Protocol of the Session on December 7, 2011

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Oh! bei der CDU)

Um beim Bild des Operationssaals zu bleiben: Die SPD fungiert hier als Patientenanwalt. Wir werden Ihnen in den nächsten zwei Jahren ordentlich die Suppe versalzen, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD - Wil- helm Heidemann [CDU]: Armes Deutschland! - Reinhold Hilbers [CDU]: Zwei Jahre wollen Sie das machen, Herr Schostok?)

Vor diesem Hintergrund diskutieren wir nun auch über die Einführung der Schuldenbremse. Meine Kolleginnen Renate Geuter und Hanne Modder - das sage ich ausdrücklich - führen dazu regelmäßige Gespräche. Wir haben angekündigt, dass wir diese Gespräche fortsetzen werden. Wir sind an einem guten Ausgang der Gespräche interessiert. Denn die Schuldenbremse wird künftig die Höhe der Ausgaben unmittelbar an die Höhe der Einnahmen koppeln. Die Politik der Landesregierung erschöpft sich aber in der Diskussion an dieser Stelle darin, der SPD vorzuwerfen, sie wolle nicht

genügend sparen. Oder Sie wiederholen gebetsmühlenartig, das Land Niedersachsen sei finanziell ja gut aufgestellt.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Ist ja auch so!)

Und Sie halten weiter an dem schon längst widerlegten Märchen fest, dass die derzeit steigenden Staatseinnahmen für die kommenden Jahre einfach nur linear fortzuschreiben seien, meine Damen und Herren.

(Zuruf von der SPD: Naiv!)

Damit wollen Sie die Kostensteigerungen in den nächsten Jahren abdecken. Ich sage Ihnen: Diese Politik muss beendet werden.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Das wird aber so nichts, Herr Schostok!)

Für uns ist und bleibt Niedersachsen ein sozialer Rechtsstaat. Für uns haben alle Menschen ein Recht auf Bildung. Wir werden Wissenschaft, Kunst, Kultur und Sport fördern. Wir werden das Recht auf kommunale Selbstverwaltung sichern. Wir werden unsere Verpflichtungen einlösen, durch Investitionen die Substanz des Landesvermögens zu erhalten und gezielt Innovationen in der Wirtschaft zu fördern. Das ist der Inhalt der Niedersächsischen Verfassung, meine Damen und Herren. Wir haben dafür auch ein entsprechendes finanzpolitisches Konzept

(Ah! bei der CDU)

und einen gesellschaftspolitischen Zukunftsplan, meine Damen und Herren.

(Hans-Heinrich Ehlen [CDU]: Aber nicht die Mehrheit! - Gegenruf von Jo- hanne Modder [SPD]: Noch nicht! - Gegenruf von Olaf Lies [SPD]: Das ist aber auch wirklich alles, was ihr habt!)

- Noch nicht! - Während Sie als schwarz-gelbe Regierung die Risiken der Zukunft wie ein Gaukler hinter Rauch und Schleiern verschwinden lassen wollen, wollen wir eine ehrliche Bestandsaufnahme, meine Damen und Herren.

(Starker Beifall bei der SPD)

Wir werden weitere Einnahmeausfälle durch Beschlüsse des Bundes zulasten Niedersachsens zukünftig mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern, und wir werden eine grundle

gende Form der Einnahme- und Ausgabepolitik initiieren und unterstützen. Wir werden die von allen Parteien über Jahre praktizierte Verschuldungspolitik durch eine ganz neue und tatsächlich nachhaltige Haushalts- und Finanzpolitik ersetzen. Dabei werden wir zunächst alle Ausgaben kritisch auf den Prüfstand stellen, aber vor dem Hintergrund eines schlüssigen Konzeptes für die Zukunft und die Gestaltung der Zukunft dieses Landes, meine Damen und Herren. Das ist der Unterschied zu Ihnen.

(Starker Beifall bei der SPD)

Jetzt kommen die Minuten der Wahrheit für Sie.

(Lachen bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Ach so! Bisher war es also die Unwahrheit!)

Wir wissen aber auch, dass all das alleine nicht ausreichen wird, um das strukturelle Defizit des Landes - ich habe es erwähnt - von 1,85 Milliarden Euro auszugleichen und noch zusätzlich die notwendigen Investitionen in die Zukunft des Landes vorzunehmen. Dazu brauchen wir gleichzeitig auch Strukturveränderungen in der Haushaltspolitik, wie z. B. die Möglichkeit gemeinsamer Finanzierungsmodelle von Bund und Land für die Bildungspolitik. Wo bleiben Ihre Anträge dazu?

