Protocol of the Session on June 29, 2011

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Seit sechs Jahren finden Sie keine Antwort!)

Wenn wir es so machen würden, wie Sie es vorschlagen, würde uns das wieder auf die Füße fallen. Dann hätten wir wieder ein Problem mit der EU. Das können wir uns im Moment absolut nicht leisten.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Heineking. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im März 2011 schreibt der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Herr Stefan Schostok, in einem Antrag, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, ein neues Förderprogramm für die Erneuerung der Busflotte in Niedersachsen mit jährlich 15 Millionen Euro ins Leben zu rufen. In der Entschließung und in der Begründung kommt noch etwas Mauerwerk dazu. Und wenn man den Antrag ein erstes Mal und auch ein zweites Mal liest, dann ist er so in Ordnung.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Ja, dann stimmen Sie doch zu! - Gerd Ludwig Will [SPD]: Dann können Sie jetzt Schluss machen!)

- Nein, ich mache jetzt nicht Schluss; denn es kommt noch der April. Am 1. April sagt der Kollege Will in der öffentlichen Erörterung des Antrags im Wirtschaftsausschuss u. a.: „Wir gehen davon aus,“ - mit „wir“ meint er die SPD-Fraktion - „dass das 2005 eingestellte Programm fortgeführt werden sollte.“ - Bis zum Jahre 2005 hat das Land Niedersachsen knapp 20 Jahre lang die ÖPNVOmnibusförderung durchgeführt; zuletzt gab es einen Zuschuss von bis zu 40 %. Dann hat das Land Niedersachsen diese Förderung eingestellt, nicht, weil wir die Schülerinnen und Schüler oder die SPD-Landtagsfraktion oder die Omnibusbetreiber ärgern wollten, sondern weil die EU sehr kritische Anmerkungen dazu gemacht hat. Die logische Folgerung war, diese Förderung einzustellen.

Was ist seit dem Jahr 2005 passiert? - Die Landesregierung hat immer wieder Kontakt auch mit den Verantwortlichen beim Bund in Berlin aufgenommen. Vom BMVBS ist aber auch nicht deutlich gesagt worden: Bitte führt die Förderung so weiter; wir sehen da keine Probleme. - Dann hat die Landesnahverkehrsgesellschaft gesagt: Wir wollen das Thema der EU-Förderung auch einmal beleuchten. - Auch auf dieser Seite wird diese Förderung sehr kritisch gesehen.

Wenn ein Programm handwerklich so schlecht aufgelegt ist, dann kann man es nur ablehnen. Kollege Schminke ist ja ein solider Handwerker. Er hat eine entsprechende Ausbildung gemacht und weiß ganz genau: Wenn man eine tragende Mauer errichten will, dann braucht man auch ein vernünftiges Fundament. - Und wenn gefordert wird, ein Förderprogramm aufzulegen, ohne dass ein vernünftiges Fundament dafür besteht, dann müssen wir das ablehnen. Das wollen wir heute auch tun.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Herr Hagenah das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Niedersachsen die Klimaschutzziele ernst nimmt, dann muss es auch im ÖPNV mehr

tun - auch wenn der Bus schon heute relativ klimafreundlich ist.

Das aktuelle Weißbuch der EU vom März dieses Jahres bezeichnet die Reduzierung der verkehrsbedingten CO2-Emissionen als ein wichtiges Ziel. Es spricht sich für die frühzeitige Einführung umweltfreundlicher Fahrzeuge mit neuen Technologien, insbesondere für die Verwendung umweltschonender Energie, und für die Förderung einer gemeinsamen öffentlichen Beschaffung schadstoffarmer Fahrzeuge aus. Das steht da drin, und da müssen wir aufsetzen.

Frau König, es ist sehr wohl möglich, Förderprogramme EU-rechtskonform auszugestalten. In dem Gutachten der LNVG heißt es zwar, Herr Kollege Heineking, dass das Förderprogramm nicht mehr so aufgelegt werden kann wie 2005, aber gleichzeitig werden auch Wege aufgezeigt, wie unter den aktuellen Rahmenbedingungen der EU ein Förderprogramm gestrickt werden kann, das rechtskonform ist. Dies funktioniert über die Finanzierung von Zusatzstandards, über eine Investitionsförderung und über eine bei der EU-Kommission zu beantragende Notifizierung einer wettbewerbsneutralen Förderung. Diese Rahmenbedingungen sind aus dem Gutachten der LNVG ableitbar. Wir müssen das Rad also nicht neu erfinden. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Ich habe die CDU so verstanden, dass sie das, wenn es möglich ist, auch umsetzen würde. Das Gutachten der LNVG sagt es auch, und die EU fordert es sogar von uns. Ich würde also sagen: Lassen Sie es uns gemeinsam tun!

Dass der Kollege Will seinerzeit gesagt hat, er möchte das Programm gerne so wie 2005 fortsetzen, ist vor diesem Hintergrund, denke ich, zu relativieren. Wir sollten das Programm nach heutigen Standards und entsprechend den rechtlichen Rahmenbedingungen der EU umsetzen. In dem Antrag ist das noch nicht spezifiziert, aber ich denke, das ist bei dem, was im Gutachten der LNVG vorgeschlagen wird, mitgemeint.

Ich würde darum bitten, dass Sie, wo doch jetzt Wege aufgezeigt worden sind, mittun und nicht nur, wie im Augenblick, die Kosten der Schülerbeförderung jedes Jahr 1 % geringer mitfinanzieren. Damit machen Sie sich nämlich daran mitschuldig, dass im Land Busse herumfahren, die im Schnitt zwölf Jahre alt sind. Das ist nicht gerade sicher und den Schülerinnen und Schülern auch nicht zumutbar. Auch da sind wir - nicht nur wegen der

Umweltaspekte, sondern auch wegen der Sicherheitsaspekte - in der Pflicht.

