Protocol of the Session on May 8, 2012

Das war ein guter Schlusssatz. - Herr Kollege Jüttner möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Brief der EU-Kommission vom 20. März muss gar nicht beantwortet werden. Die Kommission stellt fest: Wir haben Bedenken, ob das alles in Ordnung ist, was ihr da mit dem Staatsvertrag beschließen wollt. Macht das mal. In zwei Jahren ist Evaluierung. Wenn ihr das bis dahin nicht so gemacht habt, wie die EU-Kommission - bzw. Herr Dürr - sich das vorstellt - Wettbewerb, Wettbewerb, Wettbewerb -, dann gehen wir dazwischen. Bis dahin habt ihr Ruhe, und wir leiten kein Vertragsverletzungsverfahren ein.

Die entscheidende Frage ist aber eigentlich eine andere: Kombiniert man das vom Bundesverfassungsgericht formulierte Prinzip des Kampfes gegen die Suchtgefahr angemessen mit dem Anspruch auf Kohärenz der Europäischen Union? Das hätte Auswirkungen auf die Spielhallen und auch Auswirkungen darauf, dass zukünftig weder Poker noch Livewetten durchgeführt werden können, sondern ein kohärentes, aber sehr viel stärkeres öffentlich monopolisiertes System in Deutschland aufrechterhalten werden könnte. Das wollten wir, das wollte die CDU hier im Landtag. Herr Schünemann hat oft dazu gesprochen. Das wollte nur diese kleine Partei in der Mitte dieses Hauses, wie sie da sitzt, nicht. Da die aber die Möglichkeit

haben, sich über den Koalitionsvertrag durchzusetzen, haben wir jetzt das Dilemma. So einfach ist die Situation.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Jüttner. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Hagenah das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir folgen ausdrücklich den gerade vorgebrachten Argumenten des Kollegen Jüttner. Ich will das noch einmal um die Genese dieses Gesetzentwurfes ergänzen. Denn am 16. März kam der CDU/FDP-Entwurf zunächst ganz harmlos daher.

All die strittigen Dinge waren zunächst darin nicht enthalten. Uns wurde dann von Minister Bode am 13. April im Wirtschaftsausschuss auch noch erläutert: Diese Gesetzesinitiative sei einzig und allein so zu verstehen, dass die drohenden Klagen gegen den EuroJackpot entsprechend gekontert werden müssten und dafür Rechtssicherheit hergestellt werden müsse.

Wir in der Opposition haben uns das angeschaut und gesagt: Gut, das ist für den Übergangszeitraum eine nachvollziehbare Position. Dagegen können wir uns kaum stellen.

Im Übrigen, Herr Minister Bode, haben Sie in dieser Sitzung - das finde ich für die heutige Beratung ganz wichtig - das Ausscheren eines einzelnen Bundeslandes aus dem Fünfzehner-Pakt der Bundesländer kritisiert, weil nämlich damit Rechtsprobleme bei der nötigen Notifizierung durch den EuGH geschaffen würden. Ich habe mir das extra notiert,

(Zuruf von Minister Jörg Bode)

weil ich zu der Zeit noch lautere Argumente bei diesem Gesetzentwurf unterstellt und das Argument mit aufgenommen habe, um meine Fraktion zu überzeugen.

Dann, keine vier Tage später, am 17. April kommt uns dieser heute zur Abstimmung stehende Änderungsantrag von FDP und CDU auf den Tisch. Da sind all die von Ihnen zuvor beschriebenen Inhalte plötzlich nicht mehr so wichtig. Wir haben jetzt plötzlich eine Initiative auf dem Tisch, die versucht,

aus Niedersachsen ein kleines Schleswig-Holstein zu machen.

Das, was in Schleswig-Holstein - übrigens gegen den vehementen Widerstand der dortigen Grünen - durchgesetzt worden ist, daraus ein Zockerland zu machen - - - Ich hoffe, dass die neue Landesregierung, die dort in Koalitionsverhandlungen treten wird, sich auf den Weg machen wird, wieder in das Bündnis der 15 übrigen Bundesländer zurückzukommen. Wir schauen einmal, was dabei herauskommt.

