Protocol of the Session on May 25, 2011

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Da gefällt mir schon besser, was Frau Groskurt hier ausgeführt hat, dass man nämlich die Quote und jeden Einzelfall differenziert betrachten müsse. Frau Groskurt, das passt aber manchmal mit der einen oder anderen starren Quote nicht zusammen, die auch aus Ihrer Partei heraus gefordert wird.

Ich möchte mich auf die beiden Bereiche konzentrieren, die für uns politisch von Bedeutung sind. Ich habe ein sehr interessantes Zitat von Daniela Kuhr auf „sueddeutsche.de“ vom 16. Juni 2010 gefunden. Dort heißt es:

„Frauen haben eine andere Sicht auf die Dinge. Keine bessere, aber eine andere. Das allein ist schon bereichernd für ein Unternehmen. Je mehr diskutiert wird, je mehr infrage gestellt wird, umso mehr Raum entsteht für neue Ideen, für Kreativität.“

(Daniela Behrens [SPD]: Das stimmt!)

„Deshalb tragen auch Ausländer oder Angehörige fremder Religionen, eben jeder, der in irgendeiner Form andere Erfahrungen gemacht hat als der bislang noch typisch deutsche Mann, dazu bei, dass sich die Firma weiterentwickelt, und zwar wirklich weiter, nämlich weiter, als wenn die Ideen immer nur aus derselben Denkrichtung kommen.“

Das halte ich für richtig.

(Ronald Schminke [SPD]: Ein Frauen- versteher!)

Wenn wir das alle als richtig ansehen, dann wäre die logische Folge daraus, dass Unternehmen, natürlich auch Unternehmerinnen und Unternehmer, klug handeln, wenn sie von sich aus die Vielfalt suchen, weil sie ansonsten Vorteile verpassen und früher oder später vom Markt verschwinden werden.

(Zustimmung bei der CDU - Olaf Lies [SPD]: Tosender Beifall! Das ist ja Wahnsinn!)

Das funktioniert aber nur, wenn wir das verhindern, was wir „gläserne Decke“ nennen. Frau Flauger, Sie haben es die „unsichtbare Schranke“ genannt.

Wenn wir erleben müssen wie kürzlich, dass es Unternehmer als akzeptabel empfinden, dass sexuelle Dienstleistungen als Belohnung für Mitarbei

ter erfolgen, dann ist völlig klar: Das ist eine widerliche gläserne Decke. In einem solchen Unternehmen hat eine Frau keine Chance. Dagegen müssen wir angehen. Dabei erwarte ich auch mehr Unterstützung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Elke Twesten [GRÜNE]: Sie wissen gar nicht, wovon Sie reden! - Hans- Henning Adler [LINKE]: Da kann die Quote hilfreich sein!)

- Das ist genau die Frage, ob die Quote dafür hilfreich ist. Sie wissen ganz genau, die CDU tut sich wahnsinnig schwer. Frau von der Leyen ist hier angesprochen worden. Sie wissen, dass sich die CDU-Vertreter sogar innerhalb des Bundeskabinetts damit schwertun, ob das der richtige Weg ist, die Ziele zu erreichen, die wir hier gemeinsam erreichen wollen.

Aber bitte, ich würde doch wirklich empfehlen, dass hier niemand sagt: „Bei uns ist es besonders gut geregelt.“ Ich empfehle zur Literatur Spiegel online vom 9. Mai 2011 - das ist angesprochen worden -, auch zur Migrantenquote.

(Olaf Lies [SPD]: Es ist ja hochwis- senschaftlich, wie Sie sich vorberei- ten, Herr Nacke! Ich bin begeistert!)

Dort wird ausgeführt, dass der Parteichef Gabriel genau mit zwei Kollegen besondere Probleme hatte, nämlich mit Garrelt Duin und Wolfgang Jüttner. Wolfgang Jüttner wird mit dem Satz zitiert, die Quote sei als Reaktion auf die Begnadigung von Thilo Sarrazin ein durchschaubares Manöver, und außerdem könne man nicht alles quotieren.

(Beifall bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: Unglaublich!)

Herr Kollege Nacke, Ihnen geht es wie Frau Twesten: Den Rest müssen Sie jetzt in einem Satz unterbringen.

Ich habe noch 20 Sekunden. - Nein, ich bin schon drüber.

22 Sekunden drüber, Herr Kollege!

Es ist doch auffällig, dass genau die beiden Kollegen, die Sie beizeiten an die Seite geschoben haben und die hier nichts mehr werden können, jetzt diejenigen sind, die Gabriel besondere Schwierigkeiten machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Elke Twesten [GRÜNE]: Sie haben die Quote nicht verstanden! Das kön- nen wir jetzt wohl feststellen!)

Ich komme jetzt zu dem letzten Satz, den ich gerne etwas weiter ausgeführt hätte. Liebe Frau Twesten, von 13 alleinigen Fraktionsvorsitzenden in den Länderparlamenten, die die Grünen stellen, sind 10 männlich und 3 weiblich.

Herr Kollege, jetzt aber bitte! Sie haben eine Minute überzogen!

Das ist eine Quote unter 25 %.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, ich erteile jetzt Frau Ministerin Özkan das Wort. Bitte schön!

