Herzlichen Dank, Herr Kollege Perli. - Herr Präsident! Ich möchte von Ihnen, Herr Perli, wissen, ob Sie mir etwas zu der Aufklärungsquote bei den Auslandsaufenthalten sagen können, damit sich Ihre Begründung dann auch erklärt. Wie ist die Aufklärungsquote?
Die Aufklärungsquote innerhalb des Landtags ist schon einmal ziemlich schlecht, weil die Landesregierung darüber nicht ausreichend informiert. Aber auch bei den betroffenen Jugendlichen - auch das muss ich Ihnen einmal ganz deutlich sagen - ist die Aufklärungsquote unzureichend, weil es nicht gelingt, sie durch sinnvolle Jugendsozialarbeit perspektivisch von der Straße zu holen. Sie geben ihnen stattdessen eine Zukunft, die in Justizvollzugsanstalten stattfindet. Dafür sollten Sie sich schämen.
Wir können nicht hinnehmen, dass diese teuren Maßnahmen mit konzeptionellen Mängeln behaftet sind oder im Einzelfall für die Träger zum Selbstzweck werden. Wir stimmen dem Antrag der SPD zu. CDU und FDP sollten das auch tun.
Sehr geehrter Herr Perli, an der Stelle noch einmal - dieses Thema hat sonst ja Herr Humke bearbeitet -: Die alte Leier bleibt. Das Landesjugendamt soll das regeln. Also wieder eine Behörde. Das kennen wir ja schon. Auch von einheitlichen Richtlinien und zentralen Anlaufstellen haben Sie ge
sprochen, die die Kommunen gut finden. Komischerweise sagt die Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände etwas anderes. Die stellen sich absolut dagegen und sehen dafür keinen Bedarf.
Lassen Sie mich bitte noch einmal eines sagen, weil Sie es angesprochen haben und uns dafür in so eine Ecke gestellt haben! Sie haben gesagt, wir hätten in Lohne eine geschlossene Einrichtung. Also bitte: Auch der rot-rote Senat in Berlin hat gerade beschlossen, eine solche Einrichtung zu schaffen. Wie peinlich, wenn man mit seinen Aufforderungen nicht gerade sein kann. Man kann nicht in Niedersachsen sagen, dass das schlimm ist, während es die eigenen Leute in Berlin einrichten. Herr Perli, ich freue mich schon auf Ihre glühenden, blühenden Reden auf dem Bundesparteitag der Linken, um dann Ihre Kollegen in Berlin zur Räson zu rufen.
(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Da sind Sie nicht mit dabei! Da laden wir Sie nicht mit ein!)
Vielen Dank, Herr Präsident. - Erst einmal, lieber Herr Focke, möchte ich mit einer glühenden Rede Ihren argumentativen Schwachsinn entkräften.
Entschuldigung, den Begriff „argumentativen Schwachsinn“ tausche ich gegen „argumentativen Nonsens“. Machen wir es so.
Herr Kollege, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf und bitte Sie, sich zu überlegen, was Sie hier zu den Kollegen sagen.
(Zuruf: Sie können es einfach nicht! - Björn Thümler [CDU]: Eine Unver- schämtheit ist das, Herr Kollege Perli! Das wird immer wieder deutlich! Sie haben einfach kein Benehmen!)
Erstens zum Thema Landesjugendamt: Sie haben von einer zusätzlichen Behörde gesprochen. Wir sagen: nein, keine zusätzliche Behörde, sondern ein Fachzentrum der besten Angestellten des Landes, die sich speziell um Jugendpolitik kümmern, also keine Unterordnung, so wie Sie es machen, in anderen Behörden, die keinen Fokus auf den Bereich Jugendpolitik legen.
Zweitens. Die Experten der kommunalen Spitzenverbände sind die einzigen, auf die Sie sich positiv bezogen haben. Viele andere sind bereits von SPD und Grünen zitiert worden - ich muss nicht alles wiederholen -
Drittens zum Thema Berlin: Sie haben eine Besichtigung des Intensivzentrums in Lohne in Niedersachsen verweigert. Hätten Sie es besichtigt, dann könnten Sie es mit Berlin vergleichen und würden feststellen, dass es zwei ganz verschiedene Welten sind.