(Jens Nacke [CDU]: Die Landesregie- rung tritt in Koalitionsverhandlungen?)

- Sie müssen schon dem Gedankengang folgen. Dort war eine Wahl, Herr Kollege. Dort finden jetzt Koalitionsverhandlungen statt; allerdings ohne Ihre Partei.

(Zuruf von Jens Nacke [CDU])

- Ich freue mich, dass Sie sehr gut aufpassen.

(Jens Nacke [CDU]: Wir haben immer noch Fraktionen oder Parteien! Wir haben Gewaltenteilung, Herr Kollege!)

Wir haben jetzt hier eine Situation, dass wir nach der Wahl am letzten Sonntag eine weit bessere Ausgangsposition haben könnten, als wir sie noch vor vier, sechs Wochen hatten. Aber jetzt haben wir ja den Änderungsantrag, der heute zur Abstimmung steht, von CDU und FDP hier auf dem Tisch und müssen uns damit auseinandersetzen.

Außerdem müssen wir Ursachenforschung betreiben, warum Sie jetzt für sechs Wochen in Niedersachsen ein Sonderrecht schaffen wollen, das nach übereinstimmender Ansicht automatisch zum 1. Juli außer Kraft treten würde. Entweder müssen wir dann beschließen, dass dieses Landesgesetz nicht mehr gültig ist, oder es würde automatisch, sagt der GBD, durch den neuen Staatsvertrag zur Ungültigkeit gebracht. Was soll also das Ganze? Warum haben die Fraktionsspitzen, warum haben Herr Dürr und Herr Thümler - das muss man ja unterstellen -, die Staatsvertragsregelung bewusst durch diesen Antrag konterkariert und damit eigentlich Ministerpräsident McAllister, der unterschrieben hat, düpiert und im Regen stehen lassen? Sie sind ja offensichtlich nicht seiner Ansicht, dass dieser Staatsvertrag eine sinnvolle Lösung ist.

Anstatt weiter klar die Bekämpfung der Suchtgefahr als vorrangiges Ziel festzuschreiben und LiveSportwetten ganz im Interesse des Deutschen

Sportbundes zu verbieten, öffnen Sie jetzt hier in beiden Fällen durch Sonderregelungen die Tür.

Hier hat sich die FDP als kleinerer Koalitionspartner - aus welchem Grund auch immer, ich weiß nicht, was die CDU da zahlen musste? - offensichtlich durchgesetzt.

Das wird auch nicht dadurch besser, dass Herr Toepffer versucht, uns das zu erklären, und es als Herzensanliegen seiner Fraktion darstellt.

Unsere Ursachenforschung ist so: Entweder ist das der Anfang vom Ausstieg Niedersachsens aus dem Staatsvertrag, dass Niedersachsen ihn eigentlich nicht ratifizieren will - vorgelegt haben Sie ihn uns ja noch nicht -, oder Sie machen dies als bewusstes Störfeuer, um die Erfolgsaussichten von Klagen gegen den neuen Staatsvertrag noch zu verbessern, um auf diese Art und Weise den Staatsvertrag zu konterkarieren.