Ich unterstütze für die Grüne-Fraktion den Antrag der SPD-Fraktion. Wenn ich Ihre Worte ernst nehme, Herr Kollege Heineking und Frau König, müssten Sie das auch im besten Sinne tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als Letzter hat sich Herr Minister Bode zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Hagenah, Ihnen ist eben ein Flüchtigkeitsfehler unterlaufen, den ich für das Protokoll korrigieren möchte. Das Programm war nicht 2006, sondern 2005.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Ich habe mich auf Herrn Heineking bezogen, und der hat „2006“ gesagt!)

- Dann haben wir jetzt für alle Beteiligten und für das Protokoll klargestellt, dass das Programm 2005 und nicht 2006 war.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Forderung der SPD ist in der Tat nicht neu. Sie ist in der Zwischenzeit auch vielfach vorgetragen worden. Ich möchte nur noch einmal feststellen, dass es nicht haushalterische Gründe hatte, dass das Programm 2005 eingestellt worden ist, sondern dass der Hintergrund ein anderer war. Weil die damalige Förderung bei den Busunternehmen zu betriebswirtschaftlichen Vorteilen geführt hat, war sie mit dem EU-Wettbewerbsrecht nicht vereinbar. Sie ist also aufgrund einer rechtlichen und nicht aufgrund einer fiskalischen Fragestellung beendet worden.

Es hat mehrere Versuche und Ansätze gegeben, wie beispielsweise 2008 das Gutachten, das von der LNVG eingeholt worden ist und das zu dem Ergebnis kommt, dass das Programm von 2005 in der Tat nicht mit EU-Recht vereinbar ist und deshalb auch nicht wieder eingeführt werden kann.

Und jetzt kommen wir zu der erstaunlichen Wende des Abgeordneten Hagenah. Das ist eine für mich persönlich schöne Entwicklung, die wir heute feststellen können; denn wenn wir an die letzte Land

tagssitzung bzw. an die letzte Sitzung des Wirtschaftsausschusses denken, hat Herr Hagenah immer eine mit dem Rechnungshof gleichgelagerte Forderung erhoben. Er hat nämlich gesagt, dass bei der einzelbetrieblichen Wirtschaftsförderung das Subsidiaritätsprinzip einzuhalten ist und dass Unternehmen nur dann eine Förderung bekommen dürfen, wenn sie die Investition selbst nicht aufbringen können.

Die Landesregierung hat hier immer eine andere Position vertreten, sowohl die frühere SPD-Landesregierung als auch die jetzige CDU/FDPLandesregierung. Wir sind der Meinung, dass bei der GRW-Förderung ein anderes Subsidiaritätsverständnis zugrunde gelegt werden muss.

Heute hat Herr Hagenah nun gefordert, dass wir im Busbereich die einzelbetriebliche Förderung losgelöst von der Subsidiarität, die der Landesrechnungshof einfordert, durchführen. Das heißt, er hat seit der letzten Sitzung seine Meinung geändert. Ich begrüße es sehr, dass er sich unserer Position angenähert hat.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Nein!)

Das Problem bei Herrn Hagenah ist, dass er den ökologischen Aspekt, auf den die EU in der Tat abhebt, ins Feld geführt hat. Wir dürfen bei Bussen Nachrüstungen bzw. Mehrausstattungen, die einen ökologischen Effekt haben, bezuschussen, sofern - und das ist der nächste Punkt, auf den die EU abhebt - das Unternehmen dies nicht selbst finanzieren kann. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, Herr Hagenah, dass es Unternehmen gibt, die eine solche Zusatzinvestition in den Bus - ob in einen Katalysator oder etwas anderes - nicht selbst bezahlen können.

Herr Hagenah, Sie sollten Ihre Argumentation nicht nur innerhalb eines Tagesordnungspunktes abstimmen, sondern einmal Ihre gesamte politische Argumentation auf Plausibilität prüfen.

Meine Damen und Herren, ich freue mich schon auf die weiteren Debatten zur GRW-Förderung. Da können wir Ihre Position von heute, Herr Hagenah, gerne auch noch weiter diskutieren. Eines steht jedenfalls fest: Das Programm von 2005 können wir nicht wieder aufnehmen, und die Förderung einer Nachrüstung unter Umweltschutzaspekten macht jedenfalls auf den ersten Blick keinen Sinn. Wir müssen ausloten, ob es irgendwelche rechtlich sauberen Möglichkeiten gibt, aber bisher haben wir keine gefunden. Diese Forderung ist, wie gesagt, nicht neu.

(Zuruf von Gerd Ludwig Will [SPD])

- Herr Will, Sie sagen, die Bayern können das. Ich sage: Sie machen das einfach und setzen sich damit über das EU-Recht hinweg. Sie können uns nun natürlich auch auffordern, uns EU-rechtswidrig zu verhalten. Aber wir sind eine rechtsstaatlich arbeitende Regierung und werden das EU-Recht einhalten. Das tut manchmal weh, aber wir werden uns nicht darüber hinwegsetzen. Im Übrigen könnten sich in Bayern, wenn das vom EuGH kritisiert wird, im Nachhinein Rückforderungen gegenüber den Unternehmen ergeben. Das würde für die Unternehmen zu viel größeren Problemen führen, als sie zuvor an Vorteilen erreicht haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren, man kann nur das machen, was EU-rechtskonform ist.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen möchte und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/3389 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Ich schließe die Sitzung und wünsche Ihnen einen angenehmen Feierabend. Wir sehen uns morgen um 9 Uhr zum Tagesordnungspunkt „Mitteilungen des Präsidenten“ wieder.

Schluss der Sitzung: 19.51 Uhr.