Protocol of the Session on July 1, 2008

(Zuruf von der LINKEN: Abwarten!)

Aber, meine Damen und Herren, wir erhalten trotzdem schon einen Vorgeschmack darauf, wie sich die Kommunisten die Haushaltsberatungen in diesem Hause vorstellen. Niedersachsen soll den Bund auffordern, neue Steuern einzuführen. Dann hätten wir 1 Milliarde Euro mehr, und schon kann das Geldausgeben losgehen. Das ist erstens unehrlich und zweitens unseriös.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das ist die Rattenfängerpolitik, wie sie extremen Parteien auf der linken und rechten Seite zu eigen ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der LINKEN - Pat- rick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Un- glaublich! Ordnungsruf!)

Herr Nacke, gestatten Sie bitte eine Zwischenfrage des Kollegen Perli?

Später vielleicht.

(Zurufe von der LINKEN: Er hat „Rat- tenfänger“ gesagt! - Natürlich haben Sie es nicht gehört! - Gegenruf von Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das ist ein Vergleich mit einem Märchen! Das ist relativ bekannt! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Mit verantwortungsvoller und ernsthafter Politik hat das nichts zu tun.

Meine Damen und Herren, verantwortungsvolle und ernsthafte Politik waren aber die haushaltspolitischen Entscheidungen der Mehrheit von CDU und FDP in den vergangenen fünf Jahren in diesem Haus - Entscheidungen, die trotz der kontinuierlichen Rückführung der Neuverschuldung finanzielle Spielräume eröffnet haben. Es ist aber unsere politische Entscheidung, diese Haushaltsmittel

eher im Bereich der vorschulischen Bildung einzusetzen.

(Zustimmung bei der CDU)

Der beitragsfreie Kindergarten für alle kleinen Kinder ist für uns ein wichtiger Beitrag zur Chancengleichheit und zur Bildungsgerechtigkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das sind die Abwägungsprozesse, denen wir uns in der Politik immer wieder stellen müssen.

Als wissenschaftspolitischer Sprecher werbe ich in meiner Fraktion auch für zusätzliche Mittel für die Hochschulen. Statt diese Mittel jedoch zu verwenden, um auf angemessene Studienbeiträge zu verzichten,

(Patrick-Marc Humke-Focks [LINKE]: Kein Wunder, dass Sie wissen- schaftspolitischer Sprecher geworden sind!)

möchte ich lieber zusätzliche Studienplätze ermöglichen und die Bedingungen für Forschung und Lehre weiter verbessern. Das ist aus meiner Sicht der bessere Weg für junge angehende Akademiker.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zum Schluss eine Bitte an die Opposition. Selbstverständlich können Sie hinsichtlich der Studienbeiträge anderer Auffassung sein.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Danke! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist nett!)

Aber gehen Sie bitte nicht so weit, dass Sie jungen Leuten das Studium ausreden.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Wie bit- te? - Zurufe von der LINKEN: Das machen Sie doch selbst!)

Sie würden sich an der Zukunft dieser Leistungsträger versündigen.

Aber, meine Damen und Herren, diesbezüglich habe ich Hoffnung.

(Zuruf von der LINKEN: Ihr Kragen ist umgeknickt!)

- Vielen Dank, das ist ein netter Hinweis.

(Heiterkeit - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das ist sogar der linke Teil des Kragens gewesen! - Zuruf: Ihm ist der Kragen hochgegangen!)