Jedenfalls hat uns der GBD davor ausdrücklich gewarnt, dass sich mit dem jetzigen Vorschaltgesetz in Niedersachsen die Klagemöglichkeiten erhöhen würden. Er hat Ihnen außerdem ins Stammbuch geschrieben, dass Ihr Gesetzentwurf notifizierungspflichtig gegenüber der EU sei. Es stellt sich also die Frage: Was soll das Ganze hier? Sie haben erklärtermaßen nicht die Absicht, dies notifizieren zu lassen. Erklärtermaßen, so die CDU, wollen Sie das auch gar nicht. Sie wollen den gemeinsamen Staatsvertrag - entweder ist das eine Show-Nummer, oder Sie führen uns alle hinter die Fichte und wollen in Wirklichkeit SchleswigHolsteiner Verhältnisse. Wenn Schleswig-Holstein auf die Linie der übrigen Bundesländer zurückkäme, dann wollen Sie hier das Zockerparadies abgeben. Ich kann mir das nur so erklären, denn anders ist dieser Gesetzesvorschlag nicht zu verstehen, ansonsten nehmen Sie uns hier als Parlament nicht ernst. Wir sollen hier zugunsten der FDP eine Show-Nummer abziehen, damit sie einmal rechts, liberal-radikal blinken kann, um am Ende wieder in den Schoß der übrigen Bundesländer zurückzukehren? Das kann so nicht gemeint sein. Das ist Parlamentarismus paradox. Dann wäre dieses Gesetzesverfahren aus CDU- und FDP-Sicht überhaupt nicht ernst gemeint.

(Zuruf: Ist es auch nicht!)

Ihre Ausflüchte, Herr Dürr, dieses Gesetz würde ohnehin keine Rechtsansprüche von Wettanbietern auslösen, weil gar nicht genügend Zeit für Antragstellungen wäre, kann ich nicht gelten lassen.

Letztendlich halte ich das nicht für glaubwürdig, weil Sie dann überhaupt keinen Grund mehr haben, dieses Gesetz überhaupt einzubringen. Warum betreiben Sie überhaupt diesen ganzen Aufwand mit diesem angeblichen Einmonatsgesetz, wenn es weder Wirkung erzielen soll, noch auf Dauer angelegt ist? Das ist nicht nachvollziehbar, Herr Kollege Dürr.

(Christian Dürr [FDP]: Ich war einmal im Wirtschaftsausschuss und habe das erklärt!)

Insofern fühlen wir uns von Ihrer Initiative als Parlament verklapst und können eigentlich nur noch einmal unsere Forderung aus dem Ausschuss bekräftigen und sagen: Ziehen Sie diesen verkorksten Gesetzentwurf zurück! Kehren Sie zurück zur Ursprungsinitiative, die nur das Problem heilen wollte, dass der EuroJackpot im Augenblick rechtlich nicht abgesichert ist. Dann kommen wir zu einer gemeinsamen Beschlussfassung.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Adler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich fange mit einem Detail aus dem vorgelegten Gesetzentwurf an. Zunächst aber möchte ich in Erinnerung rufen, dass das Grundgesetz vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen den Artikel 80 enthält, in dem es heißt, dass Verordnungsermächtigungen so konkret sein müssen, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt sind. Das war vor dem Hintergrund des Ermächtigungsgesetzes eine notwendige Formulierung.

Eine gleichlautende Formulierung gibt es auch in der Niedersächsischen Verfassung. Ich erinnere daran, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß dessen, was in der Verordnung stehen soll, in der Verordnungsermächtigung, also schon im Gesetz, bestimmt sein müssen. Wenn Sie diese Formulierung im Grundgesetz oder in der Niedersächsischen Verfassung - „Inhalt, Zweck und Ausmaß“ - im Kopf behalten und diese Vorgabe mit dem vergleichen, was uns hier vorgelegt worden ist, dann kann Ihnen nur gruseln!

In § 21 des Gesetzentwurfs heißt es, dass die Erteilung der Erlaubnis für Sportwetten durch Verordnung von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht werden kann bzw. an die Veranstaltung von Sportwetten zusätzliche Anforderungen gestellt werden können. Welche zusätzlichen Anforderungen es sind, wird man in diesem Gesetzentwurf nicht finden können. Ich erinnere daran, was das Bundesverfassungsgericht zu Artikel 80 gesagt hat. Danach gibt es eine sogenannte Vorhersehbarkeitsformel. Danach muss der Bürger aus dem Gesetz erkennen können, welchen Inhalt die auf der Grundlage der Ermächtigung erlassene Verordnung haben kann. Das ist aber aufgrund der Formulierung, die Sie in diesen Gesetzentwurf hineingeschrieben haben, absolut unmöglich.

