Protocol of the Session on September 14, 2011

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister Sander hat das Wort. Bitte schön!

(Kurt Herzog [LINKE]: Herr Präsident, ich hatte gebeten, eine Frage stellen zu dürfen! Das hat Herr Schünemann nicht ausgeschlossen!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zuständigkeit für die Lagerung von Castoren, von Behältern mit atomaren Abfällen, liegt im Bereich des Bundes.

(Zuruf von der CDU: So ist es!)

Der Bund bedient sich dabei seiner nachgeordneten Behörde. Man hat manchmal aber nicht den Eindruck, dass sie nachgeordnet ist; denn sie betreibt auch sehr stark Politik und nimmt mit politischen Äußerungen Stellung.

Deshalb, Herr Kollege Wenzel, will ich meinen Beitrag dazu leisten. Dass es mir gelingen wird, glaube ich nach Ihren Beiträgen heute nicht mehr, auch nach den Gesprächen, die wir geführt haben, in denen ich versucht habe, Ihnen einiges zu erklären. Sie behaupten penetrant immer wieder falsche Dinge.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, noch einmal zum Ablauf: Die Überprüfung der Jahresgenehmigungswerte ist ein kontinuierlicher Vorgang, der über die ganzen Jahre erfolgt, ob eingelagert worden ist oder nicht. Dieser Grenzwert, der für das Transportbehälterlager Gorleben 0,3 mSv beträgt, ist deshalb so niedrig - da haben Sie eine wirklich sachliche Aufklärung gegeben -, er ist deshalb geringer ist als bei anderen Zwischenlägern - wo ein Grenzwert von 1 mSv möglich ist -, weil man 1995 bei der Genehmigung durch das Bundesamt für Strahlenschutz gesagt hat: Da kommen noch andere Hallen hinzu, deswegen müssen wir einen geringeren Grenzwert für dieses Zwischenlager ansetzen.

Nun hat sich in den Jahren ergeben: Nicht nur der Betreiber, die GNS, misst, sondern es messen auch unabhängige Gremien. Interessanterweise sind die Messungen um Bruchteile Millisievert unterschiedlich - mal liegt der Betreiber mit seinen Werten höher, mal der andere. Daran sehen Sie schon ein Problem, das man fast nicht erklären kann, das die Bürger draußen wahrscheinlich auch manchmal gar nicht interessiert: Es muss der ungünstigste Messpunkt angenommen werden. „Ungünstigster Messpunkt“ heißt: Wenn Behälter in das Zwischenlager eingelagert werden, dann sind natürlich diejenigen Behälter, die am nächsten zum Zaun stehen, für die höhere Strahlung verantwortlich.

Bei Überprüfungen in diesem Jahr hat man festgestellt: Wenn Sie den Zaun nehmen - - - Ich kann Ihnen das alles bestens erklären, wo die Messpunkte sind und warum man sie verschoben hat. Man hat sie nicht verschoben, um irgendetwas zu manipulieren, sondern um wirklich den optimalen Punkt herauszufinden, wo vielleicht die größte Gefährdung entstehen könnte.

Nun komme ich zu Ihrer kühnen Behauptung. Sie wissen eigentlich ganz genau, dass die Umlagerung, die auf Weisung des BMU erfolgt ist, die über das BfS nicht an das niedersächsische Umweltministerium - auch das müssten Sie einmal sagen -, sondern an den Betreiber ergangen ist, rein sicherungstechnische Gründe hat. Sie hat nichts mit Strahlung zu tun, sondern wurde aufgrund der Gefährdung durchgeführt.

Ich kann Ihnen den Brief - - - Wahrscheinlich kennen Sie den sogar; denn Sie sind ja über die Vorgänge im BfS bestens informiert. Ich stelle immer fest: Wenn wir aus dem Ministerium etwas sagen, dann gibt es sofort einen Pressesprecher, der sagt „Das stimmt alles nicht“, und im nächsten Augenblick geben Sie eine Pressemitteilung heraus, die fast wortwörtlich gleich ist. Das ist immer ein tolles Plagiat. Insofern beeindruckt mich das.

