Protocol of the Session on July 3, 2008

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses, nämlich „Sach- und Rechtslage“. Wer ist dafür? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist mit Mehrheit so beschlossen worden.

Ich komme zur Eingabe 4052/15 betr. Schulbildung für Kinder mit SGB II-, SGB XII- und AsylbLG-Leistungen. Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lautet auf „Berücksichtigung“. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Änderungsantrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dieser Änderungsantrag wurde abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses, „Material“ und „Unterrichtung über die Sach- und Rechtslage“. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Das ist so beschlossen.

Ich komme zur Eingabe 40 betr. Parkplatzbau an Bundesautobahnen. Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE lautet auf „Berücksichtigung“. Ich komme zur Abstimmung. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Zweite war die Mehrheit. Der Änderungsantrag wurde abgelehnt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses. Sie lautet auf „Material“. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Das ist so beschlossen.

Ich rufe jetzt die Tagesordnungspunkte 27, 28 und 29 vereinbarungsgemäß zusammen auf:

Erste Beratung: Einsetzung eines 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/284

Erste Beratung: Einsetzung eines 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/289

Erste Beratung: Verantwortungsvoller und zukunftsorientierter Umgang mit der Schachtanlage Asse II - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/294

Wir kommen zur Einbringung. Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird von Herrn Wenzel eingebracht. Sie haben das Wort.

(Die Mikrofonanlage brummt)

- Herr Wenzel, bitte warten Sie noch einen kleinen Moment, irgendwo brummt es. - Jetzt brummt es nicht mehr. Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor fast einem Jahr, Anfang Juli 2007, habe ich im Namen meiner Fraktion bei der Staatsanwaltschaft in Braunschweig Strafanzeige wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen im ehemaligen Salzbergwerk Asse II gestellt. Die Staatsanwaltschaft hat mir am 21. Januar 2008 mitgeteilt, dass sie das Ermittlungsverfahren eingestellt hat.

Heute Morgen meldet der NDR, dass sich die Staatsanwaltschaft unter dem Eindruck der Ereignisse der letzten Tage genötigt sah, die Vorermittlungen in diesem Fall wieder aufzunehmen. Was für ein Wunder, meine Damen und Herren, nachdem mittlerweile zwei Ministerien festgestellt haben, dass hier ein Rechtsbruch vorliegt.

Was das Parlament und die Öffentlichkeit in Bezug auf das sogenannte Forschungsbergwerk für Atommüll in der Asse bei Wolfenbüttel in den letzten Tagen erleben mussten, spottet jeder Beschreibung:

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Im Tagesrhythmus neue Informationen über radioaktiv belastete Lauge in einem Bergwerk, das für alle Ewigkeit trocken bleiben sollte, bislang unbekannte Forschungsprojekte mit Neptunium und Uran, die nachträgliche bergrechtliche Genehmigung von März 2008 für ein heimliches Atommüllendlager auf zwei Seiten Papier, ein Umweltminister, eine Staatskanzlei und eine Bundesforschungsministerin als Eigentümerin, die behaupten, nichts gewusst zu haben.

Mittlerweile ist klar, dass hier von staatlichen Stellen rechtswidrig gehandelt wurde. Das hat das Bundesumweltministerium festgestellt; und das musste das Landesumweltministerium notgedrungen einräumen.

(Filiz Polat [GRÜNE]: Die CDU scheint das nicht zu interessieren!)

Meine Damen und Herren, das schreit nach Aufklärung. Wir brauchen dringend Transparenz, wir brauchen Konsequenzen und Ermittlungen. Umweltminister Sander ist massiv unter Druck geraten und hat als Entlastungsversuch seinen eigenen Staatssekretär als Sonderermittler eingesetzt.

(David McAllister [CDU]: Was ist da- gegen einzuwenden?)

Meine Damen und Herren, hierzu möchte ich den heutigen Justizminister Busemann zitieren, der im Dezember 1999, als es um die Einsetzung des 18. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses ging, Folgendes sagte:

„Wo ist eigentlich die rechtsstaatliche Legitimation dafür, in diesem Lande Sonderermittler einzusetzen? Gibt es Dinge, die strafrechtliche Relevanz haben? - Dann ist die Staatsanwaltschaft zuständig. … Gehen solche Dinge z. B. in den politischen Bereich über? - Dann gibt es eben einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der alles zu klären hat. Irgendwelche Mitteldinge dazwischen im diffusen Raum, in der Grauzone dürfen nicht sein.“

So weit das Zitat von Herrn Busemann.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Hier stimme ich dem Kollegen Busemann voll und ganz zu. Denn das Instrument eines Sonderermittlers, selbst wenn man es wohlwollend betrachtet,

stößt sehr rasch an rechtliche und tatsächliche Grenzen.

Meine Damen und Herren, wir könnten also der Forderung von Herrn Busemann folgen und die Staatsanwaltschaft beauftragen. Dabei gibt es nur ein Problem: Die Staatsanwaltschaft hat den Fall - wie eingangs dargestellt - schon eingehend geprüft. Zuletzt hat mir die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig in einem Schreiben vom 3. Juni 2008, also wenige Tage alt, mitgeteilt, dass im Ermittlungsverfahren gegen das Helmholtz-Zentrum die Aufsichtsbehörde für Atom- und Bergrecht und die oberste Atom- und Bergbehörde wegen unerlaubten Umgangs mit radioaktiven Stoffen „keine Veranlassung besteht, öffentliche Klage anzuordnen“. Außerdem sei die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig überzeugt, dass die Vorgänge in der Asse - Zitat - „der Sach- und Rechtslage in jeder Hinsicht entsprechen“. So weit der Generalstaatsanwalt vor wenigen Tagen, sprich Anfang Juni.