Ich wollte Ihnen sagen, warum ich Hoffnung habe. Vor ca. drei Jahren hat sich der Vorsitzende der Jungsozialisten aus meinem Wahlkreis in einer Besuchergruppe hier im Haus selbst als Beispiel benannt. Er behauptete, er könne sich nun als Abiturient aufgrund der Beiträge in Höhe von 500 Euro kein Studium mehr leisten. Inzwischen, meine Damen und Herren, studiert dieser junge Mann, und zwar nicht in Bremen, nicht irgendwo, sondern hier in Hannover. Er fand sogar Zeit, im Wahlkampfteam des Kollegen Wolfgang Jüttner mitzutun. Ich freue mich, dass sich dieser oft übereifrige, aber doch intelligente Bursche für das Studium an einer niedersächsischen Hochschule entschieden hat. Ich hoffe allerdings für den jungen Mann, dass sein Studium erfolgreicher verläuft als sein Wahlkampfeinsatz.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Grascha das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion sagt eindeutig ja zu den Studienbeiträgen in Niedersachsen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die 85 Millionen Euro Einnahmen aus Studienbeiträgen verbessern nachvollziehbar die Qualität an unseren Hochschulen. Zusätzliche Kursangebote, neue Lehrbücher, längere Öffnungszeiten der Bibliotheken, zusätzliche wissenschaftliche Mitarbeiter, Stipendien und vieles mehr wurden aus den Studienbeiträgen sinnvollerweise finanziert. Die Studienbeiträge sind im Übrigen über unser Darlehensmodell nachgelagert, sodass niemand am freien Hochschulzugang in Niedersachsen gehindert ist.

Nun zu Ihrem Gesetzentwurf. Die Überschrift müsste eigentlich lauten: Gesetz zur Verschlechterung der niedersächsischen Hochschulen. - Sie sprechen immer von „sozial“. „Sozial“ heißt bei Ihnen, dass Krankenschwestern, Altenpfleger, Erzieher und Müllwerker das Studium von späteren Akademikern über ihre Steuern finanzieren.

Herr Grascha, Herr Perli möchte eine Zwischenfrage stellen.

Nein. - Dabei beweisen Studien, dass Akademiker über das Leben gerechnet 50 % mehr als unstudierte Bürger verdienen, aber weniger als die Hälfte ihrer Studienkosten über höhere Steuern an die Solidargemeinschaft zurückzahlen. Ihr Modell ist damit unsozial.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das sehen im Übrigen nicht nur die Liberalen in diesem Haus so, sondern das hat 1875 auch schon Karl Marx so gesehen. Wenn Kinder aus einkommensschwachen Familien nicht studieren können, dann liegen die Ursachen hierfür viel tiefer.

Herr Grascha, Frau Flauger möchte eine Zwischenfrage stellen.

Nein. - Diesen Kindern müssen wir mit mehr Qualität viel früher helfen. Strukturdebatten über Schulreformen oder Studienbeiträge helfen unseren Kindern garantiert nicht.

(Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Was ist daran Struktur? - Gegenruf von Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Bei denen ist alles Struktur!)

Nun zu Ihrer sogenannten Gegenfinanzierung. Das ist nun wirklich mittlerweile die planlose Planwirtschaft. Sie sprechen von 1,12 Milliarden Euro Einnahmen durch die Vermögenssteuer. Das ist übrigens der gleiche Betrag wie in Hessen. Wenn Sie das schon abschreiben, dann hätten Sie den Betrag wenigstens einmal nachrechnen sollen.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Wir ha- ben nicht abgeschrieben!)

Auf der Bundesebene, liebe Kollegen, spricht Ihr Parteivorsitzender, Herr Bisky, von 5 Milliarden Euro bundesweit. Dieses Geld soll aber direkt an die Kommunen fließen. Sie wollen damit die entfallenen Studienbeiträge kompensieren. Das passt nicht zusammen.

Ich habe das Gefühl, bei Ihnen greift der Pawlowsche Reflex: Überall, wo Geld benötigt wird, wird automatisch die Vermögenssteuer als Instrument herangezogen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dazu zwei Anmerkungen. Erstens. Auch in Ihrer Planwirtschaft gilt ein ganz grundsätzliches kaufmännisches Prinzip: Der Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Zweitens. Ich kann Ihnen eine gewisse Sicherheit darüber geben, wie sich die Einnahmen aus ihrer mittelstandfeindlichen Vermögenssteuer entwickeln werden. Sie werden das Geld aus Deutschland vertreiben, und damit können Sie den Satz bei 1 % oder bei 2 % festlegen, die Einnahmen bleiben bei null.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Ja, die Schweden sind auch alle ausgewan- dert!)

Aber Sie brüsten sich ja damit, dass die Staatsquote nach der Umsetzung Ihres Steuerkonzeptes bei 70 % liegen würde. Damit hätten Sie zumindest ein Ziel erreicht, nämlich Ihren Systemwechsel und damit den Niedergang unseres Landes.