Ich weiß, dass die Regierungsfraktionen das nicht gern hören. Der Vorhalt von Fehlentscheidungen schmerzt halt immer wieder. Sie könnten diesen Fehler aber jederzeit korrigieren. Solange Sie das nicht machen, dürfen, werden und müssen wir Sie dafür kritisieren.
Ich glaube, dass wir bei der Beratung dieses Gesetzentwurfes noch einen langen Weg vor uns haben. Wir müssen es schaffen, eine Regelung zu finden, die sich widerspruchsfrei in die Systematik der Rechte und Pflichten von Jugendlichen einfügt. Gleichwohl ist ein solcher Weg möglich.
Ich bin gern bereit, mich im Rahmen der anstehenden Beratungen von guten Argumenten der Befürworter einer Wahlalterssenkung überzeugen zu lassen, und freue mich auf die anstehenden Beratungen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei Gesetzentwürfen ist plagiieren erlaubt. Aus dem Gesetzentwurf der Grünen von 2008 mit der Forderung „Wahlalter 14“ den heute vorliegenden Gesetzentwurf der Linken zu stricken, kann nur wenig Arbeit gekostet haben.
Die beiden ähneln sich wie ein Ei dem anderen, nur die Stempel auf den Eiern sind unterschiedlich: damals 14, heute 16. Beide sind getragen von der selbstverständlich nur klammheimlichen Hoffnung, die neue Wählerschicht werde überproportional der eigenen Partei zuneigen.
Dem Jugendkult zu huldigen, indem man den Jugendlichen ein neues Recht in Aussicht stellt, ist aber ein zweischneidiges Manöver. Jugendliche sind mangels eigener Lebenspraxis leichter zu beeinflussen, zu begeistern und politisch zu verführen als ältere erfahrene Menschen. Das hat sich
Apropos Experten: Auch der Chef des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, Herr Pfeiffer, ehemaliger Justizminister der SPD, lehnt ein niedrigeres Wahlalter ab.
Der vorliegende Gesetzentwurf zeugt von einem spielerischen Unernst, der der Tragweite mancher, besonders landes- und bundespolitischer Entscheidungen nicht angemessen ist. Wenn da etwas schief geht, kann man nicht einfach immer nur den Reset-Knopf drücken.
Rechte und Pflichte der Bürger gehören zusammen. Sie sind teilweise an bestimmte Altersstufen gekoppelt. Das ist auch vernünftig. Wer Bundespräsident werden will, muss mindestens 40 Jahre alt sein. Oder reichen da auch 16?
Der Kern Ihrer Gesetzesbegründung ist die Behauptung, Jugendliche würden heute - ich zitiere - „aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen früher eigenständiger und verantwortungsbewusster handeln und sich gesellschaftspolitisch engagieren.“ Das ist aber nicht plausibel. Mit 18 wird man volljährig und strafmündig zugleich. Unser Strafgesetzbuch sieht vor, dass sich volljährige Straftäter nur in Ausnahmefällen auf jugendlichen Übermut oder Reifeverzögerung berufen können. Dazu passend wurden in den 60er-Jahren nur etwa 20 % der Täter zwischen 18 und 21 Jahren nach dem relativ milderen Jugendstrafrecht verurteilt. Heute sind es rund 70 % der Täterinnen und Täter dieser Altersklasse. Offenbar sind also die heutigen Heranwachsenden zwischen 18 und 21 im Schnitt deutlich unreifer als die vor 50 Jahren. Und dann sollen sie mit 16 Jahren verantwortungsbewusster sein als ihre Altersgenossen vor 50 Jahren? - Passt nicht.
Zusammengefasst: Mit 16 oder 17 Jahren sind Jugendliche noch nicht voll strafmündig und nur beschränkt geschäftsfähig, aber voll wahlberechtigt sollen sie sein. Da geraten Rechte und Pflichten Jugendlicher aus der Balance.
der von Herrn Humke von der Fraktion DIE LINKE und der von Herrn Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Humke, Sie haben anderthalb Minuten. Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Zielke, Ihr Redebeitrag, in dem Sie uns gegenüber Plagiatsvorwürfe erhoben und gesagt haben, wir würden einem Jugendkult huldigen, wird unserem wirklich ernsthaften Anliegen absolut nicht gerecht.
