Das Einzige, was anscheinend relativ stabil und stetig funktioniert, sind die stationären Geschwindigkeitsüberprüfungsanlagen entlang der Autobahn. Sie optimieren allerdings weniger den Verkehrsfluss der Fahrzeuge und die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer als vielmehr die Einnahmesituation der örtlich beteiligten Kommunen. Und das, meine Damen und Herren, reicht nun wirklich nicht aus!
In diesem Zusammenhang möchte ich ausdrücklich meinen Kollegen Bachmann zitieren, der neulich gesagt hat, bezüglich der schweren Unfälle dürfe sich der Verkehrsminister nicht darauf konzentrieren, Tempolimits zur Entschärfung von Unfallschwerpunkten zu torpedieren, wie zuletzt auf der A 2 zwischen Helmstedt und Hannover passiert.
Meine Damen und Herren, in Ihrem Antrag sprechen Sie eingangs von der steigenden Verkehrsdichte beim Pkw. Darauf ist anscheinend in erster Linie Ihre Vorstellung von Verkehrspolitik ausgerichtet. Ein bisschen erinnert das auch an die Wunschkiste des ADAC. Vergessen Sie dabei nicht die stark ansteigenden Fahrzeugzahlen im Güterverkehr!
Weiter konzentrieren Sie sich in Ihrem Antrag viel zu sehr auf die Bewältigung ausschließlich von Stausituationen.
Dem Bereich des Güterverkehrs, der auch nicht in erster Linie fehlgeleitet über autobahnnahe Nebenstrecken fährt, sondern sich genau geplant über Mautumgehungsstrecken dem eigentlichen Fahrziel möglichst preisgünstig nähert, sollten Sie sich einmal stellen. Hier ist es dann zweitrangig, ob der TMC, also der Traffic Message Channel, eine Umgehung empfiehlt. Sie wird schon unabhängig davon zur Mautvermeidung gewählt. Den Schaden und die Belastung haben die Menschen in den autobahnnahen Wohngebieten und an den stark befahrenen Nebenstrecken auf Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen. Hier lohnt es sich, über eine wirksame Verhinderung der Mautumgehung nachzudenken.
Meine Damen und Herren, wenn Sie wirklich etwas für den flüssigen und sicheren Verkehrsfluss sowie für eine Entlastung der Natur und Umwelt tun wollen und den volkswirtschaftlichen Schaden durch verlorene Arbeitszeit in Staus vermindern wollen, dann müssen Sie die bestehenden Verkehrssysteme überprüfen und verändern. Dann muss es heißen, mehr Güter auf die Bahn zu bringen
und Menschen durch den Ausbau eines attraktiven öffentlichen Nah- und Fernverkehrssystems zum Umstieg vom Pkw auf Bus und Bahn zu bewegen. Auch dafür sollten die telematischen Dienstleistungen ausgebaut und mehr Echtzeitinformationen z. B. an die Verkehrsteilnehmer gegeben werden. Der Ausbau dieser Dienstleistungen kann Informa
tionen über Fahrpläne, Preisgestaltung, Ticketing, Umstiegsstationen, Netzauskünfte oder Verspätungen und Staus verbessern bzw. zum Qualitätsbestandteil von Mobilität machen.
Meine Damen und Herren, Verkehrsleitsysteme in Verbindung mit Geschwindigkeitsbeschränkungen können nach Untersuchungen von Verkehrsforschern helfen, dass Straßen und Autobahnen weniger verstopfen und Staus stärker vermieden werden. Bei einer Tempobeschränkung würde der Verkehrsfluss weniger durch abrupte Bremsmanöver, z. B. beim Spurwechsel, gestört. Dann können auch die Leitsysteme dazu beitragen, Pkws, Lkws und Busse gleichmäßiger auf das Straßennetz zu verteilen. Die Systeme müssen allerdings schnell auf aktuelle Verkehrslagen reagieren und über Veränderungen zeitnah informieren. Heutzutage sind Verkehrsdurchsagen allerdings häufig aktueller als die telematischen Dienste.
Wenn wir davon ausgehen, dass sich die Technik der telematischen Dienste schneller weiterentwickelt, dann macht es mehr Sinn, gegenüber den Geräteherstellern gezielte Anforderungen aus Sicht von Verkehrslenkung, -steuerung und -sicherheit zu definieren, statt eine sogenannte freiwillige Selbstbeschränkung bei Navis zu fordern. Das ist doch wirklichkeitsfremd!
