Protocol of the Session on December 6, 2011

(Zustimmung von Kreszentia Flauger [LINKE])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in meiner Rede zur ersten Lesung habe ich gesagt: Auf einer Skala der Unverbindlichkeit und Inhaltsleere von 1 bis 10 ist dieser Antrag, ganz vorsichtig betrachtet, bei 9 anzusiedeln.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das war schon damals Blödsinn!)

Ich habe diese Bewertung mit der Ansammlung von Prüfaufträgen begründet, die er enthält, bei einer gleichzeitigen Nullmenge an konkreten Forderungen. Gleichzeitig hatte ich für die SPDFraktion aber die Bereitschaft zu einer Mitarbeit an einer Überarbeitung in Richtung auf Konkretisierung und Präzisierung angeboten.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Wer will schon mit dir zusammenar- beiten?)

Hierzu gab es erste einvernehmliche Schritte, die in Gesprächen und auch in einer Ausschussberatung auf den Weg gebracht wurden. Dazu gab es Formulierungsvorschläge. Eine Reise nach Oldenburg war geplant. Es gab eine Absprache zur zeitlichen Abfolge, wie weiter verfahren werden sollte. Das galt, bis dann, wie auf ein geheimes Kommando, plötzlich die Devise ausgegeben wurde: Sofort und unverändert zustimmen!

Bisher hatte ich immer noch die stille Hoffnung und Vermutung, dass in der CDU-Fraktion noch ein paar Kolleginnen und Kollegen sitzen, die gerne selbst denken

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Du bist halt ein guter Mensch!)

und nicht nach dem Prinzip „Befehl und Gehorsam“ funktionieren. Ich gestehe, meine Zweifel wachsen.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Die ganze Welt ist schlecht!)

- Mein Weltbild bricht zusammen. - Denn der Devise „sofort und unverändert zustimmen“ wurde flugs und ohne jede inhaltliche Begründung gefolgt. Was daraus für uns folgt, ist doch klar: Als Leute, die eigenständiges Denken für sich in Anspruch neh

men, halten wir ein solches Verfahren für untragbar und lehnen den Antrag in dieser Form konsequent ab.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Selbst diejenigen, auf die Sie vielleicht gehofft haben, diejenigen, die zur Zustimmung neigen, weil mit einer Prüfung nicht viel kaputt gemacht werden kann, diejenigen, die den Antrag also für immerhin nicht schädlich halten könnten, sind enttäuscht und verärgert. Zusammen mit den Kollegen Försterling und von Danwitz war ich bei einer mit 170 Teilnehmern aus niedersächsischen Schulen hervorragend besuchten Tagung der BNEAgentur in Loccum. „BNE“ steht für „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.

Dort habe ich mir die Äußerung eines maßgeblich Handelnden wörtlich mitgeschrieben: Wenn der Landtag wieder ein neues Energiebildungskonzept verabschiedet, dann hat BNE verloren. - Damit ist gemeint, dass es nicht angeht, je nach Änderung der Wetterlage oder nach plötzlicher Eingebung wieder eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, eine neue Begrifflichkeit in den Mittelpunkt zu stellen und bestehende Programme und Unterstützungsnetze zu gefährden.

Wenn Sie schon nicht auf die Opposition hören wollen, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann hören Sie auf die Aktiven in den niedersächsischen Schulen. Wenn Sie klug sind, ziehen Sie diesen Antrag jetzt noch zurück. Aber ich fürchte, Sie werden nicht klug.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Korter das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, wie CDU und FDP mit diesem Antrag umgegangen sind; Herr Kollege Poppe hat es gerade beschrieben. Da bringen Sie erst im September diesen Antrag mit dem Ziel ein, die Landesregierung solle prüfen, ob und wie die Energiebildung in der Schule verbessert werden könne.

Das Thema Energie wird in den Schulen ausweislich der Kerncurricula zwar bereits umfassend be

handelt, aber die CDU hat es offensichtlich noch nicht gemerkt. Na gut, haben wir von den Oppositionsfraktionen im Ausschuss gedacht, alles, was schon gut ist, kann immer noch besser werden. Wir prüfen diesen Antrag und arbeiten daran, ob daraus ein verbessertes Konzept entwickelt werden kann.