In den Beratungen im Ausschuss hat der Vertreter des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes den Kopf geschüttelt und im Grunde gesagt, dass er sich dazu schon aus zeitlichen Gründen gar nicht erklären könne. Im Grunde aber hat er gesagt, dass das alles überhaupt nicht gehe. Sie legen uns hier also ein verfassungswidriges Gesetz vor. Ich würde sogar sagen, dass Sie uns ein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz vorlegen. Jedem Student im ersten Semester würde es um die Ohren gehauen, wenn er so etwas in einer Arbeit schreiben würde.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Ich frage mich, was das Ganze überhaupt soll, wenn der Glücksspieländerungsstaatsvertrag durch die Ministerpräsidenten ohnehin schon unterschrieben worden ist und zum 1. Juli 2012 in Kraft treten soll. Das versteht niemand; das haben die anderen Kollegen von der Opposition schon gesagt.

Bisher gab es noch das Problem, dass SchleswigHolstein ausschert. Dieses Problem ist nach dem Ergebnis der letzten Landtagswahl voraussichtlich nicht mehr gegeben. Schleswig-Holstein wird dem Vorhaben dann wahrscheinlich auch beitreten. Das macht einmal mehr deutlich, dass es keinen Sinn macht, hier einen Sonderweg zu gehen.

Sie haben versucht, den Eindruck zu erwecken, mit diesem Gesetz würden Sie weite Passagen aus dem vorliegenden, aber noch nicht in das Verfahren eingebrachten Glücksspieländerungsstaatsvertrag übernehmen. Das aber ist nicht der Fall; der Kollege Jüttner hat darauf hingewiesen. Es wurden Formulierungen aufgenommen, die gerade im Widerspruch zu dem Glückspielände

rungsstaatsvertrag stehen. Ich will hierfür ein Beispiel anführen. Hinsichtlich der Werbung für Sportwetten während der Liveübertragungen gibt es in dem von den 15 Ministerpräsidenten unterschriebenen Staatsvertrag eine Restriktion. In Ihrem Gesetzentwurf ist genau diese Passage herausgenommen worden. Das zeigt, dass Sie im Grunde genommen einen völlig inkohärenten Gesetzentwurf vorgelegt haben, der im Widerspruch zu den Vereinbarungen zwischen den Ministerpräsidenten steht. Das kann man wirklich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die FDP-Fraktion hat sich Herr Dürr zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Nach den Ausschussberatungen und den Reden des Kollegen Adler muss ich der Fairness halber zugestehen, dass er sich - übrigens anders als Herr Jüttner - sehr in die Materie eingearbeitet hat. Gleichwohl muss man aber feststellen, dass Sie, Herr Kollege Adler, mit Ihrer Meinung, die ich in Grenzen durchaus teile - Sie haben vorhin an dieser Stelle einiges zum Thema Poker gesagt -, in Ihrer Partei relativ allein dastehen. Ich habe nicht den Eindruck, dass das der Mainstream der linken Politik in Deutschland ist. Das zeigt Ihre Eigenständigkeit an dieser Stelle.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Jüttner hat hier vorhin einen Satz gesagt, der wahr ist und unterstrichen gehört. Herr Jüttner hat gesagt: Es spricht alles dagegen, das hier abzulehnen. - Herr Jüttner, Sie haben völlig recht. Erstens spricht dagegen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen, dass wir - wir haben über das Thema EuroJackpot gesprochen - dafür eine vernünftige Rechtsgrundlage brauchen. Zweitens spricht das, was Herr Toepffer hier vorhin angeführt hat, dagegen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen: Wir brauchen in Niedersachsen die Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit in dieser Frage.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Jüttner, Sie haben gesagt, alle anderen Länder machten das nicht und gingen einen anderen Weg. Genau mit dieser Haltung sind das Land Niedersachsen und alle anderen 15 Bundesländer in Deutschland schon einmal baden gegangen. Wir haben mehrere Hundert Millionen Euro bei Lotto