Es geht uns um mehr Vernetzung und Kooperation zwischen den beteiligten Leistungserbringern, Herr Hoppenbrock. Es geht uns um mehr Beratung und Aufklärung für Betriebs- und Personalräte sowie Fachkräfte der Arbeitssicherheit. Es geht uns um mehr Effizienz, bessere Ressourcennutzung und schnellere Umsatzstrategien. Das war der Leitfaden, meine Damen und Herren. Nur das war der Leitfaden.
Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, haben von der Verwaltung vortragen lassen und dann erklärt: Alles ist gut, Veränderungen werden nicht benötigt, das war’s, mehr geht nicht mit uns, und mehr wollen wir auch nicht. - Den sinnvollen Vorschlag des Kollegen Enno Hagenah, die Prävention gesetzlich zu verankern, wollten Sie nicht aufgreifen. Zum Schluss haben Sie ernsthaft vorgetragen - das wiederhole ich jetzt, weil das wirklich markant war -, es gebe keine Belege, dass Prävention nütze. Meine Damen und Herren, wir entgegnen Ihnen dazu: Es gibt leider sehr viele Belege dafür, dass keine Prävention schadet. Diese Belege haben wir.
Wir Sozialdemokraten fordern einen verbesserten und präventiven Arbeitsschutz, eine humane Arbeitswelt im Sinne einer ausgewogenen Work-LifeBalance. Da gibt es nach unseren Vorstellungen keinen Stillstand, weil angeblich bereits alles gut geregelt ist, wie es CDU und FDP propagieren. Bei uns geht die Post ab. Wir nehmen das Thema ernst und sehen darin nicht wie Sie, Frau König, ausschließlich Kosten.
Kluge und weitsichtige Unternehmer haben längst erkannt, welche Kostenersparnis und welche Rendite durch einen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu erzielen sind. Kosten in Milliardenhöhe steigern bei klugen Arbeitgebern die Bereitschaft, umzudenken und endlich mehr gegen die schlimmen Folgen von Arbeitsverdichtung und Stress zu unternehmen. Im Jahre 2008 lagen die Behandlungskosten für psychische Störungen bei 29 Milliarden Euro. Die indirekten Kosten lagen sogar bei 45 Milliarden Euro. Die guten, cleveren Arbeitgeber wissen dies sehr genau.
Abschließend, meine Damen und Herren von CDU und FDP, eine dringende Bitte: Geben Sie endlich Ihren Widerstand gegen den gesetzlichen Mindestlohn auf! Der Niedriglohn verletzt die Würde von Millionen Menschen.
Es ist eine fatale Politik, mit der Sie Menschen krank machen können. Sie erzeugen bei Millionen Menschen Zukunftsängste und bringen damit wirklich alle in diesem Land auf die Barrikaden. Darum werden Sie spätestens im Januar kollektiv - das sage ich Ihnen voraus - aus dem Amt gejagt, so wie Ihr großes Vorbild, der auszog, Präsident zu werden. Meine Damen und Herren, Sie haben noch exakt 333 Tage, von heute an gezählt!
Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist der Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Waren wir uns bei der Einbringung des Antrags zumindest verbal scheinbar noch ganz einig mit den Regierungsfraktionen, war in der Beratung im Ausschuss nicht mehr viel davon zu spüren.
Die von Ihnen anfangs als Dollpunkt benannte Forderung der SPD nach einem gesetzlichen Mindestlohn - diesen Zusammenhang kann man zwar herstellen, muss man aber nicht zwingend - hatten wir bei einem Einigungsvorschlag herausgenommen, dann aber allerdings die, wie ich finde, sinnvolle Ergänzung gemacht, ein Präventionsgesetz auf Bundesebene zu fordern und gemeinsam voranzubringen. Das wäre durchaus ein wichtiges Signal gewesen; denn daran fehlt es.
Nun sehen Sie für all das gar keinen Bedarf mehr, auch nicht für die übrigen Forderungen im Antrag. Das bringt mich zu der Frage: Welche Haltung haben CDU und FDP nun eigentlich zur Problematik der Gesundheitsprävention? Haben wir nun eine besorgniserregende Zunahme vor allen Dingen psychischer Belastungen im Beruf, die eine deutlich verbesserte Präventionsarbeit erforderlich
Für uns Grüne ist der Befund klar: Unsere Arbeitswelt hat sich massiv verändert. Atypische Beschäftigung nimmt überproportional zu. Die Leiharbeit boomt. Fast 40 % der unbesetzten Stellen in Niedersachsen kommen aus der Zeitarbeit, einer Branche, bei der kein Arbeitnehmer weiß, ob er morgen noch beschäftigt ist und für wie wenig Euro er eigentlich arbeiten wird. Wir als Abgeordnete haben immerhin fünf Jahre mit Verlängerungsoption. Das ist für Leiharbeiter wahrlich paradiesisch.
Atypische Beschäftigung und die damit verbundenen permanenten Unsicherheiten, Arbeitsverdichtung, zunehmende Fremdbestimmung, sinnentleerte Tätigkeiten, eine Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit und eine immer mehr anonymisierte Arbeitswelt fordern ihren Tribut in der Gesundheit der Menschen.
Krankenkassen wie die Techniker-Krankenkasse und die AOK legen Studien vor, nach denen Menschen zunehmend psychisch krank werden. Immer mehr Menschen sind aus psychischen Gründen nicht mehr in der Lage, ihren Arbeitsplatz aufzusuchen. Meist haben sie über Monate oder sogar Jahre versucht, den inneren Druck zu ignorieren, bis sie einfach nicht mehr konnten. Scham und Angst halten sie davon ab, sich frühzeitig Unterstützung zu holen.
