Ich sage es noch einmal: Die Tatsache, dass wir das Rechtsgebiet des Aufenthalts in Deutschland rechtsstaatlich, mit verfassungsrechtlicher Abstützung, geregelt haben und obendrauf ein Härtefallverfahren regeln, ist ein Gütesiegel für den Staat in der Frage der humanitären Flüchtlingspolitik. Man muss gar nicht so weit schauen und auch in der deutschen Geschichte nicht so weit zurückgreifen: Es gibt Staaten, die schon von ihrer Verfassung her gar nicht begreifen, dass es eine Flüchtlingspolitik geben muss.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass Niedersachsen dafür bekannt ist, die restriktivste Flüchtlingspolitik zu betreiben, frage ich die Landesregierung: Welche Maßnahmen stellen Sie sich vor, um das Verhältnis, das Sie und auch wir vorhin schon angesprochen haben - auf 1 Million Einwohner Niedersachsens kommen nur 22 positiv beschiedene Härtefälle; der größte Abstand besteht zu Berlin, wo es 592 positiv beschiedene Fälle auf 1 Million Einwohner gibt -, zu verbessern? Ich bitte Sie, nicht wieder auf Ihre andere Statistik zu verweisen, sondern tatsächlich einmal auf diese Zahlen einzugehen.
Herr Präsident! Frau Kollegin, Sie haben Ihre Frage mit einer Unterstellung eröffnet, um dann Ihre weitere Frage darauf aufzubauen. Sie haben unterstellt, Niedersachsen sei in Sachen Anerkennung in Härtefallverfahren sozusagen als das restriktivste Land bekannt. Dem ist nicht so. Das ist eine Behauptung, die ich hier ganz eindeutig zurückweise.
(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie hat „restriktivste Flüchtlingspolitik“ gesagt!)
- Ich kann das gerne auf diese Formulierung erweitern: Meine Zurückweisung gilt auch dafür. Ich glaube, ich habe in der Antwort deutlich gemacht, dass wir mit unseren Zahlen im Bundesvergleich im oberen Mittelfeld liegen. Ich habe mich vorhin auch mit dem Zahlenwerk von Amnesty auseinandergesetzt, um deutlich zu machen, dass Amnesty das selbst ein bisschen infrage stellt.
Ich empfehle Ihnen, meine Antwort nachher noch einmal in Ruhe durchzulesen und - das ist keine geheime Unterlage - den Tätigkeitsbericht der Härtefallkommission 2010 in Niedersachsen dazu zu nehmen. Man kann nur sagen: Allen dort Tätigen, allen, die das Konstrukt so entwickelt haben, ein herzliches Dankeschön dafür, dass sie sich
dieser Mühe unterzogen haben und auch mit einer recht hohen Anerkennungsquote Härtefälle anerkannt haben! Lesen Sie sich das durch. Dann wissen Sie: Wir sind nicht restriktiv!
Herr Präsident! Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse möchte ich eine Frage stellen, die sicherlich viele in Niedersachsen bewegt. Welche Rolle spielt die Kategorie der Humanität für die Landesregierung bei der Behandlung von Flüchtlingsfragen?
Herr Präsident! Frau Dr. Lesemann, auch wenn die eigentliche Frage das Thema „Härtefallkommission“ im Grunde genommen schon verlassen hat, möchte ich Ihnen sagen: Ob in der Aufenthaltspolitik, in der Innenpolitik oder in der Rechtspolitik - in der gesamten Landespolitik können Sie davon ausgehen, dass der Gesichtspunkt humanitären Verhaltens und humanen Benehmens bei uns immer eine Rolle spielt.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Vor dem Hintergrund, dass wir Parlamentarier solche Nachfragen stellen, um damit auch Anregungen zu formulieren und vielleicht das humanitäre Verfahren noch zu verbessern, frage ich die Landesregierung: Können Sie sich vorstellen, dass den Mitgliedern der Härtefallkommission das Recht der Selbstbefassung zugestanden wird, damit z. B. auch bei zu vollziehender Abschiebung neue Erkenntnisse den Anlass geben, das Verfahren zu unterbrechen und erneut aufzunehmen? - Ich frage das vor aktuellem Hintergrund. Es geht nicht darum, eine Minute vor dem Start des Flugzeuges noch ein Verfahren zu stoppen. Aber es muss doch die Möglichkeit geben, aus humanitären Gründen das Verfahren neu
aufzurollen, selbst dann, wenn die Abschiebung vollzogen werden muss, wenn ein Mitglied der Kommission ein Antragsrecht auf Selbstbefassung hätte. Können Sie sich das vorstellen?
