auf Dauer der Bestand des ICE-Haltepunktes Göttingen gesichert ist. Die Bahn hat schon einmal den Versuch unternommen, den ICE-Haltepunkt Göttingen kaputt zu machen. Das ist lebhaft diskutiert worden, konnte aber verhindert werden. Aber wenn dort zwei Parallelzüge draufgesetzt werden, deren Fahrzeiten sich um fünf bis maximal sieben Minuten unterscheiden, dann kann sich jeder ausrechnen, was das bedeutet. Damit wäre das Oberzentrum Göttingen in der Region Südniedersachsen nachhaltig geschädigt. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Infrastruktur.
Ich bitte darum, dass wir heute über diesen Antrag sofort abstimmen. Ich bedanke mich bei den Fraktionen, die dem Antrag beigetreten sind, sodass wir ihn mit großer Einmütigkeit beschließen können. Ich glaube, es gibt keine andere Möglichkeit. Ich weiß, dass am 1. Juli - also vor wenigen Tagen - die Bürgermeister aus der Region noch einmal bei der Bahn AG waren. Sie sind dort abgefertigt worden, wie mir mitgeteilt wurde. Im Ergebnis hat sich nichts geändert. Ich weiß auch, dass es einen Beschluss des Bundesrates vom 23. Februar gibt - ich glaube, auch Niedersachsen war ihm beigetreten -, in dem klar dargelegt wurde, dass sichergestellt werden soll, dass an allen Knotenpunkten pro Tag Zugpaare in ausreichender Anzahl halten, damit die Knotenpunkte erhalten bleiben können. Insofern sind wir, glaube ich, auf einem guten Weg. Ich hoffe, Herr Minister Hirche, dass Sie bei Ihren Verhandlungen erfolgreich sind - und dies mit der Rückendeckung des ganzen Hauses.
Danke schön, Herr Kollege Schwarz. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Kollegin Weisser-Roelle zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die erste organisatorische Stufe der Bahnreform, die 1993 vom Deutschen Bundestag beschlossen wurde, hat die angestrebten Ziele nicht erreicht.
Statt sich darauf zu konzentrieren, Verkehr in sozialer und umweltverträglicher Weise von der Straße auf die Schiene zu verlagern, verwendete die Deutsche Bahn AG bedeutende Ressourcen darauf, sich zum internationalen Logistikkonzern zu entwickeln.
Trotz Kenntnis dieser negativen Bilanz der ersten Stufe der Bahnreform hat der Deutsche Bundestag auf Antrag der Bundesregierung in, wie ich meine, unverantwortlicher Weise am 30. Mai 2008 beschlossen, vorerst bis zu 24,9 % des Personen- und Güterverkehrs der Deutschen Bahn an private Investoren zu verkaufen.
Die Bundesregierung hat einen, wie ich meine, üblen Trick zur Ausschaltung des Bundesrates und aller Bundesländer bei dieser Entscheidung angewandt. Sie hat diese wichtige gesellschaftspolitische Entscheidung lediglich in die Form eines Regierungsantrages gekleidet anstatt, wie es notwendig gewesen wäre, in Form eines Gesetzentwurfes. Damit wiederum wurde das Votum des Bundesrates und aller Landesregierungen bei der Kapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG verhindert, obwohl die Bundesländer in besonderer Weise davon betroffen sind.
Die Bundesregierung hat die Privatisierung von Teilen der Bahn auf den Weg gebracht, obwohl die Verkehrsminister aller Bundesländer dieses Vorhaben im Beschluss ihrer Tagung im April 2008 in Brüssel wegen der daraus resultierenden absehbar negativen Auswirkungen auf die Schieneninfrastruktur, das Fernverkehrsangebot und die rückläufigen Bahnanbindungen in der Fläche - wir haben gerade davon gehört - massiv kritisiert hatten.
Mit dieser beschlossenen Kapitalprivatisierung ist gleichzeitig das Einfallstor für darüber hinausgehende Beteiligungen von Kapitaleignern geöffnet worden.
Es besteht Anlass zur Sorge, dass jetzt im Konzern der DB AG Entscheidungen verstärkt im Interesse der teilprivatisierten Konzerntöchter getroffen werden. Das betrifft vor allem Entscheidungen, die das Netz betreffen. Hintergrund ist, dass die DB AG der Bundesregierung zugesichert hat, den Gewinn im Fernverkehr in den nächsten vier Jahren zu verfünffachen. Das kann nur gelingen, wenn die Bahn ihr Angebot im Fernverkehr verringert und die Länder als Ausgleich mit zusätzlichen Leis
Besonders nachhaltige negative Auswirkungen sind aus der Teilprivatisierung für das Land Niedersachsen als ausgeprägtem Flächenland und somit für die Mobilität der Menschen zu erwarten.
