Protocol of the Session on July 2, 2008

Meine Damen und Herren, wir werden auch im Bereich von Treibhausemissionen weiterhin unsere Möglichkeiten nutzen. Dazu haben wir z. B. bis zur Förderperiode 2013 12 Millionen Euro an EFREMitteln zur Verfügung, mit denen wir die Energieeffizienz vor allen Dingen im kommunalen Bereich steigern wollen.

Herr Kollege Wenzel, schon im letzten Sitzungsabschnitt haben Sie behauptet, dass Niedersachsen unter den Zielen der Bundesrepublik bleibt. Wir können die Berechnung vielleicht etwas einfacher gestalten: Wenn Niedersachsen schon bei der Stromerzeugung aus Windkraft mit rund 25 % an der Spitze der Bundesrepublik liegt, wenn wir bei der Erzeugung von Biogas bei rund 38 % liegen, ist die Frage, wie wir in diesem Bereich den Anteil noch weiter steigern können, natürlich sehr viel schwieriger zu beantworten als in MecklenburgVorpommern, wo es, worauf Sie hinweisen, viel Windkraft gibt, der Anteil aus Biogas aber nicht erreicht wird. In der Summe sind wir bei den erneuerbaren Energien das führende Land in der Bundesrepublik Deutschland. Gerade deshalb werden wir den Anteil weiter steigern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt, Herr Kollege Wenzel, müssen Sie die Rechnung aufmachen und sich klar bekennen. Selbst wenn wir, wovon die Bundesregierung ausgeht, im Jahre 2020 30 % aus erneuerbaren Energien produzieren werden, bleibt ein Rest von 70 %. Diese 70 % müssen aus anderen Energieträgern bereitgestellt werden. Die verbleibenden Energieträger sind Kernenergie und Kohle. Sie müssen schon sagen, ob Sie bereit sind, auch Kohlekraftwerke zu bauen.

Wenn Sie für erneuerbare Energien sind, ist es eigentlich Ihre Pflicht, zu sagen, dass wir den Offshorebereich nur nach vorne bringen können - diese Landesregierung will ihn weiter nach vorne treiben -, wenn wir an der Küste die notwendigen Kohlekraftwerke zur Regelung mit bereitstellen; denn man kann nicht Offshoreanlagen bauen und, für den Fall, dass der Wind nicht weht, einfach sagen: Dann wird der Strom abgestellt. - Vielmehr müssen Kohlekraftwerke als Ersatzkraftwerke zur Regelung mit bereitgestellt werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Meyer [GRÜNE]: Unglaub- lich! - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist ja unglaublich!)

Herr Kollege Jüttner, auch das ist eine ganz einfache Rechnung: Heute haben Kohlekraftwerke eine Energieeffizienz bzw. einen Wirkungsgrad von 36 %. Die neuen Kraftwerke kommen auf etwa 50 %. Mit Kraft-Wärme-Koppelung können Sie noch rund 40 % dazurechnen. Damit haben Sie einen Nutzungsgrad von 90 %. Das alles wollen Sie verhindern. Sie machen eine Rechnung auf, nehmen die Menschen aber nicht mit. Sie wollen

im Grunde genommen dafür sorgen, dass Niedersachsen nicht mehr das Energieland Nummer eins in der Bundesrepublik ist.

(Zustimmung von Christian Dürr [FDP])

Wir werden das weiterhin durchsetzen, und zwar mit erneuerbaren Energien, aber auch mit fossilen Energieträgern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat zusätzliche Redezeit beantragt. Ich gebe ihm 90 Sekunden.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Sander, ich kann wirklich nicht mehr ernst nehmen, was Sie sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das war der Höhe- punkt! - Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Wir Sie auch nicht mehr!)

Deswegen diskutiere ich lieber mit Herrn Wulff.

Herr Wulff, Sie schreiben in Ihrer Erwiderung - das hat ja Ihre Staatskanzlei verfasst -, dass es Ihnen ein ehrliches Anliegen ist, den Klimaschutz zum Thema zu machen. Ich weiß, dass Sie einen Koalitionspartner haben, der immer wieder zeigt, dass er das Thema eigentlich nicht ernst nimmt und es mehr notgedrungen in seinem Portfolio mitführt.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist Quatsch!)

