Protocol of the Session on March 22, 2012

Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist die Kollegin Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE.

Danke. - Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Anfang meines Beitrages auf den zweiten Teil der Überschrift des Antrages eingehen: „Sicherheit hat Vorfahrt“. Das ist ganz wichtig, wenn wir uns die Unfallstatistik 2011 anschauen, die vor einigen Tagen vorgestellt wurde. Sie zeigt eine verhängnisvolle Entwicklung. Ich glaube nicht, dass man dieser verhängnisvollen Entwicklung - ich nenne ein paar Zahlen - alleine durch die Verbesserung von Verkehrsleitsystemen Herr werden kann. Denn bei der Zahl der Unfalltoten ist Niedersachsen trauriges Schlusslicht unter den westlichen Bundesländern: 540 Menschen starben im letzten Jahr auf unseren Straßen; das sind 12,5 % mehr als im Vorjahr. Dieser Anteil liegt deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 9,2 %.

Die entscheidende Ursache für den starken Anstieg der Zahl der Unfalltoten in Niedersachsen liegt ausweislich der Statistik in überhöhter Ge

schwindigkeit. Viele Unfälle mit Todesfolge ereigneten sich außerhalb von Ortschaften auf Landstraßen. Das Thema Sicherheit ist vor diesem Hintergrund sehr wichtig. Eine weitere Zahl ist auf Raserei zurückzuführen: 189 der in Niedersachsen Getöteten kamen bei sogenannten Baumunfällen ums Leben.

Ich gebe ungern Minister Schünemann recht, aber wenn er sagt „Geschwindigkeit runter!“, dann hat er recht. Überhöhte Geschwindigkeit ist nämlich auch ein Grund für die Zahlen, die ich eben genannt habe. Darum sollte er sich ausdrücklich und öffentlich einmal mit Herrn Bode auseinandersetzen. Denn Herr Bode hat sich noch im Oktober 2011 gegen das Aufstellen neuer Radarfallen auf der A2 ausgesprochen. Er wollte sogar Hinweisschilder aufstellen lassen, die vor den Geschwindigkeitsmessanlagen warnen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

So schafft der Verkehrsminister nicht Verkehrssicherheit, sondern das Gegenteil, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei der SPD)

Ich möchte auf eines hinweisen, da hier nur von Verkehrssicherheit und Verminderung von Staus durch Verkehrsleitsysteme gesprochen wird: Ich meine, wir brauchen eine andere Verkehrspolitik. Das ist das Thema. Es ist doch viel zu einfach, nur auf dieses eine Thema zu setzen. Denn es gibt viele weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf Niedersachsens Straßen. Ich nenne zum einen den Komplex der Vermeidung von unnötigen Verkehren. Darüber sollten wir uns unterhalten. Das trägt dann auch maßgeblich zur Staureduzierung bei, Frau König.

(Zustimmung bei der LINKEN - Editha Lorberg [CDU]: Wir bleiben einfach zu Hause!)

Es rücken noch weitere Fragen ins Blickfeld, wie die konsequente Verlagerung von Gütertransporten von der Straße auf die Schiene bzw. auf die Wasserstraßen. Nichts ist davon in Ihrem Antrag zu lesen! In diese Richtung zielt auch der unabdingbare Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs und des öffentlichen Personenverkehrs. Hierzu gehört aber auch die zügige Sanierung des Straßennetzes in Niedersachsen. Das alles fehlt in Ihrem Antrag, obwohl diese Punkte dazu beitragen könnten, dass die Sicherheit auf Niedersachsens

Straßen erhöht wird. Sie machen das aber nur einseitig an der Frage der Verkehrsleitsysteme fest.

Auf welche Weise die vom Kollegen Hoppenbrock geforderten sogenannten intelligenten Verkehrsleitsysteme für sichere Straßen und weniger Staus sorgen können, wird er uns sicherlich im Ausschuss noch näher erläutern.

Vielleicht sollten wir zu diesem wichtigen Thema - Verkehrssicherheit und Umweltbelastung durch Stau sind wichtige Themen - eine Anhörung durchführen, um zu erfahren, wie Experten zu diesem Thema Stellung nehmen. Aber ich bitte darum, bei einer solchen Anhörung nicht nur Navigationsspezialisten oder den ADAC zu befragen, sondern auch Sachverständige vom BUND oder vom VCD. Dann können wir diese Frage erörtern und zu vernünftigen Lösungen kommen, die die Sicherheit der Menschen auf unseren Straßen gewährleisten.

Schönen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich die Kollegin König gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Weisser-Roelle, ein paar Dinge muss ich klarstellen, die bei Ihnen völlig durchgerutscht sind.