Es ist zu befürchten - da stimme ich einer der Aussagen von Herrn Hirche ausdrücklich zu -, dass ganze Landstriche oder Zentren von überregionaler Bedeutung vom Fernverkehr abgekoppelt werden. Es ist zu befürchten, dass aus der Kapitalprivatisierung der DB AG einerseits erhebliche Nachteile im Schienenpersonennahverkehr entstehen, weil ohne ergänzende Regelungen das Geld für Instandhaltung, Erhaltung und Ausbau des Bundesschienennetzes knapp werden könnte. Andererseits ist mit weiteren Belastungen zu rechnen, sollte die DB AG künftig noch mehr Städte vom Fernbahnnetz abkoppeln.
Zur Abhilfe hat der Bundesrat am 23. Mai 2008 einen Gesetzentwurf des Landes Sachsen-Anhalt zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot beschlossen. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Länder, die als Besteller des Nahverkehrs betroffen sind, bei Richtungsentscheidungen wie einer Umstrukturierung der Bahn mit einzubeziehen.
Das ist richtig und gut, aber derzeit liegt der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Stellungnahme bei der Bundesregierung. Es gibt Hinweise, wonach dieser Gesetzentwurf des Bundesrates, der darauf abzielt, die Landesinteressen abzusichern, von der Bundesregierung abgelehnt wird. Das hätte weitere verheerende Konsequenzen auch für das Land Niedersachsen.
Die Teilprivatisierung der DB AG birgt auch erhebliche Gefahren für die Arbeitsplätze bei der Bahn und gerade auch bei der Bahnindustrie. Bei der Bahn sind in Niedersachsen rund 13 700 Menschen beschäftigt. Es gibt Hinweise, dass bis zu 30 Tochtergesellschaften der Bahn gegründet werden sollen, die dann mit Lohndumping helfen sollen, Nahverkehrsausschreibungen im Wettbewerb mit anderen Anbietern zu gewinnen. Lohndumping - das sagen wir ganz deutlich - in Verbindung mit
dem Abbau von tarifvertraglich gesicherten Arbeitsplätzen bei der Bahn darf nicht passieren. Dagegen werden wir uns auch wehren.
(Beifall bei der LINKEN - Dr. Philipp Rösler [FDP]: Sie lesen ja nur Ihren Antrag vor, Frau Kollegin! - Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)
- Sie können ruhig Bemerkungen machen. Ich habe einen Kurs gemacht, wie man auf Störer reagiert; da müssen Sie noch eine Schippe drauflegen.
(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Machen Sie doch mal einen Kurs, wie man einen Antrag begründet und nicht nur vor- liest! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)
Die 6 000 Menschen, die in Südostniedersachsen in der Bahnindustrie beschäftigt sind, haben Sorge um ihren Arbeitsplatz. Die großen Unternehmen in Südostniedersachsen sind die Siemens Verkehrstechnik in Braunschweig, Alstom in Salzgitter und Bombardier, ebenfalls in Braunschweig. Diese Menschen haben Sorge um ihre Arbeitsplätze, weil Finanzierungssicherheiten des Bundes fehlen und damit die DB AG Aufträge nicht erteilen kann. Die Betriebsleitung der Siemens AG in Braunschweig hat vor, ich glaube, 14 Tagen mit Herrn Wulff gesprochen, hat auf die Sorgen aufmerksam gemacht und Herrn Wulff gebeten, bei Frau Merkel dafür zu werben - ich sage bewusst: zu werben -, dass diese Gelder zur Verfügung gestellt werden. Ich hätte Herrn Wulff jetzt gerne danach gefragt. Es wurde zugesagt, dass Herr Wulff letzte Woche mit Frau Merkel spricht. Ich hätte gerne eine Antwort darauf, weil gerade in Braunschweig 3 000 Menschen bei Siemens Sorge um ihren Arbeitsplatz haben; denn die Einlösung der Zusagen vom Bund wird schon seit Monaten erwartet, und die Bahn kann, da das bislang nicht geschehen ist, Aufträge nicht erteilen.
