Protocol of the Session on April 14, 2011

Jetzt wird sie in ihren Grundfesten erschüttert. Allerdings gibt es auch dafür eine Lösung.

Das zeigt uns, dass die Verwerfungen im internationalen Finanz- und Wirtschaftssystem durchgreifende Auswirkungen bis nach Niedersachsen gehabt haben. Bei vielen Banken sind zur Rettung Steuermittel in Milliardenhöhe notwendig gewesen. Das ist von vielen Staaten der Welt initiiert worden. In Deutschland haben wir dafür den Rettungsschirm gespannt. Er ist nicht in Gänze abgerufen worden und zum größten Teil auch bereits zurückgezahlt. Er hat gewirkt. Die Wirkung ist deswegen nicht verfehlt, weil die Wirtschaftsdynamik in Deutschland ganz besonders hoch ist. Im Ausland wird von „The German Job Wunder“ gesprochen.

Führen wir uns die Dimensionen, die die Rettungsmaßnahmen gehabt haben, noch einmal vor Augen: In Deutschland wurden 400 Milliarden Euro an staatlichen Garantien für Banken und weitere 80 Milliarden Euro für Beteiligungen an in Not geratenen Finanzinstituten bereitgestellt. Das Geld ist nur zum Teil in Anspruch genommen worden. Es ist notwendig gewesen, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Bankensystem zu erhalten, damit in der Krise eben nicht jeder zur Bank geht, sein Guthaben abholt und die Ihnen bekannten Auswirkungen eingetreten wären.

Für die Euro-Länder wurde ein Rettungsschirm von insgesamt 750 Milliarden Euro aufgespannt, um unsere Währung, den Euro, vor den Folgen der

Staatsverschuldung in einigen Mitgliedstaaten zu schützen. Weitere Hilfen für Griechenland in Höhe von 110 Milliarden Euro und in Höhe von 80 Milliarden Euro für Portugal stehen in Rede.

Meine Damen und Herren, das alles ist für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land nur sehr schwer nachvollziehbar. Die Menschen in unserem Land haben Angst vor Begriffen wie Rettungsschirm, Finanzhilfen, Bankenkrise und Ähnliches mehr. Deswegen ist es wichtig, dass wir unsere Entscheidung transparent machen, und deswegen ist es richtig, dass heute in einer Regierungserklärung diese Dinge benannt werden.

(Beifall bei der CDU)

Dennoch waren alle diese Entscheidungen richtig, um die Banken vor Pleiten zu schützen und um damit unabsehbare Folgen für die Wirtschaft und auch das Sozialgefüge nicht nur in Deutschland abzuwenden. Viele Bürger hätten, wenn es anders gekommen wäre, ihre wirtschaftliche Existenz verloren. Die Folgen wären dramatisch gewesen.

Die Stresstests, die durchgeführt werden, sind eine Konsequenz dieser Finanz- und Wirtschaftskrise. Auch - der Finanzminister hat deutlich auf die von der EBA nicht immer sehr verständlich dargebrachten Kriterien verwiesen - will ich deutlich unterstreichen, dass wir die Kritik des Finanzministers aus Sicht der CDU-Fraktion vorbehaltlos teilen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das insbesondere dann, wenn es national gültiges Recht ist, auf das sich jeder in diesem Land und auch jeder, der hierher gezogen ist, nicht nur bisher verlassen konnte, sondern das durch unser Rechtssystem und unser Verfassungssystem und sonstiges System geschützt ist. Das heißt, dass Parlamente, Regierungen über Nacht quasi entmachtet werden, keine Möglichkeit haben, dort mitzusprechen. Das ist bei diesen weitreichenden Entscheidungen schon - ich will es freundlich sagen - bemerkenswert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das hinterlässt auch eine Reihe von offenen Fragen, die zu klären sind.

Frau Geuter, zu Ihnen sage ich - weil Sie ja danach gefragt haben, wo die Ursache gelegen haben könnte -: Sie wissen, dass Herr Steinbrück zu seiner Zeit als Finanzminister diese EBA mit ins Leben gerufen hat und Verfassungsrechte auf die EBA übertragen hat.

(Zuruf von der SPD: Auch die Bun- deskanzlerin!)

Zu Herrn Schäuble hat sich der Finanzminister schon geäußert. - Ich will es hier nur der Wahrheit wegen noch mal darstellen: Herr Steinbrück war der Auslöser.

(Zuruf von der SPD: Das war doch die Bundeskanzlerin!)

- Ja, das müssen Sie einfach mal ertragen, meine Damen und Herren. Das gehört zur Wahrheit dazu. Wenn die Wahrheit nicht auf den Tisch kommt, wird es eben nicht funktionieren. Deswegen ist das richtig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Hat Frau Merkel nichts gewusst?)

Meine Damen und Herren, Niedersachsen stellt den Anspruch, als wirtschaftsstarkes Bundesland Führungsqualität zu zeigen. Unsere Stärken beruhen auf Verlässlichkeit, Glaubwürdigkeit und einer hohe Kreditwürdigkeit. Das muss auch für unsere Banken insgesamt gelten. Deswegen ist es sehr wichtig, dass wir diesen Elchtest der Banken bestehen. Auf unsere Banken müssen wir vertrauen, denn Vertrauen ist die Grundlage unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft.

Besteht die Landesbank den Stresstest nicht, verliert sie von heute auf morgen ihre große nationale und internationale Reputation und damit das Vertrauen vieler Privatkunden und auch Geschäftskunden. Vor allen Dingen wäre das internationale Renommee bei Beteilungen im Ausland von heute auf morgen hin. Die Konsequenzen wären überhaupt nicht absehbar, und deswegen müssen wir in dieser Form handeln.

Der Finanzminister hat die Entscheidungen bereits vorgestellt. Ich will sie noch einmal deutlich unterstreichen. Erstens die Umwandlung eines Gesellschafterdarlehens in Höhe von 38 Millionen Euro, zweitens die Umwandlung der „besonderen Kapitaleinlage“ in Höhe von 51 Millionen Euro, drittens die Umwandlung der vom Land gehaltenen stillen Einlagen im Stammkapital in Höhe von 700 Millionen Euro, viertens den Neuerwerb von 278 Millionen Euro Stammkapital und die Wiederveräußerung an die HanBG sowie fünftens eine Einlage von weiteren 600 Millionen Euro frischen Kapitals durch die Errichtung eines Sondervermögens.

Meine Damen und Herren, wichtig ist: Dieses Sondervermögen ist kein Geschenk des Steuerzahlers an die NORD/LB, sondern ein Investment, das sich am Ende des Tages wieder rechnen wird, weil es kein verlorenes Geld ist, sondern der Bank kurzfristig zur Verfügung gestellt wird und damit die Werthaltigkeit erhält und als besondere Anlage auch so zu werten ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Sehr gut!)

Aber, meine Damen und Herren, wir hoffen auch auf die Solidarität der Sparkassen. Sie wissen, dass die Sparkassen bei der Norddeutschen Landesbank Genussrechte von 88 Millionen Euro haben. Wir gehen davon aus, dass die Sparkassen in ihren Gremien dazu beitragen werden, dass auch diese Genussrechte in Eigenkapital umgewandelt werden.

Meine Damen und Herren, auch das Land Bremen kann hier seinen solidarischen Beitrag leisten, um uns in dieser schwierigen Situation zu helfen. Das ist insbesondere auch eine Forderung gegenüber der grünen Finanzsenatorin, Frau Linnert, die über eine stille Einlage bei der Bremer Landesbank verfügt, die ja in Deutschland üblicherweise immer so gehalten wird. Deswegen kann dieses Kapital auch in Stammkapital bei der Bremer Landesbank umgewandelt werden. Das wäre nicht nur unser Wunsch, sondern unsere Bitte um solidarische Hilfe an das Land Bremen, sich hier zu beteiligen, weil auch dieses Geld dazu beiträgt, dass der Stresstest bestanden werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Abschließend möchte ich feststellen: Wir sind handlungsfähig und bleiben handlungsfähig, wir treffen die notwendigen Entscheidungen, auch wenn sie uns sehr schwerfallen, und wir stehen geschlossen hinter diesem Finanzminister und der Landesregierung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mir liegt schon daran, noch einmal daran zu erinnern, dass wir alle - und nicht zuletzt auch die rechte Seite

