Protocol of the Session on May 26, 2011

- Nein. Aber es gibt auch andere Komplexe, bei denen Sie als Autofahrer Höchstschäden anrichten können. Man weiß, man stößt an Leistungsgrenzen. Deswegen wird aber niemandem der Führerschein weggenommen.

(Zuruf von der LINKEN: Das ist eine Verharmlosung, die Sie da machen!)

Ich glaube, wir sind uns über die Problemstellung einig, dass man irgendwo an Grenzen stößt, über die hinaus man das nicht mehr leisten und nicht mehr regeln kann.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was tun Sie? - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Herr Busemann, meine Frage war, was Sie tun!)

Zu der Frage, ob wir als Länder initiativ werden müssen: Ich schlage Ihnen vor, die Diskussion in den nächsten sechs Wochen abzuwarten, welche Entwicklung das Ganze nimmt. Ich habe den Eindruck, dass sich das mehr in Richtung konkrete Rückbaumaßnahmen entwickelt, als dass wir uns über Langzeitszenarien und Höchstschäden Gedanken machen müssen.

(Sigrid Rakow [SPD]: Aber wer be- zahlt das?)

Herzlichen Dank. - Die nächste Zusatzfrage von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Wenzel. Sie haben das Wort!

Frau Präsidentin! Herr Busemann, vor dem Hintergrund der Tatsache, dass z. B. Windkraftbauern heute abverlangt wird, ein Sparbuch bei der Genehmigungsbehörde zu hinterlegen, auf das die Summe für den Rückbau des Betonfundamentes eingezahlt worden ist, und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass wir hier mit einer Versicherungssumme von 255 Millionen Euro bei den Atomkraftwerken einen läppischen Beitrag im Vergleich z. B. zu einer Autoversicherung in Höhe von 100 Millionen Euro haben, die heutzutage üblich ist, frage ich Sie: Was tut diese Landesregierung

unmittelbar, um sicherzustellen, dass diese Rückstellungen mündelsicher und konkurssicher angelegt werden? Ich erinnere daran: Tepco ist pleite. Der Staat stützt ihn bislang mit 43 Milliarden. Der Konzern wäre im Konkurs, wenn der Staat nicht massiv eingegriffen hätte.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Wenzel. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Busemann.

Frau Präsidentin! Herr Kollege, es ist immer die Frage, ob es in unseren landesgesetzlichen Möglichkeiten liegt.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Bei der Windkraft ja!)

Wir bewegen uns im Bereich des Bundesgesetzes. Hier geht es natürlich um erhebliche Milliardenbeträge, wo wir zumindest zugunsten der Unternehmen unterstellen dürfen, dass sie diese Beträge auch leisten dürfen.

Wenn es eine andere Entwicklung gibt - dieses Stichwort ist vorhin gefallen -, dann steht der Bund als Ausfallbürge dahinter. Also wenn Sie so wollen: der Staat und der Bürger.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ja!)

Es gibt auch andere Bereiche. Nehmen Sie die Windparks. Ich bin gerade nicht fit, was die Höchstversicherungssummen für Offshore-Windparks sind - die wir alle sehr gerne sehen und fördern -, wenn einmal ein Öltanker in Mitleidenschaft gezogen wird und die ganze Nordsee - entschuldigen Sie - versaut. Da stoßen wir auch an gewisse Haftungsgrenzen und Probleme.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber daran ist doch der Tanker schuld!)

Sie können sich darauf verlassen, dass die Landesregierung gerade in den nächsten Wochen und Monaten beobachten wird, wie sich das Thema Atomenergie, Kernkraftwerke, Standorte entwickelt, und das Haftungsthema dabei gebührend betrachten wird.

Eine letzte Zusatzfrage liegt mir vor. Von der Fraktion DIE LINKE erhält Herr Herzog das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass die jetzige Rückstellungsregelung mit ihrer Steuerfreiheit nach konservativen Berechnungen deutschlandweit zu einem wirtschaftlichen Vorteil für die Atombetreiber von ca. 50 Milliarden Euro geführt hat, frage ich die Landesregierung: Wie hoch waren bisher die steuerlichen Vorteile und Ersparnisse der Atomkonzerne für ihre niedersächsischen Atomkraftwerke?

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Herzog. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Busemann.

Frau Präsidentin! Herr Kollege! Erstens wissen wir das nicht. Auf der Basis allgemeiner Regelungen wird da verfahren. Das würde auch unter das Steuergeheimnis fallen. Aber ich habe vorhin auch ausgeführt: Nehmen wir eine Kraftwerkbetriebsdauer von 25 Jahren oder von 40 Jahren - am Ende pendelt sich das Thema auf einen soliden, gleichmäßigen Wert zurecht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Jeden- falls eine Reihe von Milliarden Euro!)

Danke schön. - Es liegen keine weiteren Zusatzfragen zu diesem Tagesordnungspunkt vor.

Daher rufe ich den Tagesordnungspunkt 15 c auf:

Unrechtmäßige Millionensubventionen? - „Einflussnahme des Ministeriums für zweifelhafte Projekte aufklären“ (HAZ, 21.05.2011) - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3664

Die Dringliche Anfrage wird eingebracht von Herrn Kollegen Hagenah. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bringe die Dringliche Anfrage zu dem Thema „Unrechtmäßige Millionensubventionen? - ‚Einflussnahme des Ministeriums für zweifelhafte Projekte aufklären’“ ein.

Nach Medienberichten vom Wochenende wurde vom Landesrechnungshof in einer Stichprobenprüfung von 80 Förderanträgen der Jahre 2005 bis 2010 eine Vielzahl von Fällen - 25 % - aufgelistet, in denen Betriebe Landesgelder überwiesen bekamen, obwohl die dafür notwendigen Förderbedingungen nicht erfüllt waren. Dies sei teilweise auch ausdrücklich gegen das Votum der Prüfung der Förderfähigkeit durch die NBank vom Ministerium durchgesetzt worden. Da das Wirtschaftsministerium bislang nur nach dem Stichprobenprinzip geprüft wurde, ist sogar eine große Anzahl weiterer Fälle mit fehlerhafter und intransparenter Förderzusage nicht auszuschließen.

Laut Bild-Zeitung vom 28. April 2011 scheint auch das Umweltministerium eine rechtlich zweifelhafte Förderung an „befreundete Unternehmer des Ministers“ zu betreiben. Auf der Grundlage einer bereits seit 2006 abgeschafften Richtlinie erteilt Minister Sander in 2011 einen Zuwendungsbescheid über 1 Million Euro für eine Abwasserleitung eines umstrittenen Stallbauvorhabens.

Die Leidtragenden und Betrogenen wären in jedem Fall die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die aufgrund der unrechtmäßigen Entscheidungen in diesen Jahren bei der Wirtschaftsförderung trotz guter Anträge leer ausgegangen sind. Damit hätten die in diesen Jahren Verantwortung tragenden Wirtschaftsminister Niedersachsen um Arbeitsplätze und Investitionen in diesen nicht berücksichtigten Betrieben gebracht und gegen ihren Amtseid verstoßen, der sie zur Abwehr von Schaden für das Land Niedersachsen verpflichtet.

In Antworten auf Anfragen aus dem Parlament zur Förder- und Vergabepraxis wurde hingegen vom Wirtschaftsministerium in der jetzt geprüften Zeit immer wieder auf objektive Förderkriterien und Punktesysteme verwiesen, nach denen ohne Ausnahme alle Förderanträge geprüft würden, um eine gerecht verteilte und möglichst effiziente Wirtschaftsförderung in Niedersachsen zu gewährleisten.

Wir fragen die Landesregierung:

1. In wie vielen Fällen und mit welchem Fördervolumen standen in den vergangenen acht Jahren „Ministerversprechen“ oder andere „sachfremde Kriterien zur Förderung“ über den von der Landesregierung nach außen bisher dargestellten „transparenten Förderkriterien nach Punktesystem“?

2. Ist die vom Landesrechnungshof festgestellte 25-%-Quote an „Unregelmäßigkeiten“ bei der Wirtschaftsförderung auch bei der vom Ministerium beauftragten externen Evaluation der Förderung aufgefallen, und in wie vielen Fällen und in welchem Volumen wurde seit 2005 Förderung von den zu Unrecht geförderten Unternehmen aufgrund der Evaluation vom Land zurückgefordert?

3. Haben die die Landesregierung tragenden Parteien in den Jahren seit 2005 vor oder nach einer Förderung Parteispenden oder andere Zuwendungen von geförderten Betrieben erhalten?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Hagenah. - Für die Landesregierung hat Herr Minister Bode das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hagenah! Sehr geehrte Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen! Warum sagen Sie eigentlich nicht gleich, was Sie wirklich wollen? Sie halten Wirtschaftsförderung eigentlich für Teufelswerk.

(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das ist so schwach! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Erbärmlich!)

Das ist zwar eine naive Position, aber immerhin ist es eine Position. Sie sollten das auch deutlich sagen. Stattdessen fällt Ihnen auch bei der Formulierung dieser Dringlichen Anfrage nichts Besseres ein, als meine Vorgänger - hier gehe ich wie der Bericht des Landesrechnungshofs auf die Zeit bis einschließlich Minister a. D. Fischer zurück - und mich und das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr mit Dreck zu beschmeißen.

(Widerspruch bei den GRÜNEN - Zu- ruf von der SPD: Das ist aber eine schwache Verteidigung!)

Das ist zwar nicht die vornehme Art, aber auch nicht verboten.

Meine Damen und Herren, Sie zitieren Passagen aus internen Berichten des Landesrechnungshofs, die meinem Haus zur Stellungnahme bis Juli vorliegen. Vermutungen in den Medien werden von

Ihnen nicht nur blind als Wahrheit in die Dringliche Anfrage übernommen, sondern sie werden auch noch willkürlich verdreht. Wahrscheinlich glauben Sie am Ende selbst noch, was dort formuliert ist.

Ich habe deshalb gestern mit dem Vizepräsidenten des Landesrechnungshofs Fritz Müller gesprochen. Er hat mir bestätigt, was dem Bericht in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 21. Mai als interner Bericht des Landesrechnungshofs zugrunde liegt, seine Aussage in der Oldenburgischen Volkszeitung, die dort zitiert wird, bestätigt und gesagt - ich zitiere -: Es handelt sich hierbei um Fragen des Rechnungshofs, aus welchen Gründen Entscheidungen getroffen worden sind. - Nicht mehr und nicht weniger.

Um das letztlich alles Entscheidende vorwegzunehmen, sage ich Ihnen: Nach allen unseren bisherigen Erkenntnissen ist das GRW-Recht bei allen vom Landesrechnungshof genannten Fällen eingehalten. Weiter noch: Es gibt in dem Bericht des Landesrechnungshofs zur Stellungnahme an unser Haus auch nicht an einer einzigen Stelle den Vorwurf, dass wir das GRW-Recht nicht eingehalten hätten. Jeder, der als Abgeordneter, Zuschauer oder in anderer Funktion diese Aussagen in der Öffentlichkeit aufrechterhält, sollte sich vorher selbst prüfen, ob er einen Beleg für diese Aussage hat, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)