Erweitern Sie Ihren Antrag um sinnvolle Steuerungsmaßnahmen, aber vor allem um neue Mobilitätsangebote, um den von Ihnen beschriebenen Zielen einer nachhaltigen Verkehrspolitik wirklich gerecht zu werden! Sonst bleiben Sie bei Ihrem „Weiter so!“ und bei den Staus.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Will, zum Schluss haben Sie Gott sei Dank noch die Kurve gekriegt. Ich habe am Anfang gedacht, Sie wären noch in einem völlig anderen Zeitalter, nämlich vor 20, 30 Jahren angesiedelt.
Die Telematik, die wir vor etlichen Monaten hier in Niedersachsen ganz besonders vorangetrieben haben, ist ein Stück Erfolgsgeschichte. Das kann man wunderbar sehen, wenn man auf der A 2
Wir haben, ich glaube, vor anderthalb Jahren über die wahnsinnige Zunahme von Staus und über die riesengroßen Unfallzahlen geredet, die immer weiter angestiegen sind. Das alles hat sich im Grunde genommen in eine positive Situation umgekehrt. Heute reden wir über schwere Unfälle auf den Bundesstraßen. Genau darum geht es u. a. in diesem Antrag.
Wir wollen nichts anderes, als genau die Dinge, die wir jetzt eigentlich abfeiern können, noch einmal hervorheben. Wir können die Telematik so phantastisch einsetzen. Wir können z. B. im Berufsverkehr andere Geschwindigkeiten auslegen als beispielsweise an Samstagen, Sonntagen oder in der Mittagszeit, wenn der Verkehr relativ normal fließt. Das heißt, wir können direkt auf die Verkehre reagieren und entscheiden, ob man Lkw-Überholverbote ansetzt, ob man eventuell eine Spur sperrt oder eine Standspur hinzunimmt. Diese Flexibilität allein reicht schon aus, um das als Gewinnerthema zu bezeichnen.
Wir wollen - das ist sehr wichtig -, dass man, wenn Staus entstehen - sie entstehen nun einmal immer, nicht nur durch Unfälle, sondern auch durch zähfließenden Verkehr, durch zu langsam fahrende Überholende oder wie auch immer -, reagiert und sagt, wie eine Ableitung von der Autobahn erfolgt, wenn diese erforderlich ist. Das heißt, man muss auch wissen, in welchen Regionen wir was ableiten und in welcher Form möglicherweise Belastungen von Anliegern, von Bewohnern, von Strecken und Straßen erfolgen, die nicht dafür ausgelegt sind. Auch das Navigationsgerät muss entsprechend darauf ausgerichtet sein.
Aber wir brauchen noch viel mehr. Schauen Sie einmal nach Japan. Japan ist in der Beziehung schon seit 10, 15 oder 20 Jahren wesentlich weiter. Dort kann man z. B. klar und deutlich angeben, welche Nebenstrecken in welcher Zeit befahrbar sind, wie lange der Umleitungsprozess dauert, wie lange der Stau dauert und wann sich ein Stau auflöst oder aufbaut. Das kann man heutzutage auch schon bei uns hervorragend durch das GPSNavigationssystem übermitteln. Wenn wir uns das alles zunutze machen könnten, dann würden heute viele nicht mehr von der Autobahn herunterfahren, weil sie schon wüssten, dass sich der Stau bereits
Durch das Navigationssystem, das schon in die meisten Fahrzeuge eingebaut worden ist, gibt es mittlerweile sogar auch die Möglichkeit, die Stauaufbauten oder -abbauten mit den Zeiten anzuzeigen. Das heißt, Sie können sich schon vorher überlegen, ob es sich überhaupt lohnt, von der Autobahn herunterzufahren, oder ob es möglicherweise wesentlich günstiger ist, auf der Autobahn zu bleiben und zwei, drei oder vier Minuten Stau in Kauf zu nehmen.