Meine Damen und Herren, Sie werden verstehen, dass wir kein Vertrauen in diese staatsanwaltlichen Ermittlungen haben können.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Mich interessiert vor diesem Hintergrund insbesondere, ob es in dieser Frage Kontakte oder Einflussnahmen des Justizministeriums gegeben hat. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es keine Kontakte gegeben hat.

(Jörg Bode [FDP]: Was?)

Wir wollen wissen, welcher Art diese Kontakte waren.

(Jörg Bode [FDP]: Belege auf den Tisch!)

Ich sage Ihnen dabei auch ganz deutlich, dass wir nicht zögern werden, die Staatsanwälte in einem Untersuchungsausschuss vorzuladen. Wir wollen wissen, welche Maßnahmen die Staatsanwaltschaft zur Prüfung der schon vor Monaten präzise beschriebenen Rechtsverstöße unternommen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Jörg Bode [FDP]: Das ist ungeheuerlich!)

Meine Damen und Herren, wenn wir dem heutigen Justizminister in seiner Stellungnahme zum 18. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss folgen, scheiden damit zwei Möglichkeiten aus: der

Sonderermittler und der Staatsanwalt. Um die Vorgänge in der Asse aufzuklären, halten wir daher einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtages für unumgänglich. Eine klare Gewissheit mit belastbaren Fakten lässt sich nach unseren bisherigen Erfahrungen erst durch vollständige Akteneinsicht, Zeugenladungen und vereidigte Aussagen im Rahmen eines PUA herbeiführen.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss soll darüber hinaus die Fragestellungen klären, die wir in unserem Antrag aufgeführt haben.

Herr Sander, es wird Ihnen auch nicht helfen, wenn Sie jetzt ein Bauernopfer bringen. Die Versetzung des Referenten im Landesbergamt ist ein Hohn. Dass der Präsident des Landesbergamtes jetzt - womöglich noch mit vollen Bezügen - in den vorzeitigen Ruhestand geht, wäre eine Beleidigung des Steuerzahlers.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

So billig, Herr Sander, kommen Sie nicht davon. Vorzeitiger Ruhestand mit vollen Bezügen wird von vielen Menschen sogar noch als Belohnung empfunden und nicht als Strafe.

An dieser Stelle möchte ich auch eindringlich an die SPD appellieren: Stimmen Sie für einen Ausschuss. Alternativen gibt es nicht. Wir brauchen einen schnellen Beschluss für den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, weil wir ansonsten in eine paradoxe Situation geraten. Umweltminister Sander hat angekündigt, dass bis Ende des Jahres eine Entscheidung über das Schließungskonzept herbeigeführt wird. Wenn wir jetzt nicht über den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss entscheiden, kann die Aufarbeitung der Vorkommnisse in der Asse frühestens im Herbst beginnen. Die daraus folgenden Konsequenzen fließen nicht in die Konzeption zur Schließung ein. Das würde die unselige Tradition in der Asse, nämlich immer zuerst Fakten zu schaffen und dann erst die Folgen zu bedenken, ein erneutes Mal fortsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zustimmung bei der SPD)

Das darf schlicht und einfach nicht sein. Ich appelliere daher an alle Fraktionen hier im Haus, den Antrag auf Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu unterstützen und heute einen entsprechenden Beschluss zu fassen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nächster Redner ist Herr Langspecht von der CDU-Fraktion. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! In der Debatte am Dienstag ist deutlich geworden, dass die Vorkommnisse in der Asse II alle Fraktionen beunruhigen und geradezu auch wütend machen. Wir alle sehen hier einen zwingenden Klärungsbedarf; da sind wir uns einig. Wir müssen umfassend und lückenlos darüber informiert werden, warum es zu den Kontaminationen der Salzlauge gekommen ist, wie es kommen konnte, dass die Freigrenzen für Cäsium überschritten wurden, und warum diese Informationen von dem Helmholtz-Zentrum über das Bergamt nicht unverzüglich dem Umweltministerium zugeleitet worden sind.

Wir werden diese Defizite in der Kommunikation aufklären. Wir werden aufklären müssen, warum die kontaminierte Salzlösung ohne ausreichende strahlenschutzrechtliche Genehmigung auf die 950-m-Sohle abgepumpt werden konnte und ob es in der Vergangenheit zu Unfällen gekommen ist, bei denen Radioaktivität freigesetzt wurde. Wir werden die fachlichen und rechtlichen Grundlagen zur Einlagerung, zu den Forschungsaktivitäten und überhaupt zum Umgang mit den Laugen in der Asse thematisieren und der Frage nach der Belastung von Mitarbeitern nachgehen.

Meine Damen und Herren, all diese Sachverhalte werden wir rückhaltlos im Umweltausschuss aufklären. Wir werden deshalb zusätzliche Sitzungen anberaumen. Wir wollen absolute Transparenz. Es gibt aber nach unserer Überzeugung kein Themenfeld, das nicht in einer Sitzung des Umweltausschusses aufgeklärt werden könnte. Deshalb benötigen wir auch keinen Untersuchungsausschuss. Dies hat die SPD-Fraktion ebenfalls erkannt. Sie war auch gut beraten - vielleicht auch aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre -, von der Forderung nach der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses Abstand zu nehmen. Im Übrigen - das haben wir vernommen - laufen erneut staatsanwaltschaftliche Ermittlungen.