Protocol of the Session on December 7, 2011

(Beifall bei der LINKEN)

Mit einer solchen Klientelpolitik hoffen Sie vielleicht, die FDP retten zu können. Den Schülerinnen und Schülern hilft es kein Stück weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen eine Bildungspolitik, die am lebenslangen Lernen orientiert ist, die an Schulen orientiert ist, die kleine Klassen haben, und an Schulen orientiert ist, an denen möglichst lange gemeinsam gelernt werden kann. Die Schulform, an der man am besten gemeinsam lernen kann und am längsten gemeinsam lernen kann, ist die Integrierte Gesamtschule.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es ist unverantwortlich, Kinder schon nach der 4. Klasse in drei oder zwei Schulformen zu sortieren, wenn sie gerade zehn Jahre alt sind.

(Beifall bei der LINKEN - Astrid Vo- ckert [CDU]: Es werden die Kinder nicht sortiert!)

- Selbstverständlich werden sie sortiert: in verschiedene Schubladen, die Ihrem Schulsystem zugrunde liegen.

Die Integrierte Gesamtschule haben Sie immer diskriminiert. In der letzten Legislaturperiode hatten Sie sogar ein Gründungsverbot im Schulgesetz stehen. In dieser Legislaturperiode haben Sie immer neue Hindernisse errichtet.

Das geht schon damit los, dass, bevor eine Integrierte Gesamtschule gegründet werden kann, in der Nähe das dreigliedrige Schulsystem vollständig vorhanden sein muss, auch wenn die Eltern es vielleicht gar nicht haben wollen.

Dann muss sie mindestens fünfzügig sein, obwohl es in Niedersachsen genug Gesamtschulen gibt, die auch vierzügig hervorragend organisiert sind und erfolgreich arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die nächste Diskriminierung ist, dass Sie den Gesamtschulen, jedenfalls den Neugründungen, nicht automatisch den Ganztagsstatus zugestehen, obwohl das pädagogische Konzept der Gesamt

schule untrennbar mit dem pädagogischen Konzept der Ganztagsschule zusammenhängt.

Außerdem haben Sie den Integrierten Gesamtschulen 12 Jahre aufgezwungen, obwohl sie nach ihrem Verständnis eigentlich 13 Jahre Unterricht bis zum Abitur haben wollen.

Schließlich haben Sie, nachdem Sie mit all diesen Diskriminierungen nicht verhindern konnten, dass die Integrierte Gesamtschule von den Eltern nach wie vor nachgefragt wird, als Gegenmodell die Oberschule erfunden. Aber auch hier haben Sie die nächste Diskriminierung gleich wieder eingebaut. Die Klassenteilungsgrenze ist an der Oberschule 28, während sie an der Integrierten Gesamtschule 30 ist.

Aber auch das hilft alles nichts. Sie wollen mit dieser Politik der Diskriminierung nur immer wieder neu den Elternwillen missachten.

(Beifall bei der LINKEN)

Erlauben Sie mir noch ein Wort zur Oberschule. Ich kenne mich da ein bisschen aus, weil meine Frau an einer Haupt- und Realschule unterrichtet, an der auch gerade im Kollegium diskutiert worden ist: Sollen wir nun Oberschule werden oder nicht?

Große Begeisterung war an dieser Schule nicht zu verspüren. Es hat eine Abstimmung im Kollegium gegeben. Die große Mehrheit hat sich enthalten. Die anderen, die dafür waren, haben gesagt: Wozwischen haben wir denn zu wählen? - Wenn wir Haupt- und Realschule bleiben wie bisher, kriegen wir auch keine bessere Ausstattung. Wenn wir einfach das Schild austauschen und Oberschule werden, kriegen wir eine Funktionsstelle mehr.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Eine?)

Na gut; dann werden wir eben Oberschule. - So ist das entschieden worden. So hat sich eine Minderheit bei Mehrheit der Enthaltungen für die Oberschule ausgesprochen. Begeisterung war da nicht zu spüren.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Die sind aber schlecht informiert, Herr Adler!)

- Sie können das an der Haupt- und Realschule Varel überprüfen.

(Ulf Thiele [CDU]: Wollen Sie damit sagen, Ihre Frau hätte es nicht ge- schafft, das Kollegium gegen diese Schule aufzubringen? Das ist ja doll!)

