Protocol of the Session on December 6, 2011

Das geschah zu einem Zeitpunkt - das zeigt, dass da kein Fingerspitzengefühl vorhanden war -, als im Landtag ein Antrag unserer Fraktion vorlag, die Hells Angels in den Fokus zu nehmen und ein Verbotsverfahren zu prüfen, zu einem Zeitpunkt, zu dem die Kollegen von Herrn Dr. Grahl, nämlich die Führung der Polizeidirektion Hannover, an alle

Polizeibeamten appelliert hat: Geht in eurer Freizeit nicht in Lokale, die von den Hells Angels dominiert sind! Denn wer das tut, stärkt den Rockern den Rücken und fällt der Polizei sozusagen in den Rücken.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Um wen geht es hier jetzt gerade?)

Innenminister Schünemann sagte dann später, es habe schon kurz danach ein sogenanntes Personalgespräch gegeben. - Wenn dieses Personalgespräch stattgefunden hat, frage ich mich nur: Warum ist aufgrund seiner Erkenntnisse nichts passiert? Warum ist erst etwas passiert, nachdem der NDR - wohl nach Hinweisen von Insidern - seine Recherche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat? Warum wurde so lange gewartet?

(Jens Nacke [CDU]: Bleiben Sie doch fair gegenüber Landesbeamten!)

- Herr Nacke, hören Sie doch erst einmal zu!

(Jens Nacke [CDU]: Lassen Sie die Landesbeamten in Ruhe!)

Wir haben große Zweifel, dass dieses Gespräch zwei Tage nach dem Besuch in diesem Etablissement wirklich ein Personalgespräch war; denn für Personalgespräche gibt es zwar keine Normen, aber es gibt eine Verwaltungspraxis. Diese besteht darin, dass erstens der unmittelbare Dienstvorgesetzte dabei ist - der damalige Landespolizeipräsident Andreas Bruns wurde nicht hinzugezogen - und dass es zweitens darüber ein Protokoll gibt, was nach den Unterrichtungen im Innenausschuss offensichtlich nicht der Fall ist. Deshalb werten wir dieses sogenannte Personalgespräch als den Versuch unter Kumpels, einen Vorgang nach dem Prinzip Hoffnung zu vertuschen, der hoffentlich nie herauskommen möge.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Nach der Berichterstattung in den Medien hatte Herr Schünemann ausschließlich kommentiert: Der Polizeipräsident ist seiner Vorbildfunktion nicht nachgekommen. - Der Betroffene selbst hat kommentiert: Ich habe da einen Fehler gemacht. - Nein, meine Damen und Herren, nach dem, was ich eben im Kontext gesagt habe, was gegen die Hells Angels und in anderen Bereichen in der Diskussion ist, war das polizeitaktisch total kontraproduktiv, es war nach dem, was wir heute wissen, ein

dienstrechtliches Vergehen. Mindestens Herr Dr. Grahl - Herr Schünemann, wir sind davon überzeugt, dass auch Sie es zwei Tage später wussten - wusste, dass er dafür auch noch den Dienstwagen benutzt hat.

(Heinz Rolfes [CDU]: Es ist eine Un- verschämtheit, das zu unterstellen!)

Meine Damen und Herren, bei Personalgesprächen müssen Menschen gleich behandelt werden. Es kann nicht angehen, dass, wie der Innenminister bei der Unterrichtung des Innenausschusses ausgeführt hat, für einen politischen Beamten wie Herrn Dr. Grahl andere Vorschriften gelten. Nein, das gibt es nicht! Das war eine Extrabehandlung für Ihren Kumpel Dr. Grahl, Herr Schünemann!

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Wider- spruch bei der CDU)

Wenn Sie heute sagen - Sie sagen es immer noch -, das mit dem Dienstwagen habe Herr Dr. Grahl Ihnen nicht erzählt, dann frage ich: Wie nehmen Sie Ihre Aufgabe eigentlich wahr?

(Heinz Rolfes [CDU]: Unglaublich!)

Warum haben Sie nicht gezielt danach gefragt? Warum geben Sie sich mit der von Ihnen zitierten Frage, ob es sonst noch etwas zu berichten gibt, zufrieden?

Meine Damen und Herren, das kann doch wohl nicht wahr sein!

(Jens Nacke [CDU]: Das finde ich auch!)

