Protocol of the Session on September 13, 2011

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Helge Limburg [GRÜNE])

- Bevor Sie sich aufregen, Herr Limburg, lassen Sie sich Folgendes sagen: Sie sollten sich einmal die Schriftsätze angucken, die die SPD einreicht. Gerade heute hat nämlich Ihr Beauftragter, Herr Lemme, den Schriftsatz eingereicht, in dem es darum geht, wie die Haushaltssystematik aus dem letzten Jahr von Ihnen negativ beurteilt wird. Sie sollten ihn vielleicht einmal lesen, bevor Sie sich hier hinstellen und sagen, dass es problematisch ist, dass diese Landesregierung angeblich Haushaltszahlen zu optimistisch sieht. Ihr Prozessbeauftragter selbst schreibt doch in Ihren Schriftsatz, dass die Landesregierung viel zu pessimistisch gewesen ist. Das sollten Sie einmal berücksichtigen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Schostok [SPD]: Das kann doch wohl nicht Gegenstand im Par- lament sein!)

- Sie haben gerade dazwischengerufen, dies habe im Parlament nichts zu suchen. Wo denn sonst? - Wir sind Haushaltsgesetzgeber! Diese Fragen haben hier geklärt zu werden und nicht woanders.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Schostok [SPD]: Aber Gerichtsdokumente haben im Parlament nichts zu suchen! - Kres- zentia Flauger [LINKE]: Sie haben ein recht merkwürdiges Verhältnis zur Gewaltenteilung! Das muss ich schon sagen!)

Meine Damen und Herren, dass Sie kein Interesse an einem stabilen, leistungsfähigen und soliden Landeshaushalt haben, haben Ihre Ausführungen gerade sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Das wird im Übrigen auch bei den Diskussionen um die Schuldenbremse von Ihnen deutlich unterstrichen. Das heißt, dass die Union und die FDP ganz deutlich die uferlose Verschuldung der öffentlichen Haushalte in diesem Land beenden müssen, meine Damen und Herren.

Wir müssen schon heute die Grundlagen für den Aufschwung von morgen legen. Richtig ist, dass wir die Staatsfinanzen insgesamt in Ordnung bringen müssen. Deswegen sind langfristiges Denken und Nachhaltigkeit wieder die bestimmenden Pfeiler und gemeinsam zu sehen, die die Politik nach vorne bringen.

Der Landtagspräsident hat in der letzten Woche etwas von Glaubwürdigkeit der Politik gesagt, meine Damen und Herren. Da kann ich ihm nur beipflichten, weil es auch ein Bestandteil von Glaubwürdigkeit der Politik ist, Kurs zu halten und nicht ständig flatterhaft auf dieses und jenes zu reagieren, sondern einen Weg konsequent zu gehen. Dazu gehört die Schuldenbremse, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Richtig ist auch, dass die Schuldenquote von Bund und Ländern in den letzten 40 Jahren eklatant gewachsen ist - unabhängig davon, wer wo regiert hat. Es ist an der Zeit, dass wir dies nicht weiter tatenlos hinnehmen, sondern jetzt verantwortungsvoll Politik für dieses Land gestalten. Deswegen ist die Einführung einer Schuldenbremse unumgänglich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dazu gehört auch - wir haben diese Erfahrung in Deutschland gemacht, weil wir ein Land der Ingenieure sind; der Finanzminister hat vorhin auf die IdeenExpo hingewiesen -, dass wir auch einmal die deutsche Ingenieurkunst berücksichtigen. Dazu gehört, dass deutsche Ingenieure 1895 die Rücktrittbremse und 1901 die Trommelbremse erfunden haben. Jetzt, im Jahre 2011, 100 Jahre später, soll die Schuldenbremse hinzukommen, damit wir auch hier klare Positionen zeigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, was wir nicht brauchen, sind sozialdemokratische, linke oder sonstige Bremser in diesem Land. Ihre Bremsspur hinterlässt nichts als finanzpolitischen Abrieb auf dem Asphalt der Straße zu einem ausgeglichenen Haushalt. Damit sollten Sie sich einmal beschäftigen!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen gibt es aus meiner Sicht vier Punkte, die für die Einführung einer Schuldenbremse zum jetzigen Zeitpunkt sprechen.

