Protocol of the Session on December 7, 2011

(Thomas Adasch [CDU]: Und das Schottern?)

Herzlichen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat sich Frau Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort, Frau Janssen-Kucz. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf der Landesregierung zum Doppelhaushalt wurde kurzfristig überarbeitet, die Neuverschuldung noch etwas reduziert, damit man wenigstens formal im verfassungsgemäßen Rahmen bleibt. Dennoch bleibt der Haushalt im Innenbereich grau und weist nichts zukunftsweisendes Neues auf. Er ist einfach eine Fortschreibung.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann übernimmt den Vorsitz)

Die Debatte zu den kommunalen Finanzen hat deutlich gemacht, dass z. B. auch an diesem Punkt nicht viel von der schwarz-gelben Regierung zu erwarten ist. Sie wollen nicht wahr haben, dass vielerorts die Hütte brennt. Sie haben ein bisschen herumgedoktert und weiße Salbe an die Kommunen verteilt, aber damit bleibt die Schieflage.

Das von Herrn Schünemann propagierte Programm Zukunftsvertrag ist für die Kommunen ein Knebelvertrag oder, wie man auch sagen kann, süßes Gift.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Kommunen geben nämlich ihre Haushaltsautonomie auf, und ihnen werden die Hände gefesselt. Die Selbstverwaltung wird damit weiter aushöhlt. Und das stimmt sehr wohl!

Die Konsolidierung eines Haushalts nur über die Ausgabenseite ist eindeutig falsch und führt dazu, dass die betroffenen Kommunen nicht nachhaltig in die Zukunft investieren, sondern nur noch den Mangel verwalten.

(Jan-Christoph Oetjen [FDP]: Dazu zwingen wir sie nicht!)

Die notwenige Mindestausstattung der Kommunen, die in einem gewissen Umfang auch freiwillige Aufgaben einschließt und die nicht der Verteilungssymmetrie unterliegt, ist von dieser Landesregierung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, mit dem Beamtenversorgungsgesetz, das hier im November verabschiedet worden ist, haben Sie eine Chance vertan, nämlich die Chance, endlich alle Landesbediensteten gleich zu behandeln und die Bestimmungen in der gesetzlichen Rentenversicherung auch auf Beamte anzuwenden. Und so tragen Sie weiter dazu bei, dass die sozialrechtliche Kluft zwischen Angestellten und Beamten beibehalten und weiter zementiert wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dieses Gesetz steht nicht für Bürokratieabbau, den Sie so gerne propagieren. In meinen Augen ist das eine Verwaltungsaufwandsproduktionsmaschine, ein vollkommen verkompliziertes Regelwerk, das sich in der Unendlichkeit von Einzelfallentscheidungen verliert - und das von einer Regierung, die sich immer den Bürokratieabbau auf die Fahnen geschrieben hat. Dazu ist von Ihnen also gar nichts gekommen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr Minister- und Abgeordnetengesetz haben Sie in letzter Minute nach großen Protesten zurückgezogen. Das war reine Gesetzespanscherei! Die geplante Lex Sander mit Extrabelohnung für einen Umweltminister, der garantiert als Umweltverhinderungsminster in die Geschichte Niedersachsen eingehen wird, ist damit vorerst vom Tisch. Doch ich glaube, wir werden zukünftig sehr genau aufpassen müssen, dass es keine Rückwirkungsklausel geben wird, womit Sie einen goldenen Abschiedshandschlag für Herrn Minister Sander auf den Weg bringen würden.

Meine Damen und Herren, im Bereich Personal gibt es wie alle Jahre wieder - wir sind ja in der Weihnachtszeit - eine Aufstockung um 1 Million

Euro für den kaum kontrollierbaren Verfassungsschutz. Die Kollegen Briese und Limburg haben in den vergangenen Jahren darauf hingewiesen, dass der Verfassungsschutz gepäppelt, gepäppelt und noch einmal gepäppelt wurde. Sämtliche Behörden und Ämter in Niedersachsen bauen Stellen ab, und diese kaum kontrollierbare Gruppe der Verfassungsschützer bekommt noch 1 Million Euro für Stellen hinzu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister, sind Sie bei der Last-MinuteÜberarbeitung des Haushalts nicht in der Lage gewesen, einfach inne zu halten, die aktuelle politische Lage, die Situation, die Entwicklung des Rechtsterrorismus, die unklaren Verbindungen des Verfassungsschutzes zu hinterfragen und es zumindest beim Status quo zu belassen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen nicht mehr Stellen, sondern eine Neujustierung und eine Neudefinition der Aufgaben und der Kontrollmechanismen des Verfassungsschutzes, wenn er nicht sogar ganz abgeschafft gehört.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Sie werden jetzt sagen: Aber wir haben doch Präventionsmittel für die Niedersächsische Extremismus-Informationsstelle aufgestockt. - Im letzten Jahr haben Sie diese Mittel um 50 000 Euro gekürzt, jetzt wollen Sie diese Mittel etwas aufstocken. Nehmen Sie lieber die Million vom Verfassungsschutz, und investieren Sie dieses Geld in Präventions- und Demokratieprojekte für mehr Demokratie, gegen Rechts und gegen rechtes Gedankengut, das in unserer Gesellschaft weit verbreitet ist!