Wirklich ernsthaft treiben mich beispielsweise die Nachrichten der letzten Woche darüber um, was in Detroit mit der Automobilindustrie los ist. Ford, General Motors, Chrysler - Absatzeinbrüche angesichts der steigenden Ölpreise von 25 bis 30 % bei den Fahrzeugen, die so viel Sprit verbrauchen, dass jetzt selbst die Amerikaner sensibel reagieren. Deswegen glaube ich, dass es unserer Industrie, unserem Handwerk und all den Firmen in Niedersachsen nicht nutzt, wenn wir unter den Zielen der Bundesrepublik bleiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen die Vorreiter und die Trendsetter sein. Wir müssen Marktführer in diesen Technologien werden, weil das die Arbeitsplätze von morgen sind. VW wird nur überleben, wenn wir künftig das

umweltfreundlichste Auto der Welt bauen, und zwar nicht nur einige Exemplare zum Vorzeigen, sondern als Massenprodukt. Das ist meine feste Überzeugung. Herr Hirche, wenn wir an dieser Stelle streiten, Herr Wulff, wenn wir an dieser Stelle nach gemeinsamen Wegen suchen, wäre ich glücklich. Dann wären wir auf einem guten Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Hirche hat das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wenzel, erstens zur Klarstellung: Lesen Sie in dem dicken Buch „Windgesichter“ nach, wo das erste Programm in Deutschland zur Förderung der Windenergie aufgelegt worden ist. Das war hier in Niedersachsen durch das Niedersächsische Wirtschaftsministerium in meiner ersten Amtszeit. Ich bedanke mich draußen bei den Verbänden, die das nicht so verzerrt darstellen, dafür, dass dies heute noch anerkannt wird.

Zweitens haben wir damals noch in Bonn dazu beigetragen, dass das EEG unter Bundeswirtschaftsminister Rexrodt in enger Abstimmung mit der Umweltministerin Merkel modifiziert und fortgeführt wurde. An diesen Diskussionen war ich als damaliger parlamentarischer Staatssekretär intensiv beteiligt.

Aber ich nehme Ihren Ball zu dem, was Sie zuletzt gesagt haben, auf, und zwar konstruktiv. Natürlich ist es gar keine Frage, dass wir Modernisierungsbedarf im Bereich Verkehr haben, genauso wie im Bereich Haushalte. Um das Thema Haushalte kümmert man sich jetzt, das Thema Verkehr ist aber noch offen. Bei VW ist längst erkannt - ohne dass ich jetzt Einzelheiten sagen möchte -,

(Petra Emmerich-Kopatsch [SPD]: Die stehen ja schon in der Zeitung!)

dass die Entwicklung sowohl von Hybridfahrzeugen wie auch von Elektrofahrzeugen ein Gebot der Stunde ist. Hier werden im Augenblick Forschungskooperationen mit hochinteressanten Firmen geschmiedet und eingegangen. Von daher sind wir auch bei dem Thema, dem sich etwa das Braunschweiger Institut für Verkehrsführung widmet, intensiv an dem Dialog beteiligt, der derzeit stattfindet. Natürlich ist zu Recht der Anspruch vorhanden, dass wir dann, wenn Mobilität eine der

Kernkompetenzen von Niedersachsen ist, mit dieser Mobilität auch unter den veränderten energiepolitischen Weichenstellungen auf der Erde in Zukunft zurechtkommen. VW wird mit Toyota, um nur ein Beispiel zu nennen, auf den internationalen Märkten dauerhaft nur dann mithalten können, wenn eine neue Generation von Fahrzeugen mit neuen Antrieben und neuen Kraftstoffen auf den Markt gebracht wird. Das ist im Gange. Ich finde es auch in Ordnung und begrüße es außerordentlich, dass wir auf diesem Felde in Zukunft gegenseitig vielleicht intensiver Informationen austauschen können, denn davon - das ist überhaupt keine Frage - hängt ein Stück weit auch die Weiterentwicklung des Landes Niedersachsen ab. Insofern ist das für mich - verstehen Sie dies bitte nicht falsch - nicht nur eine Klima- und Energiefrage, sondern ich sehe an dieser Stelle auch die Verbindung zu Technologie und Arbeitsplätzen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wenn wir an dieser Nahtstelle gemeinsam in die Zukunft gehen, leisten wir, wie ich glaube, nicht nur innerhalb der Bundesländer, sondern auch als eine Region Europas in der Welt einen Beitrag dazu, Niedersachsen modern im 21. Jahrhundert aufzustellen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Fraktion DIE LINKE hat ebenfalls um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Herzog, Sie haben für 90 Sekunden das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hirche, zum einen freue ich mich, dass das Arbeitsplatzargument inzwischen auch bei Ihnen angekommen ist. Das war ja lange Zeit nicht der Fall.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum anderen möchte ich aber auch dies noch einmal feststellen: Man muss zumindest die ganz simple Dreisatzrechnung beherrschen, damit man die Anforderungen der Zukunft bewältigen kann, Herr Sander. Ich beziehe mich auf das, was Sie hier an Zahlenmaterial vorlegen, wobei Sie offensichtlich auch als Vorbild für den Kollegen Dürr agieren. Herr Dürr, ich sage es Ihnen jetzt noch einmal, damit Sie es endlich begreifen: Die Daten betreffend Kraft-Wärme-Kopplung, über die ich hier gesprochen habe, sind alle pro Kopf gerechnet.