Erstens. Mit unserer Schuldenbremse gehen wir von dem bisherigen Grundsatz ab, stets so viele Schulden machen zu dürfen, wie wir investieren, so wie es im Moment Artikel 71 unserer Verfassung vorsieht.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Noch mehr!)

Das ist am Ende des Tages der falsche Weg, weil von diesem Artikel eben keine Bremswirkung ausgegangen ist. Sonst hätten wir in den letzten Jahrzehnten in diesem Land nicht eine stetig zunehmende Verschuldung gehabt. Es tut mir leid, dass damit Ihre Pläne für mehr Wachstum - oder was auch immer Sie vorhaben sollten, falls Sie 2023 wieder einmal in diesem Land regieren können -

(Johanne Modder [SPD]: Das ist ziem- lich fest!)

nicht mehr umgesetzt werden können. Jetzt ist die Bremse anzuwenden und einzuhalten. An dieser Stelle ist der Artikel 71 aus meiner Sicht nicht der einzige anwendbare Artikel in unserer Verfassung. Er korrespondiert im Übrigen auch nicht mit den Vorschriften des Grundgesetzes. Damit sollten Sie sich intensiv auseinandersetzen.

Für das Jahr 2017 werden wir hier einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegen. Das ist für uns Ansporn und Verpflichtung zugleich, nämlich seriöse, nachhaltige und vor allen Dingen verantwortungsvolle Haushaltspolitik in Niedersachsen zu betreiben, meine Damen und Herren.

Zweitens. Schuldenbegrenzung ist schlichtweg gerecht für die nachfolgenden Generationen, weil - und auch das ist richtig - die Zinslast eine schwere Hypothek ist, die vielen die Luft zum Atem nehmen wird.

Deswegen gilt auch heute unser Dank den Beamtinnen und Beamten im Finanzministerium - an der Spitze dem Finanzminister -, die sehr akribisch

dazu beigetragen haben, dass die Anleihen des Landes Niedersachsen zu sehr, sehr günstigen Zinskonditionen aufgenommen werden können. Das verschafft uns notwendige Spielräume, die wir gut für andere Dinge gebrauchen können. Sie schmeißen das Geld nicht irgendeiner Bank in den Rachen, die dann damit möglicherweise etwas Unsinniges anfängt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. Ich hatte gerade darauf hingewiesen: Die Schuldengrenze kann und darf kein Selbstzweck sein, sondern sie ist eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, der wir uns im Übrigen alle in diesem Haus verpflichtet fühlen müssten, weil das Grundgesetz in Artikel 143 d eine ganz klare Vorschrift dazu gibt, nämlich zum Übergangsszenario von 2010 bis 2020. In dieser Zeit muss die Verschuldung in geordneten Schritten zurückgeführt werden.

Herr Schostok, da können Sie mit Linealen zeigen, was Sie wollen: Am Ende muss im Jahr 2020 eine Null stehen. Ob wir das 2016, 2017 oder 2020 erreichen, ist unerheblich. Der Weg ist vorgezeichnet. Die Vorschrift besagt: Ihr habt zehn Jahre zum Abbau Zeit - nicht mehr, nicht weniger, dann muss da eine Null stehen.

Die unseriöse Politik von Frau Kraft ist genau an diesem Artikel gescheitert. Den müssen Sie sich noch einmal genau anschauen. Dann kommen wir sicherlich auch bei unseren Beratungen sehr viel weiter.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Viertens betone ich ausdrücklich aus voller Überzeugung: Die Schuldenbremse gilt weder für den kommunalen Bereich noch für die Regeln des kommunalen Finanzausgleichs. Das ist die Botschaft an die kommunale Ebene. Das muss klar und deutlich sein. Da gibt es keine Spielräume, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Renate Geuter [SPD])

Die Schuldenbremse - das sollten Sie, Frau Geuter, vielleicht auch noch einmal bedenken - ist 2009 gemeinsam von Herrn Struck und Herrn Oettinger in der Föderalismuskommission erdacht worden. Die beiden Herren sind ja durchaus als intelligent zu bezeichnen. Dementsprechend sollte diese konstruktive Zusammenarbeit, die da geherrscht hat, auch bei einer gemeinsamen Findung einer Schuldenbremse für Niedersachsen gelten, meine Damen und Herren.