Das habe ich Ihnen aber auch klar und deutlich gesagt: Überlegen Sie einmal, ob das vielleicht gerade bei dieser Frage der beste Umgang ist.

In diesem Fall ist es so gewesen, dass unsere Fachleute uns am 15. August pflichtgemäß darüber informiert haben, dass es sein könnte, dass der Jahresmittelwert von 0,3 mSv nicht eingehalten wird. Wir haben dann - das wissen Sie auch - am 21. August, also umgehend nochmals mit dem NLWKN gesprochen. Wir waren uns darüber im Klaren: Wenn es dazu kommen sollte, dass der

Jahresgenehmigungswert überschritten wird, dann gibt es keine Einlagerung; denn das ist in der Nebenbestimmung betreffend die Einlagerung so vermerkt.

(Detlef Tanke [SPD]: So ist es!)

Das ist rechtlich alles klar und deutlich.

Bei dem, was jetzt kommt, haben Sie wieder einmal nicht so fair gespielt, wie Sie immer tun. Wir haben dann sofort den Umweltausschuss informiert. Ich habe meine Mitarbeiter gefragt: Wer hat denn das veranlasst? Wir haben Ihnen - Herrn Wenzel ganz besonders - das an Schreiben - wir haben nicht Akteneinsicht gewährt; das durften wir so nicht; das müssen wir genehmigen lassen - gegeben, was wir zu Verfügung hatten, weil wir meinten, es ist gut, wenn der Vorsitzende noch etwas besser informiert ist, zumal er in der Urlaubszeit greifbar war. Aber das ist - das weiß ich jetzt - absolut falsch gewesen. Es nützt bei Ihnen einfach nichts. Man kann Ihnen geben, was man will. Sie wollen nicht lesen. Sie wollen es insbesondere nicht verstehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Nachdem wir den Umweltausschuss informiert haben, haben wir am 30. August mit dem Betreiber und unseren Fachbehörden, die wir eben haben müssen, darüber gesprochen. Sie brauchen das nicht. Sie sind Fachmann. Sie können alles. Wir können das nicht. Wir verlassen uns auf die Fachleute. Das muss man in dieser Frage auch. Wir haben also mit denen darüber gesprochen und haben den Betreiber unmissverständlich darüber in Kenntnis gesetzt, dass er unverzüglich erklären muss - damals war der Termin: spätestens Ende September; ich wäre gerne bereit, Ihnen das heute zu sagen, aber ich weiß nicht, wann wir sagen können, ob das überhaupt machbar ist und mit welchen Maßnahmen das machbar ist -, ob dieser Jahresmittelwert von 0,3 mSv eingehalten werden kann.

Wir haben noch weitere Maßnahmen ergriffen. Ich jedenfalls kann nicht feststellen, dass die Beamten irgendwo manipuliert, vertuscht oder gemauschelt haben. Das sind alles Begriffe, die im Grunde genommen unverschämt sind, weil dadurch unsere Leute, die ihre fachliche Arbeit tun, diskreditiert werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben weitere Messungen durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Auftrag gegeben, um Zahlen von einer dritten Stelle zu haben.

Wir haben dann, Herr Wenzel - ich spreche Sie direkt an, weil Sie der Scharfmacher in der Angelegenheit mit sind -,

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ich dach- te, das wäre ich!)

am 5. September wieder den Ausschuss informiert. Wir haben dabei die Sachverständigen - auch die vom TÜV und vom Helmholtz-Institut oder wen auch immer - berichten lassen, weil Sie ja manchmal unseren Leuten nicht glauben. Die sollten Ihnen klarmachen, ob an irgendeiner Stelle gemauschelt worden sein könnte. Ich habe nicht feststellen können, dass Sie in irgendeiner Weise an irgendeiner Stelle in Zweifel gezogen haben, was die Fachleute dort berichtet haben.