Wir fordern Herrn Wulff auch auf, Einfluss darauf zu nehmen, dass der Gesetzentwurf des Bundesrates zur Sicherstellung von Eisenbahninfrastrukturqualität und Fernverkehrsangebot befürwortet wird und dass die offenen Finanzierungsfragen - ich habe sie gerade erläutert - zwischen der Bundesregierung und der DB AG geklärt werden; denn nur dann kann die Bahn Aufträge an die Bahnindustrie vergeben. Nur so ist eine Auslastung auch
im Interesse der Beschäftigten gesichert. Sonst stehen allein in Südostniedersachsen ungefähr 500 Arbeitsplätze zur Disposition.
Der Verband der Bahnindustriellen hat beim Bund vorgesprochen und darauf hingewiesen, dass die Gelder bewilligt werden müssen, weil sonst in der Bahnindustrie bundesweit weit über 1 000 Arbeitsplätze gefährdet sind. Daher ist es die Aufgabe der Landesregierung, ihren Einfluss beim Bund dahin gehend wahrzunehmen, dass diese Arbeitsplätze in Niedersachsen gesichert sind.
Ich würde jetzt gerne noch etwas zu dem Antrag der SPD-Fraktion für den Erhalt der IC-Verkehre auf der Leinetalstrecke und zu einem parlamentarischen Verständnis sagen. Vorhin wurde gesagt, es sei erfreulich, dass sich dem fast alle Fraktionen angeschlossen haben.
Da kann ich nur Herrn Minister Möllring Recht geben, der den Wunsch nach Solidarität hier im Parlament geäußert hat. Nach meinem Verständnis hätten alle Fraktionen gefragt werden müssen, ob sie dem Änderungsantrag zustimmen wollen oder nicht.
Wenn die CDU, die FDP und die Grünen meinen, das gemeinsam mit der SPD machen zu wollen, dann ist das ihr gutes Recht. Wir können sagen: Wir unterstützen diesen Antrag. Aber wir würden für die Zukunft erwarten, dass wir kollegial miteinander umgehen und dass es hier - wie Sie immer sagen - um inhaltliche Debatten geht. Da Sie ein solches Verhalten an den Tag legen, meine ich, dass es Ihnen gar nicht um Inhalte geht, sondern einfach darum geht, Polemik zu machen, wenn Sie sagen, wir seien nicht an Inhalten interessiert.
Meine Redezeit ist abgelaufen. Wir unterstützen den Antrag. Ich brauche die Begründung jetzt nicht mehr vorzulesen. Aber einen letzten Satz würde ich gerne noch gerne sagen, gerade in Richtung der SPD-Kollegen.
Diejenigen Landespolitiker, die jetzt über die Streichungspläne der DB schimpfen, sollten sich vor Augen halten, dass die Deutsche Bahn durch den Beschluss der Großen Koalition in Berlin dazu angehalten ist, gerade im Fernverkehr börsenorientiert zu arbeiten. Wir haben genau vor den nun eintretenden Verkehrseinschränkungen auf Landesebene gewarnt und sehen uns in unseren Befürchtungen bestätigt.
- Frau Kollegin Weisser-Roelle, ich habe das Mikrofon bereits abgestellt. Sie haben aber vielleicht gleich noch Gelegenheit zu antworten, nämlich auf eine Kurzintervention des Herrn Kollegen Schwarz. Anderthalb Minuten, Herr Kollege Schwarz!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Weisser-Roelle, ich möchte nur eines klarstellen: Ich habe im Ältestenrat darauf hingewiesen, dass es diesen Antrag von uns geben wird. Ich habe ferner darauf hingewiesen, dass er in der Region einmütig über alle Parteigrenzen hinweg getragen wird, was die Zielrichtung betrifft, und gefragt, ob wir direkt abstimmen können. Daraufhin ist mir von den anderen Fraktionen signalisiert worden, man wolle das bei sich prüfen und diskutieren. Im Ergebnis ist der SPD-Fraktion von den anderen drei Fraktionen mitgeteilt worden, dass man es für sinnvoll halte, diesen Antrag gemeinsam einzubringen. Von Ihrer Fraktion ist mir das nicht mitgeteilt worden. Hier geht es also nicht darum, dass hier irgendjemand ausgegrenzt wurde. Hier hat sich irgendjemand schlichtweg nicht gemeldet. Vielleicht muss man den Grund auch einmal bei sich selber suchen.