Ich habe sicherlich nicht als Einzige schon die Erfahrung gemacht, dass ich von der Autobahn abgefahren bin, weil im Rundfunk darauf aufmerksam gemacht wurde, dass es einen Stau gibt, und dann, als ich an der Autobahn vorbeigefahren bin, gesehen habe, dass der Stau schon längst wieder abgenommen hat bzw. der Verkehr läuft. Von daher ist auch der Rundfunk in dieser Hinsicht nicht mehr so effektiv, wie wir uns das vielleicht vorstellen.
Aber es gibt entsprechende Möglichkeiten: Es gibt ein Navigationsgerät, das schon heute entsprechende Meldungen ausgeben kann. Das sollten wir nutzen und weiterentwickeln.
Es gibt also eine Menge Möglichkeiten, die wir ausschöpfen wollen. Deswegen ist dieser Antrag rundherum gut.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau König, Herr Heineking, als Regierungsfraktionen in Niedersachsen einen Antrag zum Thema Verkehrsmanagement zu formulieren und dabei mit keinem einzigen Wort die Landesinitiative ITS Niedersachsen zu erwähnen oder zu reflektieren, was dort gemacht wird, ist schon eine spezielle Leistung. Sie als Regierungsfraktionen ignorieren damit die Leute, die in Niedersachsen seit vielen Jahren hervorragend an dieser Thematik arbeiten. Das zeigt aber auch Ihr Handeln. Sie haben im Bereich Telematik in den letzten Jahren weitgehend geschlafen. Die Aktivitäten auf der A2 sind ein Manöver des letzten Augenblicks in Ihrer Regierungszeit gewesen. Andere Bundesländer sind viele Jahre vor Ihnen gestartet.
Es zeigt sich ja auch im weiteren Verlauf des Antrags und an Ihrer Argumentation, dass dieser Antrag im Wesentlichen ein Lobbyantrag des ADAC ist. Gut, die Regierungsfraktionen können auch einmal die Interessen des ADAC berücksichtigen, aber das müssen wir ja nicht unbedingt als Landesparlament beschließen.
Wir sollten uns an der Stelle vielleicht auch einmal über die eigenen Landesgrenzen hinweg informieren. Hessen z. B. hat es durch einen Ausbau der Telematik in den letzten zehn Jahren geschafft, die Staus auf den hessischen Autobahnen um 80 % zu reduzieren - praktisch ohne Straßenausbau. Das machen die seit zehn Jahren, Frau König, und nicht erst in den letzten zwei Jahren.
Schauen Sie einmal auf der Karte, in welchem Umfang die Telematik auf den Autobahnen bundesweit ausgebaut ist und wie der Technikstandard ist. Auf der A2 ist das - sagen wir mal - deutlich suboptimal, da könnte man viel mehr machen. Da liegen wir zurück. Das wird auch durch Ihren Antrag nicht besser. Denn die zusätzlichen Stauinformationen, die Sie darin fordern, könnte eine vernünftige Telematikausstattung schon viel besser leisten; denn dann wüsste die Verkehrsleitzentrale des Landes, wie es überall auf unseren Straßen aussieht. Dann ließe sich das direkt umschalten, und es wäre keine weitere Initiative notwendig. Sie wecken sich mit diesem Antrag quasi selber auf.
Unter den Nrn. 4 und 6 des Antrags verlieren Sie sich dann in relativen Allgemeinplätzen. Ganz spannend wird es bei den Informationen, die Sie über Rastplätze bekommen wollen. Das alles ist über die Telematik schon heute umsetzbar. Warum sollte man dazu noch ein neues System etablieren? „Willkommen im 21. Jahrhundert!“ kann man da nur sagen.
Dieser Antrag wird keine Wirkung mehr entfalten, sondern die nächste Landesregierung wird es übernehmen müssen, Ihre Versäumnisse hinsichtlich der niedersächsischen Straßen aufzuarbeiten. Ein telematischer Ausbau bringt mehr Sicherheit, mehr Verkehrflüssigkeit. Übrigens haben die anderen Länder das zu wesentlichen Teilen durch Tempolimits erreicht und nicht durch die Aufhebung von Tempolimits oder durch Warnschilder vor Tempokontrollen, wie das der hiesige Verkehrsminister gemacht hat. Damit haben die anderen Ländern die Verkehre sehr erfolgreich flüssiger gemacht. Das werden wir in Niedersachsen in Zukunft auch machen.
Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist die Kollegin Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE.