Protocol of the Session on June 28, 2011

Damit kommen wir zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Schobert für die CDUFraktion. Herr Schobert, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „In der ARD reden neun Anstalten mit. Erstaunlich, dass sie überhaupt sendet.“ Überträgt man nun dieses Zitat des früheren MDR-Intendanten Udo Reiter auf diesen Staatsvertrag, dann

könnte der Ausspruch lauten: Beim Rundfunkstaatsvertrag reden 16 Länder mit. Erstaunlich, was auch dieses Mal wieder als positives Ergebnis herausgekommen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Fünfzehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag setzt Meilensteine in Deutschland; denn die im Verlauf der Jahrzehnte in die Jahre gekommene Rundfunkgebühr ist ab dem 1. Januar 2013 Geschichte. An die Stelle dieser Gebühr tritt eine moderne Haushalts- und Betriebsstättenabgabe. Die Regelungen werden transparenter und einfacher. Die Belastungen für die privaten Haushalte werden nicht erhöht. Auch das ist in der heutigen Zeit ein gutes Zeichen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es ist künftig nicht mehr relevant, wie viele Menschen in einer Wohnung leben oder wie viele Radios, Fernseher oder internetfähige Endgeräte vorhanden sind. Eine Wohnung, eine Gebühr - das ist Klarheit, das ist Transparenz, und das ist Bürgerfreundlichkeit. Das ist Politik der CDU, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der FDP)

Über die Geschichte der Rundfunkgebühren wäre sicherlich viel Interessantes zu berichten, z. B. dass sie in Deutschland zum ersten Mal im Jahre 1923 erhoben wurden. Seinerzeit waren es im ersten Jahr 467 Menschen, die bei einer Jahresgebühr von 25 Mark zusammen 11 675 Mark zahlten. Bis heute ist diese Zahl merklich gestiegen: 7,6 Milliarden Euro an Gebühren stehen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk jährlich für seine vielfältigen Aufgaben zur Verfügung. Darüber hinaus werden mit den Gebühren u. a. auch die Bürgermedien in Niedersachsen sowie die Arbeit der Niedersächsischen Landesmedienanstalt finanziert.

Nun ein Blick auf die Betriebsstättenabgabe: Rund 70 % der kleineren und mittleren Unternehmen werden künftig entlastet. Für 20 % der Unternehmen gibt es keine Mehrbelastung. Leider verbleiben aber auch 10 % der Firmen, die künftig einen höheren Anteil an der Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks zu tragen haben. Insbesondere Firmen mit einer großen Anzahl an Verkaufsstellen und Fahrzeugen, wie z. B. große Bäckereibetriebe, werden stärker als bisher belastet. Daher setzt sich die CDU dafür ein, dass die Beitragspflicht für Kraftfahrzeuge bei Unternehmen langfris

tig entfällt. Als positiver Nebeneffekt könnte so auch der verwaltungstechnische Aufwand weiter reduziert werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zusammengefasst gilt:

Erstens. Die CDU begrüßt den Modellwechsel von der gerätebezogenen Rundfunkgebühr hin zum Haushaltsbeitrag als zukunftsfähige Sicherung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das neue System senkt die Zahl der Schwarzhörerinnen und Schwarzhörer und reduziert gleichzeitig den Kontrollaufwand durch die Gebührenbeauftragten. Zu Deutsch: Die bekannten „GEZ-Schnüffler“ entfallen zukünftig.

Zweitens. Die CDU spricht sich gegen eine weitere Erhöhung der Rundfunkgebühren bzw. gegen eine weitere Erhöhung der Rundfunkabgaben aus.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Drittens. Die CDU fordert die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auf, durch sparsamsten Mitteleinsatz den Bedarf stabil zu halten. Entstehende Mehreinnahmen sollen für eine Reduzierung der Belastung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen genutzt werden.

Viertens. Die CDU unterstützt alle Bestrebungen, die Qualität der Sendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu erhöhen, sich stärker auf den Kernauftrag zu fokussieren und den Bürgerinnen und Bürgern einen erkennbaren Mehrwert für ihr Geld zu liefern. Ein solcher Mehrwert ist z. B. die Erhöhung der Zahl barrierefreier Rundfunkangebote.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit der Zustimmung zu diesem Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird auch der Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD überflüssig. Wir haben das im Ausschuss bereits erläutert. Wir würden uns sehr freuen, wenn eine ganz große Mehrheit dieses Hauses diesem so guten und so wichtigen Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zustimmen würde.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Behrens zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag wird heute wohl mit großer Mehrheit diesen Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag auf den Weg bringen. Das ist auch gut so. Das ist kein Ausfluss allein der CDU-Medienpolitik, sehr geehrter Herr Kollege Wittich Schobert, sondern es ist ein Kompromiss, den 16 Bundesländer mühsam über mehrere Monate und Jahre erarbeitet haben. Dazu haben alle Parteien ihren Teil beigetragen. Deswegen ist das kein Signal, das Sie sich allein ans Revers heften können. - Auf die CDU-Medienpolitik werde ich aber gleich noch zu sprechen kommen.

Wir können dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag sehr gern zustimmen; denn er sichert den öffentlichen Rundfunk für die Zukunft sehr gut ab. Er reagiert darauf, dass sich in der digitalen Welt die Empfangsmöglichkeiten geändert haben. Deswegen ist es dringend notwendig gewesen, dass wir die Gebühren neu definieren; denn dort gab es eine Lücke. Zukünftig werden die Grenzen zwischen TV, Internet und Radio fließend sein. Die Rundfunkgebühr bildet das neu mit ab.

Kollege Schobert hat es erwähnt: Zukünftig wird es einen geräteunabhängigen Beitrag geben. Damit ist es egal, wie Rundfunk und Fernsehen empfangen werden. Alle in einem Haushalt lebenden Menschen können das unabhängig davon, wie sie Fernsehen gucken, empfangen und müssen dafür zukünftig auch bezahlen. Es wird einen einheitlichen Betrag pro Haushalt geben. Diese Vereinheitlichung führt auch zu mehr Gerechtigkeit.

Liebe Kollegen von CDU und FDP, mit diesem neuen Rundfunkänderungsstaatsvertrag akzeptieren wir aber auch, dass Onlineaktivitäten und Rundfunk auf einer gleichen Ebene stehen und dass es auch im Onlinebereich Rundfunk geben soll. Ich finde, das ist ein wichtiger Schritt zur zukünftigen Absicherung der öffentlich-rechtlichen Sender, indem sie auch im Onlinebereich, im Internet, präsent sind und ihren Qualitätsjournalismus dort für alle bereitstellen wollen.

Geehrte Kollegen von CDU und FDP, wir wissen, dass Ihnen die Onlineaktivitäten von ARD und ZDF weiterhin ein Dorn im Auge sind. An diesen Dorn müssen Sie sich aber gewöhnen; denn mit der Umstellung auf die geräteunabhängige Rundfunk

gebühr wird endlich die Realität zur Kenntnis genommen. Diesen Schritt können Sie nicht mehr rückgängig machen, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Botschaft aus diesem Hause wird heute sein, dass wir allen Bürgerinnen und Bürgern keine erhöhten Gebühren zumuten müssen. Eine Erhöhung wird es nicht geben. Mit dem Beitrag von knapp 18 Euro wird auch weiterhin jeder Bürger öffentlich-rechtlichen Rundfunk empfangen und nutzen können. Nur ein kleiner Anteil von Menschen - diejenigen, die bisher nur einen Computer oder nur ein Radio angemeldet hatten - wird eine leichte Erhöhung in Kauf nehmen müssen.

Entgegen wiederholten Äußerungen aus den Kreisen von Betrieben und Unternehmen wird die Wirtschaft nicht zusätzlich belastet. Sie wird auch weiterhin 6 % bis 7 % zum Gesamtaufkommen der Rundfunkgebühren beitragen. Herr Schobert, wenn Sie die Beitragsfreiheit für Kfz bei Unternehmen durchsetzen wollen, dann bin ich gespannt darauf, wie Sie das an anderer Stelle kompensieren wollen. Wenn Sie die Wirtschaft entlasten wollen, müssen die Bürgerinnen und Bürger dieses Defizit übernehmen. Herzlichen Glückwunsch und schönen Dank an die CDU!

(Beifall bei der SPD)

Kritik gab es von den Sozialverbänden, die aus dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor allen Dingen eine Belastung für Menschen mit Behinderungen befürchten. Wir können heute sagen, dass es für sie keine Erhöhung gibt. Auch weiterhin wird es eine Beitragsermäßigung für Menschen mit Behinderungen geben, in einigen Fällen sogar eine volle Befreiung. Aber nichtsdestotrotz ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Pflicht, allen Menschen, auch Menschen mit Behinderungen, barrierefreie Angebote zu machen. Herr Schobert hat es angesprochen. Wir werden in dieser Woche zu diesem Thema noch im Landtag diskutieren. Da sich auch Herr Schobert Barrierefreiheit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wünscht, denke ich, dass die CDU-Fraktion unserem Antrag zustimmen wird. Wenn die Politik hier ein Signal setzen will - ich gehe davon aus, dass die CDU Barrierefreiheit für wichtig hält -, dann werden wir dazu in dieser Woche eine Lösung finden können.

Geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch auf drei Punkte hinweisen, die zumindest in der SPD-Fraktion für Unbehagen sorgen.

Wir wissen nicht, ob die von den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gebrauchte Gesamtsumme von knapp 7,6 Milliarden Euro nach der Umstellung auf die neue Rundfunkgebühr auch tatsächlich aufkommen wird. Die Gutachten gehen zwar davon aus, aber erst die Zukunft wird zeigen, was daraus wird.

Wir wissen ebenfalls noch nicht, ob sich die GEZ zu einer Behörde weiterentwickeln wird, die die neue Gebühr serviceorientiert, freundlich und ohne große Schnüffelei und Bürokratie einsammelt. Auch das wird abzuwarten sein. Wir haben bisher Hinweise und Nachrichten über einen großen Personalaufwuchs bei der GEZ bzw. ihrer Nachfolgerbehörde bekommen. Deswegen müssen wir auch hier wachsam sein.

Der dritte Punkt betrifft auch uns: Wir müssen sicherstellen, dass diese neue Gebühr die Akzeptanz bei allen Bürgerinnen und Bürgern findet. Auch hier ist die Politik in der Pflicht, verantwortlich dazu zu stehen, wenn in den nächsten Wochen und Monaten die Gebühr für die Bürgerinnen und Bürger Realität wird, die Umstellung kommt und der eine oder andere eine leichte Erhöhung erlebt. Wir müssen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zur GEZ-Gebühr stehen und den Menschen erklären, warum wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für unsere Demokratie brauchen.

Nun komme ich zur CDU-Medienpolitik, Herr Kollege Schobert. Unbehagen kommt bei der SPD immer dann auf, wenn man Äußerungen aus der Staatskanzlei hört oder auch wenn man die Protokollnotizen zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag anschaut. Neben Sachsen hat auch Niedersachsen zu Protokoll gegeben, dass man sich künftig eine verfassungskonforme Einschränkung der Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wünscht. Sie möchten die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks beschneiden,

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

Sie möchten den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der jetzigen Ausstattung zurückführen. Er ist Ihnen ein Dorn im Auge. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Mit der SPD ist das nicht zu machen.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Wir werden den Auftrag des öffentlichen Rundfunks nicht beschneiden lassen, auch nicht über den Umweg der Beitragsstabilität. Auch wenn sich, Kollege Schobert, die CDU weniger Gebühren für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wünscht, darf

ich Sie, wie ich das auch immer bei den Kollegen der FDP tue, daran erinnern, dass nicht die Politik das Finanzvolumen von ARD und ZDF festlegt. Das legt die KEF fest. Wir können Wünsche äußern, aber wir haben die Beschlüsse der KEF nachzuvollziehen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht sich nicht nach den Vorgaben der Politik zu richten, sondern er ist frei im Programmauftrag und in der Programmausgestaltung, und das soll er auch in Zukunft bleiben.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Helmhold das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben Ihnen bereits im September 2009 einen Entschließungsantrag vorgelegt, mit dem wir die Umstellung der Gebühr, gerätebezogen, auf einen Beitrag, geräteunabhängig, gefordert haben. Sie erinnern sich sicherlich, dass wir diesen Entschließungsantrag ziemlich lange diskutiert und uns dann fraktionsübergreifend auf einen gemeinsamen Antrag in diesem Sinne geeinigt haben.

Heute liegt uns nun das Gesetz zur Abstimmung vor. Um es vorweg zu sagen: Wir werden ihm zustimmen, möchten aber mit dem gleichzeitig vorliegenden Entschließungsantrag, den wir übrigens noch einmal in veränderter Form vorgelegt haben, gemeinsam mit der SPD-Fraktion unsere Bedenken zu einigen datenschutzrechtlichen Aspekten aufrechterhalten.

Das gilt für den Grundsatz, dass die Daten beim Betroffenen zu erheben sind, und für den Grundsatz, dass eine Speicherung der Daten nur dann statthaft sein soll, wenn wichtige Gründe dafür vorliegen, und dafür müssen Kriterien erarbeitet werden. Bislang steht in der Begründung nur: Wenn es wichtig ist, darf man sie eben auch zwölf Monate speichern, selbst wenn man sie schon eingearbeitet hat. Ferner ist nicht hinzunehmen, dass Menschen, die eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag oder dessen Ermäßigung beantragen, Bescheinigungen vorlegen müssen, die eine ärztliche Diagnose oder Ähnliches enthalten. Wir wollen, dass ausschließlich Drittbescheinigungen ausreichend sind; denn es geht die GEZ nun wirklich

nichts an, aus welchem Grund oder wegen welcher Krankheit sich ein Mensch befreien lässt.

(Beifall bei den GRÜNEN)