Also: Herr Hagenah, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass in der Christlich Demokratischen Union niemand in der Diskussion bestreitet, dass es für eine solche Kommission der Tarifparteien eine gesetzliche Grundlage geben muss, und vor dem Hintergrund, dass der Landesausschuss der CDU Niedersachsen empfohlen hat, das im Rahmen des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes zu regeln, frage ich Sie, warum Sie hier dem Landtag trotzdem erklären, dass wir angeblich der Auffassung seien, dass es einer solchen Regelung nicht bedarf.
Ganz einfach: Weil dem Redebeitrag Ihres Kollegen Toepffer diese Eindeutigkeit, dass das jetzt tatsächlich auch von der CDU so umgesetzt werden soll und dass das seine Position ist, nicht zu entnehmen war.
- Ich kann Ihnen das Protokoll dann gerne noch vorlegen. Herr Toepffer hat da wirklich offen geendet, weil er sich offensichtlich selber und Ihrer Position auf Landesebene nicht zutraut, wirklich mehrheitsfähig zu sein; denn es gibt ja eine Menge
Ich bin einmal gespannt, wie es ausgeht. Ich gehe davon aus, dass Frau Merkel sehr wohl weiß, was die Wählerinnen und Wähler erwarten. Dann werden wir uns anschauen, wie praxistauglich das ist und ob es denn wirklich zu neuer Gerechtigkeit und auch zu einer tatsächlichen Anhebung führt; denn die bei Ihnen dahinter wiederum gehandelten Werte, die diese Kommission als Ausgangswert setzen soll, entbehren tatsächlich jeder Grundlage als gesetzlicher Mindestlohn, weil das dann doch wieder Hartz-IV-Zusatzleistungen erfordert.
Ich beziehe mich da auf das Zitat aus der heutigen Ausgabe der Hannoverschen Allgemeinen von Frau von der Leyen, die ganz klar gesagt hat:
„Wichtig ist jetzt, dass die CDU grundsätzlich Ja zu einer allgemeinen, verbindlichen Lohnuntergrenze sagt.“
Wenn Herr Toepffer das heute hier gesagt hätte, hätte er die allgemeine Unterstützung in diesem Hause gehabt,
(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht! Dann haben Sie aber den Reden von Herrn Schminke und Herrn Dr. Sohn nicht zugehört, wenn Sie das hier behaup- ten!)
und zwar auch von der FDP. Auch Herr Niebel, der ja kein unbedeutender Vertreter der Freien Demokraten auf Bundesebene ist, sagt mittlerweile, dass man jetzt einen Mindestlohn nach dem Vorbild Großbritanniens braucht, also ganz genau entsprechend mit dieser Kommission.
Ohne Mindestlohn gibt es nämlich keine soziale Gerechtigkeit und keine fairen Wettbewerbschancen für Betriebe. Oder wie es Heiner Geißler in der Sendung „Anne Will“ am 2. November 2011 so treffend formuliert hat:
„Ein Mindestlohn würde den Konkurrenzschutz für Billigfirmen beseitigen, die aufgrund niedrigster Preise niedrige Gehälter zahlen.“
Hier darf eben nicht länger Klientelpolitik von im Augenblick wohl noch der Mehrheit der FDP bei uns im Land den Maßstab vorgeben. Vielmehr geht es darum, das große Ganze im Auge zu behalten. Und da hoffe ich, dass diesmal nicht der Hund mit dem Schwanz bellt,
Meine Damen und Herren, der Kollege Toepffer von der CDU-Fraktion hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Bitte! Sie haben 90 Sekunden.
Lieber Kollege Hagenah! Zum Ersten: Ich halte hier grundsätzlich keine Reden, um von irgendjemandem uneingeschränkte Unterstützung zu bekommen. Ich versuche, Menschen von etwas zu überzeugen. Das ist meine Vorstellung von Parlamentsdebatten.
Zum Zweiten: Wenn Sie das Protokoll nachlesen, werden Sie dort Folgendes geschrieben sehen: Ich habe hier eindeutig gesagt, dass ich zu denjenigen in meiner Partei gehöre, die sich für die Einsetzung einer Kommission von Tarifparteien einsetzen, die den Mindestlohn festlegen soll. Ich habe ebenso gesagt, dass ich der Meinung bin, dass dieses Verfahren in einem Gesetz festgelegt werden soll. Das ist kein Herumgeeiere.
Und wenn Sie mir Herumgeeiere vorwerfen, weil ich die Ergebnisse des CDU-Parteitages nicht vorwegnehmen will, will ich Ihnen einmal Folgendes sagen - ich hatte ja auch meine Jugendsünden -: Ich habe durchaus mal mit den Grünen sympathisiert
sagt. Unter anderem fand ich spannend, dass Sie ergebnisoffen in Parteitage hineingegangen sind, dort diskutiert haben und Ergebnisse nicht vorher festgeklopft haben. Ich fand es gut, dass meine Partei das jetzt auch so macht. Es ist schade, dass Sie sich jetzt von dieser Position entfernt haben.
Meine Damen und Herren, Herr Hagenah möchte erwidern. Bitte! - Vielleicht gibt es ja noch mehr Geheimnisse, die hier gelüftet werden.
Herr Toepffer, in Bezug auf das eine Geheimnis möchte ich erst einmal sagen: Ich habe mich eben natürlich versprochen. Ich wollte das gute alte deutsche Sprichwort „Der Schwanz wedelt mit dem Hund“ verwenden. Das mit dem Bellen war in der freien Rede dann vielleicht doch ein bisschen falsch gegriffen. Es klingt aber auch gut, fand ich.
Jetzt zu Ihrer Richtigstellung in Bezug auf Ihre Positionierung: Sie sagen, dass Ihre Haltung der von Frau von der Leyen entspricht.
- So verstehe ich Sie jetzt. Das ist ja gerade das Problem. Es erfordert eine so hohe Interpretationskraft, um Sie richtig verstehen zu können.
Denn Ihre wichtige Aussage war immer, dass Sie sich in Zukunft mal Zeit nehmen wollten, mit uns hier über die Detailprobleme zu sprechen. Und ich hätte so gerne Ihre Haltung zu diesen Detailproblemen in Ihrem Beitrag erfahren. Das war meine Kritik.
Wenn wir über einen gesetzlichen Mindestlohn reden, dann ist damit eine Regulierung des sogenannten Niedriglohnsektors gemeint. In einem Statement zum Arbeitsmarkt der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft heißt es - ich zitiere -:
„In der Diskussion um den Niedriglohnsektor stehen sich im Kern zwei konkurrierende Forschungshypothesen gegenüber:
1. Die eine Sicht sieht den Niedriglohnsektor als ein Resultat von wirtschafts-, tarif- und bildungspolitischen Fehlentscheidungen. Niedriglohnbeschäftigung sei ein verteilungs- und sozialpolitisches Problem und müsse durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen eingedämmt werden.
2. Die andere Sicht sieht den Niedriglohnsektor als eine notwendige Bedingung, um Arbeitnehmer mit eher geringer Produktivität besser in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Niedriglohnbeschäftigung wäre damit unerlässlich, wenn Vollbeschäftigung hergestellt werden soll.“