Doch dann kam die CDU-Ansage von oben: Der Entschließungsantrag muss ins Dezemberplenum! Ohne große Beratung abstimmen! - Die CDUFraktion hatte nämlich am 16. November eine Veranstaltung durchgeführt und sich von Experten sagen lassen, was zu tun ist. Fraktionschef Thümler hatte bereits per Pressemitteilung erklärt, es gehe nicht an, dass zwei Drittel der Deutschen nicht wüssten, aus welcher Energiequelle ihr Strom stamme. Ich möchte einmal wissen: Wer weiß, ob der Strom gerade aus Wasserkraft, Sonnenstrahlung oder Erdwärme kommt?

(Reinhold Hilbers [CDU]: Bei euch kommt der Strom aus der Steckdose!)

Das war eine große Bildungslücke, und deshalb will die CDU jetzt zu einer umfassenden Energiebildung an den Schulen kommen.

Als Experten waren bei der CDU-Fraktion zwei ganz besondere Personen eingeladen: erstens Herr Professor Kaminski vom Institut für Ökonomische Bildung in Oldenburg, der seit Langem für mehr ökonomische Bildung zulasten von politischer Bildung auftritt und eintritt. Zweitens war Dr. Brinker eingeladen, der Vorstandsvorsitzende der EWE AG. Dr. Brinker, gegen den momentan die Staatsanwaltschaft wegen Veruntreuung von EWE-Geldern ermittelt, die jahrelang offensichtlich ohne Kontrolle an die Präventionsagentur Prevent in Millionenhöhe geflossen sind - zuletzt jährlich 3 Millionen Euro und mehr. Ein großer Teil davon, so wird vermutet, ist auf die Privatkonten der Geschäftsführerin geflossen. Bereits 2007 musste die EWE, auch unter Dr. Brinker, ein Bußgeld in Höhe von 400 000 Euro wegen Vorteilsgewährung zahlen.

(Martin Bäumer [CDU]: Was hat das mit dem Antrag zu tun?)

Meine Damen und Herren, ich muss sagen: Für mich klingt das nicht gerade nach Vertrauen erweckenden Ratgebern, die sich die CDU gesucht hat!

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Das sollen die Ratgeber für unsere Schulen werden?

Das Institut für Ökonomische Bildung, das Sie gerade mit 420 000 Euro im Jahr besser ausstatten wollen - eine Anhebung der bisherigen 500 000 Euro auf 920 000 Euro -, ist übrigens sehr eng mit dem EWE-Chef Dr. Brinker verflochten. Er ist nicht nur Vorsitzender der EWE AG, sondern auch im Aufsichtsrat des Instituts für Ökonomische Bildung in Oldenburg und darüber hinaus im Vorstand des wigy e. V., eines Vereins, der beim Institut für Ökonomische Bildung Fortbildungsprogramme für Lehrkräfte anbietet. Gerade bei diesem „Netzwerk“ sollen sich die Schulen nach dem Willen der CDU das Know-how für Energiebildung holen?

Meine Damen und Herren, wir machen so etwas nicht mit. Das erscheint uns fragwürdig und merkwürdig. Wir werden diesen Anträgen nicht zustimmen - weder diesem Antrag noch dem Antrag auf Erhöhung der Zuschüsse für das IÖB im Haushalt. Stattdessen werden wir von der Fraktion der Grünen prüfen, ob es nicht eine zu unkritische Nähe zur EWE und zu ihren Partnern gegeben hat und noch gibt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt der Kollegin Flauger das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Miesner, ich hatte mich bei Ihrer Rede etwas gewundert, weil ich mich sechs Minuten lang gefragt habe, was Ihre Ausführungen mit dem Antrag direkt zu tun haben. Sie haben es dann eine Minute lang - ich habe auf die Uhr geschaut - geschafft, auf dieses Thema einzugehen, was man an Schulen im Bereich der Energiebildung tun kann.

(Klaus Rickert [FDP]: Haben Sie auf die Uhr geschaut oder zugehört?)

Sei’s drum!

Wir alle stehen vor großen Herausforderungen. Das Thema Klimawandel ist in aller Munde. Sie alle haben gehört, dass der CO2-Ausstoß steigt. Auch die Temperaturen können wir uns jeden Tag ansehen. In Durban wird fürchterlicherweise auch nicht viel herauskommen; davon gehe ich aus.