Sie beziehen sich auf die Quote des prozentualen Anteils am gesamten Stromverbrauch des jeweiligen Landes. Nehmen Sie das bitte einfach zur Kenntnis. Nehmen Sie bitte auch einfach zur Kenntnis, dass Niedersachsen eben nicht das Land Nummer eins ist, sondern weit hintendran ist. Das ist einfach Fakt.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Sander, wenn ich höre, dass Sie die Küste jetzt mit Kohlekraftwerken vollpflastern wollen, welche Sie mit Importkohle füttern wollen, dann höre ich zugleich zum ersten Mal, dass Sie dort mit Kraft-Wärme-Kopplung erhebliche Wirkungsgradsteigerungen erreichen wollen. Das scheint ein ganz neues Konzept zu sein. Ich bin gespannt, was die Landesregierung dann in Regierungskommissionen etc. vorlegen wird. Ich kann nur hoffen, dass die Maßnahmen, die jetzt hier im Raum stehen, endlich auf den Weg gebracht werden. Die Herausforderungen, vor denen wir stehen, sind nicht zu bewältigen, indem wir die Dinge in Regierungskommissionen aussitzen. Sie sind nur durch die Praxis zu bewältigen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Da Herr Minister Hirche sich noch einmal zu Wort gemeldet hat, gebe ich Herrn Wenzel noch eine Minute Redezeit zur Erwiderung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hirche, es ist richtig, dass das DEWI, das Solarforschungsinstitut Emmerthal oder auch das Moorschutzprogramm, das jetzt von Herrn Sander bekämpft wird, Projekte sind, die noch von der Regierung Albrecht auf den Weg gebracht wurden. Insofern ist das ein Anknüpfungspunkt. Ich freue mich, wenn man heute darüber nachdenkt, wie man darauf aufbauen kann. Ich habe aber gerade von Ihrer Partei immer wieder gehört, dass Sie das EEG kaputtmachen wollten, dass wir all das, was wir bei der Marktführerschaft in den letzten Jahren an Erfolgen errungen haben, wieder verlieren würden, wenn wir Ihnen folgen würden. Von daher habe ich ein Problem damit, wie Sie an dieser Stelle agieren. Die Regierung Albrecht hat damals durchaus einige Projekte auf den Weg gebracht, ist dann aber an ganz anderen Stellen gestolpert. Ich erwähne in diesem Zusammenhang die Kinderbetreuung und den Vorfall, bei dem ein Loch in eine Gefängnismauer gesprengt wurde.

Trotzdem will ich den historischen Ansatz nicht schmälern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch die FDP hat zusätzliche Redezeit beantragt. Herr Dürr, Sie haben für 90 Sekunden das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache es kurz. Ich habe überlegt, ob ich auf Herrn Herzog reagiere. Ich will nur noch einen Satz dazu sagen, damit Sie es vielleicht auch verstehen. Lassen wir die Prozentrechnung einmal außen vor. Sie scheint bei den Linken nicht auf fruchtbaren Boden zu fallen. Bezogen auf die Gesamtstrommenge gibt es kein Land in Deutschland, das so viel Strom aus erneuerbaren Energien produziert wie Niedersachsen. Darum und um nichts anderes geht es.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nun zu Ihnen, Herr Wenzel. Ich habe durchaus das Gefühl, dass wir uns ein Stück weit annähern können, jedenfalls was das Ziel betrifft. Über den Weg streiten wir. Das ist im politischen Diskurs ja auch nicht falsch. Es geht darum, dass die deutsche Industrie dauerhaft wettbewerbsfähig bleibt und eben nicht langfristig von staatlichen Mindestpreisen und staatlichem Regime abhängig gemacht wird. Natürlich haben die Amerikaner einiges verpennt. Gerade deshalb stehen deutsche Automobilkonzerne bei einem Vergleich auch deutlich besser da, insbesondere übrigens auch die Volkswagen AG, um auch dies an dieser Stelle klar zu sagen. Es geht nicht an, dass der Staat Technologien vorgibt. Das müssen wir den Unternehmen überlassen. Der Staat soll den Rahmen setzen, was die CO2-Reduzierung betrifft. Das ist keine Frage. Die Entscheidung über den Weg und den Einsatz bestimmter Technologien sollten wir aber den Experten überlassen. Die Experten sind nicht die Politiker, sondern die Wissenschaftler und die Ingenieure in den Unternehmen.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen zu diesem Punkt liegen nicht mehr vor.

Wir kommen zur Abstimmung.