Herr Präsident! Herr Kollege Bachmann, das Recht der Selbstbefassung ist offenbar schon gelebte Wirklichkeit in dieser Härtefallkommission.
Ich denke, dass man in diesem Verfahren, das nunmehr mit Verbandsbeteiligung im ersten Quartal des nächsten Jahres beginnen wird, noch einmal neu durchdenken, durchspielen, klären kann: Wie ist es, wenn dann, wenn das offizielle Aufenthaltsverfahren abgeschlossen ist, wenn die Härtefallkommission schon so oder so gesprochen hat, bis zum Zeitpunkt der Abschiebung
- ja, ja - noch weitere neue Gründe hinzutreten? - Das kann ja mal so sein. Die gelebte Wirklichkeit bringt dann konstruierte Gründe hervor, aber die gelebte Wirklichkeit kann auch Lebenssituationen ergeben wie Veränderungen in dem Land, wohin abgeschoben werden soll. Das kann über Nacht passieren. Dafür wäre ich offen. Das überlassen wir aber den Experten, auch den beteiligten Mitgliedern, Organisationen und Personen, die in der Härtefallkommission verankert sind. Darin sind Leute vertreten, die Manns genug sind und auch genug Überblick haben, um zu sagen: Was ist dem Ziel förderlich? Was hält auf, und was geht einfach nicht? - Diesbezüglich würde ich auch von Ihrer Seite aus ein bisschen Vertrauen investieren.
(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Es geht darum, dass Sie Herrn Schüne- mann überzeugen! - Filiz Polat [GRÜNE]: Dann lassen Sie die das machen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Busemann, Sie haben angeführt, dass ein Argument für die Härtefallkommission die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation auch in Bezug auf den Landkreis ist, in dem z. B. eine Familie lebt. Ist von der Landesregierung angedacht, einen Topf auf der Landesebene zu schaffen, um spezielle Belastungen einzelner Landkreise zu vermindern?
Meine Damen und Herren, die letzte Zusatzfrage für die Fraktion DIE LINKE und auch die letzte, die mir vorliegt, kommt von der Kollegin Frau Flauger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Herr Lindemann jetzt hier auf mehrere Fragen hin ausgeführt hat, dass § 23 a des Aufenthaltsgesetzes keine Einschränkungen
- Herr Busemann; entschuldigen Sie bitte; die Namen sind so ähnlich - hinsichtlich der Zusammensetzung und der Arbeitsweise einer Härtefallkommission macht, sondern lediglich festschreibt, dass dringende humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen müssen - das haben Sie hier so dargestellt -, frage ich die Landesregierung, ob sie es dann auch vor dem Hintergrund der Veränderung in der gesellschaftlichen Diskussion für geboten hält, die Zusammensetzung der Härtefallkommission z. B. dahin gehend zu ändern, dass auch Vertreter von Flüchtlingsorganisationen stimmberechtigt Mitglied in der Härtefallkommission sein können, sodass dann auch leichter ein Zwei-Drittel-Quorum erreicht werden kann. Wollen Sie entsprechende Maßnahmen ergreifen, um endlich Erleichterungen zu verschaffen? - Ich finde, das wäre an der Zeit.
Herr Präsident! Frau Kollegin, das mit dem Namen ist nicht so tragisch. Wir sind ja da vorne noch in der Kennenlernphase.
Also: Der jeweilige Landesgesetzgeber ist in der Ausgestaltung der Härtefallkommission nach § 23 a frei. Das ist eine nicht unwichtige Botschaft, die alle betrifft.
Man muss aber auch nach dem Landesinteresse und der Art und Weise der Gestaltung der Verhältnisse gucken, wie man das ausgestaltet. Gehen Sie einmal davon aus, dass man es sich in Niedersachsen gut überlegt hat, die Zusammensetzung so zu nehmen, wie sie jetzt ist. Es mag sein, dass man in den nächsten Monaten darüber anders denkt. Es ist nicht meine Sache, das hier zu tun.
Aber Sie dürfen nicht von vornherein unterstellen, dass dann, wenn ein Mitglied einer Flüchtlingsorganisation sozusagen gesetztermaßen darin wäre, die Zweidrittelmehrheit erreicht ist. Auch dieses Mitglied ist seinem Gewissen gegenüber verantwortlich und wird in manchen Fällen auch so handeln müssen. Das sollten Sie dabei auch beachten.
Meine Damen und Herren, weitere Zusatzfragen zu der Dringlichen Anfrage der Fraktion DIE LINKE liegen nicht vor.
Energiewende: Kennt Wirtschaftsminister Bode den Entwurf des Energiekonzepts der Landesregierung nicht? - Anfrage der Fraktion der SPD - Drs. 16/4249