Protocol of the Session on September 14, 2011

Der eine misst 0,088, der andere misst 0,13 und der letzte 0,14.

(Jens Nacke [CDU]: Was, ich soll das beantworten?)

Herr Nacke, wenn Sie den Dreisatz anwenden, dann merken Sie, dass da ein Unterschied auf engstem Raum von 67 % ist. Sie aber wollen mir erzählen, der ungünstigste Aufpunkt ist ermittelt? - Das ist er nicht.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Ich habe Ihnen gar nichts erzählt!)

- Aber Sie quatschen ständig dazwischen.

Dritter Punkt. Castorumstellung. Herr Sander, Sie wissen so gut wie ich - ich brauche es nicht zu zitieren -, was in der Aufbewahrungsgenehmigung steht. Es gibt feste Positionen. Sie können nicht einfach umstellen, wie Sie wollen. Es gibt einen Lage-/ Belegungsplan, von dem offensichtlich abgewichen worden ist. Erklären Sie mir bitte hier heute noch einmal, warum Sie die Öffentlichkeit im Juli nicht darüber informiert haben, warum diese Dinge stattfinden.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzter Punkt. Das Entscheidende an dieser ganzen Rechnerei ist der Ansatz der Hintergrundstrahlung, die abgezogen wird. Nun wird interessanterweise folgender Widerspruch deutlich: Ihr beauftragtes Amt, Ihr NLWKN, setzt einen Wert der PTB an, der immer gleich bleibt. Der Betreiber hingegen - dem folgen der TÜV und bisher leider auch die Spitze des NMU - setzt einen völlig anderen Wert an. Er setzt einen viel höheren Wert an. Es ist klar: Wenn man einen höheren Wert abzieht, dann erzielt man ein niedrigeres Ergebnis. Erklären Sie

bitte die Differenz. Erklären Sie, warum der NLWKN sich auf den unabhängigen PTB-Wert, der niedriger ist, beruft, und warum der TÜV und Ihr Haus bisher davon abweichen und dem Betreiber folgen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Jetzt hat Herr Wenzel das Wort nach § 71 Abs. 3. Er bekommt ebenfalls zwei Minuten. Bitte!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister Sander, es fällt mir schwer, Ihren Rat in Sachen Verfassungsbruch bzw. Rechtsbruch anzunehmen, nachdem Mediengesetz, Moscheenkontrollen und Polizeirecht vor Gericht kassiert wurden. Das waren alles Gesetze, die Ihre Regierung beschlossen hatte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum NLWKN. Wir haben die Integrität der Beamten des NLWKN nie infrage gestellt, ganz im Gegenteil. Wir haben gesagt: Die Position des NLWKN muss in Zukunft gestärkt werden.

Nach dem ICE-Unglück von Eschede hat man gesagt: Wir führen wieder das Sechs-Augen-Prinzip ein. Deshalb ist auch hier zu überlegen, ob wir nicht eine zweite unabhängige Stelle brauchen, die den NLWKN in solch einer Situation stärkt. Das darf aber nicht der TÜV sein, der hier als Diener zweier Herren auftritt, weil er gleichzeitig den Betreiber berät.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Zu dem Umstellen der Castoren: Es gab diese Anweisung aus dem BMU über das BfS. Nach der Umweltausschusssitzung habe ich das BfS angeschrieben und gefragt, ob die Aussagen, die das niedersächsische Umweltministerium, das NMU, im Umweltausschuss getroffen hat, korrekt sind. Daraufhin hat man mir geschrieben, dass dort nur im Rahmen der Genehmigung agiert werden durfte, weil keine Änderungsgenehmigung nach § 17 Atomgesetz beantragt wurde. Wenn dort etwas gemacht wurde, was darüber hinausging, dann konnte das nur im Rahmen der Verantwortung des Betreibers oder der Atomaufsicht, also Ihres Hauses, erfolgen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Aha!)

Sie haben uns bislang aber keine Möglichkeit gelassen, das zu überprüfen, weil Sie die Lagepläne zur Verschlusssache erklärt haben. Insofern steht der Beweis über die erfolgte Maßnahme noch aus.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Richtig!)

Ich möchte zudem fragen: Herr Schünemann, haben alle Polizisten Dosimeter getragen? Ist der Wirkungsfaktor der Neutronenstrahlung überprüft worden? Warum hat die Sprecherin des Umweltministers schon im Juni Kenntnis von den Grenzwertüberschreitungen gehabt, wie sie selbst behauptet hat? Warum ist der Vertrag zwischen La Hague und der GNS nicht öffentlich gemacht worden? - Die Note des Auswärtigen Amtes sagt zwar „Rücknahmepflicht“, definiert aber keinen Termin.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Schünemann möchte antworten. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Polizeibeamten, die in den Nahbereich gelangen, also 6,5 m von den Castoren entfernt sind, bekommen ein Dosimeter. Das war in der Vergangenheit so und ist auch für die Zukunft geplant. Wir setzen sogenannte AVI-Dosimeter ein. Damit wird die Rückstrahlung gemessen. Es geht aber um Gamma- und Neutronenstrahlen. Es wird die sogenannte Ortsdosisleistung gemessen. Das ist die Summe aus Gamma- und Neutronenstrahlen. Das Ganze geht nach den Festlegungen der Strahlenschutzverordnung. Noch einmal zusammengefasst: Die Ortsdosisleistung ist die Summe aus Gamma- und Neutronenstrahlen. Das ist in der Strahlenschutzverordnung genau so festgelegt.

(Kurt Herzog [LINKE]: Sie sagen, Sie messen mit den Dosimetern, die sie tragen, die Neutronenstrahlen? Und der Wichtungsfaktor?)

