Protocol of the Session on January 19, 2012

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Als nächster hat der Kollege Herzog von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön!

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der hat mehr Ahnung als viele Ingenieure, muss ich einmal sagen! - Gegenruf von Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Er ist Ingenieur!)

Danke, das stimmt.

(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Sie kennen sich ja gut aus in Ihrer Frakti- on, Frau Flauger!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer gedacht hat, Fukushima werde im Denken der Atombefürworter etwas ändern, und wer geglaubt hat, die Asse-Havarie werde real und radikal die Richtung im Umgang mit Atommüll ändern, sieht sich getäuscht. Die Bund-Länder-Kommission lässt Gorleben im Endlagertopf. SPD und Grüne ringen mit sich und der Wahrheit im Konjunktiv. Der Chefminister verplappert sich und kündigt einen Baustopp in Gorleben an.

Als Röttgen im Herbst 2010 auf Basis von Uraltbergrecht im Gorlebener Salzstock weiterbauen ließ, wollte er gleichzeitig mit dem so genannten Gorleben-Dialog ein Rechtssicherheitspflaster über die autokratische Gorleben-Festlegung pappen. Die Lüchow-Dannenberger zeigten ihm aber die kalte Schulter, nach dem Motto: „Stell dir vor, es ist Röttgen und keiner geht hin!“ - allerdings nicht ohne Röttgen vorher, im Februar 2011, im Kreistag einen atompolitischen Einlauf zu verpassen, an dem er heute noch verdaut.

Nun, der „liebe Norbert“ stoppt gar nichts. Wieder einmal mogelt er Hütchen durchs Salz. Gesundbohren ist seine neue Devise. Dabei ist längst klar, dass ein Riesengasgebiet unterm Salz liegt. In jedem Bohrkern aus dem Gorlebener Salz fand sich auch Gas. Klar ist auch, dass Salz sehr wohl Klüfte bildet und dass dieses Gas nach oben aufgestiegen ist. Sicher ist, dass Röttgen die vorläufige Sicherheitsanalyse für Gorleben, die unbedingt bis zur Abwahl 2013 unter Dach und Fach sein sollte, nicht schaffen wird. Das schafft auch nicht sein Bock-Gärtner Thomauske, wie gut bezahlt auch immer.

Tunnel gibt es in einem einzigen Erkundungsbereich. Der zweite, den er unbedingt durchtunneln wollte, ist völlig durch die obertägigen Grundstücke

unbeirrbarer Atomgegner zerlegt. Ich enteigne nicht, sagte Röttgen im Kreistag in Hitzacker - ab 2013 mangels Zuständigkeit.

Wie so oft machen nicht zuständige Behörden die nötige Grundlagenarbeit, sondern unabhängige Wissenschaftler. Als kürzlich Dr. Kleemann in Lüchow darstellte, dass der Salzstock GorlebenRambow auf einer aktiven tektonischen Störungszone liegt, tat er nichts anderes, als die Quellen der Arbeiten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zu durchforsten. Ausgerechnet deren Material, auf das sich der ganze Gorleben-Mumpitz stützt, erwies sich als veraltet, lückenhaft und fehlerhaft ausgewertet.

Klar, die CDU-Bundestagsabgeordneten Grindel und Pols, argumentsfreie Pro-Gorleben-Kreuzritter, versuchen, Kleemann als Wissenschaftler zu diskreditieren. Das Lüneburger Gericht hat die Herren gestoppt. Gut so!

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Der arbeitet doch für die Grünen, oder se- he ich das falsch?)

Gut auch, dass die Niedersachsen-Grünen mit diesem Antrag eine klare Furche ziehen und Gorleben endgültig aufgeben wollen.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Kollege, sa- gen Sie einmal etwas dazu! Arbeitet der für die Grünen oder nicht?)

Das war in dem Beschluss eures Landesparteitages deutlich unklarer. Aber bitte bringt die grüne rheinland-pfälzische Umweltministerin Lemke schnell wieder davon ab, im Gorlebener Salz ein Untertagelabor zu wollen!