Meine Damen und Herren, wir leben ja in einem Rechtsstaat, wobei ich manchmal, auch wenn der Wahlkampf zu Ende ist, bei Ihnen meine Sorge habe, wie es sich mit dem Rechtsstaat verhält.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Wir bei Ihnen auch! - Zurufe von den GRÜ- NEN)

- Wir kommen noch auf manche Sachen zurück!

Meine Damen und Herren, ich sage noch einmal klar und deutlich, und zwar nicht nur für das BMU, sondern ich stehe dabei in engem Kontakt mit unserem Ministerpräsidenten.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Deshalb hört er auch nicht zu! - Weiterer Zuruf von den GRÜNEN)

- Der Brief ist doch eine alte Klamotte. Darüber haben wir schon länger geredet. Wir wollten doch noch unseren Beitrag dazu leisten. Der Brief ist bekannt gewesen; sonst hätten Sie ihn auch nicht veröffentlicht.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Einen Tag vor der Debatte!)

Es wird keine Einlagerungsgenehmigung geben - mehr kann das niedersächsische Umweltministerium nicht machen -, wenn der Jahresgenehmigungswert nicht eingehalten wird. Der Betreiber muss uns nachweisen, dass er mit Maßnahmen unterschiedlichster Art - auch darüber ist im Ausschuss gesprochen worden - sicherstellen kann, dass dieser Jahresgenehmigungswert eingehalten wird.

Was die Transporte angeht, so erlauben Sie mir, Herr Präsident, dass ich einmal aus der ElbeJeetzel-Zeitung zitiere. Da heißt es - das finde ich sehr interessant -:

„Die Castortransporte mit deutschem Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague nach Gorleben seien nicht zu vermeiden. Sie seien rechtlich unabweisbar, und mit der Konsensvereinbarung zwischen Bundesregierung und Stromwirtschaft seien auch die politischen Voraussetzungen“

- nicht nur die rechtlichen, sondern auch die politischen Voraussetzungen -

„inzwischen hierfür gegeben. Er halte Protestaktionen gegen die Castortransporte aus Frankreich zwar für falsch, respektiere aber das legitime Recht zu demonstrieren.“

O-Ton Trittin!

Meine Damen und Herren, daran kann man sehen, wie sich innerhalb von zehn Jahren selbst Herr Trittin verändert hat, der ja in seiner Göttinger Zeit mit Rechtsstaatlichkeit auch seine Erfahrungen gemacht hat,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Was un- terstellen Sie da für Sachen?)

so ähnlich, wie das auch der Herr Fischer getan hat. Wenn er so etwas sagt, dann ist er in der Realität angekommen. Sie, Herr Wenzel, sind das leider noch nicht. Da müssen Sie noch etwas üben. Ich hoffe, dass die Bürger das auch erkennen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir jedenfalls sind rechtsstaatlich und verhalten uns auch so. Wir haben gute Beamte. Ich lasse es nicht zu, dass diese von Ihnen beschimpft werden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt noch zwei Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt. Nach § 71 Abs. 3 erteile ich zunächst Herrn Herzog für zwei Minuten das Wort und dann Herrn Wenzel für zwei Minuten. Herr Herzog, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Zunächst, Herr Schünemann, eine Frage an Sie. Sie haben hier von Dosimetern gesprochen. Ich bitte Sie, hier darzulegen, erstens welche Art von Strahlung diese Dosimeter messen und zweitens welcher Wichtungsfaktor für die biologische Wirksamkeit der Neutronenstrahlung dort angesetzt wird.

Zweiter Hinweis. Herr Sander, ungünstigster Messpunkt. Das ist doch genau die Krux. Es gibt dort auf engstem Raum drei Messstellen. Ich sage Ihnen einmal, was sie messen.

(Jens Nacke [CDU]: Das kann man ja wohl nicht beantworten!)

Der eine misst 0,088, der andere misst 0,13 und der letzte 0,14.