Protocol of the Session on April 13, 2011

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Herr Riese möchte antworten. Bitte schön!

Verehrter Herr Brunotte, ich habe den Eindruck, Sie sind in einer anderen Anhörung gewesen als ich, obwohl wir uns doch damals begegnet sind. Ich bin Ihnen allerdings sehr dankbar, dass Sie gerade noch einmal den örtlichen Jugendhilfeausschuss erwähnt haben, der ja tatsächlich im Einzelfall Dinge an sich ziehen kann, vor allen Dingen aber auch über die Regeln und Richtlinien, speziell über das Kindeswohl, im Einzelfall entscheiden kann. Es obliegt natürlich der Kraft der Gestaltung in den Jugendhilfeausschüssen gemäß § 71 Abs. 2, erste Alternative, im Sozialgesetzbuch VIII, aufzupassen, was im Jugendamt im Einzelfall stattfindet.

Aber was die Verpflichtung des Landes angeht, haben Sie, muss ich wirklich sagen, nicht zugehört. Ich habe gesagt: Das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie hat uns im Einzelfall genau aufgeklärt. Sie wissen sehr genau, dass die Beratung der Jugendämter im Einzelfall stattfindet. Das ist eine Daueraufgabe, die vom Landesamt wahrgenommen wird. Das ist auch sehr gut so.

Aber es bleibt dabei: Die gute fachliche Praxis - diesen Begriff kann man auch hierbei verwenden - entsteht dadurch, dass sie sich untereinander austauschen, dass sie die Spreu vom Weizen trennen. Das ist ein Prozess, der weitergeht.

Wenn im Einzelfall - das muss der Grundsatz sein - im wirklichen Leben etwas geschieht, was nicht so gut ist, dann kann die Antwort doch nicht immer wieder sein, neue Behörden hochzuziehen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, ich fahre in der Rednerliste fort. Es spricht nunmehr Herr Focke für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag der SPD-Fraktion besteht aus vier Punkten und lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Erstens. Aufbau von zusätzlichen und damit von Doppelstrukturen auf Bundes- und Landesebene.

Zweitens. Zusätzliche Bürokratie durch landesweite Richtlinien und Kontrollen für unsere Kommunen.

Drittens. Eingriff in die originäre Aufgabe der Kommunen, der Jugendhilfe, durch Kontrollen einer übergeordneten, neu zu schaffenden Behörde.

Viertens. Schaffung zusätzlicher Aufgaben in Form einer landesweiten Evaluation aller Auslandsprojekte, obgleich wir doch wissen, dass diese individuell angelegt sind, sodass sie sich überhaupt nicht miteinander vergleichen lassen.

(Zuruf von der SPD: Das ist komplett falsch!)

Unter dem Strich kann man festhalten, dass dieser Antrag darlegt, dass es die SPD-Fraktion den Kommunen nicht zutraut, ihre Aufgaben in der Jugendhilfe verantwortungsvoll und am Wohle und Bedarf des Kindes bzw. Jugendlichen orientiert auszuführen.

(Zustimmung von Norbert Böhlke [CDU])

Dem, meine sehr geehrten Damen und Herren, können wir als CDU-Fraktion nur ganz deutlich widersprechen.

(Zustimmung bei der CDU Norbert Böhlke [CDU]: So ist es!)

Sehr geehrter Herr Brunotte, Sie haben die Eingabe, den Fall aus Rumänien, angesprochen. Es ist sicherlich richtig, dass das passiert ist. Wir müssen aber auch feststellen, dass es sich hierbei um Einzelfälle, um schlimme Einzelfälle, handelt, denen nachgegangen werden muss. Aber das ist bei diesen Maßnahmen nicht die Regel. Die Kommunen prüfen sehr gewissenhaft, bevor sie solche Maßnahmen einleiten.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Ulrich Watermann [SPD])

Die Jugendhilfe, Herr Watermann, wird in den Landkreisen sehr gewissenhaft wahrgenommen. Im Zuge der Jugendhilfe kommen Kommunen zu dem Ergebnis, dass eine intensivpädagogische Maßnahme im Ausland für einen jungen Menschen eben sinnvoll sein kann. Daraufhin informieren sich die Ämter sehr genau; denn in erster Linie stehen für die Kommunen in der Jugendhilfe doch folgende drei Punkte an vorderster Stelle: An erster Stelle steht das Wohl des Kindes und dass das nicht gefährdet wird. Zweitens wird darauf geachtet, dass die Maßnahme pädagogisch so hinterlegt ist, dass sie den jungen Menschen auch wirklich etwas bringt und ihnen weiterhilft. Drittens ist für die Kommunen sicherlich wichtig, dass vor dem Hintergrund der recht hohen Kosten für eine solche