(Hartmut Möllring [CDU] - zu Minister Uwe Schünemann -: Ich denke, Du sollst den Extremismus überwachen!)

Noch eine Bitte: Beenden Sie die Auftritte des Verfassungsschutzes in Schulen! Sie entziehen Bildungseinrichtungen in der Jugend- und Erwachsenenbildung eine Aufgabe und Gelder und verhindern professionelle Präventionsarbeit und politische Bildung, die den Namen auch verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In unserem Haushaltsänderungsantrag haben wir im Bereich des Verfassungsschutzes neben Stel

lenstreichungen auch Streichungen in den Bereichen Dienstwagen,

(Thomas Adasch [CDU]: Die fahren dann Fahrrad?)

Kommunikation und sonstige Verwaltungsaufgaben vorgesehen und diese auf den Stand von 2003 zurückgefahren.

Meine Damen und Herren, nutzen Sie diesen Punkt, und trauen Sie sich - - -

(Hartmut Möllring [CDU]: Sprechen Sie Ihre Reden nicht in der Fraktion ab?)

- Wir sprechen unsere Reden in der Fraktion ab. Sie müssen sich auch nicht dort hinsetzen, Herr Möllring, wenn Sie Zwischenrufe machen wollen. Das können Sie auch von der Regierungsbank machen.

(Hartmut Möllring [CDU] setzt sich auf einen anderen Abgeordnetenplatz - Heiterkeit)

Noch eine Stelle, die mich in diesem Haushalt sehr entsetzt hat, die über die politische Liste wieder eingeführt wurde: Der Bund der Vertriebenen erhält über die politische Liste nach einem Vorschlag aus den Reihen der CDU eben mal 30 000 Euro für eine Veranstaltung der Ewiggestrigen mit einer beängstigenden Geisteshaltung und einem ebensolchen Weltbild.

(Beifall bei den GRÜNEN - Heinz Rol- fes [CDU]: Das ist nicht wahr! - Weite- rer Widerspruch bei der CDU)

- Sie können gerne dazwischenschreien.

Das Jahrestreffen 2011 hat doch gezeigt, auf welchem rechten Fuß diese Gruppe steht. Schämen Sie sich, nehmen Sie die 30 000 Euro raus!

(Beifall bei den GRÜNEN - Thomas Adasch [CDU]: Das ist eine Beleidi- gung vieler alter Menschen! Sie soll- ten sich dafür schämen!)

- Das ist keine Beleidigung. Diese Gruppe hat sich bis heute nicht klar und eindeutig von der Kriegsschuld Deutschlands distanziert. Streichen Sie die 30 000 Euro!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Jetzt noch einmal zum Castortransport: Auch da haben Sie Ihren Haushalt nicht überarbeitet. Ich denke, Sie haben mitbekommen, dass es im

nächsten und übernächsten Jahr keine Castortransporte und keine Einlagerungen in Gorleben gibt. Wofür benötigen Sie 17,1 Millionen Euro?

(Beifall bei den GRÜNEN - Hartmut Möllring [CDU]: Wir müssen ja für die- ses Jahr noch bezahlen!)

Nehmen Sie unseren Streichungsvorschlag zur Kenntnis, und nehmen Sie diese frei werdenden Mittel für den Bereich des Datenschutzes, für mehr Präventionsmaßnahmen und zur Bekämpfung des Neonazismus, des Antisemitismus und des Rassismus! Wir haben viele Ideen und Projekte und würden Ihnen da gern Nachhilfe erteilen.

(Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal kurz auf die Polizei eingehen. Hier im Landtag wird immer das Hohelied auf die Polizei gesungen; auch Herr Kollege Güntzler hat das eben getan.