Gesundheitsvorsorge und Prävention sind für uns Grüne daher von zentraler Bedeutung. Deutschland gibt jährlich rund 270 Milliarden Euro für Gesundheit aus, gerade einmal 2,7 % davon für Prävention. Was für eine Unvernunft! Wie viele gesundheitsreparierende Maßnahmen könnten eingespart werden, wenn man mehr für Prävention ausgäbe!
Vor zwölf Jahren hat Rot-Grün die Vorsorge ins Gesetz geschrieben. Unter Schwarz-Gelb erleben wir nicht nur einen Stillstand, sondern sogar einen Rückschritt. Die Ausgaben für Prävention sind im vorigen Jahr noch geringer gewesen als im Jahr davor.
Deshalb können und wollen wir uns mit dem Status quo nicht abfinden. Die laut Ministerium „ausreichende“ Präventionsarbeit - so das Zitat im Bericht - ist mit nur 4 Euro pro Arbeitnehmer und Jahr ein Tropfen auf den heißen Stein.
Es mangelt aber nicht nur am Geld und am Problembewusstsein, sondern vor allem an der Zusammenarbeit der Akteure, die nur mithilfe des von uns vorgeschlagenen Präventionsgesetzes sichergestellt werden kann.
Die Ablehnung des SPD-Antrages und des rotgrünen Änderungsvorschlages sind erneut eine verpasste Chance, den Betroffenen endlich wirkungsvoll zur Seite zu stehen. Die Probleme der Menschen sind Schwarz-Gelb offenbar zunehmend egal.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag zur Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz hat leider nicht zu einem Konsens geführt. Denn bei der Beratung im Ausschuss sind wichtige Fakten angesprochen worden, die aber leider keine Auswirkungen auf den Ursprungsantrag hatten.
Die vorhandenen präventiven und rehabilitativen Maßnahmen, die von sehr vielen Arbeitnehmern und Unternehmen wahrgenommen werden, blieben alle unberücksichtigt. Was Berufsgenossenschaften, Krankenkassen und Rentenversicherer in ihren Aufgabenfeldern anbieten, widerlegt die im Antrag aufgeführten Punkte großenteils. Das haben Sie leider ignoriert.
(Kreszentia Flauger [LINKE]: Fragen Sie einmal die Betroffenen, ob der Mindestlohn für sie ein Gespenst ist!)
Präventionsgesetze sollen Unternehmen zwingen, für die Gesundheit zu sorgen, die doch eigentlich jedem selbst am Herzen liegen sollte. Die Verantwortung wird auf andere abgewälzt.
Dabei ist das Thema wirklich wichtig. Vorsorge sollte im eigenen Interesse liegen. Die Aufklärung sollte verstärkt werden. Beratung sollte naheliegend angeboten werden.
Woher nehmen und nicht stehlen, frage ich mich angesichts der Nachwuchsprobleme im medizinischen Bereich. Wir bekommen doch jetzt schon keine Landärzte. Zusatzqualifikationen im Bereich Betriebsmedizin sind eher unattraktiv. Der Beruf des Betriebsarztes gehört nicht zu den vorrangig gewählten Bereichen der Medizin.
Obwohl das Thema wichtig ist, wird hier absolut alles ausgeblendet, was im Moment eigentlich wichtig ist. Dann wollen Sie beispielsweise die Betriebsärzte auch noch gerne in den Betrieben haben. Wer kann sich das denn eigentlich leisten? - Mittelständler doch ganz bestimmt nicht!
Aber genau das ist Ihre Art: Vorschriften machen, ohne die Folgen zu betrachten. Was die Unternehmen damit anfangen können, spielt absolut keine Rolle - Hauptsache, sie werden in irgendeine zusätzliche Pflicht genommen. Ob Betriebsärzte das, was Sie hier gerade versucht haben aufzuzeigen, überhaupt zu therapieren in der Lage sind oder ob man dafür nicht Psychotherapeuten benötigt, ist auch noch die Frage. Aber auch das steht in Ihrem Antrag überhaupt nicht und ist auch nie diskutiert worden.
Dieses Thema ist also viel zu breit gefächert und zu substanziell, um darüber auf dieser Basis zu beschließen. Es bedarf also eines ganz anderen Ansatzes, um dort zu Verbesserungen zu kommen und Vorsorge zu betreiben.
Was in Ihrem Antrag aufgeführt wird, ist überholt, vielfach auch falsch und nicht umsetzbar. Sie blenden alles das aus, was schon da ist und von unterschiedlichen Bereichen angeboten wird. Darauf muss man das Ganze doch stützen: Was haben wir, und was brauchen wir danach noch?
Erst vor dem Hintergrund der bereits durchgeführten Maßnahmen, die aufgelistet gehören, der damit verbundenen Umsetzungen und der neukonzipierten zusätzlichen Dinge kann man ermitteln, wo
Das alles fehlt völlig, einschließlich der neuen Projekte, die die schwarz-gelbe Bundesregierung aufgelegt hat. Daher müssen wir diesen Antrag ablehnen. Er ist substanziell einfach nicht vernünftig gemacht.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was ist gute Arbeit? Auf diese Frage antworten die meisten Menschen: Meine Arbeit soll sicher sein und anständig entlohnt werden. Sie soll meiner Gesundheit nicht schaden, und ich möchte mitbestimmen, wie und was ich mache. Von guter Arbeit kann also nur dann die Rede sein, wenn diejenigen, die sie verrichten, nicht nur gerecht dafür entlohnt werden, sondern auch keine gesundheitlichen Schäden befürchten müssen.