- Das ist so. Den Wichtungsfaktor natürlich nach Strahlenschutzverordnung. Das können Sie dort nachlesen.

Jetzt hat der Herr Umweltminister das Wort. Herr Minister Sander!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wichtig, diesen Themenkomplex zu klären, auch wenn wir im nächsten Jahr sicherlich wieder damit konfrontiert werden.

Herr Kollege Wenzel, es ist VS. „VS“ heißt „Verschlusssache“. Wir können Ihnen die Pläne so nicht zeigen, und das wissen Sie auch. Besorgen Sie sie sich doch beim Bundesamt für Strahlenschutz - was aber nicht geht.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ist das jetzt eine Aufforderung zum Rechts- bruch oder was? - Gerd Ludwig Will [SPD]: Geht's noch?)

Ich darf nochmals zitieren: Als Ergebnis einer regelmäßigen Überprüfung der Sicherungsmaßnahmen werden zur Verbesserung des Terrorschutzes die Sicherungsmaßnahmen aller Zwischenlager derzeit optimiert. Das BfS hat auf Veranlassung des BMU mit Schreiben vom 15. April 2011 die Betreiber aller Zwischenlager darum gebeten, die dazu notwendigen Maßnahmen einzuleiten. Das Umstellen der Behälter ist eine mögliche Maßnahme in diesem Zusammenhang, die vom Betreiber des Transportbehälterlagers Gorleben beantragt und die von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt worden ist.

(Zuruf: Warum?)

- Wenn terroristische Gefahren, Sicherheitsgefahren bestehen, dann genehmigt das unsere Strahlenschutzbehörde natürlich, wenn sicherungsrelevante Aspekte und der Strahlenschutz berücksichtigt werden. Das ist doch ganz logisch. Oder wollen Sie, dass davon eine Gefährdung ausgeht?

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Meinen Sie, das Problem wird dadurch ge- löst? Das ist doch lächerlich!)

- Das ist doch eine ganz andere Frage. Hier geht es um das Verhältnis in diesem Staat, und Sie, Herr Adler, haben darüber bestimmt nicht mitzureden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Jetzt liegen mir keine weiteren Wortmeldungen mehr vor bis auf die des Herrn Ministerpräsidenten. Sie haben das Wort, Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da mein Schreiben an den Herrn Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Gegenstand mehrerer Wortbeiträge war, würde ich das Hohe Haus gern in Gänze über den Inhalt dieses Schreibens informieren. Das Schreiben, Herr Kollege Wenzel, ist vom 11. August 2011. Es ist ein Schreiben des Ministerpräsidenten an den Bundesumweltminister. Es ist mit dem Umweltminister des Landes Niedersachsen, HansHeinrich Sander, vollinhaltlich abgestimmt.

Das Schreiben hat folgenden Wortlaut: „Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Norbert“.

(Heiterkeit)

- Weil jetzt schon wieder geschmunzelt wird: Die Anrede „Genosse“ ist in unseren Kreisen unüblich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

„Sehr geehrter Herr Bundesminister,“

- handschriftlich eingefügt: „lieber Norbert“ -

„nach dem einstimmigen Beschluss des Bundesrates vom 17. Juni diesen Jahres soll ‚die ergebnisoffene bundesweite Suche (unter Einbeziehung von Gorleben) nach alternativen Endlageroptionen und geeigneten geologischen Formationen in einem transparenten Verfahren’ durchgeführt werden.

Wie Sie wissen, hat das Thema des Umgangs mit radioaktiven Abfällen für Niedersachsen eine besondere Bedeutung, weshalb ich die Zusage der Bundesregierung, bis Ende des Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen, sehr begrüße. Im Hinblick auf den Gesetzentwurf möchte ich Ihnen nachstehend Positionen und Überlegungen der Niedersächsischen Landesregierung darlegen und Sie bitten, diese in dem weiteren Verfahren zu berücksichtigen.

Unbeschadet der Zuständigkeit des Bundes enthält der o. g. Beschluss des Bundesrates verschiedene strategische, technische und rechtliche Implikationen, die im Hinblick auf das geplante Gesetz grundsätzlich erörtert und entschieden werden müssen, und zwar vor Festlegung eines Standort

auswahlverfahrens. So ist es nach unserer Auffassung notwendig, zunächst zu klären, ob das bisherige Konzept, das eine nicht-rückholbare untertägige Endlagerung nach dem Ende des Einlagerungsbetriebes vorsieht, noch den gesellschaftlichen wie auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügt oder ob nicht auch Konzepte mit einer über die Einlagerungsphase hinaus gehenden Rückholbarkeit zu verfolgen sind. Eine solche rückholbare Lagerung könnte grundsätzlich sowohl untertägig oder oberflächennah in Gesteinsformationen oder aber auch in ober- oder unterirdischen baulichen Einrichtungen erfolgen. Sie könnte ferner dezentral oder auch zentral umgesetzt werden.

In direktem Zusammenhang mit der Möglichkeit der Rückholbarkeit der radioaktiven Abfälle steht die Forderung nach der Umkehrbarkeit der Entscheidungen während der Umsetzung eines Endlagerprojekts, falls die reale Entwicklung von den Erwartungen negativ abweichen sollte. Dies ist ein Maßstab, der nach den Erfahrungen mit der Asse II wieder ein besonderes Gewicht bekommen hat.

In diesem Zusammenhang sollten auch Überlegungen, die langlebigen Isotope im Nuklearabfall in kurzlebige zu ,transmutieren‘, weiter verfolgt werden. Damit bestünde, ganz im Sine der Ethikkommission, die Option für zukünftige Generationen, Gefahren und Umfang des Atommülls zu vermindern, wenn entsprechende Technologien verfügbar sein werden.