Aber was für ein groteskes Erscheinungsbild haben Sie in den letzten Wochen und Tagen abgegeben? - Herr Thümler legte neun Thesen vor, die Ihren jetzigen Lernfortschritt dokumentieren sollen. Der FDP - seien es Herr Sander, Herr Dürr, Herr Bode oder Herr Rösler - wird von ihrer Jugendorganisation auf die Sprünge geholfen, und das gegen die Positionierung des Landesvorstandes.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Christian Dürr [FDP]: Von den Jusos haben wir schon lange nichts mehr gehört!)
Herr Ministerpräsident McAllister, Sie gaben erst vorgestern zu, sich getäuscht zu haben. Nur dem Parlament konnten Sie das bisher nicht sagen. Sie sagten vorgestern, es gebe seit 1986 keine gesellschaftliche Mehrheit für Kernenergie in Deutschland. Auch Sie hätten bei der Kernenergie eine Fehleinschätzung vorgenommen.
Fukushima zeige, dass die Risiken dieser Energiegewinnung eben doch zu hoch seien. - Herr McAllister, es ist gut, dass Sie dies nun endlich erkannt haben. Es ist nur sehr bedauerlich, dass Sie bisher nicht danach gehandelt haben.
In der Niedersächsischen Landesregierung ist diese Energiewende noch nicht wirklich angekommen. Das alles klingt noch sehr unglaubwürdig und widersprüchlich. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Ihr Hubschrauberflug mit Herrn Oettinger hinaus auf die Nordsee. Die Welt titelte am 9. April: „Der rote Knopf ist nur eine Attrappe“. Sehr geehrter Herr McAllister, Sie inszenieren hier einen theatralischen Zinnober, um unter den technisch und finanziell wirklich sehr schwierigen Bedingungen den einzigen niedersächsischen Offshorewindpark anzufahren. Bitte beginnen Sie doch, die Unternehmen ernsthaft zu unterstützen. Die stehen nämlich bereit, Niedersachsens Offshorewindparks unter großen Anstrengungen mit großen Investitionen voranzubringen. Hören Sie bitte mit diesem Blendwerkgetue auf!
Unterstützen Sie endlich sehr konkret unsere Offshoreindustrie, damit Niedersachsen im internationalen Wettbewerb nicht noch weiter zurückfällt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben in der vergangenen Woche einen Vorschlag unterbreitet, wie der Atomausstieg in Niedersachsen zu realisieren ist. Wir meinen, mit Augenmaß
und unter Berücksichtigung aller Aspekte von der notwendigen Energiewende bis hin zu den sozialen Fragen ist das möglich. Aber das muss mit Nachdruck und klarem Ziel geschehen.
Wir werden diesen Vorschlag in den kommenden Wochen in einem Dialog mit Verbänden diskutieren und konkretisieren. Wir werden aufzeigen, wie ein Energiekonzept für Niedersachsen aussieht, das soziale, wirtschaftliche und ökologische Belange eines Umbaus der Energieversorgung in Einklang bringt, meine Damen und Herrn. Vor allem werden wir zeigen, dass man darauf verzichten kann, weitere Drohkulissen aufzubauen und die Interessen bei der Wirtschaft und der Bevölkerung gegeneinander auszuspielen. Wir brauchen einen ehrlichen Energiedialog.
Wir sind zu einem solchen gemeinsamen Dialog bereit. Aber wenn Sie nicht loslegen, werden wir spätestens 2013 der Energiewende zu ihrem endgültigen Durchbruch verhelfen.
Meine Damen und Herren, das Wort hat nun der Herr Kollege Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Signale der letzten Tage zur Umwelt- und zur Atom- und Energiepolitik zeigen, dass bei CDU und FDP endlich einiges in Bewegung gekommen ist.
Diese Signale fallen allerdings sehr widersprüchlich und unterschiedlich aus. Während der Ministerpräsident nach Fukushima von einer Zäsur für die Menschheit spricht, sieht sein Umweltminister einen kleinen Regierungszirkel am Werk, der ohne Rechtsgrundlage Meiler abschalten lässt. Der Generalsekretär der FDP verbreitet in drei Tagen vier verschiedene Botschaften und weigert sich bislang, die Laufzeitverlängerung zurückzunehmen. In Abwesenheit von Herrn Sander beschließt der FDP-Parteitag eine Kehrtwende bei Gorleben. Der Ministerpräsident fliegt mit Herrn Oettinger zum
Offshorewindpark, vollzieht eine symbolische Eröffnung mit der Attrappe eines roten Knopfs und fordert den Ausbau von Stromtrassen. Kaum ist er zurück, müssen wir feststellen, dass Herr Oettinger den Ausbau des ersten deutschen Seekabels nach Norwegen gestoppt hat.
Bundesumweltminister Röttgen behauptete auf seiner Website bis gestern, dass es sich in Fukushima um einen ernsten Unfall handelt, obwohl seit zwei Wochen klar ist, dass diese Einschätzung nicht zu halten ist und wir es hier mit einem Unfall der Tschernobyl-Klasse zu tun haben. Jetzt hat das auch Japan eingeräumt.