Schauen wir uns das mit den Oberschulen noch einmal genauer an. Streng genommen gibt es ja zwei Formen von Oberschulen, nämlich die jahrgangsbezogene Oberschule und die schulformbezogene Oberschule. Interessant ist nun Folgendes - das war für mich wirklich überraschend -: Von den 132 neuen Oberschulen arbeiten 89 Schulen jahrgangsbezogen ohne jede Fachleistungsdifferenzierung, 29 Schulen arbeiten jahrgangsbezogen mit einer Fachleistungsdifferenzierung in Englisch und teilweise in Mathematik, und nur 14 Schulen arbeiten überwiegend schulzweigbezogen.

An den Oberschulen hat man in der Regel kein gymnasiales Angebot. Damit unterscheiden sie sich von den Integrierten Gesamtschulen und verhindern Bildungschancen.

Diese Hinweise sind eindeutig. Schulen, Schülerinnen und Schüler, Eltern - alle wollen ein längeres gemeinsames Lernen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Nur CDU und FDP sperren sich dagegen - mit ihrer Politik von gestern.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen haben wir für das Jahr 2013 schon die Verschiebung der Haushalte vorgenommen.

Nach der Landtagswahl vom 20. Januar 2013 wird es eine deutliche Stärkung der Integrierten Gesamtschulen geben, sodass sich zahlreiche Oberschulen dann freiwillig in Integrierte Gesamtschulen umwandeln werden.

Im letzten Schuljahr mussten die Integrierten Gesamtschulen 3 215 Schülerinnen und Schüler abweisen. Mit anderen Worten: Jeder vierte Elternwille konnte nicht erfüllt werden.

Wir werden dafür sorgen, dass die Eltern zu ihrem Recht kommen, und zwar durch einen Rechtsanspruch auf die Integrierte Gesamtschule, die wir im Schulgesetz verankern wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Kommen wir nun zur Inklusion. Mit Ihrem Gesetzentwurf verschieben Sie die Einführung der Inklusion auf den Sankt-Nimmerleins-Tag, weil Sie sich weiterhin weigern, massiv in Fortbildungsmaßnahmen für die Lehrkräfte zu investieren, und weil Sie nicht an der substanziellen Verkleinerung der Klassengrößen sowie besseren räumlichen und personellen Betreuungsmöglichkeiten arbeiten.

Nur mit einer solchen Haushaltspolitik kann Inklusion aber gelingen.

Sie verstoßen damit letztlich gegen die Intention der UN-Behindertenrechtskonvention,

(Beifall bei der LINKEN)

was ein Rechtsverstoß ist. Apropos Rechtsverstöße: Sie, Herr Dr. Althusmann, haben am vorletzten Montag endlich die Notbremse gezogen und einen vorläufigen Stopp weiterer Honorarverträge verfügt. Doch über alles Weitere herrscht große Unklarheit und Unsicherheit an den Schulen:

Werden jetzt die laufenden - illegalen - Honorarverträge in reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsverträge umgewandelt? - Diese Frage werden Sie vielleicht doch einmal beantworten können.

Und wer hat die finanziellen Folgen dieser notwendigen Umwandlung zu tragen? Werden das die Schulen bezahlen müssen? Wer kommt für die zusätzlichen Kosten auf? - Sie haben den Schulen versprochen, dass es nicht zu ihren Lasten gehen wird. In dem Haushaltsansatz Ihres Hauses finde ich dazu aber keinen Beleg.

Meine Fraktion setzt sich dafür ein, dass Daueraufgaben in den Schulen von dauerhaft Beschäftigten erbracht werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Ganztagsangebote müssen endlich mit voller Personalausstattung unterfüttert werden. Die Ganztagsschule light muss endlich ein Ende haben. Unser Haushaltsansatz weist dazu einen Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch einen Rechtsverstoß will ich ansprechen. Ich spreche über § 54 des Schulgesetzes, wo die Schulgeldfreiheit zu finden ist. Die Realität in Niedersachsen sieht anders aus. Hier gibt es ein Büchergeld mit Sozialklausel. Hier gibt es kostenpflichtiges Unterrichtsmaterial und kostenpflichtige Kopien. Hier gibt es kostenpflichtige Schülerbeförderung in der Sekundarstufe II. Hinzu kommen Ausgaben für Klassenfahrten, für Schulranzen, Turnschuhe, Zeichenmaterial und viele kleinere Posten mehr. Auch bei der Schulverpflegung müssen selbst die ärmsten Familien einen Eigenanteil obendrauf legen.

Meine Damen und Herren, in der Realität gibt es faktisch ein Schulgeld in Niedersachsen. Meine Fraktion, die Linke, ist überzeugt: Bildung muss

kostenfrei und jedermann und jederfrau unabhängig vom Geldbeutel zugänglich sein.