Tatsächlich geht es darum, dass wir uns einer Entwicklung von Jugendlichen stellen müssen. Hintergrund ist nämlich die Tatsache, dass sich die Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen in den letzten 40 Jahren deutlich geändert hat. Das wird nicht zuletzt durch das Zentrum für Kindheits- und Jugendforschung an der Universität Bielefeld immer wieder untermauert, das in den letzten 30 Jahren, glaube ich, regelmäßig Untersuchungen durchgeführt und dabei festgestellt hat, dass mittlerweile 13- und 14-Jährige das gleiche politische Interesse haben wie die 18- bis 25-Jährigen. Es sollte einem zu denken geben, dass sich 35 % der 13- bis 14-Jährigen für politisch interessiert erklären, 30 % erklären sich für etwas interessiert, und der Rest erklärt sich für nicht interessiert. Diese Zahlen sind deckungsgleich mit den Zahlen für die 18- bis 25-Jährigen.
Ich denke, das ist ein kleines Argument, das Sie nicht außer Acht lassen sollten. Dann könnte man endlich ernsthaft über die Absenkung des Wahlalters diskutieren, wie es im Übrigen auch Ihr Jugendverband tut.
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Limburg das Wort. Bitte schön! Ebenfalls anderthalb Minuten.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Professor Zielke, ich möchte nicht auf alle Ihre Aspekte eingehen, sondern nur auf Ihre historischen Exkurse, die Sie in Teilen schon vor ein paar Jahren anlässlich der Beratung unseres Gesetzentwurfs gemacht haben. Das macht sie in der Sache nicht richtiger.
Erstens haben Sie die sogenannten Kinderkreuzzüge angesprochen. Ich habe mir seit Ihrem damaligen Beitrag einmal die Mühe gemacht, mich damit zu beschäftigen. Wissen Sie was, Herr Professor Zielke? - Das können Sie ohne Weiteres herausfinden: Die Existenz von Kinderkreuzzügen, bei denen Kinder zum Kämpfen ins Heilige Land gezogen sind, gilt heute in der historischen Forschung überwiegend als widerlegt. Tatsächlich handelte es sich um Gruppen von Jugendlichen, die überhaupt nicht bis ins Heilige Land gekommen sind. Die Vorstellung, die Sie hier aufgemacht haben, dass nämlich die Verführbarkeit von Kindern für solche halsbrecherische Missionen mit den Kinderkreuzzügen belegt werden kann, ist definitiv widerlegt, Herr Professor Zielke.
Zweitens verschweigen Sie der interessierten Öffentlichkeit, dass gerade die Kreuzzüge zeigen, wie verführbar Erwachsene sind. Es gab nämlich zahlreiche Kreuzzüge, bei denen sich Erwachsene darauf eingelassen haben, mit Waffengewalt im Heiligen Land zu kämpfen.
Drittens, Herr Professor Zielke: Ihr Hinweis darauf, dass das NS-Regime maßgeblich auch von Kindern und Jugendlichen geprägt gewesen sei, muss ich doch zurückweisen. Sowohl von der Parteistruktur als auch von der Wählerschaft der NSDAP waren es natürlich Erwachsene. Kinder und Jugendliche durften damals noch gar nicht wählen. Daraus einen Beleg dafür abzuleiten, dass heute das Wahlalter nicht abgesenkt werden sollte, ist absurd, meine Damen und Herren.
Ich glaube, ich mache es ganz kurz. Ich möchte mich jetzt nicht auf historische Interpretationen einlassen. Da mag man dieser oder jener Meinung sein.
Ich möchte es ganz einfach machen: Wer nur begrenzt für sich selbst Verantwortung übernehmen darf und soll - das sind die 16- und 17-Jährigen -, der sollte ebenfalls nur begrenzte Verantwortung
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratungen.
Wir kommen zur Ausschussüberweisung. Zuständig soll sein der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Dann ist so entschieden worden.
Besprechung: Situation der Grundschulen in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/4287 - Antwort der Landesregierung - Drs. 16/4710
Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird zu Beginn der Besprechung einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt. In diesem Fall ist es Frau Weddige-Degenhard. Alsdann erhält das Wort die Landesregierung.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als Erstes möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kultusministeriums für die umfangreiche Datenermittlung danken, die für die Beantwortung unserer 69 Fragen notwendig war.
Auf den Anfang kommt es an. Die Grundschule bildet das Fundament unserer Schulbildung. Die Bedeutung dieser Basis unseres Schulsystems ist jedoch noch nicht in dem erforderlichen Maße in das Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit gerückt. Das schlägt sich sowohl in der Länge der Ausbildung als auch in der Entlohnung und im Stundendeputat der Lehrkräfte nieder. Die Grund
schullehrkräfte haben eine immens hohe Verantwortung für die Zukunft unserer Kinder. Sie leisten eine hervorragende Arbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Durch ihr Engagement können Kinder Freude am Lernen gewinnen oder schon früh verlieren. Das gemeinsame Lernen in der Gesamtschule Grundschule führt nicht nur auf sozial-kultureller Ebene zu einem verständnisvollen Miteinander. Die IGLUStudie zeigt auch, dass diese Schule sehr leistungsfähig ist.