Auslandsmaßnahme keine Experimente, sondern Maßnahmen, die pädagogisch sinnvoll sind, in enger Abstimmung mit örtlichen Partnern durchgeführt werden.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen finde ich den Tenor des gesamten Antrages sehr kritisch und destruktiv. Es geht dabei viel zu viel davon verloren, dass es auch viele gute Erfahrungen mit intensivpädagogischen Maßnahmen im Ausland gibt, über die wir auch in der Anhörung etwas gehört haben. Ich halte es daher für zielführender, dass man die guten, aber auch die schlechten Erfahrungen auf einer Plattform, die als Information für die Kommunen bereitgestellt wird, zusammenfasst, und ich bin sicher, dass sich die Landesregierung im Zuge des Erwägungsprozesses zu der Eingabe 1203 hiermit beschäftigen wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt könnte man noch verschiedenste Gründe dafür anführen, warum das Land in dieser Frage den Kommunen die Verantwortung entziehen und an sich ziehen sollte. Gründe könnten das Wohl des Kindes, Qualitätsfragen oder Kostenaspekte sein. Aber, meine Damen und Herren, wenn Sie wirklich glauben, dass ein Landesapparat mehr Sicherheit und Überwachung als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den örtlichen Jugendämtern gewährleisten kann, die die Jugendlichen kennen und oft schon über viele Jahre hinweg begleitet haben und somit einen Überblick darüber haben, welche Maßnahmen die Jugendlichen bereits durchlaufen haben, wenn Sie also wirklich glauben, dass eine Behörde im fernen Hannover die intensivpädagogische Jugendarbeit besser und sicherer machen kann als die Menschen vor Ort, dann leben Sie, wie ich glaube, völlig an der Wirklichkeit vorbei.

(Beifall bei der CDU)

Mit Ihrem Vorschlag werden Sie mehr Menschen mit Akten als Menschen beschäftigen, die sich um die Kinder und Jugendlichen wirklich kümmern. Diese Einschätzung teilen ja auch die kommunalen Spitzenverbände.

(Norbert Böhlke [CDU]: Theorie und Praxis! Genau!)

Für die CDU-Fraktion bleibt es dabei, dass wir erstens den Kommunen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe der Jugendhilfe vertrauen, dass zweitens die Entscheidung, welche intensivpäda

gogische Maßnahme sinnvoll ist, vor Ort getroffen werden muss und vor Ort getroffen wird und dass wir drittens sicher sein können, dass die örtlichen Jugendhilfeträger das Wohl der Kinder und der Jugendlichen fest im Blick haben. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention erteile ich nun dem Kollegen Watermann das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege, wir sind uns sicherlich noch darin einig, dass das Kindeswohl im Mittelpunkt steht und es einer der zentralen Punkte ist. Sie haben aber überhaupt nicht verstanden, worum es geht. Es geht nicht darum, ob ich einer Kommune oder dem Land vertraue, sondern es geht darum, ob ich denen, denen ich die Kinder anvertraut habe, vertrauen kann, und es geht darum, wie sie kontrolliert werden.

Ein Jugendhilfeanbieter hier im Lande Niedersachsen muss sich eine Betriebserlaubnis holen, muss hohe Hürden überwinden und wird hier auch weiterhin kontrolliert. In der Anhörung und auch darüber hinaus ist recht deutlich geworden, dass die Angebote im Ausland nicht kontrolliert werden können und dieser Betriebserlaubnis nicht unterliegen, wodurch diese Schwachpunkte eröffnet werden. Wir können uns nicht hinstellen und bei Heimkindern auf Fehler hinweisen, die in der Vergangenheit begangen wurden, aber diesen Aspekt hier komplett ausblenden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wer meint, dass er hier das Lied der Kommunen oder das Lied von Bürokratie singen muss, der hat überhaupt nicht begriffen, worum es geht. Wir haben die Menschen, die wir anderen anvertrauen, zu schützen.

(Norbert Böhlke [CDU]: Wer ist „wir“?)

Die Systeme funktionieren nicht. Wenn wir das für alte Menschen tun, dann ist das richtig. Aber für junge muss das genauso getan werden. Es ist

unverantwortlich, dieses Thema hier in dieser Art und Weise zu behandeln.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, der Kollege Focke möchte gerne antworten. Bitte schön!

Sehr geehrter Her Watermann! Ich finde es nicht in Ordnung, wie Sie dieses Thema hier emotionalisieren.

(Lachen bei der SPD - Zuruf von der LINKEN)

- Wenn Sie zuhören würden, würden Sie auch hören, was ich sage.

Wir wissen aus der Eingabe, dass es diese Probleme in Rumänien gegeben hat. Aber, noch einmal: Es kann doch nicht angehen, dass Sie uns hier vorwerfen, dass wir uns nicht darum kümmern würden und dass man Kinder, die im Ausland in eine intensivpädagogische Maßnahme kommen, einfach sich selbst überlässt. Herr Watermann, das, was Sie hier gesagt haben, ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von der LINKEN)

Ich sage Ihnen ganz deutlich, warum das nicht in Ordnung ist. Das ist nicht in Ordnung, weil eine Behörde auf Bundes- oder Landesebene niemals die Polizei sein kann, die in irgendwelchen Ländern irgendetwas kontrolliert. Das müssen doch diejenigen sein, die sagen können, dass es sich um einen Jungen handelt, der, weil er in ihrem System alle Angebote durchlaufen hat, im Ausland in eine intensivpädagogische Maßnahme kommen muss, und die einen verlässlichen Partner haben, mit dem sie dabei zusammenarbeiten.

Überlegen Sie sich doch einmal die Kosten, die für eine solche Maßnahme anfallen! Kommunen schmeißen doch nicht einfach Geld raus, um ein Problem zu verschieben, sondern Kommunen kümmern sich doch intensiv darum. Kommunen sagen doch: Das ist eine Chance für diesen jungen Menschen. Wir haben einen Partner. Wir führen mit ihm eine intensivpädagogische Auslandsmaßnahme durch.

Der richtige Ansatz besteht doch darin, dass die Menschen vor Ort, die Kommunen und die Behör