Zum Schluss lassen Sie mich sagen: Wir verlassen den Gipfel des Schuldenberges. Ob wir nun die rote oder die schwarze Piste wählen, ist unerheblich. Hauptsache, wir kommen gemeinsam gesund ins Tal. Die Fahrt führt auf dem direkten Weg ins Ziel und nicht über Umwege, wie andere das gerne wollen.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Ins Tal! Das war ein schönes Bild!)

- Herr Dr. Sohn, ich weiß nicht, ob Sie Ski fahren können. Ich weiß nicht, ob Sie bergauf fahren können. Vielleicht sind Sie ein Prophet; das mag ja sein. Ich bin es nicht. Aber beim Skifahren fährt man immer den Berg hinunter und nicht hinauf. Aber egal, das werden Sie vielleicht auch noch einmal lernen, Herr Dr. Sohn.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Einige abschließende Bemerkungen zum Doppelhaushalt seien mir gestattet: Der Doppelhaushalt 2012/2013 ist der Ausdruck für eine stabile Zukunft und Ausdruck einer besonderen Ernsthaftigkeit, für solides und seriöses Handeln nicht nur dieser Landesregierung, sondern am Ende des Tages auch für die Landtagsfraktionen von CDU und FDP. Wir konsolidieren weiter, und wir investieren weiter. Wir bauen die Schulden weiter ab.

Wir werden die Investitionen weiter voranbringen. So sei hier nur erwähnt, dass wir im Bildungsbereich im Jahr 2012 für den Schulbereich 5 Milliarden Euro und für den Hochschulbereich 3 Milliarden Euro ausgeben werden. Auf diese Zahlen können wir zu Recht stolz sein,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

weil sie auch die Leistungsfähigkeit dieses Haushalts darstellen. Dementsprechend gibt es daran aus meiner Sicht nichts zu kritisieren und zu mäkeln. Zu Ihrer Zeit sah das noch ganz anders aus: Unterrichtsausfall allerorten. Das haben wir zu Beginn dieses Schuljahrs nirgendwo erlebt. Dementsprechend können wir stolz auf diese Leistung sein.

Das Gleiche gilt für den Ausbau der Landesstraßen. Hierfür werden in den nächsten zwei Jahren 210 Millionen Euro ausgegeben. Auch das entspricht genau dem, was im Straßenbauetat gefordert wird. Wenn Sie die Mipla gelesen haben, Herr Schostok, dann können Sie sich ungefähr vorstellen, dass uns die Haushaltsberatungen 2013 dazu führen werden, uns auch um die Ansatzerhöhung zu kümmern. Dementsprechend beraten wir jetzt

den Doppelhaushalt 2012/2013. Den Rest werden wir nach einer gewonnenen Landtagswahl im Jahr 2013 weiterberaten.

Eines sei Ihnen zum Schluss mit auf den Weg gegeben: Wenn Sie schon hier Ihr Kommunalwahlergebnis der Sozialdemokraten als so furios bezeichnen, dann sollte Ihnen vielleicht einmal jemand sagen, dass das Ihr schlechtestes Ergebnis seit 1952 gewesen ist.

(Beifall bei der CDU)

Dazu sollte Ihnen vielleicht auch gesagt werden, dass die Zahlenspielereien, die Ihr Landesvorsitzender gestern in der LPK von sich gegeben hat, nicht gerade durch Seriosität überzeugen, weil Sie hier nämlich nur noch aufgrund des Erfolgs der Grünen eine Mehrheit erreichen können, aber nicht allein die Kraft dazu haben. Das ist die Wahrheit. Daran sollten Sie sich ausrichten!

Vielen Dank.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der letzten Rede fiel der Begriff „Nörgelfritze“. Ich habe die Bitte an die Fraktionen, dass sie sich in der politischen Auseinandersetzung nicht auf diese Sprachebene begeben. Ich habe das nicht mit einem Ordnungsruf belegt, aber ich bitte darum.

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Schostok das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Thümler, Sie haben dem Hohen Hause gerade erzählt, dass es eine Klage von Abgeordneten der SPD, und zwar der gesamten Fraktion, gegen die Landesregierung gibt. Sie haben von einem Schriftstück gesprochen, das die SPD-Fraktion an den Staatsgerichtshof gerichtet hat.