Von daher können wir uns natürlich sofort miteinander einigen, dass es wichtig ist, kleine Kinder, Grundschulkinder, ältere Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene mit dem Thema Energie vertraut zu machen. Sie müssen mit den Fragen vertraut gemacht werden, wie Energie erzeugt wird, wie sie verbraucht wird, welche Materialien wie viel Energie verbrauchen, welche Konsumgüter besonders energieaufwendig herzustellen sind. Da kann man, natürlich auf unterschiedliche Altersstufen abgestimmt, sehr viel tun.

Ich möchte hier einmal das positive Beispiel der Grundschule in Dannenberg erwähnen, die auf einer sehr großen Anzeigetafel den Schülerinnen und Schülern deutlich macht, wie viel Energie gerade durch die Fotovoltaikanlage auf der Schule erzeugt wird, wie viel Energie durch die Solarthermieanlage oder die Holzschnitzelanlage erzeugt wird. Das wird ihnen kindgerecht nahe gebracht. Diese Kinder wissen, woher der Strom kommt und was wie viel Strom verbraucht. Das wird sinnlich erfahrbar gemacht, das wird ihnen nahe gebracht. Das alles kann man machen.

Wenn man nun Ihren Antrag anschaut und die Überschrift liest - „Bürger umfassend informieren und aufklären - durch Energiebildung die Energiewende erfolgreich meistern“ -, klingt das zunächst einmal schön. Dann macht man sich natürlich auf die Suche nach der Substanz in Ihrem Antrag und schaut, wie die Niedersächsische Landesregierung dieses Thema jetzt kraftvoll angehen will, welche Aktionen sie jetzt alle ergreifen will, um in diesem Sinne etwas zu tun. Man schaut also und liest: Erstens zu prüfen, zweitens zu prüfen, drittens zu prüfen, viertens bei der Prüfung Erkenntnisse einzubeziehen, fünftens zu untersuchen, sechstens zu prüfen, siebtens zu erörtern und achtens - jetzt kommt der Höhepunkt Ihrer Handlungsfähigkeit als Niedersächsische Landesregierung - eine jährliche Preisverleihung vorzusehen. - Herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren!

(Heiterkeit und Beifall bei der LIN- KEN)

Ist das Ihr Ernst? Ist das Ihr Beitrag zur Energiewende? Soll das alles gewesen sein, dass Sie vorgekaute Inhalte von Lobbyisten in einen solchen Antrag konsolidieren?

(Claus Peter Poppe [SPD]: Ja!)

Ich bitte Sie! Das, was Sie hier zeigen, ist, dass Sie erfolgreich Verantwortungsminimalisierung betreiben können. Dass Sie dazu in der Lage sind,

haben Sie mit diesem Antrag einmal mehr bewiesen. Der gehört in den Papierkorb. Ziehen Sie ihn noch schnell zurück. So ersparen Sie sich wenigstens eine kleine Blamage.

(Beifall bei der LINKEN - Christian Grascha [FDP]: Alles machen Sie richtig! - Gegenruf von Kurt Herzog [LINKE]: Das hat Sie ja hart getrof- fen!)

Das Wort hat jetzt der Herr Kollege Försterling.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die deutsche Gesellschaft hat sich in diesem Jahr etwas Großes vorgenommen, nämlich in Sachen Energiewende Vorreiter in Europa zu sein. Dazu gehört natürlich, dass man die Menschen von Beginn an mitnimmt, und dazu gehört auch, dass man frühzeitig mit der Bildung der jungen Menschen beginnt. Deswegen ist es richtig, dass wir das Thema der Energiewende auch als Thema der Energiebildung verstehen. Dazu habe ich im Ausschuss schon länger vorgetragen, und wir haben im Ausschuss intensiv darüber beraten, warum es so wichtig ist, gerade diese Akzente zu setzen.

Aus meiner Sicht haben wir in Niedersachsen auch schon einige Erfolge darzustellen: Einmal ist es das erfolgreiche Projekt „Energieparcours Nordwest“ an der Universität Oldenburg, wo bereits sehr erfolgreich Unterrichtsmaterialen zum Thema Energiebildung entwickelt worden sind. Zum anderen sind wir auch in dem gesamten Bereich der Bildung für nachhaltige Entwicklung sehr gut aufgestellt. Der Antrag greift es in seiner Nr. 2 auf, und Herr Kollege Poppe hat es freundlicherweise schon angesprochen. Alleine dass wir in Niedersachsen bereits mehr als 400 nachhaltige Schülerfirmen haben, belegt, dass wir hier einen Spitzenplatz in der Bundesrepublik einnehmen.