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir diskutieren hier trefflich und mehr oder weniger leidenschaftlich über Quoten: eine Quote für Frauen, eine Quote für Migranten. Es ist sicherlich leicht, eine Quote zu fordern. Das Ergebnis ist greifbar. Man kann den Erfolg nachzählen. Aber die Quote allein wird es nicht machen. Wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, dass eine solche Quote zunächst einmal als Symbolpolitik verstanden wird, sich damit in der Sache aber nichts ändert und nichts gewonnen ist, dann brauchen wir vielmehr ein Bündel von Maßnahmen, die es ermöglichen, dass Menschen gleichberechtigt am Arbeitsleben und am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

Anstelle einer Quotendiskussion müssen wir, die Politik und die Gesellschaft, uns an den Heraus

forderungen der Zeit und des demografischen Wandels orientieren und uns ihnen auch stellen. Wir werden immer älter. Wir werden immer bunter. Gleichzeitig werden wir immer weniger, weil immer weniger Kinder geboren werden.

In diesem demografischen Wandel mit seinem drohenden Fachkräftemangel liegt aber auch eine Chance. Im Wettbewerb um gut ausgebildete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssen wir Potenziale erschließen und dauerhaft sichern, die wir derzeit leider noch nicht in dem gewünschten Maße nutzen.

Heute verfügen immer mehr Frauen über bessere Bildungsabschlüsse als Männer. Aber das spiegelt sich leider nicht im realen, tatsächlichen Berufsleben wider. Immer mehr Unternehmen erkennen aber auch den Mehrwert, der darin liegt, gut ausgebildete Frauen in Betriebe zu holen und sie auch zu halten. Immer mehr Unternehmen ermöglichen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch das müssen wir anerkennen; denn sonst würden wir all die Unternehmen, die sich tatsächlich anstrengen, mit einem Wisch wegwischen. Es sind gerade weiche Standortvorteile und Rahmenbedingungen, die Unternehmen künftig als Arbeitgeber einen Wettbewerbsvorteil einbringen werden.

Es ist auch Fakt, dass heute bereits 23 % der Jugendlichen in Niedersachsen einen Migrationshintergrund haben. Bei den unter Sechsjährigen liegt der Anteil schon weit über 30 %, in Städten wie Hannover weit über 40 %. Das sind die Erwerbstätigen der Zukunft. Viele von ihnen sind bereits gut integriert. Andere müssen wir eben noch erreichen.

Schlüssel zur gleichberechtigten Teilhabe am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen, kulturellen wie auch sozialen Leben ist dabei die deutsche Sprache. Wenn wir über Qualifikation und gerechte Teilhabe reden und uns dafür interessieren, dann geht es darum, dass wir in der Bildungsfrage bei dem Nachwuchs, gerade bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund, mit der deutschen Sprache und der Förderung ansetzen.

Die Landesregierung setzt hierbei auf Elternarbeit und das Prinzip des Förderns und des Forderns. Wir sprechen gezielt Eltern an und verdeutlichen ihnen, wie wichtig ein möglichst früher Kindergartenbesuch und der Spracherwerb für den Bildungserfolg der Kinder sind. Wer die deutsche Sprache lernt, hat eine Chance. Wer sie nicht lernt, hat keine Chance. Das ist ganz klar auszusprechen und auch ganz klar einzufordern.

Ich bin davon überzeugt, dass eine Sprachstandserhebung so früh wie möglich durchgeführt werden muss und sollte, um die Kinder bei Bedarf konsequent zu fördern.

Meine Damen und Herren, angesichts des demografischen Wandels können wir es uns gar nicht leisten, die Biografien dieser Jugendlichen dem Zufall zu überlassen und so auf Fachkräfte zu verzichten, die wir händeringend benötigen. Nicht auf die Herkunft darf es in Zukunft ankommen, sondern es kommt auf die gezielte Förderung und Qualifikation an. Fangen wir doch bei uns selbst an! Wir trennen in den Köpfen, indem wir uns Quoten setzen. Quote verbindet nie. Quote trennt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will aufgrund der knappen Zeit gar nicht darauf eingehen, was wir mit den Jugendlichen beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt machen: die vielen Jugendwerkstätten, die Pro-AktivCenter, das Coaching, das wir aufsetzen, die Bildungspatenschaften. Sie wissen, was die Landesregierung bekanntlich nicht nur in den letzten ein, zwei Jahren, sondern in den vergangenen fünf bis zehn Jahren getan hat, und Sie wissen auch, was bundesweit getan wird.

Aber, meine Damen und Herren, Integration lässt sich nicht verordnen. Sie muss wachsen. Sie muss vorgelebt werden. Das muss die Gesellschaft tun. Dabei helfen die Quoten nicht. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die die Menschen unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft bestmöglich fördern und ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen. Daran arbeiten wir.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Oh, oh!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu dem Punkt d vor. Ich stelle fest, dass dieser Punkt damit erledigt ist.

Ich eröffne die Besprechung zu Punkt e:

Jugendkriminalität vorbeugen - Angstkampagnen vermeiden - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3662

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Limburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zahlreiche Gewaltdelikte von Jugendlichen, zuletzt der brutale Überfall in der Berliner S-Bahn, haben uns aufgeschreckt. Diese Verbrechen sind schrecklich und für die Opfer oft traumatisch oder tödlich. Der Staat muss darauf reagieren. Er muss das Opfer unterstützen, sich solidarisch zeigen und den Täter bestrafen. Er muss aber gleichzeitig dem Täter einen Weg zurück in die Gesellschaft aufweisen.

Was ist nun die Aufgabe von uns Politikerinnen und Politikern in diesen Debatten? - Wir sollten gemeinsam alles unternehmen, um Opfern von Straftaten zur Seite zu stehen, und wir sollten alles tun, um zu verhindern, dass Jugendliche überhaupt zu Straftätern werden.