Der SPD möchte ich sagen: Eine Sollformulierung im Bundesparteitagsbeschluss reicht zur Beendigung des Gorleben-Abenteuers nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Übrigens will ich Ihnen nicht vorenthalten, dass es wieder frische Resolutionen aus Lüchow-Dannenberg gibt, die Röttgens Vorgehen eine klare Absage erteilen und die endgültige Aufgabe Gorlebens fordern: im Kreistag ohne CDU, aber mit FDP; im Stadtrat Dannenberg einstimmig.

Meine Damen und Herren, Gorleben ist mausetot - geologisch, politisch, verfahrenstechnisch, rechtlich, demokratisch. Deshalb mein Appell insbesondere an CDU und FDP: Folgen Sie endlich dem

Verdacht, Herr Bäumer, dass das nichts wird im Wendland.

(Beifall bei der LINKEN)

Nicht ein Gorleben-Dialog ist angesagt, sondern ein Gorleben-Epilog.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Nächster Redner ist Herr Bäumer für die CDUFraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Jahr 2012 ist das Jahr null nach dem Atomkonsens. Ein halbes Jahr ist es her, dass im Bundestag die Energiewende beschlossen worden ist.

Alle Fraktionen wollen bei der Endlagerung radioaktiver Abfälle vorankommen. Die zentrale Frage wird in diesem Zusammenhang sein, wie wir diese große gesamtgesellschaftliche Frage gemeinsam lösen. Hierzu werden Bund und Länder bis zum Sommer ein Endlagersuchgesetz auf den Weg bringen. Bundesweit soll dann auf einer weißen Karte nach einem Lager für hoch radioaktiven Atommüll gesucht werden.

Nachdem jahrelang Konsens war, dass der Müll am Ende der Einlagerungsphase dauerhaft von der Biosphäre abgeschlossen sein soll, am besten im Salz, werden nun alle relevanten Gesteinsformationen, egal ob Ton, Granit oder auch Salz, einbezogen. Dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein großer Erfolg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Diesen Erfolg haben wir unserem Ministerpräsidenten David McAllister zu verdanken und eben nicht den Aufrufen von Teilen der Opposition zu Straftaten im Rahmen der Castortransporte.

(Kurt Herzog [LINKE]: Ach du Schan- de!)

Der Gorlebener Salzstock wird seit 1986 erkundet. Zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2010 war die Erforschung unterbrochen, und zwar auf Anordnung der damaligen rot-grünen Bundesregierung. Die zentrale Frage ist jetzt: Wie gehen wir mit den Erkenntnissen aus den Jahren der Erkundung um? Lassen wir uns die Erkenntnisse von

35 Jahren einfach aus politischen Gründen vom Tisch wischen? - Das, meine sehr geehrten Damen und Herren, hätte mit sachorientierter Politik nichts zu tun.

Wir machen jetzt einen Kompromissvorschlag zwischen denen, die sofort die Erkundung stoppen wollen, und denjenigen, die noch länger als bis 2013 erkunden wollen. Sicher, meine sehr geehrten Damen und Herren, Gorleben ist damit zwar noch nicht völlig aus dem Spiel. Aber es gibt keine Vorfestlegungen - weder auf ein Medium, in dem der Müll gelagert werden soll, noch auf einen Standort.

Wenn wir jetzt erleben, dass, wie von Ihnen, Herr Wenzel, in Ihrem Antrag gefordert, Gorleben aus politischen Gründen beerdigt werden soll, dann - prophezeie ich Ihnen - wird auch zukünftig kein Standort politisch durchzusetzen sein. Eines muss Ihnen doch klar sein: Niemand will den Atommüll vor seiner Haustür haben. Ein Atommüllendlager wird immer auf Protest und Widerstand in der Bevölkerung vor Ort stoßen. Natürlich haben die Menschen Bedenken. Das zeigen auch Umfragen, die man bei dpa lesen kann. Demnach fürchten sich 81 % der Befragten vor den vom Atommüll ausgehenden Gefahren. Nur jeder Zwanzigste - also 5 % - hat, was den Atommüll angeht, keinerlei Sorgen. Am eigenen Wohnort würden lediglich 17 % aller Menschen ein Atommüllendlager akzeptieren. Eine Verlagerung ins Ausland kommt allerdings für 59 % der Menschen auch nicht infrage.