Ihre Reden, Herr McAllister, Herr Thümler, haben wir gehört. Angesichts der widersprüchlichen Äußerungen aus Ihrer Partei und angesichts fast chaotisch wirkender Entwicklungen in der FDP will ich Ihnen aber ganz deutlich sagen: Wir trauen Ihren Reden nicht; wir wollen Taten sehen.
Andere Länder sind schon weiter. In Bayern hat man den Chef der Reaktoraufsicht versetzt, in Hessen hat die Landesregierung zu einem Energiegipfel mit vier hochkarätig besetzten Arbeitsgruppen eingeladen. In Niedersachsen steht der Umweltminister auf dem Schlauch.
Das wäre doch eigentlich die Stunde des Ministerpräsidenten Herrn McAllister. Wir bieten Ihnen einen Pakt zum Ausstieg aus der Atomenergie an. Wir halten es für sinnvoll, die Fraktionen des Parlaments, die Wirtschaft, die Gewerkschaften, Kirchen, Umweltverbände und Bürgerinitiativen an einen Tisch zu bringen und konkrete Verabredungen zu treffen.
Diese Gesellschaft, Herr Langspecht, besitzt eine gewaltige Innovationskraft, und diese wollen wir nutzen. Die letzten Wochen haben doch gezeigt, dass die Menschen Veränderungen erwarten und auch einfordern und dass sie selbst auch zu Veränderungen bereit sind. Deshalb muss sich jetzt zeigen, ob Sie sich von den Stromkonzernen und den Kartellen emanzipieren und zum Aufbau einer erneuerbaren, effizienten und dezentralen Energieversorgung bereit sind.
Wir bieten Ihnen einen Ausstiegspakt an, aber wir hätten gern mehr als heiße Luft. Daher haben wir einen Brief an den Bundestagspräsidenten und an die Bundeskanzlerin formuliert, in dem wir fünf konkrete Erwartungen an die Bundespolitik vorbereitet, in dem wir fünf konkrete Erwartungen an die Bundespolitik formulieren. Herr Thümler, Herr Dürr, Herr Schostok, Frau Flauger, wir schlagen Ihnen vor, dass wir diesen Brief morgen hier im Landtag verabschieden und damit den Gesetzgeber und die Exekutive in Berlin zu konkreten, gesetzlichen und administrativen Schritten auffordern.
erstens eine gesetzliche Grundlage für die Rücknahme der Verlängerung der Laufzeiten von deutschen Atomkraftwerken zu schaffen,
zweitens eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die sieben ältesten Kernkraftwerke und Krümmel nach Ende der dreimonatigen Betriebseinstellung endgültig stillzulegen und eine Übertragung von Rechten zur Stromerzeugung auf andere Atomkraftwerke auszuschließen,
drittens den Standort Gorleben als Endlager für radioaktive Abfälle endgültig aufzugeben und eine gesetzliche Grundlage für ein Endlagersuchgesetz vorzulegen,
fünftens im Dialog mit den Ländern, Kommunen und wichtigen gesellschaftlichen Gruppen auch auf der Bundesebene einen Masterplan für den Umbau der Energieversorgung zu erarbeiten.
Meine Damen und Herren, dieser gemeinsame Brief könnte ein erster Schritt, er könnte eine Demonstration des gemeinsamen Willens sein. Er wäre aber zugleich auch ein zentraler Eckpfeiler für einen neuen deutschen Energiekonsens. Dieses Land braucht einen Aufbruch in das neue Energiezeitalter. Für diesen Aufbruch sollten wir gemeinsam das Startsignal geben, im Interesse Niedersachsens und seiner Bevölkerung.
Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE erteile ich nun dem Herrn Kollegen Herzog das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fröhlich posiert der Landesvater vor einigen wenigen Offshorewindrädern, und der CDU-Fraktionsvorsitzende schlägt neun Energiethesen ans Portal, leider deutlich weniger durchschlagend als seinerzeit Luther. - Außer Spesen nichts gewesen.
Trotz einiger erlernter Begrifflichkeiten aus der Sprachkiste der Erneuerbaren ziehen sich die gleichen Fehler wie gehabt durch sein Epos: Offshore, dass die Schwarte kracht, Höchstspannungsleitungen en masse, aber bitte, Ruhe ist ja jetzt erste Bürgerpflicht, und leider kein Wort zur innovationshemmenden, strompreistreibenden, marktbeherrschenden Struktur der Stromriesen.
Bei der notwendigen Effizienzrevolution bleiben Sie, Herr Thümler, genauso lendenlahm wie Stephan Kohler von der dena, der ja fatalerweise bis 2020 so gut wie keine Effizienzverbesserung prognostiziert.
Aber richtig gespannt bin ich darauf, wie Sie denn das von Ihnen geforderte Umdenken im Verbrauchsverhalten bei den Wachstumsfetischisten Ihrer Partei durchdrücken wollen. Bei These 8, der Mobilität, können Sie sich gerade einmal zu der Formulierung, es seien alternative Antriebsformen nötig, durchringen.
Herrschaftszeiten! Da geht es doch wirklich um mehr. Zuerst stellt sich doch die Frage nach Umfang und Sinnhaftigkeit der Warengesellschaft, also konkret nach dem Umdenken im Verbraucherverhalten, nach sozialer Gerechtigkeit, es geht um Konsum- und Wegwerfmentalität und die Notwendigkeit von dezentralen regionalen Verbrauchsstrukturen.