(Starker Beifall bei der SPD)

Herr McAllister, genießen Sie das letzte Jahr! Wir werden Ihnen im nächsten Jahr noch einige Freuden mit unseren Anträgen bereiten.

(Ministerpräsident David McAllister [CDU]: Ihr macht gar keinen Antrag!)

Der zweite Teil der Wahrheit ist: Wir brauchen eine Ausweitung der staatlichen Einnahmen durch ein schlüssiges und sozial ausgewogenes Konzept der Steueranpassung. Das wird zu einer Erhöhung und Verstetigung der Steuereinnahmen des Landes und der Kommunen führen. Das dürfen wir Ihnen nicht verschweigen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Ab 2013 werden wir mit einer Bundesratsinitiative und ab dem Herbst mit der neu gewählten Bundesregierung auf mehr Steuergerechtigkeit und auf eine Erhöhung der staatlichen Einnahmen hinarbeiten.

(Starker Beifall bei der SPD - Jens Nacke [CDU]: Brutalstmögliche Angrif- fe! - Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Ihr könnt nur Schulden! Mehr könnte ihr nicht! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)

Ich mache es kurz und konkret - ich nehme an, dass Sie alle am Wochenende und am Montag Phoenix geschaut haben -:

(Jens Nacke [CDU]: Natürlich!)

Wir wollen bei der Einkommensteuer den Spitzensteuersatz wieder auf 49 % anheben und dabei die Bezieher durchschnittlicher Einkommen nicht stärker belasten, sondern die Lasten vor allem auf diejenigen mit den stärkeren Schultern verteilen. Wir werden zur notwendigen Regulierung der Kapitalmärkte eine Finanztransaktionsteuer oder eine nationale Börsenumsatzsteuer einführen. Wir werden die Vermögensteuer wieder einführen, ohne die Eigenheime zu besteuern und ohne Betriebe über Gebühr zu belasten.

(Christian Grascha [FDP]: Was heißt denn „über Gebühr“?)

Wir werden die Reform der Erbschaftsteuer wieder anstoßen. Wir werden unsinnige und unsoziale Ermäßigungstatbestände

(Christian Grascha [FDP]: Was wollen Sie denn machen?)

wie z. B. die Steuersenkungen für Hoteliers oder die jüngsten Steuergesetze der Bundesregierung wieder zurücknehmen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Wir werden uns auch für eine Verringerung der Sachausgaben des Staates einsetzen. Wir werden ökologisch schädliche Subventionen abbauen. Wir werden einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro durchsetzen. So werden wir endlich ein Ende mit der Subventionierung von Billiglöhnen machen. Wir werden die Brennelementesteuer einführen und die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern begrenzen.

Diese Maßnahmen - glauben Sie mir, das ist seriös und akribisch gerechnet - können die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen um ca. 37 Milliarden Euro, aufwachsend bis 2016, entlasten. So wird Politik gemacht, meine Damen und Herren.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD)

Es gibt dazu keine Alternative. Die Fakten allein in Niedersachsen sprechen eine überdeutliche Sprache. Verantwortliche und planvolle Konsolidierungsmaßnahmen auf der Ausgabenseite sind

nötig. Sie allein reichen aber nicht aus, um das Land handlungsfähig zu machen. Jede verantwortliche Politikerin und jeder verantwortliche Politiker muss sich deshalb auch für eine Ausweitung der Staatseinnahmen aussprechen. Die Zeiten für Klientelgeschenke à la CDU und FDP sind vorbei.

(Starker Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen: Wir wissen, dass eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in dieser Frage zu uns steht. Sie sind bereit, sich solidarisch bei der Finanzierung sozialer, bildungspolitischer und wirtschaftlicher Zukunftsaufgaben zu engagieren, allerdings nur dann, wenn das Geld sinnvoll eingesetzt wird. Das halte ich für eine richtige Forderung.

Wir wollen unser Land für seine Bewohnerinnen und Bewohner für die Zukunft fit machen, auch wenn das manchmal unbequem ist und dieses Ziel nur auf steinigen Wegen und in Etappen zu erreichen ist. Wir sagen, was wir tun, und wir tun, was wir sagen. Wir haben ein Konzept.

(Clemens Große Macke [CDU]: Das ist ja ganz neu!)

Heute und in den nächsten Monaten werden wir dafür werben. Am 20. Januar 2013 geht es los. Wir setzen dann unser Konzept um. Darauf freuen wir uns.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, jetzt hat der Kollege Thümler, Vorsitzender der CDU-Fraktion, das Wort. Herr Thümler, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schostok, man merkt Ihnen tatsächlich an, dass Sie mit dem Kopf nicht mehr im Niedersächsischen Landtag sind, sondern schon lange im Oberbürgermeisterwahlkampf in Hannover.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist ja ein Kompliment!)