Erstens. Wenn man an den Autobahnen Blitzautomaten aufstellt, die beispielsweise auf Tempo 100 oder 120 eingestellt werden - die sind mit der Telematik in der Form, wie Sie sie beschrieben haben, gekoppelt -, dann können sich die Autofahrer erschrecken, wenn sie sie plötzlich sehen. Dann treten sie auf die Bremse und verursachen so Unfälle. Das wollen wir mit Sicherheit überhaupt nicht, sondern ganz im Gegenteil.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir möchten, dass die Menschen - - - Das ist beispielsweise auch in Nordrhein-Westfalen an der Blitzanlage der Fall, mit der am meisten eingenommen worden ist: Da steht - - -

Frau König, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Sohn?

Nein, danke.

Da steht auch 100 m vorher: Vorsicht Radaranlage! - Ich finde, es ist in Ordnung, dass jeder noch einmal darauf hingewiesen wird, dass die Geschwindigkeit hier möglicherweise auf 120 km/h begrenzt ist und dass das auch geahndet wird. - So viel zum ersten Punkt.

Zweitens. Sie sprechen hier laufend über irgendwelche Unfälle. Sie hätten diese Studie besser lesen sollen. Dann wüssten Sie, dass die Zahl der Unfälle auf Landesstraßen besonders angestiegen ist. Es geht um Baumunfälle. Das ist nicht der Zusammenhang, in dem wir von Telematik sprechen. Die spielt höchstens für die Stauumfahrung eine Rolle.

(Glocke des Präsidenten)

Drittens. Der Verkehr auf der Schiene kann überhaupt nur noch ein bestimmtes Kontingent aufnehmen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Weil Sie keine neuen Schienenstrecken bauen!)

Anders ist das nicht möglich. Bei 70 % Steigerung ist das nicht möglich.

Frau König, dieses Instrument eignet sich nicht. - Danke.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Weisser-Roelle möchte antworten. Bitte schön!

Herr Präsident! Frau König, wenn ich Sie richtig verstanden habe, sagen Sie: Trotz Geschwindigkeitsbegrenzungen dürfen wir rasen, und wenn wir plötzlich einen Blitzer sehen, dann treten wir ganz schnell auf die Bremse, damit wir nicht geblitzt werden. - Genau das haben Sie eben gesagt.

(Beifall bei der LINKEN - Gabriela Kö- nig [FDP]: Nein, gar nicht!)

Frau König, noch einmal zur Erinnerung: Blitzgeräte stehen dort, wo Geschwindigkeitsbegrenzungen sind. Wenn ich weiß, dass ich auf dieser Strecke nur 120 oder 130 km/h fahren darf, brauche ich mich nicht zu erschrecken, wenn plötzlich ein Blitzgerät auftaucht; denn ich halte mich an diese Geschwindigkeitsbegrenzung. Sie vielleicht nicht, aber ich schon!

(Beifall bei der LINKEN - Hans- Henning Adler [LINKE]: Das unter- scheidet uns! Dort drüben sitzen die, die das Recht brechen! - Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich darf einen Moment unterbrechen. Ich glaube, die Kurzintervention und die Erwiderung eignen sich nur unzureichend, um so ein Thema erschöpfend zu besprechen.

Frau Weisser-Roelle, Sie haben jetzt aber das Wort. - Ich bitte die Kollegen, ihr zuzuhören.

Um meinen letzten Satz zu wiederholen: Im Gegensatz zu Ihnen halten wir uns an die Geschwindigkeitsbeschränkungen.

(Clemens Große Macke [CDU]: Was heißt das? Ich habe keine Punkte in Flensburg!)

Zu Ihrer Aussage, die Schiene könne nur noch in begrenztem Maße Verkehrsmengen aufnehmen: Da haben Sie vollkommen recht! Das Schienennetz wurde in den letzten 20 Jahren massiv zurückgebaut. Wir fordern schon seit Langem die Reaktivierung von Strecken, damit mehr Verkehr auf die Schiene verlagert werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie reagieren ja nicht! Natürlich kann in der heutigen Situation von der Schiene nur begrenzt weiterer Verkehr aufgenommen werden. Das wollen wir ändern.

Sie aber wollen nichts ändern. Sie wollen keine andere Verkehrspolitik. Sie wollen mit Navigationssystemen die Probleme lösen. Das wird Ihnen nicht gelingen, Frau König!

(Beifall bei der LINKEN - Ingrid Klopp [CDU]: Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich würde die Beratungen schließen, wenn Sie damit einverstanden sind.

(Astrid Vockert [CDU]: Ja! Schnell! - Weitere Zurufe)

Dann kommen wir jetzt zur Ausschussüberweisung.

Federführend soll sich der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und mitberatend der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mit dem Antrag beschäftigen. Ich gehe davon aus, dass das Haus dem zustimmt. - Ich sehe keinen Widerspruch, auch keine Enthaltungen. Dann ist so beschlossen.

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist für heute beendet. Wir sehen uns morgen früh um 9 Uhr wieder.

Schluss der Sitzung: 18.13 Uhr.