Meine Damen und Herren, der Kollege Miesner von der CDU-Fraktion hat sich jetzt zu Wort gemeldet. Bitte!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war wieder eine typische Tippelt-Rede heute Abend.
Sie war wieder typisch: Alles in Grund und Boden reden, was sich hier Gutes in unserem schönen Bundesland entwickelt. Sie haben vieles gesagt, Frau Tippelt, aber keine konstruktiven Beiträge geliefert. Wenn Sie das Thema wirklich ernst genommen hätten, hätten Sie uns heute Abend einen Änderungsantrag vorgelegt, den Sie zur Abstimmung hätten stellen können. Stattdessen habe ich den Eindruck, dass Sie das Thema gar nicht ernst genommen haben.
Unser Antrag ist auf jeden Fall ein Volltreffer. Alle sind begeistert. Alle sehen im Gesundheitstourismus einen wachsenden Markt und wollen die sich bietenden Potenziale nutzen. Dies jedenfalls wurde uns in vielen Gesprächen und Schreiben bestätigt.
Unser Niedersachsen - ein schönes Reiseland. Unser Niedersachsen - ein schönes Ziel für viele Menschen aus dem In- und Ausland. Unser Niedersachsen - ein Land für den Gesundheitstourismus. Die sieben vor der niedersächsischen Küste gelegenen Inseln, die gesamte Nordseeküste, der Harz, die Heide oder das Weserbergland sind neben vielen anderen schönen Regionen in Niedersachsen hervorragende Standorte für den Gesundheitstourismus.
Gesundheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, steht bei vielen Menschen obenan. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erkennen den Wert der Gesundheit für das Wohlbefinden und die eigene Leistungsfähigkeit. Die Menschen wollen gesund werden, gesund bleiben und dabei auch genießen. Faktoren wie Fitness und Wohlbefinden, die Erhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit sowie die Vorbeugung gesundheitlicher Risiken rücken immer mehr ins Bewusstsein der Menschen. Es soll eben auch Spaß machen, sich gesund zu halten, und dafür wollen wir in Niedersachsen weitere Angebote schaffen. So wollen bereits heute ca. 40 % aller Urlauber etwas für ihre eigene Gesundheit tun. Waren es vor zwei Jahren noch 4 Millionen Menschen in Deutschland, werden es schon in neun Jahren ca. 7 Millionen Menschen sein - so die Prognosen und Untersuchungen. Der Gesundheitstourismus ist bereits jetzt der
entscheidende Konjunkturmotor der Tourismuswirtschaft auch in Niedersachsen. Dieser wird in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen. Untersuchungen zeigen unserem Bundesland ausgezeichnete Entwicklungsperspektiven auf. In der Welt vom 11. März dieses Jahres können wir lesen: „Der kurze Wellnessurlaub wird immer beliebter.“ Die Ärztezeitung stellt in ihrer Ausgabe vom 20. Juli 2010 fest: „Gesundheitstourismus wird zum Geschäftsmodell. Wenn sich Medizin und Tourismus zusammentun, profitieren alle davon, Ärzte, Hotels und Urlauber.“
Niedersachsen als das Reiseland Nummer eins in Norddeutschland hatte ein sehr gutes Jahr 2010. Auch die Entwicklung im ersten Halbjahr dieses Jahres war ausgesprochen positiv. Auf dieser erfolgreichen Entwicklung wollen wir aufbauen. Wir wollen die Chancen und die Potenziale, die der Gesundheitstourismus bietet, nutzen - für unsere Gesundheitsregion und die dort tätigen Menschen. Wir wollen gemeinsam mit den Akteuren die Rahmenbedingungen so setzen, dass die ausgezeichneten Marktpotenziale, die der Gesundheitstourismus bietet, für unsere Gesundheitsregionen genutzt werden. Wir wollen in unserem schönen Reiseland Niedersachsen Arbeitsplätze sichern und neue schaffen.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ulrich Watermann [SPD]: Das war ja nun gar nichts! - Sabine Tippelt [SPD]: Papierkorb!)
Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Herr Kollege Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE zu Wort gemeldet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tippelts Papierkorb-Empfehlung schließe ich mich ausdrücklich an. Das ist tatsächlich das Beste, was man mit diesem Werk tun kann.
Herr Miesner, dass Ihr Antrag ein unglaublich resonanzträchtiger Volltreffer geworden ist, hat wahrscheinlich wesentlich zu Ihrem krachenden Wahlerfolg am letzten Sonntag beigetragen. So richtig viele von den 340 000 im Tourismusgewerbe Tätigen können Sie ja nicht gewählt haben. So ein Volltreffer kann das also nicht gewesen sein.
Schon in der Diskussion im Juli-Plenum ist deutlich geworden, dass dieser Antrag ein ganz heißer Anwärter auf den Titel im CDU/FDP-Wettbewerb um den substanzlosesten Antrag dieser Legislaturperiode ist.
Dieser Antrag ist im Übrigen unverändert übernommen worden ist. Es gab noch nicht einmal den Hauch einer Überlegung, ihn weiter zu qualifizieren. Er ist eins zu eins durchgerauscht, von Juli bis jetzt.
Schaut man sich den Antrag einmal genauer an, bürstet man ihn also gegen den Strich, stellt man fest: Er ist sogar noch schlimmer als substanzlos, er ist nämlich zynisch. Er tut so, als sorge man sich um die Kurheilbäder- und Seebäderorte, und veranstaltet viel Wortgeklingel. Aber die Politik, die Ihre Koalition vor allen Dingen auf Bundesebene treibt, ist gegenteilig.