Es war doch anzunehmen, dass nach diesem dienstlichen Besuch auch dieses Fahrzeug benutzt wurde.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ach du lieber Himmel!)

Dr. Grahl wusste das. Er hat es Ihnen mit Sicherheit auch berichtet, er musste es Ihnen berichten. Sie können sich nicht damit herausreden: „Ich habe gefragt, ob es sonst noch etwas zu unterrichten gibt.“

(Klaus Krumfuß [CDU]: Bleiben Sie bei den Fakten Herr Kollege! - Zuruf von der CDU: Das kann er nicht! - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, erst nachdem die Dienstwagenbenutzung bekannt war, wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

(Ulf Thiele [CDU]: Der plustert sich auf!)

Herr Schünemann, wir sind zutiefst davon überzeugt: Sie wussten von Anfang an davon und haben im Innenausschuss die Unwahrheit gesagt.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Oh! bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Das ist eine sehr freche Unterstellung! Können Sie das beweisen? Fakten!)

Wir wundern uns auch, meine Damen und Herren, dass in diesem Zusammenhang die Staatsanwaltschaft nicht ermittelt; denn bei einer privaten Dienstwagenbenutzung - diese ist mittlerweile bewiesen - dürfte doch ein Fall von Untreue vorliegen.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist so armse- lig, was Sie hier machen!)

Warum ermittelt eigentlich nicht der Staatsanwalt? Das fragen wir uns. Oder warum haben Sie keinen Strafantrag gestellt, Herr Minister?

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Jens Na- cke [CDU]: Erinnern Sie sich an die Einlassung von Herrn Bartling in der letzten Innenausschusssitzung, Herr Kollege?)

Wir fragen uns auch: Warum haben Sie diesen politischen Beamten nicht vom Dienst suspendiert?

(Jens Nacke [CDU]: Das kann doch wohl nicht wahr sein!)

Denn die letzte Unterrichtung in der vorigen Woche im Innenausschuss hat nach Aussage eines Abteilungsleiters Ihres Hauses eindeutig die Erkenntnis gebracht, eine Suspendierung wäre möglich gewesen. Sie ist von Ihnen aber nicht vollzogen worden. Warum haben Sie z. B. Landespolizeipräsident Bruns

(Heinz Rolfes [CDU]: Was soll denn dieses Feindbild?)

in den einstweiligen Ruhestand gesetzt, obwohl dieser kein Dienstvergehen begangen hatte? In diesem Fall haben Sie alles getan, um Ihren ehemaligen Büroleiter sozusagen zu schonen.

(Glocke des Präsidenten)

Sie hatten vor, ihm eine Abteilungsleiterstelle - zwei Besoldungsgruppen höher - zu verschaffen. Das haben Sie erst aufgegeben, nachdem die

Vorwürfe in der Öffentlichkeit waren. Dann haben Sie versucht, ihn zum Vorstandsvorsitzenden des LSKN zu machen. Uns liegen Geschäftsverteilungspläne vor, aus denen hervorgeht, dass Sie das vorhatten. Sie haben erst später einen neuen Geschäftsverteilungsplan auflegen lassen, in dem „mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt“ stand. Nachdem auch alles das öffentlich geworden war, gab es die Kabinettsentscheidung, dass er im Landwirtschaftsministerium weiterverwendet wird. Jetzt ist die gesamte Landesregierung an diesem kumpanenhaften Vorgang beteiligt.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Das ist ein eindeutiger Verstoß gegen Ihren Amtseid. Herr Schünemann, nach diesen Erfahrungen glauben wir Ihnen nichts mehr.

(Heinz Rolfes [CDU]: Das ist eine Un- verschämtheit!)

Sie geben den harten Hund, wenn es darum geht,

(Glocke des Präsidenten)

Familien abzuschieben, Familien auseinanderzureißen.

(Zurufe von der CDU: Pfui! Das ist ekelig!)

Aber an anderer Stelle sind Sie eher ein Schoßhund, wenn es darum geht, Ihre Freunde zu schützen!

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zuru- fe von der CDU: Wir werden noch lau- ter! - Das ist unglaublich! - Das ist ei- ne große Schweinerei, was Sie hier machen! - Abtreten, setzen, sechs!)

Herr Bachmann, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Meine Damen und Herren, wir fordern - - -

Herr Bachmann!