des Hauses - in den Zeiten der Finanzkrise der Meinung waren, dass eine nicht unwesentliche Ursache dafür in der mangelnden Aufsicht lag, und dass wir alle aus diesen Erkenntnissen heraus gefordert haben, dass wir diese Aufsicht verschärfen, dass wir die Eigenkapitalvorschriften verschärfen und dass wir auch so etwas wie eine europäische Aufsicht brauchen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Es hat lange gedauert, bis wir auf der Bundesebene in diesen Fragen vorangekommen sind, und es hat noch länger gedauert, bis wir auf der EUEbene entsprechende Einrichtungen installiert haben. Seit Beginn dieses Jahres gibt es nun diese EBA, gibt es die Aufsicht für die Versicherungsleistungen und für den Wertpapierhandel.

Diese Einrichtungen sind wichtig. Wir brauchen sie, und sie brauchen unsere Unterstützung. Wenn wir sie jetzt schlechtmachen, betreiben wir das Geschäft derjenigen, die eigentlich alles wieder gerne so hätten, wie es früher war, die gerne so weitermachen und so weiterzocken würden wie früher.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Dies sollte man bei aller Kritik, die man am gegenwärtigen Verfahren natürlich üben kann, nicht vergessen.

Man kann und muss sicherlich Kritik an der unterschiedlichen Bewertung der stillen Einlagen zwischen Bund und Land äußern. Man kann auch Kritik daran äußern, dass die EBA, kaum 100 Tage im Amt, glaubt, diese schwere Aufgabe wuppen zu können und entsprechend unklare Kriterien vorgibt.

Man kann aber auch insofern Kritik äußern, als dass man sagt - und das tun viele Fachleute -, dass dieser Stresstest noch gar nicht hart genug ist, weil er nämlich nur das Handelsbuch betrachtet und nicht das Bankenbuch, in dem z. B. die Landesanleihen von Griechenland, Portugal und Irland mit erfasst sind.

(Zuruf von der CDU: Auch die briti- schen Banken!)

Man kann auch darüber schimpfen und sagen, dass das Ganze nichts mit unserem Rechtssystem, mit unseren Gesetzen zu tun hat. Das ist alles richtig. Aber Sie wissen doch auch, Herr Möllring: Wenn es zum Crash kommt, wenn der Notstand

eintritt, dann fragt niemand mehr danach, ob das Eigenkapital in seiner Höhe den gesetzlichen Vorschriften in Deutschland entsprochen hat, sondern dann fragt man, ob es ausreichend ist oder nicht. Genau das soll dieser Stresstest feststellen, und deswegen heißt er ja auch Stresstest und nicht Kuschel-Tête-à-Tête.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vor diesem Hintergrund war die Pressearbeit, die da in den letzten Tagen gelaufen ist, in der Tat ein wenig skurril. Diese Skurrilität hat sich im Grunde genommen bis in die heutige Regierungserklärung fortgesetzt. Da wird das Bild des kleinen gallischen Dorfes gezeichnet, das gegen den Rest der Welt steht und natürlich völlig ungerecht behandelt wird. Da wird eine Dramatik inszeniert, die sich im Grunde genommen auf 20 Stunden reduziert, als wenn sie durch zwei E-Mails ausgelöst worden wäre, die mal irgendwann durch den Raum gegangen sind.

Meine Damen und Herren, ich darf Sie daran erinnern, dass es schon einen ersten Stresstest gab. Den hat die NORD/LB gerade mal so bestritten.

(Ulf Thiele [CDU]: Sie hat ihn bestan- den!)

- Ja, gerade mal bestanden. So ist es, Herr Thiele.

Und es gab Basel III. Die Kriterien von Basel III stehen seit langer Zeit fest.

Also, ich kann noch keine Erklärung dafür finden, warum unser Finanzminister das Ganze jetzt auf diesen heutigen Tag und diese wenigen Stunden zuspitzen will.

(Heinz Rolfes [CDU]: Hat er doch er- läutert!)