Wir müssen jetzt nicht über solche komischen Dinge diskutieren. Man kann Äpfel und Birnen nebeneinanderlegen, sie werden trotzdem nicht das Gleiche.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Kinder- und Jugendhilfe gibt es leider immer wieder junge Menschen, die von den herkömmlichen Angeboten nicht oder nicht mehr erreicht werden können. Das ist traurig, aber Realität. Um diese Kinder nicht aufzugeben, gehören seit 15 Jahren intensivpädagogische Auslandsmaßnahmen zum Angebot freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe. Zielgruppe sind Jugendliche, die aus den verschiedensten Gründen mehrfach Heime und Pflegefamilien gewechselt haben, und junge Menschen, die im Rahmen stationärer Heimerziehung kaum in Heime oder Pflegefamilien vermittelbar sind. Auslandsprojekte der Jugendhilfe sind also eine Ultima Ratio; darüber sind wir uns einig. Dieses Bewusstsein ist bei den Jugendämtern sehr genau verankert. Nur wenn alle Angebote im Inland scheitern - aus welchen Gründen auch immer -, kommen diese in Betracht. Auch das ist uns in den Anhörungen und Gesprächen bestätigt worden.
Das Kindeswohl muss dabei stets im Vordergrund stehen. Der Bundesgesetzgeber hat deshalb mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Jugendhilfe in 2005 den Ausnahmecharakter von Erziehungshilfen hervorgehoben und die Möglichkeiten zur Erbringung von Jugendhilfeleistungen im Ausland bewusst eingeschränkt. Hilfe zur Erziehung im Ausland kann nur erbracht werden, wenn im Einzelfall feststeht, dass es kein entsprechendes Hilfeangebot im Inland gibt. Die niedersächsischen Kommunen gehen damit sehr behutsam um.
Frau Staudte, Jugendliche werden nicht in Krisengebiete geschickt. Jugendliche werden auch nicht in Krisengebieten belassen, wie Sie es gerade beschrieben haben. Unsere Abfrage hat gezeigt, dass kein Jugendlicher in Kirgistan ist. Die niedersächsischen Kommunen gehen damit sehr sorgsam um. Die aktuelle Umfrage aus unserem Ministerium hat ergeben, dass lediglich 23 Träger Jugendliche in Auslandsprojekte schicken. Außerdem haben sich die niedersächsischen Träger auslandspädagogischer Maßnahmen sehr bewusst zu einem Arbeitskreis zusammengeschlossen, um sich im Rahmen einer Selbstverpflichtung Qualitätsstandards für die Durchführung von Auslandsprojekten zu geben. Dadurch soll und wird eine angemessene und fachgerechte Betreuung der jungen Menschen und ihrer Familien gewährleistet. Das heißt, auch hier besteht eine Selbstkontrolle.
Die Geschäftsführung des Arbeitskreises liegt beim Landesamt für Soziales, Jugend und Familie. Der Arbeitskreis fordert von seinen Mitgliedern eine halbjährliche Meldung von Standorten und belegten Plätzen im Ausland. Außerdem sieht die Geschäftsordnung ausdrücklich vor, dass besondere Vorkommnisse gemeldet werden. Wir haben dort eine Transparenz. Die Notwendigkeit für weitere bürokratische Meldepflichten und Kontrollmeldungen, wie sie im vorliegenden Entschließungsantrag vorgeschlagen werden, kann ich daher nicht erkennen, und die kommunalen Spitzenverbände teilen unsere Auffassung.
Dennoch - und das ist mein Vorschlag heute - möchte ich mit den Spitzenverbänden, mit der Arbeitsgemeinschaft der niedersächsischen Jugendämter und mit unserem Landesamt zu einer Verabredung über die künftige Vorgehensweise und das Angebot einer verstärkten Beratung und Begleitung durch das Land kommen. Ich setze auf die Zusammenarbeit.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/2708 ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist so beschlossen.