Genau deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, müssen wir jetzt intensiv nach einem Endlager suchen und dies am Ende auch finden. Wir müssen auch die von Ihnen, Herr Wenzel, kritisierte Sicherheitsanalyse in Gorleben durchführen und zu Ende bringen. Nur damit können wir Gorleben auf geologischer Basis ausschließen. Es reicht nicht zu sagen, Gorleben sei politisch tot. Wir brauchen geologische Erkenntnisse. Denn wer will denn anderswo in Deutschland - an möglichen vier weiteren Standorten - den Menschen vor Ort sagen: „Wir machen das bei euch!“, wenn man ihnen nicht definitiv sagen kann: „Gorleben war geologisch eben nicht geeignet.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb reicht es nicht, Gorleben für politisch tot zu erklären. Glauben Sie ernsthaft, dass man mit der Begründung anderswo suchen könnte? - Ich glaube das nicht. Ich muss Ihnen sagen, Herr Wenzel, ich hätte erwartet, dass Sie, nachdem Sie diesen Antrag eingebracht haben, dazu auch gesprochen

hätten. Aber Sie haben es wunderbar geschafft, an Ihrem eigenen Antrag vorbeizureden; denn einen ganz zentralen Satz haben Sie in Ihrer Rede nicht erwähnt, und der lautet - man findet ihn unter dem zweiten Spiegelstrich -: Der Standort Gorleben muss endgültig aufgegeben werden.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das stand schon in der Presseerklärung, Herr Bäumer!)

Wenn man dazu, Herr Wenzel, das Eckpunktepapier von Minister Untersteller aus Baden-Württemberg liest, dann findet man dort in einer Fußnote, meine sehr geehrten Damen und Herren - in einer Fußnote! - den bemerkenswerten Satz: Der Salzstock Gorleben ist dabei nicht von vornherein ausgeschlossen, sondern wird anhand der gleichen Kriterien bewertet wie andere Salzformationen auch.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist un- ser Antrag, falls Sie es noch nicht bemerkt haben!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Grüne in Baden-Württemberg formulieren etwas, was Herr Wenzel als Grüner hier in Niedersachsen nicht will. Herr Wenzel, Sie sollten mal den Telefonhörer in die Hand nehmen, mit Herrn Untersteller reden und ihm klar machen, dass Sie hier etwas fordern, worüber er schon längst hinaus ist.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Haben Sie auch den ersten Absatz gelesen und gehört, was Herr Birkner gemacht hat?)

Herr Kretschmann, der von Ihnen vielleicht bewunderte Ministerpräsident in Baden-Württemberg, hat auch erkannt: Irgendwo muss am Ende des Tages der Müll hin. Man kann ihn eben nicht einfach irgendwo ungeregelt stehen lassen.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren von der linken Seite dieses Hauses, bitte ich Sie: Lassen Sie uns zukünftig nicht nur über Gorleben reden! Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wohin man alternativ Atommüll bringen könnte!

Herr Herzog, Herr Tanke, Herr Wenzel, wir können hier noch die nächsten Jahre über Gorleben reden, aber ich lade Sie ein, Vorschläge zu unterbreiten, wo aus Ihrer Sicht der Atommüll gelagert werden müsste. Davon habe ich schon vor mehreren Plenarwochen gesprochen. Ich habe darauf bislang keine Antwort erhalten. Ich lade Sie ein: Geben Sie diese Antwort, damit die Menschen hier in diesem

Lande wissen, wo Sie lagern wollen: In Granit, in Salz, in Ton? Und vor allem: In Niedersachsen oder anderswo in Deutschland?

(Kurt Herzog [LINKE]: Zu Hause!)

Aber machen Sie diese Vorschläge! Reden Sie nicht nur über Gorleben! Reden Sie einmal von Alternativen! Bislang bleiben Sie diese Antworten schuldig. Das, Herr Wenzel, reicht den Menschen nicht aus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist falsch, Herr Bäumer! Sie verdrehen schon wieder die Tatsachen!)