Ich habe mir noch einmal die NDR-Sendung vom 18. Mai angeschaut. An dem Tag gab es im NDR einen schönen Bericht über die fragwürdige Sparpolitik bei Mutter-Kind-Kuren. Dort wird festgestellt, dass seit einem Jahr 20 % weniger Anmeldungen in den Kliniken - also der Kurindustrie - vorliegen. Über die Krankenkassen wird berichtet, dass einige von ihnen inzwischen 50 % aller beantragten Kuren ablehnen, und zwar trotz des anscheinend vorhandenen Rechtsanspruchs auf Mutter-KindKuren.
Dann wird die Frage nach dem Grund gestellt. - Der Grund ist Ihr Gesundheitsfonds, der die Krankenkassen zum einen diesem unsinnigen kapitalistischen Konkurrenzprinzip unterwirft und der sie zum anderen für Prävention finanziell bestraft.
Das heißt, seit der Kohl-Regierung folgt Ihre Gesundheitspolitik der Linie, Kuren systematisch zu erschweren. Aber damit werden Kurorte genauso systematisch kaputtgemacht.
Und dann kommen Sie und sagen: Wir machen mehr Gesundheitstourismus! - Das ist doch zynisch. Erst fügen Sie dem Gesundheitssystem tiefe
Wunden zu, dann sprühen Sie Glitzerspray auf die verletzten Stellen, und dann verkaufen Sie das Ganze auch noch als Förderung des Tourismus. Das ist Zynismus pur, und das lehnen wir natürlich ab.
(Beifall bei der LINKEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Unmögliche Darstel- lung! Sie haben von dem System überhaupt nichts verstanden!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Miesner, Sie haben dem Hohen Haus erzählt, was Sie mit dem Antrag alles erreichen wollen. Wie Sie das bewirken können, steht in Ihrem Antrag aber nicht. Ich bezweifele auch, dass Sie Ihre Ziele mit diesem Antrag tatsächlich erreichen werden.
In diesen Zeiten des hart umkämpften touristischen Marktes reicht es eben nicht aus, ein Alleinstellungsmerkmal wie eine Küste, einen Harz oder eine Heide zu haben. Vielmehr müssen die Destinationen sehr hart an sich und einem eigenständigen Profil arbeiten, damit sie von der Kundschaft wahrgenommen werden.
Außerdem müssen sie innovative Angebote unterbreiten. Das sagt Ihnen übrigens auch die Bundesebene. Das von der FDP geführte Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie hat im April - noch unter Herrn Brüderle - einen Leitfaden für Gesundheitstourismus herausgebracht, dessen groben Ziele Sie in Ihrem Antrag übernommen haben, dessen konkreten Vorschläge zum Qualitätstourismus Sie aber leider nicht mit übernommen haben. Insofern werden Sie nicht einmal dem gerecht, was von der Bundesebene vorgeschlagen worden ist.
Wenn Sie wenigstens auf die Leute vor Ort, die es wissen, gehört hätten! Herr Ambrosy hat nicht nur Ihnen, sondern allen Fraktionen seine Anregungen zu Ihrem Antrag geschickt. Er hat Kritik geäußert, aber auch einige Vorschläge zur Ergänzung unterbreitet. Da war bei Ihnen aber keinerlei Einsehen. Die von den Oppositionsfraktionen vorgeschlagene Anhörung zu dem Thema wollten Sie auf keinen Fall durchführen. Dass der neue Bundeswirt
schaftsminister, Herr Rösler, die Vorschläge, die Ihnen Herr Ambrosy ins Stammbuch geschrieben hat, in seinem Branchenreport als besonders beispielhaft und richtig hervorgehoben hat, hat Sie ebenfalls nicht interessiert oder beeindruckt.
Ich stelle also fest: Sie sind völlig beratungsresistent. Sie haben die Scheuklappen fest angelegt und berauschen sich an der guten wirtschaftlichen Lage, weil der Deutschlandtourismus gerade boomt. Aber gleichzeitig verschlafen Sie die Trends, die für die Zukunft entscheidend sind. Sie verschlafen den Qualitätstourismus, der deutlich stärker zielgerichtete Aktionen erfordert als die, die Sie in dem Antrag vorschlagen, und wiegen sich in Sicherheit.
Ich muss Ihnen sagen: Die Konkurrenz ist da weiter und besser aufgestellt. Das wird auf Bundesebene von Ihren eigenen Leuten deutlich differenzierter gesehen, als Sie in der Lage sind, es hier vor Ort umzusetzen.
Insofern erhalten Sie auch von uns ein „mangelhaft“ für diesen Antrag. Wir werden aufgrund der neuen Initiativen, die in den Beratungen sind, im Ausschuss weiter an dem Thema arbeiten und dann hoffentlich zu besseren Lösungen gelangen. Das Land muss Ihre Politik leider noch anderthalb Jahre aushalten. Wir müssen den Touristikern jetzt leider mitteilen, dass sie mit diesem Antrag nicht wirklich weiterkommen. Aber in anderthalb Jahren kann es ja besser werden.
Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/3727 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Beschlussempfehlung gefolgt worden.
Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Wir sehen uns morgen früh um 9 Uhr zu den Dringlichen Anfragen wieder. Die Sitzung ist geschlossen.