; Niedersachsen hat hier dann einen deutlichen Wettbewerbsvorteil. Wir haben damit Wege der Werbeerleichterungen für Lotto geschaffen; wir haben die Internetöffnung für Vertrieb und für Werbung für Lotto und für die Sportwetten geschaffen. Das ist für die Einnahmesicherung wichtig.
Haben wir jetzt durch dieses Vorschaltgesetz für den Fall, dass in sechs Wochen oder zwei Monaten der Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Kraft tritt, Schadensersatzklagen aufgrund geschaffener Fakten zu erwarten? - Nein, Herr Jüttner, das haben wir aus unserer Sicht nicht, weil es nämlich in dieser Zeit nicht zu entsprechenden Fakten kommen wird. Wir werden es in diesen sechs Wochen oder zwei Monaten erreichen - entsprechende Ermächtigungen sind in dem Gesetz vorgesehen -, dass sich die Beschränkungen, wie es in der Begründung zum Gesetzentwurf steht, an den Regelungen des Glücksspieländerungsstaatsvertrags orientieren, damit wir nicht in die Situation von Schleswig-Holstein kommen. Durch dieses Vorschaltgesetz, durch diese Änderung des Glücksspielrechtes, wird innerhalb dieser sechs Wochen nicht die Notwendigkeit bestehen, hier etwas zu tun.
Herr Wenzel, Herr Hagenah, Sie haben die Frage der Klagerisiken aufgeworfen. Ich kann Ihnen sagen: Gerade durch dieses Gesetz wird das Risiko von Klagen gegen das Land Niedersachsen minimiert. Es gibt zwei Gründe, aus denen jemand klagen könnte: Entweder jemand klagt, weil er die Suchtprävention im Glücksspiel nicht für ausrei
chend hält. Er würde, wenn er erfolgreich klagen will, ganz bestimmt nicht gegen das niedersächsische Gesetz, sondern gegen das schleswigholsteinische Gesetz klagen; denn dann hätte er die größten Erfolgsaussichten. Oder jemand klagt gegen das Glücksspielrecht, weil ihm die Frage der Vereinbarkeit mit EU-Recht besonders am Herzen liegt. Auch er würde nicht gegen das niedersächsische Gesetz klagen, sondern gegen ein Gesetz aus einem anderen Bundesland, weil dort die Aussichten einer Klage auf Erfolg am größten sind.
Wir liegen also sozusagen genau in der Mitte: Wir haben die Risiken von Klagen gegen unser Gesetz minimiert und die Erträge für Sport- und Wohlfahrtsverbände dauerhaft abgesichert. Falls doch etwas passiert, können wir jederzeit reagieren. Wir sind nicht an Wartefristen oder Ähnliches gebunden. Von daher danke ich den Regierungsfraktionen von CDU und FDP herzlich dafür, dass wir diesen Sicherheitsgurt einziehen.
Ganz herzlichen Dank, Herr Minister. - Um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung hat Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE gebeten. Sie haben für zwei Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Bode, mit diesem Gesetz haben Sie die Klagerisiken nicht minimiert, sondern erhöht. Das ergibt sich schon daraus, dass Sie auf die Schnelle ein Gesetz durch das Beratungsverfahren gebracht haben, das nicht durchdacht ist - darauf hatte ich bereits hingewiesen.
Wie ist es in den anderen Bundesländern? - In Sachsen ist der Entwurf des Glücksspieländerungsstaatsvertrages bereits in die parlamentarischen Beratungen gegangen. Dort wird in den Ausschüssen darüber diskutiert, und es findet eine Anhörung statt. Ich frage mich - vielleicht können Sie das beantworten -: Warum bringen Sie den Glücksspieländerungsstaatsvertrag hier nicht in das normale parlamentarische Verfahren ein? - Dann könnten wir darüber diskutieren. Aber das tun Sie nicht.
Mit der Änderung des Glücksspielstaatsvertrages geht ja eine Änderung des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes einher. Wenn Sie eine Auffanglösung benötigen, dann hätten Sie diese ja über das Niedersächsische Glücksspielgesetz finden können. Das hätten Sie bei der Gelegenheit machen können. Es besteht also überhaupt gar kein Grund, dieses Vorschaltgesetz so kurzfristig einzubringen. Das ist einfach nur unsinnig. Oder Sie verfolgen damit andere Zwecke. Ich frage mich wirklich: Wer hat bei Ihnen die Feder geführt?
Das Wort hat nun ebenfalls nach § 71 Abs. 3 GO Herr Hagenah für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, ebenfalls für zwei Minuten.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist mir ein echtes Bedürfnis, hier deutlich zu machen, dass die Ausführungen des Ministers in diametralem Gegensatz zu dem stehen, was uns der das Parlament beratende Gesetzgebungs- und Beratungsdienst zu diesem Gesetz im Ausschuss mitgeteilt hat.
Der Minister hat ausgeführt, das hier eingebrachte Gesetz würde keinerlei Notifizierungsnotwendigkeit auslösen - der GBD hat uns im Ausschuss genau das Gegenteil mit auf den Weg gegeben. Der Minister hat ausgeführt, durch dieses Gesetz würden Klagemöglichkeiten von dritter Seite gegenüber dem Land Niedersachsen minimiert - der GBD hat uns gegenüber von einer Erhöhung des Risikos von Klagen durch dieses Gesetz gesprochen.
Ich muss übrigens ergänzen: Den Vorhaltungen des GBD ist vonseiten des Ministeriums in der Ausschussberatung in keiner Weise widersprochen worden. Sie sind im Raum stehen geblieben. Auch die Regierungsfraktionen haben diese Ausführungen des GBD schweigend hingenommen; sie haben sie nicht rechtlich widerlegt, sondern dennoch abgestimmt. Diese Abstimmung soll heute wiederholt werden.
Das muss das Haus wissen, damit alle wissen, worüber sie abstimmen, ob das rechtssicher ist oder nicht und welcher Tatbestand hier letztendlich für Niedersachsen geschaffen wird.
Danke schön, Herr Hagenah. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.
Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer will so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.
Artikel 2. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer will so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest: Auch hier war das Erste die Mehrheit.
Artikel 3. - Hierzu liegt ebenfalls eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer will so beschließen? - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Auch hier war das Erste die Mehrheit.
Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt gegen das Gesetz? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Ich stelle fest: Das Gesetz ist mit Mehrheit beschlossen.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Ihnen mitteilen, dass es eine Veränderung der Tagesordnung gibt. Die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen haben sich nämlich darauf verständigt, die abschließenden Beratungen unter den Tagesordnungspunkten 9 und 12 - ich denke, dass ich die einzelnen Themen nicht vorlesen muss - für den Tagungsabschnitt im Juni vorzusehen. Der Beratungsumfang für heute reduziert sich damit um eine gute Stunde.